Kapitel 38 – Geständnis

„Es ist schön hier", bekundete Samantha, als sie das Fenster in ihrem neuen Zimmer öffnete und die warme Abendluft Ägyptens einatmete.

„Ja, das ist es", gab Lara zu und schaute ebenfalls nach draußen. Ihre Gaststätte lag gleich beim Zentralplatz der Stadt, wo nun ein schöner Springbrunnen stand. „Schau, gleich da ist die Bibliothek", bemerkte sie und deutete auf das alte Gebäude gegenüber.

„Leider ist Mariah auch hier…ich frage mich, was sie in einer so kleinen Stadt wie Memphis will."

„Gute Frage. Bestimmt ist sie schon dabei die Pyramide…ich darf gar nicht daran denken", grummelte Lara.

„Dann hätten wir es sicher schon gemerkt. Sie wollen die Macht sicher nicht unbemerkt einsetzen. Wenn, dann zerstören sie gleich ein ganzes Land oder schlimmer…"

„Mag sein, aber warum haben sie sich noch nicht vor der Welt als neue Herrscher zu erkennen gegeben? Irgendein Puzzelteil scheint noch zu fehlen…wenn wir nur wüssten, welches."

„Statten wir doch der Bibliothek einen kleinen Besuch ab. Sie hat vielleicht ein paar Bücher über ägyptische Götter. Dort könnten wir auch etwas über die Pyramide herausfinden. Wenn das alles auf einer alten Geschichte beruht, dann muss es auch Überlieferungen geben, die einen Hinweis enthalten."

„Klingt logisch. Gehen wir."

Die Bibliothek war zwar groß und enthielt Bücher über ägyptische Götter, aber eine Lösung vermochte sie nicht zu geben. Die Geschichte der Pyramide schien wirklich nur an die wenigsten weitergegeben worden zu sein.

„Die Leute damals waren einfach zu schlau…nichts, aber auch gar nichts wird hier über die Pyramide ausgesagt", klagte Samantha und ließ sich auf die Bücher sinken. Ihre Kopfschmerzen waren mittlerweile gelindert, wohl aufgrund der vielen Aspirin-Pillen.

„Gib nicht einfach so schnell auf! Hier muss etwas stehen…", wiederlegte Lara und vergrub sich wieder in die Bücher.

„Lara, wir suchen hier schon geschlagene vier Stunden. Schau, wir sind die Letzten, bald schließt die Bibliothek."

„Ich weiß…aber was sollen wir denn sonst tun?"

„Wie rührend…ihr scheint euch der Sache ja ziemlich hinzugeben", meinte eine Stimme hinter Lara. Es war Mariah Powell, die mit zwei Gefolgsleuten im Schlepptau angerückt war.

„Was willst du, Powell?", fragte Lara aggressiv und ohne sich umzudrehen.

„Euch einen Tipp geben", antwortete Mariah gelassen.

„Glaubst du ernsthaft, dass wir dir glauben?", entgegnete Lara wütend.

„Das ist eure Angelegenheit. Ihr solltet euch nicht auf Horus beschränken. Viel mehr solltet ihr euch auf die letzte Vision beziehen", erklärte sie und machte Kehrt.

„Was…meint sie?", wollte Lara wissen.

„Keine Ahnung", gab Samantha zurück. Schon waren Mariah und ihr Konvoi aus der Bibliothek verschwunden. Samantha sprang auf.

„Sam, wo willst du hin?"

„Ich komme gleich wieder", warf sie Lara im Vorbeirennen zu. Da war eine Frage, die sie schon lange beschäftigte. Es war wohl eine der wenigen Chancen, die sie hatte friedlich mit Mariah zu sprechen. Draußen war sie schon auf dem Weg zum chauffierten Sportwagen.

„Miss Powell!", rief Samantha ihr nach. Mariah drehte sich um und erblickte die Künstlerin. Sie wies ihr Gefolge an schon in den Wagen zu steigen.

„Ich habe eine Frage an Sie, Miss Powell", begann Samantha.

„Keine falsche Scheu", antwortete Mariah.

Sie schluckte.

„Damals in England wollten Sie, dass ich Lara auf ihrem Abenteuer begleite, obwohl ich keine professionelle Abenteurerin bin. Ohne mich wäre Lara wahrscheinlich noch schneller gewesen. Außerdem haben sie mich und Lara nie getötet, als sie die Möglichkeit dazu hatten. Wie vor kurzem in Monaco. Wir sind Ihnen nicht mehr nützlich, eher lästig, sie hatten schon die Chance uns umzubringen. Warum haben sie uns verschont? Und warum sollte ich Lara unbedingt begleiten?", sprudelte es aus Samantha heraus.

Mariahs Mund verzog sich zu einem Lächeln.

„Wie Sie wissen brauchte ich Miss Croft die ganze Reise über, wegen der Visionen. In Monaco habe ich sie nicht töten lassen, weil Sie bei ihr waren Miss Jones. Ich wollte, dass Sie Miss Croft begleiten, damit ich Sie öfter sehe. Und öfter sehen wollte ich Sie, weil…", erklärte Mariah und tat etwas, womit Samantha nie im Leben gerechnet hätte. Sie fühlte Mariahs Gesicht und ihre Lippen. Samantha war zu perplex, um auch nur irgendeine Reaktion zu zeigen. Sie ließ die Berührung über sich ergehen, bis Mariah den Kuss beendete und in den Wagen stieg.