AN: THX, für euer Feedback. Und für die, die jetzt Angst haben dass zuviel Ginny x Harry kommt, sei gesagt, dass es immer noch eine Harry - Snape - Geschichte ist. ;-)
Das hier ist irgendwie mein Lieblingschapter.)

Ein langer Tag!

Die Sonne war noch nicht aufgestanden. Und kaum einer bemerkte die glitzernden kleinen Flöckchen, die sich seit der Nacht ihren Weg auf die Erde suchten. Ein zarter weißer Teppich hatte sich bereits gebildet, doch war er in der Dunkelheit verborgen, genau wie der Mond, der vergeblich versuchte hinter den Wolken vorbei zu gucken.

Alles schlief noch friedlich in ihren Betten. Oder sagen wir, fast alle. Harry war an diesen Morgen schon sehr früh aufgewacht. Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es erst fünf Uhr morgens war. Doch er war zu munter um weiterschlafen zu können.

In seinem Kopf fing es wieder an zu arbeiten. Ginny tauchte immer wieder auf. Wie froh war er, dass es sie gab. Doch plötzlich lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Was wenn sie auch von ihm gehen würde. Wie Sirius, oder wie seine Eltern. Was wenn Voldemort auch dieses Stückchen Glück und Liebe vernichten würde? Das konnte er Ginny unmöglich antun. Und er würde es auch nicht überleben. Wenn Ginny gehen würde, würde er es auch tun. Er würde sich Notfalls selbst umbringen, wenn es Voldemort nicht schaffte. Aber was wenn Ginny überlebte und nur er sterben würde? Ginny sollte nicht denselben Schmerz durchmachen müssen, den Harry schon mehrmals spüren durfte.

Sollte er sich wirklich mit Ginny einlassen? Wäre es nicht besser für beide rechtzeitig Schluss zu machen, bevor es richtig anfing? Er hätte Ginny nicht küssen dürfen. Er hätte nichts sagen sollen. Verzweifelte Hilflosigkeit machte sich in Harrys Kopf breit.

ooo

„Guten Morgen, Potter!" begrüßte Professor Snape den Jungen, als er den Krankenflügel betrat. Er war gerade auf dem Weg ins kleine Büro von Madam Pomfrey, doch nun hielt er inne.

Harry saß steif in seinem Bett und starrte auf die gegenüberliegende Wand.

„Potter?"

Der Junge reagierte nicht.

Professor Snape änderte seinen Kurs und kam nun zu Harrys Bett. Prüfen sah er den Jungen an. Er trat ins Blickfeld des Jungen und dann wieder bei Seite. Harry reagierte nicht. Schließlich trat er neben den Jungen und griff nach dessen Arm, um seinen Puls zu prüfen. Noch immer saß Harry starr da. Der Professor zog eine Augenbraue hoch.

„Sehr überzeugend ihre Vorstellung, Potter, aber es sieht ihnen nicht ähnlich einen Rückschlag zu haben!" meinte der Professor schließlich und wandte sich wieder zum gehen.

„Ach ja?" zischte Harry wütend. Doch dann schlug er seine Hände über seinen Mund.

Der Professor drehte sich wieder um. „Keine Sorge Mr Potter. Ich wurde bereits gestern Zeuge dessen, dass sie ihre Stimme wieder gefunden haben. Ich wollte gerade zu Madam Pomfrey, als ich sie und die junge Miss Weasley in einer… nun ja… verfänglichen Position wieder fand. Ich beschloss schließlich später wieder zu kommen, als ich hörte, dass Sie mit Miss Weasley sprachen."

„Na toll" nuschelte Harry und starrte wieder zur gegenüberliegenden Wand.

„Ich hätte erwartet sie heute in einer besseren Stimmung wieder zu finden" sagte Professor Snape.

„Tja, mit dem Morgen kommen die Sorgen!" antwortete Harry sarkastisch. Worauf Snape eine Augenbraue hoch wandern ließ.

„Kommt mir bekannt vor!" gestand der Professor.

„Ach ja?" zischte Harry erneut.

Danach wurde es still. Professor Snape verschwand schließlich in Madam Pomfreys Büro, doch nur um wenig später wieder zu kommen. Und zwar mit einem Tablett mit Harrys Frühstück drauf.

Der Junge beobachtete verwirrt, wie der Professor das Tablett auf Harrys Nachttischen stellte und dann am Nebenbett Platz nahm.

Während Harry zwischen dem Tablett und dem Professor hin und her schaute, fiel ihm auf, dass er Madam Pomfrey heute noch gar nicht gesehen hatte. Normaler Weise wuselte sie sehr früh aus ihrem Büro, um Harry zu untersuchen.

„Wo ist Madam Pomfrey?" fragte der Junge verunsichert. Ohne sein Frühstück anzurühren.

„Auf einem Seminar. Sie werden heute mit mir Vorlieb nehmen müssen!" gab Professor Snape Auskunft, danach befahl er „Iss!"

Harry blickte zu dem Tablett dann wieder zu Snape. „Müssen sie nicht zum Unterricht?"

„Nein. Sie haben mich heute den ganzen Tag!" sagte der Professor mit hämischen Grinsen.

„Na toll!" rief Harry mit nicht überzeugender Begeisterung.

„Iss!" wiederholte sich Snape. Doch Harry beachtete ihn nicht.

