Hallo und herzlich willkommen zu meinen verschiedenen „Momentaufnahmen"!
„Momentaufnahmen" ist eine Kurzgeschichtensammlung mit vielen, verschiedenen Pairings und vielen, verschiedenen Kapiteln. Die meisten der Oneshots sind jemandem gewidmet, der ein bestimmtes Pairing sehr gerne mag. Jedes Kapitel ist anders als das vorherige und es wird zu den allermeisten keine Fortsetzung geben, es sei denn, ich habe eine ganz wahnsinnig gute Idee und will sie unbedingt schreiben.
Ich hoffe, euch gefallen die verschiedenen Ideen. Das dritte Kapitel ist was zum Lachen, keine Liebesgeschichte und hat nicht einmal ein Pairing. Gut, abgesehen von Narcissa/Lucius, aber die sind nur Randfiguren, sozusagen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und hoffe, ihr amüsiert euch ebenso gut, wie ich es beim Schreiben getan habe. Klein-Draco zu schreiben macht mir einfach unheimlich viel Freude .
Summary: Irgendwie, ja, irgendwie hatte Narcissa es geschafft und Severus dazu gebracht, Babysitter für Draco zu spielen. Kein Problem, würde der Kleine wie vereinbart schlafen. Stattdessen ist Sev's Patenkind hellwach und hat ganz bestimmte Wünsche…
Disclaimer: Das gesamte Harry-Potter-Universum gehört J.K.Rowling. Ich leihe mir nur die Charaktere aus und schreibe dazu meine eigenen Ideen. Ich verdiene hiermit keinen Cent. Reviews wären allerdings fein.
Widmung: Himmel, ich weiß gar nicht mehr, für wen ich das geschrieben hab… Ich vermute allerdings, es war just for fun. Und so widme ich es Kathy und Koko, weil sie mich mit all meinen Absonderlichkeiten ertragen /smile/.
Warnings: Ich denke, Severus ist ein wenig OOC. Allerdings weiß man ja nicht, wie er sich Klein-Draco gegenüber verhalten würde, von daher… Nun, entscheidet einfach selbst. Ist ja schließlich Humor .
Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich bis bald, (Reviewantworten findet ihr am Ende)
Maia
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Märchenstunde
Lucius lächelte seinen ehemaligen Schulkameraden dankbar an, während er sich seinen dicken, grünen Wollschal um den Hals schlang. „Wirklich, Severus, das ist wahnsinnig nett von dir!", beteuerte er und schlüpfte in seinen schwarzen Wintermantel. „Ich weiß schon gar nicht mehr, wann Narcissa und ich mal zwei Stunden nur für uns hatten." „Jedenfalls war es vor Dracos Geburt gewesen.", erwiderte seine Ehefrau, die gerade in die Eingangshalle kam, lachend. „Es sei denn, du rechnest die Nächte mit, in denen wir nebeneinander im Bett lagen und, todmüde wie wir waren, sofort eingeschlafen sind."
Severus winkte hastig ab. „Ihr müsst euch nicht andauernd bedanken, ja? Ich mach es gerne, immerhin bin ich sein Patenonkel. Und außerdem habe ich keine Lust, noch mehr Aufmunterungstränke zu brauen, um Lucius bei Laune zu halten." Der Blonde zog eine Grimasse und stieß Severus sachte einen Ellbogen in die Seite. „Du warst doch froh, als du mal wieder etwas zu tun hattest und nicht nur trockene Aufsätze korrigieren musstest. Ich fasse es immer noch nicht, dass du tatsächlich Zaubertränkeprofessor geworden bist…"
Während Narcissa nach ihren hellen Handschuhen suchte, zuckte Severus grinsend mit den Achseln. „So spielt das Leben. Ich hätte es auch nie für möglich gehalten, dass ich eines Tages Lehrer werde, aber ich verdiene nicht schlecht und Zaubertränke waren schon früher eines meiner Hobbys. Zugegeben, die kleinen Kröten, die sich Schüler nennen, stören ein wenig-" Irritiert hielt er inne, als er bemerkte, dass Lucius höchst unmalfoyhaft kicherte und Narcissa einen leicht rügenden Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte.
„Severus. Du kannst sie doch nicht Kröten nennen.", versuchte sie, ihm ins Gewissen zu reden und ignorierte gekonnt Lucius' Hand, die sich auf ihren Unterarm gelegt hatte, in der Hoffnung, das Nachfolgende dadurch abzukürzen. „Weshalb nicht?", wollte Severus amüsiert wissen und zwinkerte seinem Freund zu, der ihn gerade bittend ansah und ihn anzuflehen schien, einfach Narcissa zuzustimmen und sich reumütig zu zeigen. Dummerweise interessierte es den frischgebackenen Lehrer tatsächlich, was die junge Mutter zu diesem Thema zu sagen hatte.
