Hallo und herzlich willkommen zu meinen verschiedenen „Momentaufnahmen"!

„Momentaufnahmen" ist eine Kurzgeschichtensammlung mit vielen, verschiedenen Pairings und vielen, verschiedenen Kapiteln. Die meisten der Oneshots sind jemandem gewidmet, der ein bestimmtes Pairing sehr gerne mag. Jedes Kapitel ist anders als das vorherige und es wird zu den allermeisten keine Fortsetzung geben, es sei denn, ich habe eine ganz wahnsinnig gute Idee und will sie unbedingt schreiben.

Ich hoffe, euch gefallen die verschiedenen Ideen. Im zweiten Kapitel (Ja, diesmal mit eindeutigem Happy Ending) geht es um Neville und Luna und ihr gemeinsames Leben nach dem Krieg.

Pairing: Neville Longbottom/Luna Lovegood

Summary: Ein Frühlingsabend in East Sussex, zwei Liebende, Erinnerungen, die sich aufdrängen und ein fast vergessenes Versprechen.

Disclaimer: Das gesamte Harry-Potter-Universum gehört J.K.Rowling. Ich leihe mir nur die Charaktere aus und schreibe dazu meine eigenen Ideen. Ich verdiene hiermit keinen Cent. Reviews wären allerdings fein.

Widmung: Das hier ist für Amy. Weil sie nun ein Jahr weg ist und ich ihr etwas schenken wollte, das ihr gefällt. Und weil sie die Erste war, die mir auf die Frage nach ihrem Lieblingspairing unter anderem mit Neville/Luna geantwortet hat.

Warnings: diesmal kein Slash, allerhöchstens wird es zwischendurch ein wenig kitschig Verzeiht mir. Es hat sich einfach so ergeben.

Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich bis bald, (Reviewantworten findet ihr am Ende)

Maia

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Eines Tages

Der milde Frühlingswind trug den Duft so vieler Blüten herbei, verzauberte die Luft und die Menschen, die sie einatmeten, gleichsam. Das Gras leuchtete leicht im Sonnenuntergangslicht und sah frisch und einladend aus, gerade richtig für ein Picknick an Sonntag Nachmittagen. Doch der Nachmittag war bereits vorbei und der Himmel stand fast schon in Flammen. Die meisten Familien befanden sich mittlerweile auf dem Nachhauseweg und nur ein einziges, händchenhaltendes Pärchen schlenderte noch über die Wiesen und genoss gemeinsam den Tagesausklang.

Zehn braungebrannte Finger waren ineinander verschlungen, zwei gleiche, zierliche Silberringe blitzten an zwei linken Händen auf und von den Gesichtern des Paares blickte einem ein ähnliches, seltsam entrücktes Lächeln entgegen. Gleißendhell schimmerten Luna Longbottoms blonde Haare im Sonnenlicht, wann immer sie leicht den Kopf drehte, um ihren Ehemann anzusehen und ihm einen zarten Kuss auf die Wange zu hauchen. Zwei Stunden waren sie nun bereits unterwegs und dennoch verspürte Luna keinerlei Langeweile.

Neugierig blinzelte sie Neville aus veilchenblauen Augen an. Irgendetwas hatte er geplant, das spürte sie ganz deutlich. Schließlich liefen sie nicht jeden Sonntag durch die zugegeben herrliche Umgebung und genossen den lauen Wind, der die grasgrünen Wiesen und die frischen, hellen Blätter zum Tanzen brachte. „Wohin gehen wir eigentlich?", wollte sie wissen und bemerkte neugierig das freudige Blitzen in Nevilles dunklen Augen. „Geheimnis.", wisperte er nur und zog sie sachte an sich, um mit seiner freien Hand durch ihr Haar zu streifen. Luna kicherte leise. Wie machte er das bloß, fragte sie sich insgeheim. In seiner Gegenwart fühlte sie sich stets jung, viel jünger als damals, als sie tatsächlich jung gewesen war.

Er war 18 und sie 17. Beide hatten sie im Leben bereits mehr erfahren als viele andere, die weitaus älter waren. Sie hatten ihren Teil geleistet im aktiven Kampf gegen Voldemort und hatten mitangesehen, wie der dunkle Schrecken für immer verschwand. Sie hatten erlebt, wie leicht und schnell manche Menschen anderen das Leben nahmen, ohne mit der Wimper zu zucken. Ganze Existenzen wurden ausgelöscht und Familien in sinnlose, wahnsinnige Trauer gestürzt. Und all das hatten sie überstanden.