„Wieso springen gerade sie für Madam Pomfrey ein?" fragte er weiter.

Snape atmete genervt durch, „Denken sie ich lasse meine Zaubertränke in unwissenden Händen?"

„Oh natürlich. Ich hatte schon geglaubt es wäre meinetwegen!" sagte Harry mit ironischem Ton.

„Vielleicht mache ich es ja auch ihretwegen" antwortete der Professor und grinste erneut.

Mit großen verunsicherten Augen sah Harry zu ihm auf.

„Iss jetzt! Oder muss ich nachhelfen?" fragte Snape.

Zögernd griff Harry nach dem Toast und begann mit seinem Frühstück. Professor Snape beobachtete Harry die ganze Zeit über. Dies machte den Jungen derart nervös, dass er sich schließlich verschluckte und vor lauter Husten kaum mehr Luft bekam. Snape wollte Harry auf den Rücken klopfen, damit er schneller wieder zu Luft kam, doch als er Harrys panischen Gesichtsausdruck sah, ließ er es doch lieber bleiben.

Der Professor hatte nicht vergessen, wie Harry aussah, als sie ihn aus dem Muggelkrankenhaus geholt hatten. Die vielen Wunden die sich über den gesamten Körper des Jungen verteilt hatten, zeigten eindeutig, dass Harry aufs Übelste misshandelt wurde. So war es nicht weiter wunderlich, wenn der Junge Angst vor Berührungen hatte. Auch wenn er gestern in der Gegenwart von Miss Weasley offensichtlich kein Problem damit zu haben schien.

„Madam Pomfrey hat gemeint, dass ich auch die Untersuchungen übernehmen soll, die sie sonst macht, sowie die Übungen um ihre Muskeln wieder aufzubauen. Ich werde sie also berühren müssen." sagte der Professor schließlich, nachdem sich Harry wieder gefangen hatte. Doch nun sah der Junge aus, als wenn er erneut einen Erstickungsanfall hätte.

„Iss einmal in Ruhe fertig. Ich hole inzwischen den Muskelaufbautrank!" damit stand Snape auf und verschwand im Büro der Medihexe. Harry starrte ihm hinterher. Was hatte Snape vor? Harry malte sich Horrorszenen in seinem Kopf aus. Schließlich brachte er keinen Bissen mehr runter vor lauter Panik.

ooo

Harry hatte sein Hemd ausgezogen und der Professor besah sich den Oberkörper des Jungens. Zuerst ließ Professor Snape den Zauberstab rauf und runter fahren, ähnlich wie Madam Pomfrey, nur weniger hastig. Danach wurde eine Paste auf einzelne Stellen geschmiert, die immer noch hartnäckige Narben aufwiesen.

Jedes Mal wenn Snapes Finger Harrys Haut berühren, zuckte der Junge zusammen. Harry schämte sich dafür, aber er konnte es nicht verhindern. Er hatte Angst wieder verletzt zu werden, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass Professor Snape es nicht wagen würde, ihm körperlich etwas anzutun.

Der Professor versuchte so vorsichtig vorzugehen, wie er nur konnte. Er verstand Harrys Panik, aber er konnte das dem Jungen nicht ersparen. Er würde gerne etwas Aufmunterndes sagen, aber er wusste weder wie, noch was. Was sollte er dem Jungen sagen, dem er jahrelang seinen Hass spüren gelassen hatte?

So war es totenstill im Krankenflügel, bis endlich die erleichternden Worte ertönten „Sie haben es überstanden!" Harry zog hastig sein Pyjamahemd wieder an. Als er schließlich aufsah, hielt ihm der Professor schon den Kelch mit dem Muskelaufbautrank hin.

Widerwillig griff Harry danach. Angeekelt verzog er das Gesicht, als er den Trank runterwürgte. „Das schmeckt scheußlich!" schimpfte er schließlich.

„Nach was sollte denn der Trank ihrer Meinung nach schmecken?" fragte der Professor interessiert.

„Nach Himbeersirup zum Beispiel!" schlug Harry vor.

Professor Snape schüttelte amüsiert seinen Kopf. „Natürlich. Nur das Feinste für den Goldenen Jungen!"

Daraufhin erntete der Professor einen grimmigen Blick. „Ich bin kein Goldener Junge!" zischte Harry. „Ich bin der Trottel, den man mit Füßen treten kann!"

„Dazu müssten sie aber erst einmal aus dem Bett aufstehen!" antwortete Snape.

Unsicher, wie der Professor das meinte, sah Harry auf. Der Professor zog eine Augenbraue hoch. Offensichtlich meinte der Professor es wörtlich, denn er wartete bis Harry schließlich seine Füße über die Bettkante schob.

Er hasste es, dass seine Beine aufgehört hatten, sein Gewicht zu tragen. Er ist so lange gelegen, dass er jetzt wie ein Baby wieder gehen lernen musste. Mit dem Muskelaufbautrank ging der Muskelaufbau wesentlich schneller, als bei den Muggeln, aber selbst der Trank konnte es Harry nicht ersparen, sich wieder an das Gehen zu gewöhnen.

Widerwillig nahm er Snapes Hilfe an, um sein Gleichgewicht zu stabilisieren. Immer wieder versuchte er, alleine zu Recht zu kommen. Doch jedes Mal musste Snape ihn vor dem Hinfallen bewahren.

