Kapitel 23 – Verfolgungsjagd im Schnee
Sie mieteten einen Skibob, mit dem sie sich auf den Weg machten. Am Rande der Stadt, wo die Straßen endeten, fuhren sie quer durch den weißen Schnee und versuchten dabei die grün eingezeichnete Strecke zu finden. Lara steuerte das Schneefahrzeug und Samantha klammerte sich hinten an ihre Freundin. Dank den dicken Jacken, Boots, Schneehosen und extra-warmen Handschuhen froren sie wenig und konnten auch die Schneelandschaft genießen. Nur das Gesicht schmerzte durch die kalte Luft, durch die sie sausten, ein wenig, aber zum Glück hatten sie Skibrillen aufgesetzt. Nach einer ganzen Weile des Rasens wurde Lara langsamer und stoppte den Skibob letztendlich. Eine kleine Pause konnten sie allemal vertragen.
„Schau, bald sind wir da. Nur noch ein paar Kilometer und wir kreuzen den Weg der Oktoliks", berichtete Samantha, die zum Kartenlesen eingeteilt war. Lara sah Samantha, die quer auf dem Skibob saß, über die Schulter.
„Ob Powell auch schon auf dem Weg ist?", fragte Lara und öffnete das kleine Fach unter dem hinteren Sitz.
„Gute Frage. Ich habe noch niemanden gesehen, der uns verfolgt hat", antwortete Samantha und sah in die weiße Gegend. „Außerdem weiß ich nicht wie sie sonst an diese Information gelangen will", fuhr sie fort und fixierte den Ausdruck in ihren Händen.
„Wer weiß, welche Möglichkeiten sie noch hat", meinte Lara und reichte ihrer Freundin einen Becher heißen Tee, den sie in einer Thermoskanne mitgeführt hatten. Nachdem sie die Früchtetees ausgetrunken hatten, verstauten sie beide Becher und die Kanne wieder in dem Fach neben Waffen, Munition und etwas Proviant unter dem Sitz.
„Nun ein bisschen nach Osten", befahl Samantha mit einem Blick auf den Kompass, als die beiden wieder durch den Schnee sausten. Lara folgte dem Befehl. Doch nach ein paar Minuten stoppte sie das Fahrzeug wieder.
„Wir haben doch erst vor einer halben Stunde Pause gemacht. Warum hast du angehalten?", fragte Samantha etwas verwirrt.
„Scht!", gab Lara als einzige Antwort. „Hörst du das?"
Samantha lauschte. Sie vernahm ein leises Brummen, es war weit entfernt. Beide sahen nach hinten, in die Richtung, aus der sie das Brummen vernahmen. Beide kniffen die Augen zusammen, sahen aber nichts. Aus dem Fach unter dem Sitz nahm Samantha zwei Ferngläser. Eines reichte sie Lara. Doch es war nur ein kurzer Blick, den die beiden auf sich nahmen, denn sie sahen zehn Männer mit Skibobs auf sie zurasen. Sie trugen alle Waffen bei sich und sobald sie nahe genug an sie herangekommen waren, würden sie diese benutzen. Die Männer auf den schwarzen Schneefahrzeugen waren aber nicht allein. Allen voran fuhr Mariah Powell in weiß-hellvioletter Winterkleidung. Sie schienen allesamt neuere Modelle zu fahren als das Laras, denn sie rasten mit geschätzten 150 Kilometern pro Stunde durch den Schnee.
„Steig schnell auf!", befahl Lara ihrer besten Freundin und schmiss das Fernglas in den Schnee. Samantha folgte der Anweisung und ließ auch ihr Fernglas im Schnee zurück. Sofort startete Lara wieder den Motor und beschleunigte. Schneller als 120 Kilometer pro Stunde kam die Anzeige aber nicht. Während der Verfolgungsjagd kamen die beiden in gebirgige Landschaft, in der sie ihre Gegner abzuwimmeln versuchten, in dem sie die kompliziertesten Gassen entlang fuhren und kleinere Schluchten herabpreschten. Es zeigte Wirkung. Einige konnten die engen Kurven nicht erwischen und rasten gegen die eisigen Wände. Andere fielen von ihren Schneemobilen, als sie versuchten einen Stunt der beiden Freundinnen nachzuahmen. Bei diesen hoffte selbst Lara, dass sie nicht schief liefen. Denn ist man zu zweit auf einem der Skibobs, ist die Gefahr einen Fehler beim Aufprall zu machen wesentlich höher. Doch sie machte keinen Fehler.