Hand in Hand schritten sie nun über schneebedeckte Hügel, wohlwissend, dass viele Zauberer und Hexen unter der eisverkrusteten Erde ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Überall waren kleine Kreuze zu sehen, vereinzelt überblickten auch einige Marmorengel das Ganze und hier und dort erzählten Grabsteine die Geschichte eines furchtbaren Krieges, der viele Opfer gefordert hatte, bevor er dennoch zu Ende gegangen war. Still war es geworden auf den Hügeln, still, so kurze Zeit nach der letzten Schlacht. Nun waren nur ihre Schritte zu hören, wie der Schnee knirschte unter ihren Schuhen und wie der eisige Wind ihnen in den Ohren pfiff.

Sie sprachen beide kein Wort, als sie schließlich vor einem Kreuz stehen blieben, auf dem sich bereits kleine Schneehäufchen gebildet hatten. Langsam streckte Luna eine Hand aus, wischte mit klammen Fingern den Frost beiseite und las stumm den Namen, der darauf geschrieben stand. Gleichzeitig spürte sie, durch den dicken Wintermantel hindurch, wie sich Nevilles Hand auf ihren Rücken legte und ihr zu verstehen gab, dass er da war, wenn sie Halt brauchte. Sie schüttelte leicht den Kopf, zog sich dann die schwarze Wollmütze wieder tiefer in die Stirn und starrte auf die Buchstaben vor sich, während sich Neville leise entfernte und ihr die Zeit gab, die sie brauchte, um sich zu verabschieden.

Kinder sollten nicht vor ihren Eltern sterben, hieß es immer. Aber was geschah, wenn die Eltern viel zu jung waren und die Kinder nicht vorbereitet waren darauf, dass ihre Eltern sie nicht ihr Leben lang begleiten würden? Luna schnitt in Gedanken eine Grimasse. Blauäugig und naiv, wie ein kleines Kind, dabei fühlte sie sich gerade uralt… Ein Effekt, den der Krieg mit sich gebracht hatte und den sie bisher nicht hatte abstellen können. Sie kam sich einfach verbraucht vor, ausgelaugt. Als hätte sie ihr Leben bereits gelebt und stünde nun am Ende, wo sie alles noch einmal betrachten konnte.

„Ein Geheimnis.", wiederholte Luna mit einem kleinen Lachen in der Stimme. „Du? Hast ein Geheimnis vor mir?" Gespielt irritiert warf sie Neville einen fragenden Blick zu. „Hab ich was nicht mitbekommen?", neckte sie ihn und nur Sekunden später landeten beide im weichen Gras, Neville, der versuchte, seine Frau zu kitzeln und Luna, die versuchte, ihm zu entkommen. Wie die Kinder, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf und sie lächelte in Erinnerung an die letzten sieben Jahre, die ihr Leben so sehr verändert hatten.

Er war 19 und sie 18. Gemeinsam hatten sie schweigend auf das neue Jahr angestoßen und gemeinsam versuchten sie, ihr Leben neu zu ordnen und wieder in den Griff zu bekommen. Hilfesuchend, wie zwei Ertrinkende, klammerten sie sich aneinander, suchten Trost bei dem jeweils Anderen und sammelten Kraft beieinander, bevor sie ihren Freunden gegenübertraten und Heile Welt vorspielten, um ihre Freunde nicht noch mehr zu belasten, denn sie hatten alle die gleichen Narben abbekommen und noch immer leckte jeder an seinen eigenen Wunden.

Die Tage vergingen nur langsam, schlichen dahin und in derselben Geschwindigkeit verblassten auch die Erinnerungen. Nacht für Nacht holten sie Luna ein, ließen sie verschwitzt in zerknäulten Laken aufwachen und sich in Nevilles Arme schmiegen, um Vergessen zu finden. Dann strichen seine Hände, noch rau von unzähligen Flüchen, über ihren nackten Rücken und allmählich wurde ihr Atem ruhiger, nicht mehr so hektisch und abgehackt wie kurz nach dem Erwachen. Ihre blonden Haare, während des Krieges raspelkurz, waren mittlerweile nachgewachsen, breiteten sich fächerförmig auf dem Kissen aus und strahlten sachte in der Dunkelheit.

