Allen ReviewerInnen danke ich sehr... hm, namentlich ist netter ;-) Also danke an detlef, Sven (jippie, zweiNeuankömmlinge!) und jean nin asar ahi smabell (Deine war der Hammer, ehrlich! ;))

Bei diesem Kapitel könnte ich vor Verschiedenstem warnen, aber ehrlich, ihr seid selbständig genug.

Die Möglichkeit der Bewegung

Eine Geschichte aus dem „Versus die Prophezeihung"-Kontext

von Raona

Zehn: Karthasis

Ihre Stimme an seinem Ohr weckt ihn aus beunruhigenden Träumen, die dank seiner Beschäftigung mit Erinnerungen wieder aus der Verdrängung zu ihm zurück gekommen sind. Er öffnet die Augen und dreht sich auf den Rücken, um sie sehen zu können, aber es ist mittlerweile Nacht, und alles, was er erkennen kann, ist ihr schemenhafter Umriß. Sie sitzt neben ihm auf dem Boden und beugt sich zu ihm hinunter.

„Hey," sagt sie leise.

„Hey." Es ist gar nicht so einfach, wieder in der Realität anzukommen, wenn sie mit einer Situation aufwartet, die kaum weniger surreal ist als der Traum.

„Was machst du hier?"

„Was glaubst du wohl?" Sie küßt ihn, und ein prickelndes Gefühl breitet sich in seinem Körper aus.

„Was ist mit deinen Freunden?" fragt er etwas atemlos, als sie sich von ihm löst. „Hast du keine Angst, daß sie etwas mitbekommen?"

Sie scheint zu grinsen und deutet mit dem Kopf zur Tür.

„Ich hab einen Lärmschutzzauber auf die Tür gelegt. Nichts wird nach außen dringen."

Die unterschwellige Implikation ihrer Worte läßt ihn zittern, vor Erregung und Gespanntheit. Was hat sie nun schon wieder vor?

Ihm fällt auf, daß er sich praktisch nicht bewegt hat, seit er sich zu ihr gedreht hat. Obwohl sie nichts in dieser Richtung verlangt hat, liegt er bewegungslos da und sieht sie an. Sie kommt näher und küßt ihn noch einmal, fester.

„Außerdem hab ich noch ein bißchen in meinem ‚Hausfrauenzauberbuch', wie du es nennst, gestöbert."

Von irgendwo kommt ihr Zauberstab zum Vorschein. Er hält den Atem an, dann zieht er überrascht die Luft ein. Mit der Bewegung des Zauberstabs und einem leise gesprochenen Wort legt sich etwas Kühles und Glattes über seinen Mund. Es fühlt sich an wie Leder, nur enger und unflexibel, unmöglich vom Fleck zu schieben. Er will, einem Impuls der Beklemmung folgend, vor ihr zurückweichen, doch mit ihrem nächsten Wort schlingen sich die wohlbekannten magischen Seile um seine Arme und seinen nackten Oberkörper, beides zusammenpressend. Sein Stöhnen, von dem er nicht sicher ist, von welchem Gefühl es ausgelöst wird, erstickt lautlos hinter dem Knebel. Er fühlt sich hilflos, noch hilfloser als auf dem Tisch im anderen Zimmer, weil er nicht einmal einen Protest äußern könnte, wenn er wollte.

Ginny läßt sich neben ihn gleiten, so nah, daß ihre Körper einander berühren. Sie beugt sich über ihn, ihr Gesicht direkt über seinem, aber im Schatten, und ihr Ausdruck bleibt verborgen. Sanft streicht sie mit der Hand über seine Stirn, über seine Wange, sie küßt seine Haut direkt über seinem verschlossenen Mund. Ihr Bein schiebt sich zwischen seine Schenkel, kitzelt seine Erektion unter dem Stoff seiner Shorts-

Er empfindet jede ihrer Berührungen, tausendfach intensiviert. Jeder Kontakt ihrer Fingerspitzen, ihrer Lippen, ihrer Haut durchfährt ihn wie ein Schlag, doch gleichzeitig pocht die Angst hinter seiner Stirn, rote Blitze zucken vor seinem inneren Auge. Dies mag aufregend sein, erotisch, aber er weiß nicht, was es noch in ihm auslösen kann, wenn er die Kontrolle verliert, und in welche Gefilden seines Geistes es ihn treibt. Alles was ihn jetzt festhält, ist das Wissen, daß sie es ist, er glaubt, ihr zu trauen. Sie wird nichts Unerträgliches tun.