Bei dieser Verfolgungsjagd hielt Mariah sich im Hintergrund, fuhr hinter ihren Schergen hinterher und wusste diese ihre Aufgabe zu erledigen.
Eine Zeit lang lief es für Lara und Samantha auch gut; vier der Männer hatten sie sich schon entledigt. Nicht einmal von der richtigen Strecke waren sie weit abgekommen. Doch das Schneefahrzeug wurde langsamer.
„Verdammt!", fluchte Lara. „Kein Benzin mehr!"
„Was!"
Die Gegner bemerkten den Geschwindigkeitsverlust und schneller als es den beiden lieb war, wurden sie von vier der Männer eingekreist. Schließlich blieben alle Beteiligten im Schnee stehen. Die Schurken zerrten die beiden von ihrem Schneemobil , lehrten das Fach unter dem Sitz und überprüften das Fahrzeug auf andere Verstecke für Waffen. Auch Lara und Samantha wurden all ihre Waffen abgenommen, sodass sie wehrlos dastanden, von den Männern streng festgehalten. Nach einer kurzen Zeit kam auch Mariah dazugeschlittert. Sie hielt an, strich ihre violette Kapuze zurück und festigte die Skibrille in den blonden Haaren.
„Schön sie beide wiederzusehen", begann Mariah immer noch auf ihrem Gefährt sitzend. Sie erinnerte die Worte ihres Lebensgefährten. Sie wusste, dass sein Plan taktisch kein dummer war, dennoch hatte sie sich gegen seinen Wunsch gestellt. Was sie es sonst selten tat.
„Ich rede nicht lange drum herum. Nehmt ihnen das Pyramidenstück ab", befahl sie ihren Gefolgsleuten kühl. Sogleich wurden sie von Kopf bis Fuß durchsucht. Bis man das gesuchte Prisma jedoch in Laras linken Stiefel finden würde, war noch ein wenig Zeit und Lara überlegte fieberhaft einen Plan.
Währenddessen kamen zwei weitere Skibobs zu der kleinen Ansammlung gefahren. Zwei der noch gesunden Männer hatten ihre verletzten Kameraden wieder aufgesammelt, sodass sie wieder alle vollzählig waren.
Einer der Männer erstattete Bericht, aber Lara hörte nicht zu. Die Männer stiegen brav von ihren Fahrzeugen. Das Schneemobil lud regelrecht zu einem Plan ein. Samantha und sie sahen sich an. Lara zwinkerte drei Mal mit dem linken Auge. Ein Code dafür, dass sie die Männer, von denen sie durchsucht wurden, überwältigen sollten.
Samantha hatte keine Ahnung, was auf sie zukommen sollte, aber sie vertraute ihrer Freundin. Nur ein paar Sekunden später verwirklichten sie den Geheimcode. Lara schlug dem Mann hinter ihr die Nase blutig und der Mann vor ihr bekam einen kräftigen Tritt in die Magengegend. Samantha bediente sich zweier Kinnhaken; einen mit dem Knie für den Mann, der gerade ihren Unterschenkel betastete, den anderen mit der Handinnenfläche für den, der sich gerade an ihrem linken Arm zu schaffen machte. Die anderen Männer wollten die Waffen ansetzen, doch die hatten den Befahl die beiden nicht durch Schüsse zu verletzen. Sie wollten die beiden festhalten, als sie sich schon einen der Skibobs zu schaffen gemacht hatten, der eigentlich einem der Gegner gehörte.
Vor ihnen lag eine Höhle, der Eingang gerade einmal groß genug, um mit dem Schneemobil durchzurutschen. Keine Zeit überhaupt nachzudenken; sie schlitterten in die Höhle, knallten dort volle Kanne gegen die Mauer aus Eis und fielen vom nun stark demolierten Skibob rücklings auf den eisigen Boden. Beide sahen nach oben, erkannten spitze und vor allem große Eiszapfen, die zu wackeln begannen und in weniger als einer Sekunde auf den Boden, oder auch einer der beiden Freundinnen, aufprallen und ihr Ziel durchbohren würden.