Neville schmiegte sein Gesicht in Lunas Halsbeuge, umschlang sie weiterhin mit seinen Armen und schloss die Augen, um zurückzufinden in einen traumlosen Schlaf, denn im Gegensatz zu dem Mädchen neben ihm im Bett, brachen die Erinnerungen nachts nur selten über ihn herein, waren jedoch ständig präsent. Luna hingegen schaffte es bei Tage meistens abzuschalten und sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Es war nicht leicht gewesen, einen Platz an der Universität zu bekommen und seitdem schuftete sie hart, um den Ansprüchen gerecht zu werden und ihre Prüfungen zu bestehen. Sie hatte im Krieg viel mit Heilzaubern gearbeitet und sich entschlossen, das zu ihrem Beruf zu machen.

Neville seufzte leise. Er bewunderte sie dafür, dass sie diesen Job ausüben wollte, obwohl er mit derart vielen Erinnerungen verwoben war. Andererseits hatte Luna auch gemerkt, wie sehr sie manchen Menschen hatte helfen können und dieses Gefühl wollte sie nicht mehr missen. Neville legte ein letztes Mal seine Lippen auf die weiche Haut ihres Nackens, bevor er sich endgültig dem Schlaf ergab und mit einem Lächeln im Gesicht seinen Kopf auf das weiche Kissen bettete. Wieder ein Tag vorbei. Wieder den Kampf ums Überleben gewonnen. Wieder der Vergangenheit getrotzt und einen Schritt auf die Zukunft zugegangen.

„Allerdings hab ich Geheimnisse vor dir.", erklärte Neville grinsend und strich seiner Frau sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während sie beide wieder aufstanden und sich die Grashalme von den Kleidern klopften. „Und das ist auch gut so, sonst wäre das Leben ja langweilig." Ein Zwinkern folgte seinen Ausführungen und Luna lachte, wie geplant. „So, du bist also auf der Suche nach Abenteuern, ja?", erkundigte sie sich interessiert und zog ihn an der Hand wieder auf den Weg, weg von der Wiese, auf der sie herumgetollt hatten. „Reicht dir unser Abenteuer etwa nicht?" Nun war es Luna, die ihn schelmisch anblinzelte und die Antwort gar nicht erst abwartete, sondern sich von ihm löste und spielerisch ein paar Schritte rannte. „Fang mich!", rief sie noch, dann war sie um die Ecke verschwunden.

Beide Hände tief in die Hosentaschen vergraben folgte ihr Neville gemächlich. Er kannte sie nur allzu gut und wusste, dass sie sich irgendwo hinter einem Baum verstecken würde, um auf ihn zuzuspringen, wenn er daran vorbeilaufen würde. Seit Jahren spielten sie dieses Spiel auf ihren Spaziergängen und immer war es das gleiche Schema. Etwas Beständiges in einer sich wandelnden Welt, dachte er manchmal. Zurück in die Kindheit, ein anderes Mal. Zumindest brachte es sie beide zum Lächeln, wenn Luna sich auf ihn warf, in der festen Überzeugung, ihn zu Tode erschrocken zu haben. Dann fanden sich ihre Lippen zu einem Kuss und alles war gut.

So einfach war das an Nachmittagen wie diesen und so schwierig war es gewesen, vor so vielen Monaten, an denen die ganze Welt grau und trüb ausgesehen hatte und sie nicht hatte aufmuntern können. Gram und Trauer waren längst aus ihren Herzen verschwunden, hatten nicht einmal „Lebewohl" gesagt, sondern waren irgendwann, eines Morgens, gegangen und niemand hatte sich auf den Weg gemacht, sie zurückzuholen. Damals hatte endlich das „Leben danach" beginnen können und nun führten sie einfach „ihr Leben", mit all den Erinnerungen, die sie gelernt hatten zu akzeptieren, denn sie waren ein Teil ihrer selbst und hatten sie zu dem gemacht, was sie nun waren.