Wird sie nicht? Woher weiß ich das? Weiß ich, wer sie ist?

Sie rutscht nach unten, zieht ihm die Shorts aus und wirft sie in eine Ecke. Er fährt zusammen, als ein Luftzug seinen nackten Penis berührt. Mit den Händen spreizt sie seine Beine. Er schließt die Augen. Sie kann sagen, was sie will. Ihm ist schwindlig von dem Wirbel der Gefühle, die durch sein Gehirn rasen. Das muß sein, was man Ekstase nennt, ohne Aus-Knopf, ohne Anker in tödlichem Meer. Warte. Halt dich fest. Dorthin willst du nicht gehen.

Er versucht, sich an der Leidenschaft für sie festzuhalten, an ihrer Anwesenheit, die beweist, daß dies ein anderer Ort ist, an dem keine Gefahr droht. Doch sie berührt ihn nicht mehr, er kann sie nicht sehen, ahnt nur, daß sie zwischen seinen Beinen kniet.

„Bleib so liegen." Sein Schwanz pocht. Er bewegt sich nicht. Sie legt ihre Hand um ihn, drückt leicht zu, und er kann nicht anders, als zusammenzuzucken. Oh Götter. Das war keine gute Idee. Was kommt jetzt?

„Halt still."

Das ist der Punkt. Er treibt endgültig weg von allen Ufern des Hier und Jetzt. ‚Halt still.' Eine andere Stimme sagt es, gnadenlos, er steckt all seine Kraft in den Versuch, dem Befehl zu folgen, ihm ist nicht bewußt, daß Tränen der Angst über sein Gesicht laufen, Hauptsache ist, tu was sie sagen, du kannst nicht ertragen, was sonst kommt. Beweg dich einfach nicht. Halt die Luft an. Still.

Aber der Gegenstand in ihm bewegt sich, und er reagiert instinktiv, weicht aus, und mit ‚Habe ich es dir nicht gesagt. Crucio.' brennt der Schmerz in ihm, überall, er will schreien, aber jemand anderes hat dafür gesorgt, daß der Schrei hilflos hinter diesem Lederstück verklingt, und er besteht nur noch aus Angst, Schmerz und der unsinnigen Sehnsucht, irgendjemand, Ritter in schimmernder Rüstung, würde kommen und es aufhören lassen, ihn in die Arme nehmen, vergessen lassen, alles endlich so sein lassen, wie es niemals war.

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„Draco?" Irgendwo, hinter dem Schleier der Verzweiflung, eine vage bekannte Stimme, zu leise, um real zu sein.

„Draco." Jetzt lauter. Woher - ? „Komm wieder zurück. Es tut mir leid. Alles ist in Ordnung." So hört sie sich aber nicht an. Was ist los mit ihr? Ich bin so kraftlos, ich kann es nicht bis zu ihr schaffen. Doch etwas beruhigt ihn, auch wenn er nicht weiß, was es ist, es zieht ihn zurück auf den Boden. Da sind keine Schmerzen, Draco. Sie sind nicht da, und sie waren auch nie da, es waren nur Träume. Komm zurück, hat sie gesagt. Tu es.

Er öffnet mit großer Anstrengung die Augen, die verklebt sind von Tränen, Tränen, die sein ganzes Gesicht überschwemmen. Alles, was ihn gefesselt hat, ist verschwunden. Er sieht sich um im dämmrigen Lichtschein, der den Raum um ihn erleuchtet. Ginny sitzt neben ihm und schaut auf ihn hinunter. Sie sieht furchtbar verängstigt aus, ihre braunen Augen riesengroß im bleichen Gesicht. Ihre Hand ist in seinem Haar, ganz anders als je zuvor, streicht ihm beruhigend die Strähnen aus dem Gesicht.

