Kapitel 6

Matsumoto seufzte. In diesem Tempo, würden sie wahrscheinlich erst nächste Woche bei Urahara ankommen. Wieso musste ihr Taichou denn so penibel um jede Ecke gucken? Gut, sie hatte verstanden, dass er niemandem über den Weg laufen wollte, der sie kannte, aber dennoch. Es war Sonntag, halb acht und niemand der noch ganz bei Trost war, würde um diese Zeit das Haus verlassen.

Nun, sie beide ausgenommen.

Etwas zweifelnd schaute Matsumoto ihrem Taichou zu, wie dieser um die Ecke schielte und die Gegend analysierte. Also wirklich, das war doch verkehrte Welt. Sie war hier diejenige, die sich gern albern verhielt und Hitsugaya Taichou derjenige, der sich darüber beschwerte. So und nicht andersherum gehörte sich das. Eins wurde Matsumoto in diesem Moment jedenfalls schlagartig bewusst.

Sie musste raus aus diesem Körper.

„Taichou?"

„Pscht."

„Taichou, da is niemand."

„Ich will sicher gehen."

„Aber Taichou?"

„Was denn?"

„Kann ich den Schal aus meinem Gesicht nehmen? Mir ist warm."

„Nein."

„Die Mütze?"

„Nein."

„Aber Taichouuuu…"

„Du sollst auch nicht erkannt werden, was ergibt das sonst für einen Sinn?"

„Aber Taichou…" Sie wartete kurz ab, ob sie unterbrochen wurde und fuhr dann fort. „…sollten wir wirklich jemanden treffen, den wir kennen, dann können wir doch einfach so tun, als wären wir…also… im richtigen Körper."

Hitsugaya sah sie unbeeindruckt an. „Als wärest du dazu fähig. Du würdest dich wahrscheinlich im ersten Satz bereits verraten. Das Risiko kann ich nicht eingehen."

Matsumoto blies beleidigt Hitsugayas Wangen auf. „Ist gar nicht wahr. Ich kenn dich gut genug."

Er rollte mit den Augen. „Wir sind gleich da, also hör au..."

„Taichou?"

„…" Seine Augenbraue zuckte.

„Taichou?"

„Was, Matsumoto, WAS?"

„Ichigo." Matsumoto zeigte auf einen Teenager, der geradewegs auf die beiden zumarschierte, sie aber noch nicht gesehen zu haben schien.

Wie in Zeitlupe drehte Hitsugaya den Kopf und starrte fassungslos in Richtung Kurosaki Ichigo. Da passte man einmal kurz nicht auf und schon geriet alles aus dem Ruder. Was tun?

Verstecken! …Aber wo?

So tun, als würden sie ihn nicht kennen! …Hmpf, nicht einmal Kurosaki wäre so dämlich auf die Verkleidung reinzufallen, wenn er direkt an ihnen vorbeigehen würde.

Wegrennen! …Vielleicht dann doch etwas auffällig.

Aber vielleicht konnten sie ja…

„Yo! Morgen!", rief Ichigo überrascht, als er nur wenige Schritte von ihnen entfernt war.

Hitsugaya ließ den Kopf hängen. Das konnte ja nur schief gehen. „Okay", flüsterte er seinem Fukutaichou zu. „Hier ist deine Chance mir zu beweisen, dass ich Unrecht hatte, als ich sagte du würdest dich sofort verraten. Streng dich an."

Matsumoto nahm selbstbewusst endlich die scheußliche Mütze und den gottverdammten Schal ab. „Ha, kein Problem."

Ichigo hatte sie erreicht. „Rangiku-san, Hitugaya. Was macht ihr denn so früh hier?"

Matsumoto grinste diabolisch und sah ihre Chance gekommen. „Es heißt HITSUGAYA-TAICHOUUUU!", brüllte sie aus voller Kehle und war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Ihr Taichou sah sie geschockt an und Ichigo schien auch mehr als überrascht.

„S-sorry." Ichigo nahm einen Schritt Abstand von dem vermeintlichen Hitsugaya.

Der richtige wiederum hatte Mühe seine Augenbraue in den Griff zu bekommen. Wie hatte Matsumoto es wagen können, so zu übertreiben? Als würde er jemals so ausrasten, nur weil jemand seinen Rang vergessen hatte. Er wies die Leute lediglich darauf hin. Ganz freundlich und ruhig…mehr oder weniger.

Das Wichtigste aber war wohl, dass Ichigo noch nicht gemerkt zu haben schien, dass hier etwas nicht ganz stimmte. Dann galt es jetzt nur noch, ihn schnellstmöglich loszuwerden. „Nichts für ungut, aber wir haben es ei…"

Hitsugaya wurde in seiner Ausführung von Matsumoto unterbrochen, die sich mehr als auffällig geräuspert hatte. Angesäuert und verwirrt schaute er auf seinen Fukutaichou und fragte sich, was sie denn jetzt wieder hatte, bis ihm einfiel, dass die ganze Sache auch nach hinten losgehen konnte.