„Langsam, Potter. Nichts überstürzen!" meinte der Professor schließlich.

Harry zischte nur wütend vor sich her. Er hasste es, wie ein Invalid an der Hand herum geführt zu werden.

„Machen wir am Nachmittag weiter. Für jetzt ist es genug!" beschloss der Professor schließlich. Was mit einem Grummeln seitens Harrys quittiert wurde.

ooo

Gedankenversunken saß Harry bei seinem Mittagessen. Wenn er ehrlich war, dann musste er gestehen, dass Snape für seine Verhältnisse ziemlich freundlich war. Niemand zwang Professor Snape Harrys Betreuung für den Tag zu übernehmen, er tat es freiwillig. Und je länger Harry darüber nachdachte, desto öfter kam er zu dem Schluss, dass das vielleicht eine Art Entschuldigung sein sollte. Vielleicht wollte der Professor wieder etwas gut machen? Doch es kam Harry nach all den Jahren absurd vor.

ooo

„Ich hoffe sie sind bereit für die zweite Runde!" sagte Snape und reichte Harry wieder den Kelch mit dem Muskelaufbautrank.

Harry entging der seltsame Gesichtsausdruck des Professors nicht, als er den Kelch entgegennahm. Und schon bald sollte er den Grund dafür wissen. Er überwand sich einmal mehr, den Trank zu nehmen. Doch als diesmal die Flüssigkeit mit seinem Geschmacksnerven in Kontakt kam, wanderten die Augenbrauen des Jungen überrascht in die Höhe.

„Himbeersirup?" fragte er perplex.

„Das war doch ihr Wunsch! Sie werden den Trank noch öfters trinken müssen. Ich kann es nicht verantworten, dass sie jedes Mal beinahe einen Brechreiz bekommen!" rechtfertigte sich der Professor schlicht.

„Ich hätte nicht gedacht, dass sie das ernst nehmen!" gestand Harry immer noch verblüfft.

„Wenn es sie stört kann ich es auch wieder rückgängig machen!"

„NEIN!" rief Harry entschieden.

Professor Snape schmunzelte. Harry registrierte es. Es war tatsächlich ein Schmunzeln, ohne bösen Hintergedanken.

„Wieso tun sie das?" fragte Harry schließlich. Er wusste einfach nicht, wie er mit der ganzen Situation umgehen sollte.

„Weil ich Madam Pomfrey zugesichert habe, dass ihnen nichts passiert, wenn sie den einen Tag lang auf das Seminar geht, zu dem sie schon vor Monaten zugesagt hatte!"

„Und diese Zusicherung, beinhaltet all meine Wünsche zu erfüllen?"

„Machen sie sich nicht lächerlich, Potter! Natürlich nicht!"

„Warum dann das? Warum Himbeersirup?"

„Wenn es sie so stört, dann ändere ich den Geschmack"

„NEIN! Es ist nicht die Geschmacksrichtung!" rief Harry nun ungeduldig. Darauf hin wurde es still. Professor Snape und Harry starrten sich lange an.

„Ich werde mich nicht bei ihnen entschuldigen, wenn sie das meinen, Potter. Nicht, bevor sie sich bei mir entschuldigt haben!" sagte Snape schließlich, der ganz genau wusste worauf Harry hinaus wollte.

„Weswegen sollte ich mich entschuldigen?" fragte Harry verwirrt.

„Oh ja, klar. So ein angeschlagenes Gedächtnis kann sich nicht an alle Kleinigkeiten erinnern, die letztes Jahr passiert sind."

Harry klappte den Mund auf, das konnte der Professor jetzt aber nicht ernst meinen, oder doch?

„Sie meinen den Zwischenfall mit dem Denkarium?" fragte Harry ungläubig.

„Oh, der Herr erinnert sich doch!"

Harry schüttelte fassungslos den Kopf, während plötzlich Wut in seine Adern schoss. „Ich soll mich dafür entschuldigen, dass ich EINE ihrer Erinnerungen gesehen habe? Eine, die ich am liebsten nie gesehen hätte? Während sie mein gesamtes Hirn auseinander genommen haben. Was sind sie nur für ein erbärmlicher Mensch?"

Nun verfinsterten sich Snapes Augen ebenfalls. „Sie wagen es, MICH einen erbärmlichen Menschen zu nennen?"

„JA! Weil sie einer SIND. Dumbledore hat sie gebeten mir Okklumentik beizubringen. Aber natürlich wollten SIE ihre wertvolle Zeit nicht mit einem dummen Jungen wie MIR verbringen. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, mir zur erklären, wie man den Geist verschließt. Sie haben die Zeit genutzt, um ihren persönlichen Rachefeldzug, der eigentlich gegen meinen Vater geht, an mir auszulassen. Das IST erbärmlich!" schrie Harry nun wütend.

Snape funkelte immer noch bedrohlich, aber im ersten Moment schien er nicht zu wissen was er darauf sagen sollte.

„Es heißt Professor Dumbledore!" grollte er schließlich.

Harry hatte mit allen gerechnet, aber nicht mit dieser Aussage. Mit großen Augen sah er Professor Snape an und dieser starrte zurück. Und dann, ohne Vorwarnung, brach Harry in Gelächter aus.