Er war 20 und sie 19. Noch immer war sie schwer mit ihrem Studium beschäftigt, las bis spät in die Nacht hinein hoch konzentriert dicke Wälzer, so genannte Fachbücher, und nahm lieber einen Schluck Aufmunterungstrank, als sich hinzulegen und redete sich selbst ein, dass sie es tat, um bei ihren Prüfungen gut abzuschließen und nicht etwa aus Angst vor all den Erinnerungen, die im Dunkeln der Nacht auf sie warteten und sie umschließen wollten. Sie zog sich unauffällig zurück, verließ die Wohnung, bevor Neville aus den Federn kroch und kam abends erst zurück, wenn sie sich sicher sein konnte, dass er bereits hundemüde auf dem Sofa saß und nur darauf wartete, dass sie heimkam, damit er sich hinlegen konnte.

Ihr war vollkommen bewusst, wie unfair sie sich verhielt und dennoch änderte sie nichts daran. Es war ihr Leben und sie wollte nicht länger über die Vergangenheit reden, wollte sie nur aussperren und leugnen, dass es sie gab. Aber das ließ sich schlecht machen, wenn sie des Nachts wieder, von Alpträumen gequält und heimgesucht, in Nevilles Armen lag und sich schutzsuchend an ihn schmiegte. Er meinte es nur gut, das wusste sie, er dachte, sie müsste doch darüber sprechen und verstand nicht, wie sie sich selbst zugrunde richten konnte, indem sie sich in Arbeit vergrub und nichts an sich heranließ, nicht einmal ihn. Dabei war es gar nicht lange her, dass sie bei ihm Zuflucht gesucht hatte, wann immer sie sich verloren gefühlt hatte.

Nun trug sie diesen Kampf im Stillen mit sich selbst aus, schimpfte sich eine Versagerin und verlor bei ihrem Studium mehr und mehr an Boden. Nichts klappte mehr und Tag für Tag wurde sie frustrierter. Eins kam zum anderen und nichts war mehr so, wie sie es sich vorgestellt hatte. War das Leben kurz nach dem Krieg furchtbar gewesen, so war es jetzt, zwei Jahre später, unerträglich. Dennoch kämpfte sie weiter, fragte nach Zusatzaufgaben, um ihre Noten zu retten und halste sich mehr auf, als sie erledigen konnte. Wenn Neville sie in den wenigen Momenten, in denen er sie zu Gesicht bekam, danach fragte und sie darauf aufmerksam machte, dass sie das unmöglich schaffen konnte und sie sich doch einmal eine Pause gönnen sollte, ignorierte sie seine Ratschläge.

Trotz allem blieb er ruhig und gelassen. Abends, wenn sie nach Hause kam, stand stets etwas Warmes zu essen für sie auf dem gedeckten Tisch und Neville erhob sich vom Sofa, um sie kurz an der Wange zu berühren, sie anzuschauen und anschließend ins Bett zu verschwinden, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sie gut heim gekommen war. Luna verstand es nicht, verstand ihn ebenso wenig, wie er sie verstand. Sie hatte keine Ahnung, weshalb er noch immer bei ihr blieb, obwohl sie ihn seit Wochen nur zurückstieß und ihn mit keiner Geste, mit keinem Wort wissen ließ, wie sehr sie ihn tatsächlich brauchte. Dass er blieb, war für sie das Wunder jener Tage.

Bisher gut abgeschirmt von wild wuchernden Brombeerranken sprang Luna hervor, hüpfte auf Nevilles Rücken und ließ sich lachend einige Meter Huckepack tragen. Ihr langer, weinroter Rock flatterte leicht und sie genoss den sanften Wind, der ihr Haar durcheinander brachte und ihr ein munteres Rot in die Wangen trieb. Schließlich, an einer Kurve, ließ Neville sie wieder zu Boden gleiten und Hand in Hand starrten sie sprachlos auf das Blumenmeer, das sich vor ihnen offenbarte und in allen denkbaren Farben schimmerte, überzogen vom leichten Rot, das bereits die helle Sonnenscheibe umgab. „Bald geht sie unter…", stellte Luna fest und Neville nickte, während er ihre Hand drückte. „Und bald ist es an der Zeit, mein Geheimnis zu enthüllen.", gab er zu und spürte erneut ihren neugierigen Blick auf sich ruhen.