Matsumoto musste so tun, als wäre sie Hitsugaya und er musste so tun, als wäre er Matsumoto. Verdammt. Matsumoto Rangiku schlug doch kein Schwätzchen aus und war höchstens in Eile, wenn sie kurz vor Ladenschluss noch etwas einkaufen wollte.

Ichigo blickte die vermeintliche Matsumoto misstrauisch an. „Rangiku-san, alles klar?"

„Äh…bestens. Ahahaha…" Hitsugaya rang sich ein albernes Lachen ab und wusste, dass es in die Hose gegangen war. Matsumoto sein, war schwieriger als gedacht.

Jetzt wiederum nahm Ichigo auch einen Schritt Abstand von der vermeintlichen Matsumoto. „Äh, also was macht ihr denn nun hier?"

„Das Gleiche könnten wir dich auf fragen, Freundchen." Matsumoto hatte extra ein besonders finsteres Gesicht aufgesetzt und starrte Ichigo böse an. Hitsugaya konnte sehen, dass es seinem Fukutaichou anscheinend Spaß machte, ihn nachzumachen. Aber mal ehrlich, so schlimm war er doch gar nicht! Frechheit!

„I-ich?" Ichigo schluckte und fragte sich, ob der kleine Taichou da vor ihm, schon immer so Angst einflößend auf ihn gewirkt hatte, wie jetzt gerade. „Urahara-san hat ein Sondertraining angesetzt. Von dem komm ich gerade." Wieso kam er sich vor, als hätte er hier etwas angestellt?

„Ah, Sondertraining. Ein bisschen extra Arbeit. Klingt gut." Matsumoto nickte ernst und ging voll auf, in ihrer Rolle als Hitsugaya Toushirou. „Das sollten wir auch mal machen. Arbeiten ist gut für die Seele. Ich arbeite gern, am liebsten den ganzen Tag lang. Ich weiß zwar nicht was Spaß ist, aber was soll's."

Der echte Hitsugaya, gefangen im Körper Matsumotos, war sich sicher jeden Moment vor Wut zu platzen. Wie konnte sie es wagen hier so eine Show abzuziehen? Aber er wäre nicht er selbst, wenn er sich das einfach so gefallen lassen würde, ohne zurück zu schlagen.

„Ach Taichou! Arbeit ist auch nicht alles! Warum schläfst du dich nicht einmal in Ruhe aus, selbst wenn dabei die gesamte Division den Back runter geht, wen kümmert das schon. Ich nehm dich auch mal mit auf eine Tour durch die Bars, du wirst sehen das wird lustig. Oh und ich verrate dir auch ein paar Tricks, wie man sich am Besten vor der Arbeit drückt. Da kann mir keiner etwas vormachen." Hitsugaya grinste diabolisch.

Ichigo ging noch ein zwei Schritte zurück. Hier stimmte doch definitiv etwas nicht. Oder war das nur der generelle Shinigamiwahnsinn, der sich hier abspielte? Die hatten dort in der Soul Society doch alle mehr oder weniger einen an der Waffel. Das hier war doch Beweis genug, oder?

Matsumoto ging in die obligatorische Hitsugaya-Pose und verschränkte die Arme. „So etwas kann ich mir nicht erlauben, Matsumoto. Außerdem würde ich nicht einmal zugeben Spaß zu haben, selbst wenn ich welchen hätte. Aber das weißt du ja wahrscheinlich."

Hitsugaya ballte die Fäuste von Matsumotos Körper. „Ich hüte Kisten voll Sake in einem Nebenraum der zehnten Division, aber das weißt du ja wahrscheinlich."

Ach du Schreck, wie hatte er das denn rausgefunden? „Ich habe Milch in meinem Kühlschrank stehen, weil ich hoffe sie macht mich größer, aber das weißt du ja wahrscheinlich!"

Wieso war sie über den Inhalt seines Kühlschranks informiert? Das konnte doch nicht wahr sein. „Und ich verstecke unerledigte Arbeit unter der Couch, aber das.weißt.du.ja.WAHRSCHEINLICH!"

Oh Gott, sie brauchte ein neues Versteck! „Ich hab ei…"

„Äh ‚tschuldigung?" Ichigo wollte ja nicht so dazwischen reden, aber…na ja…

„WAS?", kam die Antwort synchron.

„Ich…wollte nur sagen, dass ich dann mal gehe. Bis später." Und schneller, als die beiden hätten gucken können, war Kurosaki Ichigo verschwunden. Warum dieser so hatte rennen müssen, war ihnen beiden ein Rätsel.

„Aah, Taichou, du bist so gemein! Du hast mich völlig falsch dargestellt. Das klingt als würde ich den ganzen Tag über nichts anderes machen, als trinken und faulenzen."

„Und deiner Interpretation nach, mache ich nichts anderes, als arbeiten. Ich würde sagen wir sind quit."

„Nein, ich war näher an der Realität."

Von wegen. „MATSUMOTO!"

Matsumoto rannte schon einmal vor zu Urahara. Konnte nicht schaden die ganze Sache etwas voran zu bringen.