Professor Snape musste ebenfalls schmunzeln. Wobei er nicht genau wusste, warum er das überhaupt gesagt hatte. Harry hatte ihn beschimpft. Wer glaubte er denn, dass er war. Ein Schüler sollte das Recht haben, über einen Lehrer herzuziehen? Doch Harry hatte Recht mit seinen Anschuldigungen. Dieser verdammte Bengel hatte Recht. Wahrscheinlich war das der Grund, warum er das einzige aus Harrys Vorwurf heraus pickte, auf das er etwas erwidern konnte. Erst kurz darauf wurde ihm bewusst, wie lächerlich das klang und da platze Harry auch schon in schallendes Gelächter aus. Und irgendwie tat es gut, den Jungen lachen zu sehen.

„Gut. Sie haben Recht Mr Potter. Aber sie und ich wissen, das, was geschehen ist, kann nicht rückgängig gemacht werden, auch nicht durch eine Entschuldigung. Das einzige was wir tun können, ist versuchen, uns selbst zu ändern." sagte Snape so leise, dass man es kaum hören konnte.

Harrys Mund klappte auf. Dann wieder zu. Schließlich nickte er, denn er wusste nicht was er darauf sagen sollte. Die drauffolgende Trainingseinheit verlief ziemlich stumm.

ooo

Harry lag wieder in seinem Bett. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Wer hatte gedacht, dass „gehen" derart anstrengend sein konnte? Allerdings war es auch schon mehrere Monate her, als er das letzte Mal gegangen war. Harry mochte es nicht, auf Hilfe angewiesen zu sein. Er war Harry Potter! Er brauchte keine Hilfe. Von niemandem. Nicht jetzt, nachdem er solange vergeblich auf Hilfe gewartet hatte. Wo waren sie denn alle gewesen, als er sie wirklich gebraucht hatte?

Er hatte gedacht, Dumbledore würde ihn beschützen. Aber das galt wohl nur vor den Todessern, nicht vor durchgedrehten Muggeln. Harry befreite sich mit einem Ruck von seinen Erinnerungen an den Sommer. Er wollte jetzt nicht daran denken. Er wollte nie wieder daran denken. Vergessen, das war das Beste das er tun konnte, denn sonst würde er sich sofort vom nächstbesten Turm stürzen.

‚Warum eigentlich nicht?' fragte sich Harry erneut und blickte zu den Fenstern des Krankflügels hinüber. ‚Ich stell mich aufs Fensterbrett und lass mich einfach fallen. Vielleicht bin ich ja ein Animagus und werde zu einem Vogel. Dann könnte ich davonfliegen.'

‚Aber Harry. Animagie lernt man doch nicht in einer Sekunde. Dazu braucht man mehrere Jahre.' ertönte Hermines Stimme in Harrys Kopf.

‚Ja, du würdest da runterfallen wie ein Quaffel, nur dass keiner da ist, der dich auffängt. Und wer soll dann unseren Sucher machen?' sprach Rons Stimme.

‚Es gibt Menschen, die dich noch brauchen Harry!'

Da war sie wieder. Ginny. Harrys Herz machte einen Satz. Wieso fühlte er plötzlich so viel für das Mädchen, das er bereits seit fünf Jahren kannte? Ginnys fröhliches Lachen klang durch Harrys Kopf, als der Junge durch das Geräusch herannahender Schritte aufschreckte.

Professor Snape kam mit etwas Silbernen in der Hand zurück. Es war eine neue Bettpfanne. Harry beobachtet den Professor, wie er sie neben sein Bett stellte. Er tat es, als wenn es etwas Alltägliches wäre. Nun ja, für Harry war es inzwischen alltäglich, aber für Snape? Harry spürte den Drang, einmal wieder auf eine Toilette gehen zu können. Diese Pfannen raubten ihn seine Würde. Einen Augenblick überlegte er, ob er Snape vielleicht fragen sollte, ob er ihm half, auf die Toilette zu gehen. Aber dann wurde ihm bewusst, dass der Professor ihn dann eventuell an weitaus empfindlicheren Stellen berühren musste und ein Schaudern rann über seinen Rücken.

Professor Snape entging Harrys gequälter Gesichtsausdruck nicht. Eine Weile beobachtete er Harrys Mienenspiel. Er brauchte kein Legilimentik anzuwenden, um Harrys Gedanken lesen zu können. Es war klar, dass Harry diese Bettpfannen verabscheute. Eine Weile ging der Professor in sich, doch dann fasste er sich ein Herz und hielt Harry seine Hand hin.

Der Junge sah verwirrt auf.

„Na kommen sie schon, ehe ich es mir anders überlege!" sagte Snape mit überraschenden weicher Stimme.

Harry überlegte fieberhaft. Er war hin und her gerissen zwischen der Abscheu der Bettpfanne und der Panik, Professor Snape würde ihm zu nahe kommen. Doch schließlich griff er zögernd nach der Hand des Professors. Mit einem kräftigen Ruck stand Harry auf seinen Beinen. Doch diese zitterten.

„Sind sie sicher, dass sie die Strecke schaffen?" fragte Snape nun doch ein wenig besorgt.

Harry nickte wild entschlossen und verfluchte seinen Beine, dass sie so schwammig waren und seinen Kreislauf, der drohte, in den Keller zu wandern.