„Was ist das denn nun für ein mysteriöses Geheimnis?", bohrte Luna nach und klimperte schmunzelnd mit den Wimpern. „Komm schon, verrate es deiner dich liebenden Ehefrau, mh? Das bist du mir schuldig! Immerhin ist es mein Verdienst, dass wir zwei den Tag heute für uns hatten, weißt du nicht mehr? Ich war es, die Hermione praktisch auf Knien angefleht hat, unseren Racker zu beaufsichtigen, erinnerst du dich? Ich hab sie mit meinen bittenden Blicken bombardiert, nachdem unsere Argumentation nicht wie geplant aufgegangen war und sie nicht besonders überzeugt aussah. Hast du das etwa schon vergessen?" Während sie sprach, piekte Luna immer wieder lachend mit ihrem Zeigefinger auf Nevilles Brust, der, schuldbewusst und grinsend, zurückwich.

„Natürlich weiß ich das noch!", protestierte er hastig und griff nach der Hand seiner Frau, um sie daran zu hindern, ihn ein weiteres Mal mit dem Finger zu attackieren. „Aber mein Geheimnis ist eine Überraschung und da wäre es doch langweilig, wenn ich es dir einfach verraten würde, oder? Ich muss es dir zeigen. Sonst entfaltet es sich nicht vollkommen und mein ganzer Plan platzt. In Ordnung?" Gespielt schmollend blickte Luna ihn an, dann nickte sie lächelnd und zwinkerte ihm zu. „Sicher ist das in Ordnung. Ich bin nur so unheimlich gespannt auf das, was du vorbereitet hast und versuche irgendwie, das alles zu beschleunigen…" Ihre Augen glitzerten sachte, voller Vorfreude und brachten Neville zum Strahlen.

Er war 21 und sie 20. Tagsüber arbeitete Neville stets im Ministerium. Internationale Beziehungen oder irgendwas mit Quidditch. Luna wusste es nicht einmal, denn sie hatte versäumt zu fragen, als er den Posten erhalten hatte und später hatte es sie nicht mehr interessiert. Er verdiente jedenfalls genug, um die Miete für ihre Wohnung bezahlen und genügend Essen kaufen zu können. Lunas letzte Prüfung stand vor der Tür und voller Panik hatte sie zwei Koffer gepackt und wollte soeben verschwinden, als sie mit Neville zusammenprallte und er sie schweigend musterte. Er wusste, was sie vorhatte, dessen war sie sich sicher. Und trotz allem sagte er keinen Ton, machte ihr keinerlei Vorwürfe und fragte nach nichts.

Stattdessen nickte er einmal kurz, schritt ins Schlafzimmer, murmelte ein paar Sprüche und kam Minuten später mit einer großen Tasche wieder. Zum ersten Mal an diesem Abend öffnete er den Mund. „Wohin möchtest du?", erkundigte er sich und griff nach ihrer Hand. Sie erschien ihm zu aufgewühlt, um apparieren zu können. Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Weg. Einfach nur fort von hier. Ich halt' das nicht aus…", wisperte sie und er hakte nicht nach, konzentrierte sich nur und spürte den Wirbel, der ihn, Luna und ihr Gepäck ergriff und sie an einen anderen Ort brachte. In ein kleines Cottage, das seit Ewigkeiten im Besitz seiner Familie war und das weit weg war von Hogwarts, London und allem anderen, das in Luna Erinnerungen wachrufen könnte.

Sie zeigte nicht im Geringsten, dass es ihr dort gefiel, doch es schien offensichtlich, dass sie sich wohler fühlte. Nachts hörte er sie nur noch selten im Schlaf aufschreien und wild um sich schlagen und am Tag wirkte sie gelassener, ausgeruhter. Ihre Studien nahm sie kaum zur Hand und sie verlor nie ein Wort über die Prüfung, vor der sie geflohen war. Tag für Tag saß sie in dem kleinen Garten, der zum Cottage gehörte und betrachtete die sich wandelnde Natur. In jenen Stunden verliebte sie sich in die für sie fremde Umgebung und beschloss, nie wieder von dort fortzugehen.