„Weil das noch Kinder sind.", begann Narcissa und schüttelte gleichzeitig Lucius' Hand ab. „Darling…", bettelte dieser, die Augen verdrehend, „Können wir das hier nicht verschieben? Auf uns zwei wartet ein Tisch in einem der besten Restaurants der Zaubererwelt Großbritanniens. Erinnerst du dich?" „Lucius, das hier ist aber wichtig!", empörte sich Narcissa und warf Lucius aus ihren kornblumenblauen Augen einen Blick zu, unter dem ihr Ehemann regelrecht zu schrumpfen schien. Severus dagegen schien seinen Spaß bei der Sache zu haben, denn er grinste Lucius recht unverschämt an.
„Unser Abendessen ist auch wichtig.", startete Lucius einen letzten, kläglichen Versuch, die fruchtlose Diskussion sofort im Keim zu ersticken und endlich das Haus zu verlassen. Narcissa drehte sich zu ihm, wollte soeben zu einer Antwort ansetzen, als Severus ein Einsehen hatte und rasch, wenn auch nicht unbedingt überzeugend, erklärte: „Ich hab das ja nicht so gemeint, Cissa. Denkst du, ich wäre sonst eingestellt worden, wenn ich Kindern gegenüber eine solche Einstellung vertrete? Außerdem würde ich Draco nie ‚Kröte' nennen." „Da bin ich aber froh.", murmelte Lucius bissig und war mehr als dankbar, dass seine Frau ihn offensichtlich nicht gehört hatte. Ansonsten hätte er das Abendessen vergessen und sich stattdessen auf ein stundenlanges Gespräch einstellen können.
Narcissa jedenfalls lächelte Severus kurz an, küsste ihn zum Abschied auf beide Wangen und griff anschließend nach Lucius' Hand, um gemeinsam mit ihrem Ehemann hinaus in die Kälte zu laufen. „Viel Glück!", rief Lucius noch über seine Schulter und Severus' Lächeln erstarrte leicht. ‚Viel Glück'- was hatte das denn zu bedeuten? Als er sein Patenkind das letzte Mal besucht hatte, war Draco ein reizender, kleiner Dreijähriger gewesen, der mehr oder minder brav mit der schwarzen Katze seiner Mutter gespielt hatte. Sollte sich daran etwa was geändert haben? Merlin bewahre ihn. Ihn und das Kind.
Severus schloss seufzend die Eingangstür und machte sich auf den Weg in das große Wohnzimmer. Narcissa hatte ihm erklärt, dass Draco bereits in seinem Bett war und schlief- welch' gnädige Fügung des Schicksals. Also bestand Severus' einzige Aufgabe darin, in einem der riesigen, flauschigen Sessel zu sitzen, viele Kannen schwarzen Tee zu trinken und darauf zu achten, dass Draco nicht aus seinem Zimmer entfloh, um einen kleinen Ausflug in den Park oder sonst wohin zu unternehmen. Und da Dracos Zimmer nur zwei Türen weiter lag, konnte eigentlich nicht viel passieren. Es sei denn, er würde sich unsichtbar hexen und dann an Severus vorbeitapsen. Allerdings hielt der Zaubertränkemeister das für ziemlich unwahrscheinlich.
Mit geschlossenen Augen ließ er sich auf den Sessel fallen, der am nächsten am offenen Kaminfeuer stand, und griff zielsicher nach der Teetasse, die ein Hauself in weiser Voraussicht dort auf dem Tisch abgestellt hatte, mit der dazu gehörigen, riesigen Kanne auf einem Stövchen. Genießerisch nippte Severus an seinem heißen Darjeeling und schmiegte sich tiefer in den Sessel. Himmlische Ruhe. Nur ab und zu ein Knistern, bedingt durch das Feuer, und ein Pfeifen, wenn der eisige Wind wieder einmal an den Fenstern entlangstrich.
Erst ein Zupfen an seinem schwarzen Rollkragenpullover brachte Severus zurück in die Wirklichkeit. Ein paar Tropfen des heißen Tees landeten auf seiner Hand und sofort waren seine Augen geöffnet. Hellwach. Genau. Das war er. Unwillig drehte er den Kopf und blinzelte verwirrt. Vor ihm stand, mit einem breiten Grinsen im Gesicht und zerwuschelten, blonden Seidenhaaren, sein herzallerliebstes Patenkind, von dem seine Mutter behauptet hatte, es schliefe tief und fest. Severus seufzte in Gedanken auf. Es wäre ja auch zu schön gewesen.
„Hallo Onkel Sev." Draco strahlte ihn begeistert an und bemühte sich, auf Zehenspitzen stehend, zumindest größer zu sein als die Armlehne. „Hallo Draco.", erwiderte Sev und hoffte inständig, dass der Kleine nicht seinen müden Ton bemerken würde. „Willst du mir Gesellschaft leisten?", fragte er weiter und ohrfeigte sich innerlich. Merlin, Draco war beinahe vier, da gebrauchte man als Erwachsener in einem Gespräch andere Phrasen! Auf eine Antwort wartete Severus vergebens, denn sein Patenkind war bereits mit großem Eifer dabei, auf den Sessel zu klettern und achtete nicht im Geringsten darauf, dass er sich dabei im Bein des Älteren festkrallte.
