Kapitel 7: Hermione III

Harry wohnte in einem kleinen Haus am Rand einer etwas ländlichen Muggelgemeinde. Er und Ginny hatten geheiratet, daher war es kein chaotisches Junggesellenhaus. Es war … idyllisch. Es war hübsch. Es war in der Art dessen, was ich von der Zukunft erwartete.

Es war außerdem sehr, sehr laut. Ginny war im achten Monat mit ihrem und Harrys drittem Kind schwanger. Die anderen zwei waren beide Jungs, drei und zwei Jahre alt, mit den Namen James und Albus. Ich war überrascht, dass Harry überhaupt Zeit hatte zu kommen und mich in Hogwarts abzuholen, weil Ginny sich dem Ende ihrer Schwangerschaft näherte, und die beiden Jungs genau im richtigen Alter waren, um einen Haufen Scherereien zu verursachen.

Wie auch immer, es war wundervoll, in dieser Art Zukunft zu sein. Als Harry die Tür geöffnet und mich hineingeleitet hatte, war Ginny, die auf dem Sofa im Wohnzimmer saß, in das die Haustür führte, mit einem Freudenschrei auf die Füße gesprungen und losgerannt, um mich trotz ihres vorgewölbten Bauchs fest zu umarmen. Ihr Haar war lang, reichte fast den halben Rücken hinunter, und im Moment trug sie es offen. Überrascht sah ich, dass sie älter als ich aussah, was logischerweise Sinn ergab. Aber dennoch war es seltsam, nachdem ich so lange die Ältere von uns beiden gewesen war.

„Du bist da!", rief Ginny und trat zurück, um mich anzusehen. Über Ginnys Schulter hinweg bemerkte ich zwei kleine Gesichter, die schüchtern aus einer anderen Tür spähten. Das älter aussehende Kind hatte rotes Haar und braune Augen, das andere hatte Harrys Haar- und Augenfarbe. Ich lächelte sie an und war glücklich, in Harrys Zukunft solch ein warmes Zuhause vorzufinden, dann wandte ich mich wieder Ginny zu.

„Ja, ich schätze, das bin ich", sagte ich zu ihr und versuchte, fröhlich auszusehen, was angesichts ihres Glücks nicht schwierig war. Aber ein Gedanke kam mir immer wieder und hielt meine Stimmung schwermütig …, und das war Ron. Ich seufzte und verdrängte das Stirnrunzeln, das sich wieder zu bilden drohte. Ich hatte gerade keine Lust, darüber nachzudenken.

„Lasst uns ganz reingehen", sagte Harry, schubste uns hinein und schloss die Tür. Dann bemerkte ich das Banner mit der Aufschrift ‚Holyhead Harpies', das über dem Sofa hing.

„Wie läuft das Quidditch?", fragte ich und stürzte mich auf das nicht-Ron-Thema, während wir zur Küche hinübergingen, die sich rechts vom Eingang befand.

„Mal spiele ich, mal nicht", sagte Ginny lächelnd. „Wegen James und Albus bin ich jetzt Reservespielerin. Aktuell spiele ich gerade nicht, aber sobald dieses Baby geboren ist, bin ich wieder auf dem Besen!"

Ich lächelte; es war typisch Ginny, das Familienleben sie nicht daran hindern zu lassen, ihre eigene Karriere zu verfolgen. Ich fragte mich, wie viel Zeit Harry sich in seinem Job freinahm, um Zeit mit den Kindern zu verbringen. Von da wanderten meine Gedanken zu Snape und mir selbst. Ich unterdrückte ein Schaudern. Da wir beide in Hogwarts lebten und arbeiteten, schien es kein wirklich großes Problem zu sein, wer wann nach dem Baby sah. Dann fragte ich mich, wie ich über die Dinge so logisch nachdenken konnte, wenn alles auf dem Kopf stand.

„Hast du Adeline mitgebracht?", meldete sich eine Stimme von der Seite, und mein Blick traf den des Rotschopfs, dessen, der älter aussah.

Einen Moment lang starrte ich ihn an, dann wurde mir klar, dass er mich erkannt haben musste. Natürlich würde ich Harry und Ginny in der Zukunft oft besuchen, daher ergab es Sinn, dass Harrys Kinder mich erkannten. Und sie sahen aus, als seien sie etwa im selben Alter wie Adeline. Kam Snape jemals mit mir? Harry schien bei dem Gedanken daran, dass wir … verheiratet … waren, relativ entspannt zu sein. Dieses Mal war ich nicht in der Lage, ein leichtes Schaudern zu unterdrücken, das mir vor Bestürzung und Abscheu über den Rücken lief. Ich nahm an, dass es wirklich nicht möglich war, dass er einen Liebestrank bei mir eingesetzt oder mich irgendwie gezwungen hatte, ihn zu heiraten … Zum einen schien er nicht der Typ dafür, egal, welch ein Tyrann er war, und zum anderen … konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich auf so etwas hereinfiel. Harrys Reaktion spielte bei meinem Vertrauen eine große Rolle. Er schien eine entspannte Einstellung dazu zu haben.