Neville hatte sich ein paar Tage Urlaub genommen, danach verschwand er von Vormittags bis in den späten Nachmittag hinein per Flohpulver ins Ministerium und kehrte anschließend zurück. Sie sprachen selten über die Zukunft, denn die paar Male, als Neville es versucht hatte, hatte Luna abgeblockt und sich zurückgezogen. Er wusste nicht einmal, was genau geschehen war, dass sie derart panisch geworden und davon gelaufen war. Er konnte einzig vermuten, dass beim Heilen sämtliche Erinnerungen zurückkamen und Luna daran denken musste, in welchen Situationen Heiler besonders gebraucht wurden. Im Krieg. Und da hatte alles in ihr geschrieen und gestreikt.

„Vertraust du mir?", erkundigte er sich und spürte ihren verwunderten Blick auf sich ruhen. „Selbstverständlich tue ich das. Weshalb diese seltsame Frage?", wollte sie ihrerseits wissen, doch er schüttelte lächelnd den Kopf. Noch war er nicht gewillt, alles zu beantworten. „Dann schließ deine Augen.", forderte er sanft und spürte den sachten Druck ihrer Finger an seinen eigenen. „Und erst wieder aufmachen, wenn ich es dir sage, ja?", vergewisserte er sich und beobachtete schmunzelnd ihr enthusiastisches Nicken. „Keine Sorge, ich schummele nicht…", beruhigte sie ihn und Neville wusste, es entsprach der Wahrheit. So neugierig sie auch sein mochte, sie hielt sich an solch alberne Vereinbarungen wie Augen geschlossen halten.

„Gut.", murmelte er und streifte kurz ihr Ohrläppchen mit seinen Lippen. Er schlang beide Arme um Luna, sie lehnte sich leicht an ihn und hörte ihn flüstern. „Gleich geht's los… Bist du bereit? Und vergiss nicht, was auch geschieht: Vertraue mir einfach und öffne deine Augen nicht. Das hier ist wichtig." Und er liebte sie dafür, dass sie einfach nickte und nicht nachhakte, obwohl es zugegebenermaßen höchst seltsam klang, was er soeben erklärt hatte. Er atmete ruhig ein und aus, konzentrierte sich auf sein Innerstes und fühlte den Sog, der sie beide mit sich riss und dorthin brachte, wo Nevilles Überraschung wartete.

Er war 22 und sie 21. Sie lebten seit Monaten in ihrem kleinen Cottage, abgeschirmt von der Öffentlichkeit und Luna hatte nicht das geringste Interesse daran, in die Gesellschaft zurückzukehren, der sie den Rücken zugewandt hatte. Sie genoss ihre Zweisamkeit, las keine Zeitung mehr und wartete auf den Tag, an dem sie alles vermissen und sich zurückwünschen würde. Er war nicht mehr fern, glaubte sie, denn ihr war klar gewesen, dass sie kein lebenslanges Einsiedlerleben führen würden. Irgendwann wären die Wunden verheilt und dann würde sie bereitstehen, um Neville auszurichten, dass sie soweit war. Er vermisste es, das wusste sie. Sie hatte ihn in zwei Stücke gerissen, indem er zur Arbeit in die Zaubererwelt zurückkehrte und dort ihre Freunde mit billigen Ausreden hinhalten musste.

Anschließend kehrte er zu ihr zurück und gab vor, dass, abgesehen von ihnen beiden, niemand existierte und nichts wichtig war. Sie hatte diese Illusion gebraucht und es ihm überlassen, sich Entschuldigungen einfallen zu lassen für die Menschen, die Luna nach wie vor liebten und die wissen wollten, wie es ihr ging. Egoistisch hatte sie sich verhalten und nun schämte sie sich deswegen. Bekleidet mit einem langen, dunkelgrünen Umhang und Muggelkleidern darunter erwartete sie Neville und lächelte ihm entgegen. „Ich muss dir etwas sagen.", begann sie und fing seinen Blick ein. „Ich dir auch.", erwiderte er langsam und musterte sie fragend.

Ich zuerst.", redete Luna hastig weiter, aus Angst, sie könne ihr Vorhaben abbrechen, wenn sie es ihm nicht gleich mitteilte. „Ich… ich komme wieder mit zurück. Ich denke, ich bin soweit, dass ich allen gegenübertreten kann. Unseren Freunden, meinen Erinnerungen, allem. Aber hier", sie breitete die Arme aus, „hier ist der Ort, an dem ich leben möchte." Neville nickte. „Kannst du dir vorstellen, hier gemeinsam mit mir zu leben?" Luna sah ihn irritiert an. „Das tun wir doch bereits." Er lachte leise, wurde abwechselnd rot und blass. „Nein, so meine ich das nicht… Ich möchte dich fragen…. Ach, verdammt, das ist schwerer, als ich gedacht hätte…" Nervös fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare.