Professor Snape spürte, dass Harrys Griff fester wurde und der Junge mehr Schwierigkeiten mit seinem Gleichgewicht hatte, als noch vor einer Stunde. Insgeheim schallte er sich für die Idee, Harry diesen Wunsch erfüllen zu wollen. Der Junge war bereits genug auf den Beinen gewesen.

Doch schließlich erreichten sie die Toilette. Harry atmete erleichtert durch, als er das Pissoir sah. Es war doch absurd, welch primitive Sache zu Harrys Herzenswunsch werden konnte.

Professor Snape stellte den Jungen vor sich, so dass er seinen Rücken stützen konnte, und hielt ihn unter den Achseln damit er nicht seitlich umkippte. Und so konnte Harry mehr oder weniger ‚selbstständig' sein Geschäft verrichten.

ooo

Harry wusste nicht mehr, wie er in sein Bett zurückgekommen war. Plötzlich war ihm schwarz vor Augen geworden. Das einzige, was er noch so halb mitbekommen hatte, war, dass Professor Snape ihn hochgehoben hatte. Wahrscheinlich um ihn ins Bett zurück zu tragen. Aber Harry war es egal. Er war auf der Toilette gewesen. Er hatte diese doofe Bettpfanne nicht benutzen müssen.

oooooo

Kleine Schneebälle flogen durch die Luft. Inzwischen war die Schneedecke dreißig Zentimeter dick und einige Schüler lieferten sich eine Schneeballschlacht. Andere bauten Schneemänner und wieder andere schmissen sich einfach in den Schnee und hinterließen witzige Spuren. Die Sonne schien zwar, doch hatte sie kaum mehr wärmende Wirkung. Dafür zauberte sie mit ihrem Licht ein Funkeln und Glitzern auf die schneebedeckte Landschaft.

Doch zwei Schüler wollten nicht nach draußen. Als ihr Unterricht endete, hasteten sie in den Krankenflügel.

„Mr Wealsey, Miss Granger" begrüßte Professor Snape die beiden Schüler knapp.

„Professor Snape. Wir wollen Harry besuchen!" erklärte Hermine.

„Ich habe auch nicht erwartet, dass sie sich meinetwegen den Spaß entgehen lassen, draußen im Schnee herumzutoben" antwortete der Professor leicht amüsiert.

Ron und Hermine ließen sich bei Harrys Bett nieder.

„Hey. Wie geht es dir?" fragte Ron.

Harry nickte nur. Er war sich nicht sicher, ob Ginny ihnen gesagt hatte, dass er wieder sprach. Er war sich auch nicht sicher, ob er es seinen Freunden verraten wollte. Es war irgendwie leichter, einfach zu schweigen. Er wusste nicht wieso, aber er hatte das Gefühl in einer anderen Welt zu sein als sie. Während Ron und Hermines Leben weiter ging, schien Harrys Leben stehen geblieben zu sein. Harry lebte von einem Tag auf den anderen. Über seine Zukunft wollte er nicht denken und seine Vergangenheit wollte er vergessen. Er dachte auch kaum weiter, als bis zu den Türen des Krankenflügels. Er wusste, da draußen gab es mehr. Da draußen lief das ganz normale Leben ab, aber an dem konnte Harry nicht teilhaben. Oder wollte er es nur nicht?

Harry konnte sich einfach nicht darauf konzentrieren, was die beiden erzählten, da er zu sehr in seinen Gedanken feststeckte. So fiel der Besuch seiner Freunde relativ kurz aus.

ooo

„Muss ich mich jetzt geehrt fühlen?"

Diese Worte rissen Harry wieder in die Realität zurück. „Was?" fragte er verwirrt.

Professor Snape kam wieder aus Madam Pomfreys Büro und setzte sich an Harrys Nachbarbett.

„Na ja… Wenn sie nicht einmal mit ihren besten Freunden reden, dann wundere ich mich, warum sie dann ausgerechnet mit mir sprechen!" erklärte der Professor.

Harry senkte wieder seinen Blick. „Es ist nur… ich weiß auch nicht. Sie kommen mir so weit weg vor. Sie sitzen neben mir, reden mit mir, aber ich habe das Gefühl, als wenn eine Wand zwischen uns wäre."

„Das ist verständlich!" sagte Snape.

Verwundert sah der Junge auf.

„Nun, ihre Freunde haben all das, was sie sich wünschen. Eltern, die sie lieben. Ein ganz normales Leben, das nicht schon mit einem dramatischen Schicksal vorbelastet ist. Und sie haben einander, während sie, Potter, allein hier sind."

Harry sah betroffen drein. Snape hatte genau das ausgesprochen, was er schon die ganze Zeit dachte. Aber woher wusste er das? War es nicht er, der Harry immer seine Berühmtheit vorgehalten hatte?

Der Professor konnte Harrys Geist arbeiten sehen und es war nicht schwer zu erraten was sich hinter den grünen Augen abspielte.

„Ich habe auch dazu gelernt!" gestand der Professor schließlich.

„Wird es zwischen Ron, Hermine und mir je wieder so sein wie früher?" fragte Harry.

