Entdeckungen

„Der Ankh ist einfach so erschienen? Einfach so...? Das muss einen Grund haben!", stellte Samantha beim Frühstück fest, nachdem Lara ihr von dem Ankh erzählt hatte.
„Das hat bestimmt einen Anlass. Wüssten wir nur, welchen...", antwortete Lara.
Lara biss von ihrem Marmeladentoast ab und Samantha nahm einen Schluck Kaffe.
„Lara, was ist eigentlich aus dem Bild geworden? Das Bild, in dem ein Stück der Pyramide versteckt war, meine ich."
„Im ersten Stock, im Wohnzimmer steht es. Warum?"
„Vielleicht ist ja ein Hinweis darin versteckt. Man geht bei der ganzen Sache sehr gerissen vor... Ich sehe es mir nachher mal an, okay?"
„Geht in Ordnung."
Beide nahmen sich ein gekochtes Ei.

„In dieser kleinen Wölbung war es versteckt...clever...verdammt clever!", begutachtete Samantha das Bild, das in der Mitte einen weiten Riss hatte. In diesem Riss erkannte man eine kleine Rundung. Darin befand sich das Stück. „Lara, gibst du mir dein Messer?"
„Ich soll was?", kritisierte Lara.
„Lara, ich weiß doch, dass du immer ein Messer dabei hast", meinte sie zwinkernd. Lara schaute unschuldig drein und zog aus ihrem Schuh ein zusammengeklapptes Taschenmesser.
„Siehst du?", schmunzelte Samantha und nahm das Messer entgegen.
„Was willst du denn damit anstellen, Sam?"
„Ich hab doch immerhin Kunst studiert."
Sie trennte mit vier Schnitten die bemalte Schicht des Gemäldes von der verborgenen Seite, in der sich vorher das Stück der Pyramide angefunden hatte.
„Und dafür muss man Kunst studiert haben?", fragte Lara ungläubig. Samantha nahm die bemalte Seite vorsichtig vom Gemälde und legte sie auf den Boden. „Schade um das schöne Bild", trauerte sie ein wenig. „Aber schau!"
Jetzt konnte man Hieroglyphen erkennen und eine Zeichnung um die Einbuchtung herum. Um viereckige Wölbung herum waren an jeder Seite ein Dreieck gezeichnet. Oben rechts sah man einen Ankh und der Rest war mit Hieroglyphen ausgeschmückt. Die beiden staunten.
„Lara, du kannst doch Hieroglyphen entziffern? Was steht da?"
Lara kniff die Augen zusammen.
„Da steht...", begann sie. „Bei Horus, dem Gotte in Falkengestalt, schwören wir, dass wir den Schlüssel zu der Macht, die Osiris Merit besaß, auf ewig mit unserem Leben beschützen werden, um jene, die Macht begehren zu hindern daran, dass eine Katastrophe ausbricht und wieder ein Pharao herrscht, der nur Rache sucht, um den Durst zu stillen, der durch Ungerechtigkeit entfacht wurde. Wir schwören in alle Himmelsrichtungen zu ziehen, um zu verstecken, was Machthungrige suchen, um ihnen den Gang zur Macht zu erschweren, und je einen Teil des Schatzes zu bewahren, soll in jeder Generation mindestens einer wissen, was seine Familie besitzt, um das Zeichen des Horus zu tragen und den Schatz bewahren. Sollte es doch Verrückten gelingen, die fünf Teile der Macht zusammenzusetzen, die Familien zu überlisten, die Schätze zu stehlen, den heiligen Tempel zu finden und deren Wachen zu töten, kann die Menschheit nur hoffen, dass einer dem Einhalt gebietet, der von den Priestern des Horus Kraft erhalten wird, denn wenn nicht, wird eine Katastrophe ausbrechen, ein neuer Pharao wird regieren, nur um seinen Durst zu stillen, vielleicht sogar, um zu vernichten, unsere Welt...", beendete sie den Vers. Mit einem Mal wurde ihr schwindelig, alles drehte sich. Da sah Lara etwas, es war Wasser, viel Wasser...ein Ozean! Und da war Land...Dürre...
„Lara! Lara, wach auf!", hörte sie eine Stimme. Lara bemerkte, dass sie auf dem Boden lag. Sie richtete sich auf.
„Indien...", antwortete sie. „Sam, das war Indien!"
„Wovon sprichst du!"
„Mir wurde ganz schwindelig und dann habe ich einen Ozean gesehen und Land, in dem Dürre herrschte und...ich weiß nicht warum, aber ich bin mir ganz sicher, das war Indien!"
„Es gibt in vielen Ländern Dürre und nicht in ganz Indien ist es-"
„Sam, ich glaube, das nächste Stück der Pyramide ist in Indien...", stellte Lara fest.
„Selbst wenn, Indien ist groß!"
Da hatte Samantha Recht. Sie konnte nicht in ganz Indien suchen. Da fiel ihr die Mappe von Sean ein, die sie immer noch besaß. Vielleicht...? Sie stand auf und lief in ihr Schlafzimmer. Aus ihrem Nachttischschrank zog sie das gesuchte Dokument und suchte zwischen den vielen Zetteln nach Informationen über Indien. Samantha war ihr gefolgt.
„Schau, Sam! Sean hat hier etwas über Indien und eine Frau: Cochin, nahe Nagpur. Tamang, Mainya. Sam, ich muss nach Cochin und dort Mainya Tamang ausfindig machen!"
„Das ergibt Sinn...", gab Samantha zu.
Da fielen Lara wieder Mariah Powells Worte vom Telefonat ein: „Nehmen Sie auf ihr Abenteuer Samantha Jones mit."
„Sam…", begann Lara. „Du weißt, Mariah Powell wollte am Telefon, dass du mich begleitest…"
„Ach ja…", fiel es Samantha auch wieder ein. „Dann werde ich ihren Wunsch wohl respektieren müssen."
Instinktiv wollte Lara etwas dagegen sagen, aber es gab keine Argumente.
„Machen wir uns auf die Suche, sobald du deinen Verband abnehmen darfst, okay? Dein Arzt hatte in einer Woche prophezeit, nicht wahr?", wollte Samantha wissen.
„Ja. Also willst du wirklich mitkommen?"
„Ich habe keine Wahl. Außerdem fühle ich mich besser, wenn ich weiß, was mit dir passiert. Allerdings wäre schon etwas wohler, wenn ich etwas Übung in der Bewältigung von Abenteuern hätte."
„Du kannst an meinem Parcours so oft üben wie du willst. Mir ist auch wohler, wenn du weißt wie man mit manchen Situationen umgeht."
Lara verließ das Zimmer.
„Wo gehst du hin?", fragte Samantha.
„Ich suche dir Trainingskleidung heraus. Am besten fangen wir gleich an."
Samantha nickte.
„Tun wir das."