Luna ihrerseits schluckte schwer, als er plötzlich vor ihr auf die Knie sank und nach ihrer Hand griff. „Luna Lovegood…", er blickte ihr direkt in die Augen, „willst du meine Frau werden?" Sekundenlang herrschte Schweigen, dann kniete Luna ebenfalls nieder, warf sich Neville in die Arme und nickte heftig. „Ja! Ja, ich will…", schluchzte sie. „Falls du mich denn noch willst, nach allem, was geschehen ist…" Ungläubig lachend strich Neville über ihre Haare. „Natürlich will ich dich noch. Oder denkst du, ich hätte dich sonst gefragt, mh?" Und während sie „Nein." wisperte, fanden sich ihre Lippen zu einem zärtlichen, besiegelnden Kuss.

Luna lächelte, als die Erinnerung ihre Gedanken überschwemmte. Sie hatte den besten Ehemann von allen bekommen, fand sie. Und eben dieser Ehemann hatte nun eine Überraschung für sie vorbereitet. Und ganz offenbar war es nötig gewesen zu apparieren, jedenfalls hatte sie den Strudel so gedeutet, der sie gerade erst wieder freigegeben hatte. Nevilles Anweisung befolgend hielt sie ihre Augen geschlossen und spürte nur einen wesentlich kälteren Wind als zuvor um ihre Beine streichen. Etwas wacklig stand sie, fühlte Nevilles Arme um ihren Oberkörper und lehnte sich vertrauensvoll erneut zurück. Die Aufklärung der Überraschung würde früh genug kommen.

Er war 23 und sie 22. Eigentlich war es ein vollkommen normaler Tag, mitten im Herbst. Die Blumen in ihrem Garten blühten kaum mehr und die Blätter der umstehenden Bäume färbten sich tiefrot. Doch der Wind war noch immer warm und erzählte von vergangenen Sommertagen, die sich eben erst dem Ende geneigt hatten. Es war Samstag und Neville genoss es, dass er das Wochenende zu Hause verbringen konnte, bei seiner Frau. Für Sonntag hatten sich einige ihrer Freunde angemeldet und er freute sich darauf, doch mindestens genauso schön war es, einen ganzen Tag nur mit Luna zu verbringen. Mit Luna, die seit wunderbaren sieben Monaten seine Ehefrau war und die ihren Platz im Leben längst wieder entdeckt hatte.

Neville kuschelte sich noch etwas tiefer unter die dicke Bettdecke und tastete mit geschlossenen Augen nach Lunas Körper, doch alles, was er vorfand, war ein Stück warmer Matratze, die davon zeugte, dass Luna bis vor kurzem noch neben ihm im Bett gelegen hatte und dann aufgestanden war. „Darling?", rief er halblaut und blinzelte probeweise, um festzustellen, ob irgendwo im Raum helle Lichter an waren oder ob gar die Vorhänge schon aufgezogen waren. „Ich bin im Bad.", erklang es dumpf und Neville ließ sich in die Kissen zurücksinken. Alles in Ordnung. Es war noch nicht an der Zeit aufzustehen und Luna würde gleich zurückkommen und dann könnte er, an sie geschmiegt, noch einmal einschlafen.

Er spürte, wie sie neben ihm unter die Decke schlüpfte und mit einer Hand durch seine Haare strich. „Bist du wach?", flüsterte sie und hauchte einen Kuss auf seine Wange. „Neville?", hakte sie nach, als er nicht sofort antwortete und er sah sie lächeln, als seine Lider flatterten. „Mhmh.", machte er und zog sie schlaftrunken in seine Arme, bettete seinen Kopf in ihre Halsbeuge, jener Stelle, die stets warm war und sachte duftete. Er hörte ihr leises, glockenhelles Lachen. „Neville… nicht einschlafen.", wisperte sie in sein Haar und seufzte gottergeben auf, als sein Atem und seine Lider ruhiger wurden. „Schläfst du schon wieder?", erkundigte sie sich und kam sich unsinnig vor.