„Ist alles in Ordnung?" Ihre Stimme zittert.

Er nickt, aber er fühlt sich nicht so, und er weiß, das er immernoch weint. Alle Mauern sind durchbrochen. Er hat keine Ahnung, wie er je wieder aufhören soll zu weinen.

Da beugt sie sich nach unten und zieht ihn hoch zu sich in ihre Arme. Unwillkürlich, ohne zu denken, legt er auch die Arme um ihren Oberkörper, klammert sich an ihr fest, während sie ihn hält, sein Gesicht an ihrer Schulter, er hält das Schluchzen endlich nicht mehr zurück, alles, was er die letzten Monate verdrängt und zurückgehalten hat, bricht mit Gewalt aus ihm heraus, er hört sich selbst schreien, wie ein Krampf ergreift es ihn. Es müßte erleichternd sein, aber zuerst tut es nur weh, wie die Spannung sich löst, an die er sich längst gewöhnt hatte, und wie er in Zuckungen vor und zurück geworfen wird, völlig anders als die letzten Male, aber mit ebenso großer Intensität. Es kommt ihm vor, als würde dieser Krampf nie aufhören. Jedesmal, wenn er glaubt, sich beruhigt zu haben, kommt der Schock von neuem über ihn. Er weint nicht über ein spezifisches Erlebnis, auch wenn es einige gäbe, die es wert wären, aber das ist es nicht. Irgendetwas wirklich Tiefes, in seinem Körper Verborgenes hat sich befreit, das er nicht kennt, und es brüllt, wild und ungebremst, wie er selbst es nie getan hat, seit er sich erinnert.

Die ganze Zeit über ist Ginny da, hält ihn aufrecht, streicht beruhigend über seinen Rücken, bietet ihm eine Stütze, an die er sich lehnen kann.

Sie hätte längst gegangen sein müssen, wundert er sich, aber sie ist noch da, auch nach langer, langer Zeit, als die Zuckungen abebben und nur ein dünner, stetiger Tränenfluß zurückbleibt. Er hebt den Kopf und sieht sie mit verschleierten Augen an, und sie beugt sich, ohne ihn loszulassen, zu ihm und küßt ein paar Tränen aus seinem Gesicht. Dann nimmt sie ihn wieder in die Arme. Langsam wird er ruhiger. Sie streichelt über sein Haar.

Schließlich atmet er wieder gleichmäßig, und er löst sich von ihr, um sie anzusehen und sich wieder in der realen Welt zurechtzufinden.

„Besser?" fragt sie. Ihre Knie berühren noch immer seine, so wie sie beieinander sitzen.

Er nickt, und diesmal stimmt es. „Danke."

Sie schüttelt den Kopf. „Ich... das tut mir wirklich leid. Ich hätte nicht so weit gehen sollen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich auf das alles gekommen bin. Es war total ignorant..." Ratlos bricht sie ab.

Er berührt sie leicht mit einem Finger am Arm. Sie trägt ein langes grünes T-Shirt zum Schlafen, Gänsehaut darunter.

„Es war nicht deine Schuld."

Sie folgt seinem Finger verwundert mit den Augen. „Ich glaube schon, daß das meine Schuld war. Ich hatte kein Recht, sowas zu tun. So die Kontrolle zu übernehmen."

„Du bist wundervoll, wenn du die Kontrolle übernimmst."

Es ist ihm einfach so herausgerutscht. Er wollte es nicht sagen, aber sie hat sowieso schon alles von ihm gesehen. Was macht es also?

Sie schaut ihn seltsam an, Glanz im Blick, als ob es irgendetwas in seinem Gesicht gäbe, von dem sie sich nicht lösen kann, das sie weiter ansehen will.

Er hebt behutsam seine Hand, die, mit der er ihren Arm berührt hat, und streicht damit vorsichtig die Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst haben. Danach nimmt er die Hand nicht wieder weg. Sie liegt an ihrer Wange, bis er sie an ihren Hinterkopf gleiten läßt und sie zu sich heranzieht. Sehr sanft küßt er sie. Sie erwidert den Kuß zögernd, warm, vielleicht ein bißchen so, wie das erste Mal, als sie ihn geküßt hat, als sie dachte, er schliefe. Sie umarmen einander leicht und unsicher, unklar des Gefühls, das diesmal die Umarmung bestimmt.