Der Professor schüttelte verneinend den Kopf, „Es ist nie, wie früher. Sie sind nach wie vor Ihre Freunde, wenn Sie das meinst. Aber was geschehen ist, ist geschehen, es hat Sie verändert. Es kommt darauf an, welchen Stellenwert Ihre Freunde jetzt haben. Sie alleine entscheiden, ob und wie weit Ihnen die Freundschaft mit ihnen noch wichtig ist. Sie kann durchaus weiter gehen, aber sie wird nie wieder wie früher sein."

„Woher wollen Sie das wissen?" fragte Harry.

Professor Snape entging der bittere Unterton dabei nicht. „Auch ich war einmal Teenanger. Und ich erlebte Sachen, die mich verändert haben und die meine Freundschaften zu anderen sehr strapaziert haben."

„Sie hatten Freunde?"

„Nicht alle waren so arrogant wie ihr Vater, Potter!" antwortete Snape mit bemüht ruhigem Ton, doch es schwang deutlich Ärger mit.

„Entschuldigen sie. Das wollte ich nicht sagen. Ist nur so rausgerutscht."

Nach einer Schweigeminute fuhr der Professor fort „Sie haben Recht, wenn sie meinen, ich hätte nicht viele Freunde gehabt. Die meisten waren ohnehin falsch. Aber es gab zumindest einen, der immer hinter mir stand und ohne den ich jetzt nicht hier wäre."

Harry blickte den Professor überrascht an. „Sie reden von Professor Dumbledore?"

Professor Snape nickte. „Wahre Freunde müssen nicht immer im selben Alter sein!"

Harry senkte den Blick wieder. Grübelnd starrte er zu seinen Füßen, die auf der Bettdecke lagen. Nach einer Weile meinte er gekränkt: „Er war kein einziges Mal hier."

„Er fürchtet, dass sie ihn nicht sehen möchten. Er belädt sich mit Selbstvorwürfen und kommt kaum aus seinem Büro raus. Aber es vergeht kein Tag an dem er sich nicht nach ihrem Befinden erkundigt." gestand Professor Snape.

Harrys Hände ballten sich zu Fäusten. „Ich weiß auch nicht, ob ich ihn sehen möchte!" zischte er wütend.

„Das sollten sie unbedingt. Da ist so viel Unausgesprochenes zwischen Euch. Es wäre besser dem Luft zu machen."

„Hmpf" grummelte Harry.

„Wenn sie mir nicht glauben, dann würde ich vorschlagen, sie nehmen den heutigen Tag als Beispiel." schlug Snape vor und stand auf.

Harry blickte ihm grübelnd nach. ‚Der heutige Tag?' Der war gewiss anders verlaufen, als Harry es sich je vorgestellt hätte. Es schien so, als wenn Professor Snape sehr viel Erfahrung in der Pflege von kranken Menschen hatte. Was in Harrys Augen ein Rätsel war. Das einzige, was Harry über seinen Lehrer wusste, war, dass er Todesser war. Umso mehr wunderte es ihn, was er heute erlebt hatte. Sowohl Snapes fürsorgliche Seite, als auch Snape als Gesprächspartner, beides war ungewöhnlich.

Aber was sollte ihm das mit Dumbledore helfen? Der Mann der versagt hatte und nun zu feige war, dem Ergebnis in die Augen zu sehen. Wohl war er öfters hier, als Harry im Koma lag. Harry hatte sein gequältes Gesicht gesehen. Er hatte alles gesehen, als er im Koma lag, sofern er es sehen wollte. Es war, als wenn seine Seele und sein Körper sich getrennt hatten. Doch selbst seine Seele war irgendwie gefangen. Als er im Koma lag, wünschte Harry sich nichts anderes, als endlich zu sterben. Aber die ganzen Tränke, die ihm eingeflößt wurden, hatten dies verhindert.

Er wusste ganz genau, wer ihm aus dem Muggelkrankenhaus befreit hatte. Und Professor Snape war neben seinen Freunden der einzige, der regelmäßig da war und sich von Harrys Zustand selbst überzeugt hatte. Er hatte nicht nur bloß Zaubertränke vorbei gebracht. Er hatte Madam Pomfrey öfters geholfen. Professor Dumbledore kam am Anfang gerade ein-zwei Mal und das war es dann. Dann hatte Dumbledore ihn wieder im Stich gelassen.

‚Er macht sich Selbstvorwürfe. Was sollte das denn bringen und vor allem wem? Er sollte eher versuchen, zu reparieren, was noch zu reparieren ist.' Obwohl, Harry war sich nicht sicher, ob es jetzt noch was zu reparieren gab. Der alte Kauz hatte ihn verletzt und im Stich gelassen.

Harry konnte verstehen, warum Dumbledore ihn damals bei den Dursleys untergebracht hatte. Er konnte mit Mühe auch verstehen, warum ihm die Wahrheit über Voldemort so lange verschwiegen wurde. Dumbledore wollte Harry beschützen. Er wollte Harry eine weitgehend unbeschwerte Kindheit bescheren und hatte nicht bemerkt, dass Harry schon lange kein Kind mehr war. Aber gerade deswegen, verstand Harry nicht, wieso der alte Mann sich nun so rar machte. Wo war jetzt seine Fürsorge? Wo war jetzt sein Hilfe, sein unerschütterlicher Optimismus, sein weiser Rat? Das schmerzte Harry. Nicht, dass Dumbledore Fehler gemacht hatte. Fehler hatte Harry selber genug gemacht.