„Hermione, das ist James", stellte Harry vor und winkte demjenigen, der gesprochen hatte. „Der wie ich aussieht, ist Albus."

„Hey Jungs", sagte ich mit einem Lächeln. „Heute ohne Adeline, tut mir leid."

„Hermione wird ein paar Wochen bei uns bleiben", informierte Ginny ihre Kinder, während sie sich an den Tisch lehnte, der die Mitte der Küche einnahm. „Also seid ihr lieb zu ihr, okay? Weckt sie nicht morgens um sechs auf! Reserviert das für Daddy."

„He", sagte Harry lächelnd zu Ginny. „Daddy mag es auch nicht, so früh aufzustehen."

James kicherte, und Albus sah mich misstrauisch an. Bemerkte er, dass etwas anders an mir war? Wahrscheinlich … Kinder sind ziemlich aufmerksam. Ich lächelte die beiden beruhigend an, dann sah ich wieder zu Ginny. Zwei Kinder und schwanger mit noch einem … Ganz ähnlich wie ich, schätzte ich. Wie mein künftiges Ich, meinte ich. In dieser Zeit hatte ich ein Kind und war mit einem weiteren schwanger. Für einen Moment hatte ich eine Vision dieser Zukunft. Ich konnte mich selbst und Ginny sehen, beide mit unseren Kindern, und wir lachten in diesem Haus zusammen über etwas. Hier ein regelmäßiger Besucher zu sein. Das Einzige Seltsame dabei war Snape, der am Rand dieses perfekten Bildes schwebte. Wie kam er ins Spiel? Weshalb kam er ins Spiel? Ich sah seitlich nach unten weg.

„Ihr versprecht, dass ihr lieb seid?", drängte Ginny ihre Kinder, von denen keiner eine direkte Antwort gegeben hatte.

„Ja", sagte James und sah auf das Beharren seiner Mutter hin ernst aus.

„Albus?", fragte Harry.

Der kleinere Junge nickte, und Harry lehnte sich zurück an den Türrahmen, zufrieden mit seinem Sohn. Ich zog einen der Hocker von unter dem Tisch hervor, setzte mich hin und stützte meine Ellenbogen auf den Stuhl. Dass James Albus aus der Küche zog, bemerkte ich kaum. Ich hörte Stapfen durch das Haus, das klang, als ob sie die Treppen hinaufrannten.

„Also", sagte Harry und sah mich an. Ich sah auf die Narbe auf seiner Stirm. Sie war noch so deutlich wie beim letzten Mal, als ich sie gesehen hatte.

„Ja", sagte ich mit einem schweren Seufzen. „Dein Leben hier scheint wirklich großartig zu sein. Ich hoffe, es ändert sich nicht. Ich meine, ich glaube es nicht, weil die Zeit sich nicht ändert …"

Bei diesen Worten bildete sich plötzlich ein Kloß in meiner Kehle, und ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Verlegen und zornig auf mich selbst, dass ich vor meinen Freunden so durcheinander war, begann ich mit dem Kopf in den Händen zu schluchzen. Innerhalb weniger Augenblicke spürte ich zwei Menschen neben mir, zwei Hände auf meinen Schultern, eine davon Harrys, die andere Ginnys, und ich weinte noch heftiger. Als ich es geschafft hatte, mich wieder zu beruhigen, sah ich Ginny an.

„Wie kann dies die Zukunft sein?", flüsterte ich mit rauer Kehle. „Wie kann dies sein, was passiert? Was für ein Albtraum ist das?"

„Es ist kein Albtraum, Hermione", sagte Ginny leise, und wieder fiel es mir unangenehm auf, dass sie älter war als ich. Hier stand eine Frau, die mehr Jahre als ich gelebt hatte, reifer und kompetenter als ich war. Sie war nicht mehr dieselbe Ginny, die ich kannte. Über meine Schulter hinweg sah ich, wie ihr Blick Harrys traf, und sie ihn fragend ansah.

„Sie ist immer noch in Ron verliebt", sagte Harry erklärend. Bei diesen Worten begann ich beinahe wieder zu weinen, schaffte es aber, mich mit einem kräftigen Schlucken davon abzuhalten.