Dann verschläfst du ja meine Neuigkeit… Willst du das etwa?" Luna stupste ihn sanft an, hörte schmunzelnd sein Grummeln und pustete sein linkes Ohr an. „Neville…", summte sie, „Soll ich dir das etwa erzählen, während du schläfst? So hatte ich mir diesen Moment aber ganz gewiss nicht vorgestellt, Liebster…" Sie vergrub ihr Gesicht noch tiefer in seinen Haaren, rieb mit ihrer Nase an der weichen Haut seiner Stirn und wisperte ihm zu: „Wir bekommen ein Baby, Neville." Und schlagartig war der werdende Vater wach.

„Augen aufmachen.", raunte Neville Luna zu und beobachtete neugierig, wie seine Frau ihre Augen öffnete und direkt auf das Schauspiel starrte, wegen dem er sie hierher gebracht hatte. Sie standen auf einem Berg, dessen Umgebung wirkte, als würde sie nach Schottland gehören und Luna tippte auch darauf, dass sie sich oben im Norden befanden. Doch das Schönste befand sich genau vor ihr. Sie konnte ewig weit blicken, sah auf grüne Hügel, graue Berge, kleine Dörfer in der Ferne und direkt dahinter ging gerade die Sonne unter, die alles in gleißendes, rotstrahlendes Licht tauchte. „Ich wollte endlich mein Versprechen einlösen.", erklärte Neville leise, während er, mit Luna in seinen Armen und ihrer Wange an seiner, das Naturspektakel genoss. Und er konnte ihrem bewegten Gesichtsausdruck ablesen, dass sie verstand.

Er war 24 und sie 23. Ihr Baby, Frank, schlummerte selig im Nebenzimmer, während Luna und Neville die wenigen, kostbaren Minuten genossen, die sie für sich hatten, ehe ihr Nachwuchs wieder ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit verlangte. Müde schloss Luna die Augen und lehnte sich an ihren Mann, der sanft ihre Hand streichelte. „Du bist mein Wunder.", murmelte sie und er gab seine Standardantwort. „Und du bist das meine." Sie lächelten einander kurz zu, bevor Neville weitersprach. „Eines Tages, das verspreche ich dir, werde ich dir ganze Welt zu Füßen legen." Er küsste sie sachte und sie lächelte. „Sicher… Eines Tages."

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Danke schön an die lieben Reviewer von Kapitel Eins:

Moon: Ich glaub, die hier kennst du noch nicht . Hoffe aber, sie gefällt dir.

Kasseopeia: Vielen, vielen Dank für dein liebes Review! Hat mich sehr gefreut, dass dir das Kapitel so gut gefallen hat! Und wenn du magst, ich hab noch eine Story über Severus und Lucius geschrieben… vielleicht magst du ja mal vorbeischauen? Würde mich jedenfalls freuen. Und ansonsten- vielleicht schreib ich ja irgendwann doch noch eine Fortsetzung zu „Sommernachtsglück". Ich hoffe, Kapitel Zwei gefällt dir auch.

Lucindana Sakurazukamori: Auch dir vielen, vielen Dank für die Komplimente, das hat mich sehr gefreut, dass dir mein Schreibstil gefällt. Ich hoffe, ich konnte mit dem Oneshot von Kapitel Zwei auch halbwegs deinen Geschmack treffen.

Koko: Ja, deine Story . Danke dafür, dass du sie liebst. Das bedeutet mir viel. Und wie ich dich kenne, müsste das hier genau den richtigen Kitschanteil haben, oder?

Amélie: Mei, jetzt bin ich sprachlos und vollkommen überwältigt! Dass sie dir gefällt trotz des Pairings, hätte ich ja nicht gedacht. Nya, die hier ist ja trotzdem eher nach deinem Geschmack, ne?

Leaky: Erstmal vorneweg: Na klar ist dein Kommi lang genug . Hab da doch keine besonderen Ansprüche. Das freut mich so, dass dir der Oneshot auch gefallen hat! Bin schon gespannt, was du zu diesem hier sagst.

Noch einmal vielen, lieben Dank auch an die Leser, die keinen Kommi hinterlassen, das hier aber gelesen haben /smile/. Bis bald,

Maia