Harry seufzte, als er feststellte, dass er sich trotz all des Zorns, nichts sehnlicher wünschte, als mit Professor Dumbledore zu sprechen. Snape hatte wohl Recht.

Dieser Gedanke kreiste eine Weile im Harrys Kopf und er musste schmunzeln. Er war froh den Tag mit Professor Snape verbracht zu haben. War das nicht absurd? Aber Snape war so „un-snape-isch"

Harry tauchte aus seiner Gedankenwelt wieder auf und sah sich im Krankenflügel um. Er war alleine. Draußen war es bereits finster geworden. Nur im Büro von Madam Pomfrey brannte noch Licht. Harry überlegte, was er tun sollte. Er wollte auf einmal nicht alleine sein.

Schließlich schwang Harry seine Beine über die Bettkante. Vorsichtig rutschte sein Körper nach und Harry übertrug langsam das Gewicht auf seine Beine. Dann stand er. Seine Beine zitterten leicht, aber sie schienen genug Kraft zu haben. Seine Hände tasteten sich von einem Bett zum anderen und schließlich die Wand entlang bis zum Büro.

Als eine Stimme an sein Ohr drang, hielt er inne:

„Mr Potter hat durchaus Fortschritte gemacht. Ja, haben wir gemacht. Nein, es besteht keine Eile. Sie können ruhig noch Essen gehen."

Harry sah um die Ecke und erblickte Professor Snape vor dem Kamin. Eine Weile beobachtete Harry den Professor, unsicher, ob er sich bemerkbar machen, oder lieber zum Bett zurückgehen sollte. Denn länger konnte er nicht hier stehen. Seine Beine zitterten schon ziemlich stark und sein Körpergewicht schien sich mit jeder Minute zu verdoppeln.

„Ahh!" rief Harry erschrocken, als seine Beine plötzlich nachgaben.

Mit wenigen Schritten war Professor Snape aus dem Büro geeilt. „Potter!" rief er überrascht und vorwurfsvoll zugleich. „Was machen Sie da?"

„Ich liege hier so rum, weil das Bett zu weich und zu warm ist!" antwortete Harry sarkastisch.

„Reden Sie nicht so einen Unsinn." sagte der Professor kopfschüttelnd. Ein leichtes Grinsen zuckte um seine Mundwinkeln.

„Wieso Unsinn? Es liegt sich doch ganz gut da!" brummte Harry, weil der Professor immer noch keine Anstalten zeigte Harry hoch zu helfen.

„Also Sarkasmus passt überhaupt nicht zu ihrem dummen Gryffindor-Stolz, Potter!"

„Ich habe keinen dummen Gryffindor-Stolz! Und ich kann sarkastisch sein so viel ich will, denn ich bin nicht einmal ein ganzer Gryffindor!" meinte Harry trotzig.

„Das müssen sie mir erklären!" sagte Snape und half Harry mit einem gekonnten Handgriff zurück auf die Beine, doch Harrys Beine knickten gleich wieder ein.

„Verfluchte Dinger!" schimpfte Harry, als er sich Halt suchend am Arm des Professors festklammerte.

„Die Dinger, wie sie es nennen, tun eh was sie können. Wenn sie etwas verfluchen wollen dann ihre Dummheit!" mit diesen Worten nahm Professor Snape den Jungen auf seine Arme und trug ihn zurück zu seinem Bett.

Mit beleidigten Gesicht ließ es Harry mit sich geschehen.

„Also, was hat Sie angetrieben, diesen dummen Alleingang zu versuchen, wenn es nicht ihr Stolz war?" fragte der Professor, sobald Harry wieder da lag, wo er hingehörte.

Harry presste die Lippen zusammen. Er konnte doch nicht sagen, dass er unbedingt mit Snape reden wollte, außerdem würde ihm sein Professor wahrscheinlich sowieso nicht glauben.

„Du bist ein seltsamer Junge, Harry!" sagte Professor Snape schließlich.

Es dauerte eine Weile bis Harry registrierte, was an diesem Satz so seltsam klang. Harry? Hatte sein Lehrer ihm beim Vornamen genannt? Er blickte seinen Lehrer fragend an. Dieser lächelte schwach.

„Darf ich sie was fragen?" fragte Harry schließlich.

„Kommt darauf an"

„Woher wissen sie das alles. Wie man mit Kranken umgeht und so?"

Professor Snape wurde für einen Moment ziemlich ruhig. Er schien nachzudenken, ob und was er sagen sollte.

„Sie müssen es mir nicht sagen!" meinte Harry schließlich.

Doch der Professor schien eins mit sich geworden zu sein. Er bekam einen seltsamen Ausdruck in den Augen, als er sagte: „Ich hatte einen schwerkranken Sohn!"

Harrys Mund klappte auf.

„Er wäre jetzt in deinem Alter, wenn er nicht gestorben wäre. Er war zehn, als er starb. Ich hatte alles versucht, was in meiner Macht stand, dass er wieder gesund wird. Aber es war umsonst. Die Ärzte haben mir gesagt, dass es für diese Krankheit keine Heilung gibt, doch ich wollte es nicht wahrhaben. Er war erst zehn. Er hätte nach Hogwarts gehen sollen. Er hatte sich schon so darauf gefreut." erzählte der Professor niedergeschlagen.