„Warum kannst du mich noch leiden?" fragt Ginny nach dem Kuß.

Draco lächelt. Unter normalen Umständen, im Licht des Tages, hätte sie nie so eine Frage gestellt. Er beantwortet den Teil, den sie sicher für am wichtigsten halten wird.

„Es war wirklich nicht deine Schuld. Ich habe mich nur... an etwas erinnert. Und diesen Ausbruch habe ich jeden Moment befürchtet."

Das stimmt nicht ganz. Er hat nicht gewußt, daß all das hinter der Maske lauert, die er auch sich selbst, nicht nur anderen, gezeigt hat.

„Ich hatte nichts dagegen, daß du damit angefangen hast. Es war spannend. Ich habe es genossen."

„Ich auch." Sein Herz klopft hörbar, als sie die beiden Worte sagt. „Aber ich hätte vorher nachdenken sollen. Ich hätte an dich denken sollen. Es war nicht fair."

Er zuckt die Schultern. Ein Gähnen entringt sich ihm. „Laß uns ein anderes Mal darüber reden."

„Klar. Du mußt todmüde sein." Sie steht auf.

Er sieht zu ihr hoch, und auf einmal steigt die Angst wieder in ihm empor, die ihn in den vergangenen Minuten in Ruhe gelassen hat. Das dunkle Zimmer jagt ihm Angst ein, der Gedanke an Schlaf und an Träume, allein die Empfindung, sie nicht mehr neben sich zu spüren, allein zu sein, sind Eisklauen der Furcht, die sich um sein Inneres krallen. Überhaupt, es ist kalt geworden.

„Kannst du nicht hierbleiben?" Wieder die kleinlaute Kinderstimme aus seinem Mund. Das wird jetzt wohl zur Gewohnheit, denkt er zynisch. Und was für eine unendlich dumme, naive Frage.

Ginny aber, unfaßbarerweise, kommt zurück, stellt ihren Zauberstab auf Weckzauberfunktion und läßt sich unter seine Decke gleiten. Er liegt neben ihr, den Abstand zwischen ihnen sorgfältig bewahrend, bis sie es sich bequem gemacht hat und einfach so, als ob es nichts Besonderes wäre, den Arm um ihn legt. Seine Augen schließen sich, er läßt sich fallen und genießt dieses unbekannte Erlebnis, ein atmender Mensch in seiner Nähe, der ihm zu trauen scheint, und vor dem er selbst keine Angst hat, ohne tiefere Absichten in Kontakt mit ihm, und dazu ist es sie, die alles so durcheinandergewirbelt hat. Als wollte sie nun wieder Ruhe einkehren lasse, und das tut sie. Die Müdigkeit übermannt ihn ein weiteres Mal, nachdem die Tränen alle Energie aus seinem Körper gezogen haben, er fühlt sich merkwürdig unangespannt, schwebend etwa, ihr Duft nach Blüten und Schweiß wartet auf ihn am Rande seines Bewußtseins, nicht als Traum. Unbewußt verbirgt er sein Gesicht in ihrem Haar. Sie drückt sich näher an ihn. Er schläft ein.

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Am Tag darauf wacht er von selbst auf, ohne äußere Einflüsse wie Sonnenstrahlen oder Menschen, die ihn wecken. Er blinzelt im dämmrigen Licht, das von draußen hereinfällt, wo es allem Anschein nach endlich angefangen hat zu regnen. Ginny liegt nicht mehr neben ihm, aber im selben Moment, da er an sie denkt, klopft es an der Tür und sie steckt ihren Kopf herein.

„Frühstück?"

Er mustert sie und kann kein Zeichen von Kälte mehr in ihrem Ausdruck erkennen. Verwundert stellt er fest, daß es ihm so gut geht wie seit mindestens einem Jahr nicht mehr, eher seit fünf Jahren.

„Ich bin auf dem Weg."

Sie lächelt und verschwindet aus dem Türspalt.

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Sorry für die ewigen Breaks an Türen; Bitte um Feedback.