Kapitel 29 – Stürmische Begrüßung

Gerade einmal vier Stunden Schlaf hatten sie gehabt und doch waren sie schon wieder auf den Beinen und zogen weiter.

„Ich hoffe wir sind in die richtige Richtung gezogen", meinte Samantha, etwas übermüdet.

„Da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher", beruhigte Lara ihre Freundin. Irgendwie hatte sie die Richtung die ganze Zeit nach Gefühl bestimmt. Vor ihnen tauchte ein steiler Berg auf, den sie den erschöpften Alpakas eigentlich nicht zumuten wollten, doch sie versprachen ihnen danach eine Pause einzulegen und begannen den Hügel zu besteigen. Es war anstrengend gewesen und die Tiere hatten eine Pause redlich verdient, als Lara sah, was vor ihnen lag. Ein kleines Dorf, voller Menschen, die wie traditionelle Mayas zu leben schienen. Als sie die fremden Eindringlinge erblickten, hielten sie jedoch inne, alles wurde still und das einzige, was man nun noch höre, war der pfeifenden kalte Wind, der ihnen über die Gesichter peitschte. Den beiden war klar, dass man sie nicht wie alte Bekannte begrüßen würde, doch darauf, dass man sie packte und zu Boden riss, waren sie nicht vorbereitet.

„Was wollt ihr?", fragte jemand. Wer es war, konnten sie nicht sehen, da ihre Gesichter in Richtung Boden gehalten wurden. Was Lara jedoch viel mehr beschäftigte: Warum sprachen die Menschen Englisch?

„Lasst uns los! Ich bin eine aus den Familien, die über die Pyramide des Horus Bescheid wissen!", antwortete Lara ebenfalls auf Englisch. Es wurde etwas geflüstert und sogleich zog man beide an den Armen hoch und schliff sie zu eines der größten Zelte im Dorf. In einer Art Vorraum wurden die beiden von vier Männern bewacht, ein Fünfter war durch einen Vorhang getreten und schien mit einer Person dahinter zu reden.

„Warum hast du eben Englisch gesprochen?", wollte Samantha, mit etwas Dreck im Gesicht, wissen.

„Aber die anderen haben doch eben auch Englisch gesprochen, du hast es doch gehört…!", erwiderte Lara etwas verwirrt.

„Ähm…nein, das war kein Englisch", gab Samantha noch verwirrter zurück. Draußen hörte man deutlich die anderen Dorfbewohner tuscheln. Der Mann von eben öffnete den Vorhang und die beiden Engländerinnen wurden ins geräumige Innere des Zeltes geschubst. Drinnen wartete ein älterer Mann, im Schneidersitz auf einem Kissen sitzend. Vor ihm hatte er noch zwei weitere Kissen gelegt und wies die beiden sich zu setzen. Sie wurden von den anderen Männern losgelassen und diese von dem Älteren angewiesen die Behausung zu verlassen. Nun waren sie nur noch zu dritt im Zelt. Etwas unsicher setzten sie sich ebenfalls im Schneidersitz auf die Kissen.

„Sie gehören also zu den Familien?", fragte der Ältere. Für Lara sprach er eindeutig Englisch, doch Samantha kam das ziemlich Spanisch vor.

„Ja, wir kommen aus Groß-Britannien und waren nun schon in Indien und Alaska, um die Pyramidenstücke zusammen zu sammeln. Unserer Feinde beabsichtigen nämlich die Macht in ihnen zu missbrauchen", antwortete Lara auf Englisch.

„Sie gehören beide zu den Familien?", erkundigte er sich.

„Nein, nur ich. Mein Name ist Lara Croft und das ist Samantha Jones. Wir können ihr vertrauen", antwortete Lara.

„Unser Stück der Pyramide ist gerade nicht hier. Unser Oberhaupt ist zum Meditieren höher in die Berge gestiegen und er trägt das Stück immer bei sich", erklärte er.

„Wann kommt er wieder?", fragte Lara etwas beunruhigt.

„In vier Tagen, schätze ich. Eilt die Beschaffung sehr?"

„Ja, ziemlich. Unsere Feinde sind uns bestimmt schon auf den Fersen. Wo genau ist euer Oberhaupt?"

„Das wissen wir nicht. Und sie werden ihn auch nicht so schnell ausfindig machen. Es ist besser, wenn sie so lange warten. Ich biete ihnen an, so lange hier zu verweilen."

„Vielen Dank", nahm Lara das Angebot an. „Übrigens: Ich habe eine Frage. Wie kommt es, dass sie Englisch sprechen?"

Er begann zu lächeln.

„Wir sprechen kein Englisch. Da sie auch eine derer sind, die für die Pyramide verantwortlich sind, verstehen wir uns dank etwas ägyptischer Magie." Lara erklärte Samantha dies kurz auf Englisch und eine kurze Pause trat ein. „Sie scheinen eine anstrengende Reise hinter sich zu haben?", fragte der Mann sanft und beendete damit die etwas peinliche Pause.

„Ja, schon."

„Leute aus großen Städten wie sie, können sich hier wunderbar entspannen." Er klatschte in die Hände. Eine junge, hübsche Frau erschien. „Bitte kümmere dich mit ein paar anderen, um unsere Gäste."

Die Frau nickte und deutete ihnen mit einer Handbewegung an, mit ihr zu kommen. Lara und Samantha standen auf, bedankten sich schon im Voraus für die Gastfreundschaft und folgten der jungen Frau. Insgeheim waren sie froh, dass es noch vier Tage dauern würde, bis sie das letzte Stück der Pyramide in den Händen halten würden.