Mariah Powell nahm ein Teil dieser ominösen Pyramide entgegen und Lara Croft saß gefesselt und bewacht in ihrem Wohnzimmer- von drei Männern. Lara beobachtete ihre Bewacher scharf, denn was immer Mariah Powell tat, es war bestimmt nichts Gutes. Die Männer schien es zu langweilen, auf eine Frau aufzupassen. Sie musste sich befreien und dachte an einen Weg. Bewaffnet war Lara nicht. Was sollte sich schon in einem so dünnen Nachthemd verstecken lassen?
,Komm schon, Lara, denk!', ging es ihr durch den Kopf. Ein Geistesblitz. Unter den meisten Stühlen in ihrem Haus befanden sich Messer. Wenn sie nur rankommen würde. Lara biss sich auf die Unterlippe. Sie versuchte ihre gefesselten Hände zum Messer zu bewegen. Die Fesseln zogen sich durch ihre Versuche immer enger um ihre Handgelenke. Sie tastete...und fand es. Die Männer sahen nur gelegentlich nach ihr und unterhielten sich. Vorsichtig versuchte sie ihre Fesseln durchzuschneiden. Geschafft! Aber die Fußfesseln mussten auch noch durchgeschnitten werden und das würden die Möchtegern-Bewacher merken. Ein Aufseher schaute zu ihr herüber und bemerkte die Stricke auf dem Boden hinter dem Stuhl.
„Hey, Lady!", rief er und ging auf Lara zu. Die beiden anderen gingen ebenfalls in Schießposition. Als der Mann nah genug war, stach Lara ihm mit dem Messer in den Bauch und nahm sich seine Waffe aus dem Gurt. Schneller als die anderen beiden reagieren konnten, schoss sie mit der Waffe (,die mit einen Schalldämpfer versehen war) auf die zwei, die sofort zu Boden gingen.
„Eins zu null, Mariah", murmelte sie, schnitt sich die Fußfessel durch und legte die Waffe auf den Tisch. Aus einem der Schränke nahm sie sich zwei Magnum. Ein paar Ersatzmagazine befanden sich hinter einer Pflanze, auch diese nahm sie. Vorsichtig öffnete sie die Tür in die Eingangshalle. Keine Wachen. Vorsichtig ging sie weiter. Sie hörte Stimmen. Sie kamen von oben.
„Wo ist jetzt das zweite Stück? Ich warte nicht gern!", hörte sie Mariahs Stimme.
„Wir haben es sofort, Miss Powell, die Detektoren irren sich ganz bestimmt nicht!", antwortete eine nervöse Männerstimme. Lara sah hinüber zur Treppe. Diese war von Bewaffneten gesichert, die Lara bemerken würden. Ohne Aufsehen zu erregen würde sie nicht dieses „Teil der Pyramide" selbst in die Hände bekommen, denn wenn Leute wie Mariah Powell danach suchten, war es bestimmt wertvoll. Noch einmal dachte sie scharf nach und sah sich in der ganzen Eingangshalle um. Da entdeckte sie etwas.
‚Die Lüftung!', dachte sie triumphierend. ‚Ich muss irgendwie Tränengas oder Ähnliches benutzen...und ich weiß auch schon wie!'
Lautlos ging sie wieder ins Wohnzimmer zurück. Von dort aus schlich sie in die Küche, von wo aus sie ein paar Wachen konnte sprechen hören. Vor der Tür, die nach draußen führte standen zwei Wachen, die sich unterhielten. Um nicht bemerkt zu werden duckte sie sich und schlich sich die Theke entlang zu ihrer Kühlkammer. Lara schätzte, dass die Wachen die Kammer aus diesem Winkel nicht sehen würden und öffnete sie vorsichtig. Die kalte Luft strömte ihr entgegen. Sie bibberte leise. Als sie die Kühlkammer unbemerkt betreten hatte, schloss sie die Tür zu dieser wieder leise. Zitternd schaltete sie das Licht an und ging ein eine kleine Nische. Dort schob sie eine lose Bodenfliese beiseite. Unter der Fliese kam eine kleine, schmale Treppe zum Vorschein, die Lara einst im Gedanken, sie einmal brauchen zu würden, hatte anbauen lassen. In der guten Gewissheit, die Kälte zu verlassen stieg sie die Treppe hinab. Nach zahllosen Stufen endete die Treppe vor einer hölzernen Wand, die mit einem Metallschloss versehen war. Zum Glück steckte der Schlüssel. Sie drehte diesen um; mit einem Klack öffnete sich die Tür. Dann stieg sie selbst in den Raum; es war der Keller. Von dort aus konnte sie alles kontrollieren, auch die Lüftung und Kameras. Sie ging auf das summende Kontrollpult zu. Sie schaute auf den Bildschirm, der Mariah Powell oberhalb der Treppe samt vier Männern und einem Portrait sah – das Gesuchte!
„Nicht zu fassen. Es war tatsächlich bei mir…"
Mariah Powell sah die Männer wütend an und schien ihnen eine Standpauke zu halten. Doch sie konnte nicht weiter zuschauen.
Auf einem anderen großen Monitor konnte man den Grundriss ihres Hauses sehen und darunter viele Hebel. Über jedem stand die Bezeichnung eines Raumes und man konnte einstellen wie stark die Lüftung sein sollte. Oder auch, was durch die Lüftung in den Raum geblasen werden sollte. Sicher stellte sie alle Hebel auf „Tränengas", sodass nun in jedem Raum Tränengas versprüht werden sollte.
„Was ist das?", fragte die verwirrte Mariah Powell, als sich der Raum mit Tränengas füllte. Sie wusste, dass Lara Croft dafür verantwortlich war. „Holen sie mir dieses Stück! Schnell!", forderte sie ihr Gefolge auf, das die eben noch waltende Sorgfalt beiseite schob, das eingerahmte Papier herausriss und ein goldenes, mit Hieroglyphen verziertes Viereck hervorholte. Da piepte etwas; Mariahs Funkgerät.
„Was?", sprach sie hustend hinein.
„Man hat uns bemerkt, soeben sind Polizeiwagen zur Croft Manor aufgebrochen! Ihr müsst verschwinden!", befahl eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Mariah schaltete das Gerät um, sodass alle ihren Funkspruch hören konnten.
„Wir verschwinden! Polizei!", hustete sie ins Gerät. Einer der Männer fuchtelte mit der goldenen Platte herum und wollte Mariah deutlich machen, das sie es gefunden hatten. Mariah riss es ihm aus der Hand und rannte die Treppe hinunter. Was keiner im Getümmel bemerkte: Lara hatte sich bewaffnet mit einer Gasmaske im Schutz einer Statue versteckt. Um Mariah aufzuhalten, sprang sie aus ihrem Versteck hervor und zielte auf die Frau, die zum Ausgang lief und schoss. Die blonde Frau stieß einen Schrei aus. Sofort eilten einige zu ihr, um ihr zu helfen, doch schneller als Lara es lieb war, schoss Mariah zurück. Mit einem Mal bohrte sich ein stechender Schmerz in ihre Brust. Er war so stark, dass sie bewusstlos umfiel.
„Verflucht", brachte sie als letztes hervor.