Harry senkte den seinen Blick. Snape hatte einen Sohn? Davon hatte er nichts gewusst. Damit hätte er auch nie gerechnet, nachdem er sich so gemein Harry gegenüber aufführte. Plötzlich sah Harrys auf.

„Jetzt verstehe ich!" rief er erstaunt.

Der Professor zog eine Augenbraue fragend hoch.

„Ihr Hass mir gegenüber. Sie haben mich nicht nur gehasst, weil ich berühmt war, oder weil ich James Sohn war. Sondern weil ich lebte. Der Sohn ihres Erzfeindes lebte, während ihrer starb."

„Es war nicht gerecht!" gestand Snape.

„Nein, das war es nicht. Es wäre besser gewesen, ich wäre gestorben. Dann wäre viel Leid verhindert worden." brummte Harry.

„Das meinte ich nicht. Es war nicht gerecht, dich so zu behandeln!" sagte der Professor und biss sich auf die Unterlippe.

„Aber ich hab doch Recht. Sehen sie sich mein Leben an. Was ist daran lebenswert?" fragte Harry, dessen Gedanken einmal mehr, um sein Leben drehten.

Der Professor sah Harry prüfend an. „Du hast Recht, dass dein Leben nicht gerade leicht war. Aber auch du hast glückliche Tage gehabt! Denk an deine Ankunft in Hogwarts. Oder an dein erstes Quidditsch Match. Oder… denk an gestern Abend!"

Harry lief rot an, als Snape Ginny erwähnte.

„Bei all deiner erwachsenen Art, bist du dennoch unverkennbar ein Kind!" stellte der Professor amüsiert fest und grinste.

„Ich bin sechzehn!" verteidigte sich Harry, was dem Professor einen Lacher kostete.

Harry hatte Snape noch nie Lachen gehört. Es war irgendwie fremd, aber es tat gut. Er wusste nicht, wieso es ihm gut tat, wenn sein gehasster Professor lachte. Obwohl, von gehasster Professor konnte eigentlich keine Rede mehr sein. Harry fühlte sich wohl in der Gegenwart des Professors. Sein Wissen und natürliches Verhalten, gab Harry eine Art Sicherheit. Und schließlich musste Harry auch schmunzeln.

ooo

Nach Harrys Abendessen, war Ginny kurz auf Besuch, doch die Anwesenheit von Professor Snape hatte sie sehr verunsichert, so dass sie sich schnell wieder zurück gezogen hatte. Nun lag Harry einmal mehr Gedanken versunken im Bett.

Als Professor Snape kam, um Harrys Bett wieder in Schlafstellung zubringen, fragte Harry: „Wann wird Madam Pomfrey kommen?"

„Erst sehr spät. Ich bin sicher, Sie werden schon schlafen!"

Harry merkte gleich, dass sich der Professor wieder mehr distanziert gab und es machte ihn ein wenig traurig. Sollte es nur dieser eine Tag gewesen sein?

„Bleiben Sie solange noch hier?" wollte Harry wissen.

„Das habe ich mit Madam Pomfrey so ausgemacht, ja!"

Harry rang eine Weile mit sich, ehe er die nächste Frage stellte.

„Professor?"

„Ja?"

„Würden Sie morgen wieder kommen?"

Die Stille die darauf folgte schien endlos. Schließlich meinte Harry: „Wie dumm von mir. Sie haben sicher Unterricht."

„Nein, hab ich nicht. Morgen ist Samstag. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Sie den Tag lieber mit ihren Freunden verbringen wollen."

„Die haben im Moment viele Aufgaben zu machen und kommen erst am Nachmittag" erklärte Harry.

Wieder Stille.

„Sie wollen nicht!" zog Harry seinen Schluss.

„Doch. Ich würde gerne kommen. Ich bin nur ein wenig überrascht. Wenn Sie wollen, dass ich am Vormittag komme und mit Ihnen trainiere, dann mache ich es gerne!"

„Das wäre schön!" sagte Harry und suchte den Blick des Professors.

Dieser sah Harry mit einen seltsamen Lächeln an. Harry erwiderte das Lächeln.

„Vielleicht kann ich wieder diesem Ding da entfliehen!" mutmaßte Harry und schielte zur Bettpfanne.

Nun wurde das Lächeln des Professor breiter. „Oh, natürlich. Der Herr will sich seine Würde bewahren!" sagte er grinsend.

„Was ist falsch daran?" rechtfertigte sich Harry.

„Gar nichts!" gab der Professor zu. Er nahm Harrys Polster, klopfte ihn zurecht und zog schließlich Harry die Decke bis zum Hals hoch.

„Nacht, Dad!" sagte Harry amüsiert.

„Ich bin nicht ihr Dad, Potter!" verteidigte sich Snape schnell.

„Sie benehmen sich aber wie einer!"

„Nein" sagte Snape entschieden „Ein Dad würde seinem Sohn einen Gute Nacht Kuss geben. Ich werde mich unterstehen, das bei Ihnen zu machen."

„Oh. Gut!" sagte Harry erleichtert und grinste schelmisch.

Professor Snape schüttelte amüsiert den Kopf. „Schlaf gut, Harry!"

„Gute Nacht, Professor!"