„Kann ich etwas zu trinken haben?", fragte ich und sah zwischen Harry und Ginny hin und her.

Harry zog seinen Zauberstab, rief ein Glas herbei, stellte es vor mich und fragte: „Wasser? Tee? Heiße Schokolade? Etwas anderes?"

„Wasser ist prima", flüsterte ich, und mit einem weiteren Zucken seines Zauberstabs füllte sich das Glas. Dankbar ergriff ich es und nahm mehrere Schlucke. Ich spürte, wie mein Gesicht und mein Körper sich bei der Aufnahme der Flüssigkeit abkühlten.

„Wie ist es passiert, dass sie sich ineinander verliebt haben?", fragte Ginny Harry leise, während ich in das Glas starrte.

„Anscheinend passiert es jetzt …", sagte Harry. „Oder aus unserer Perspektive ist es passiert, während Hermione verschwunden war. Das ergibt Sinn, schätze ich …" Harry wandte sich auch an mich. „Ich meine, als du aus der Zukunft kamst, sagtest du uns, du seist in der Zukunft mit Snape verheiratet, und zu dem Zeitpunkt, als du weggegangen bist, wusste Snape das ebenfalls, und gruseligerweise hatte er angefangen, sich in dich zu verlieben. Dann bekamen wir dich zurück, das war ein paar Monate, ehe du und Snape tatsächlich zusammen wart, aber zu dem Zeitpunkt schienst du über Ron hinweg zu sein, wie ich sagte, und erleichtert, dass du es ihm nicht sagen musstest …"

Plötzlich bemerkte ich, dass ich Schwierigkeiten zu atmen hatte, daher holte ich lange und sorgfältig Luft, dann nahm ich einen weiteren Schluck Wasser und zwang mich selbst, mich zu beruhigen. Ungerechtfertigt begann ich, mein zukünftiges Ich zu hassen. Es schien alles ihr Fehler zu sein. Sie ruinierte mein Leben …, trennte mich von Ron, brachte Snape dazu, sich … in mich zu verlieben … Obgleich ich in fünf Monaten anscheinend völlig einverstanden damit sein würde.

„VERDAMMT!", schrie ich plötzlich, stand abrupt auf und hieb mit den Fäusten auf den Tisch. „Ich WILL verdammt nicht, dass dies passiert! Ich will die Kontrolle über meine Zukunft haben! Ich will die WAHL haben!"

Erbittert starrte ich Harry und Ginny an, voller Zorn spürte ich das Blut durch meine Venen pochen und fühlte eine entsetzliche Mischung aus Ärger, Frustration und Hilflosigkeit meinen Körper überspülen. Nie zuvor hatte ich einem solchen Ultimatum gegenübergestanden. Ich war so daran gewöhnt, in der Lage zu sein, Dinge selbst zu tun, wie ich sie wollte, wenn ich mich nur genügend bemühte. Die Dinge würden sich regeln. Aber dieses Mal nicht. Dieses Mal, schien es, schob das Schicksal mich einen Pfad entlang, auf dem ich die Zukunft deutlich sehen konnte …, und sie würde passieren, wie ich sie sah. Egal, was ich wollte.

Weder Harry noch Ginny wussten, was sie sagen sollten, und schließlich sank ich deprimiert auf meinen Stuhl zurück und stützte mich auf meine Ellenbogen. Ich hoffte, dass mich weder Albus noch James gehört hatten, oder wenn doch, nicht darauf achteten. Ich fühlte mich schlecht dabei, dass ich vor Harrys Kindern geflucht hatte. Wahrscheinlich hatten sie es ohnehin nicht bemerkt. Ich seufzte.

„Können wir wieder ins Wohnzimmer gehen?", fragte ich und sah zu Ginny hoch. „Wir müssen reden."

„Ja." Ginny erhob sich und legte eine Hand auf die wachsende Kurve ihres Bauchs. Sie sah nicht aus, als sei sie am Ende ihrer Schwangerschaft, aber sie war definitiv sichtbar. Plötzlich verspürte ich Eifersucht … Sie hatte diese letzten zehn Jahre gelebt, ohne zu wissen, was passieren würde. Für mich waren die nächsten zehn Jahre meines Lebens vollständig außer meiner Kontrolle. Verdammt nochmal … Vielleicht hatte sie gewusst, dass dies passieren würde, weil ich es ihr gesagt haben konnte. Ich runzelte die Stirn und folgte ihr ins Wohnzimmer, um dann auf das rote Sofa unter dem Quidditchbanner zu sinken.