Severus verzog keine Miene. Darin war er wirklich gut, hatte er festgestellt, seitdem er in Hogwarts unterrichtete. Nur nicht anmerken lassen, dass einem die kleinen Kröten Kopfschmerzen verursachen und man sich manchmal verloren vorkommt, wenn man genau merkt, dass der Unterricht eigentlich niemanden interessiert. Mittlerweile hegte er den größten Respekt seinen ehemaligen Lehrern und jetzigen Kollegen gegenüber. Schließlich waren sie ein chaotischer Jahrgang gewesen, schlimmer als alles, was Severus nun so in seinen Klassen sitzen hatte.
Es dauerte nur ein paar Minuten, dann saß Draco freudestrahlend und sichtlich stolz auf sich auf Severus' Schoß und hatte eine Hand im dicken Stoff des Pullovers seines Patenonkels vergraben. „Duuuu…", machte Draco und Severus schwante Übles. „Mh?", antwortete er und blickte den Kleinen fragend an. Graublaue Augen, die perfekte Mischung aus Narcissas Kornblumenaugen und Lucius' Gewitterwolkenaugen, sahen ihm bittend entgegen. „Onkel Sev… Erzählst du mir eine Geschichte?" Fassungslos starrte Severus Draco an. „Was soll ich?" Er musste sich verhört haben. Niemand, der bei vollem Verstand war, würde ausgerechnet ihn bitten, eine Geschichte zum Besten zu geben.
Andererseits war Draco noch ein Kind und Severus bezweifelte, dass man sich als Kind Gedanken darüber machte, ob jemand wohl ein Typ zum Geschichtenerzählen war oder nicht. Man fragte einfach und damit gut. „Erzähl mir eine Geschichte!", wiederholte Draco bettelnd und Severus verspürte den innigen Wunsch, sich auf der Stelle die Schläfen zu massieren. Narcissa hatte gesagt, er müsse nur darauf achten, dass der Kleine im Bett blieb und schlief- von mehr war nie die Rede gewesen. Merlin, sie wusste doch genau, dass er sich nicht zum Kindermädchen und schon gar nicht zur Märchenfee eignete!
„Was für eine möchtest du denn hören?", versuchte er, ein paar Minuten, in denen Draco ganz plötzlich müde werden könnte, Zeit zu schinden. „Ein, ähm, ein Märchen?" Der Kleine patschte begeistert in die Hände, die Tatsache ignorierend, dass er mit der rechten noch immer Severus' Pullover umklammert hielt. „Ja, ein Märchen!", jauchzte Draco und nickte wild. „Hast du ein Lieblingsmärchen?", wollte Severus resigniert wissen und durchforstete in Gedanken schon einmal die Erinnerungen an seine eigene Kindheit. Seine Großmutter väterlicherseits hatte ihm Märchen vorgelesen, das wusste er nur- bloß welche waren es gewesen?
Draco schien zu überlegen und knabberte dabei hingebungsvoll an seinem linken Daumen. „Mama erzählt mir immer nur Sagen, aus Großbritannien.", erklärte er schließlich und beobachtete Severus aus kugelrunden Kinderaugen. „Aber die kenn ich alle schon.", zerstörte Draco Sekunden später die aufgekeimten Hoffnungen seines Patenonkels. Sagen hätte Severus gerade noch wiedergeben können. Resigniert zuckte er mit den Achseln und fragte noch einmal nach: „Also keine Sage heute Abend? Ich könnte dir erzählen, wie Stonehenge entstanden ist oder vielleicht etwas von Artus, Lancelot und Morgaine?" Stur schüttelte Draco den Kopf.
Hilflos blinzelte Severus in Richtung Fenster, blickte auf die Dunkelheit, die dahinter lauerte und wanderte gedanklich zurück, zu dem Zeitpunkt als er selbst so alt gewesen war wie Draco nun. Da war doch was gewesen… Zwei steile Falten trennten Severus' Stirn in mehrere Teile, während er angestrengt nachdachte. Irgendetwas mit Blumen, da war er sich sicher. Und was mit Feen. Die Muggel hatten ja so seltsame Vorstellungen von diesen Wesen… Er räusperte sich. „Nun gut. Ich werde dir das Märchen erzählen von, ähm, Dornröschen!", endete er triumphierend. Ha! Der Name war ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen…
„'kay…", murmelte Draco zustimmend und kuschelte sich noch etwas mehr an Severus' Pullover. Sofort wanderten zwei schwarze Augenbrauen in die Höhe und der Tränkemeister sah irritiert auf sein Patenkind hinab. Hatte Draco etwa vor, den Rest der Nacht auf seinem Schoß zu verbringen und schlussendlich auch so einzuschlafen? „Willst du dich nicht in dein Bett legen und ich setz mich dazu?", schlug er Draco vor. „Ich mach' dir auch eine Tasse heiße Milch.", lockte er den Kleinen und weigerte sich schlichtweg, das geflüsterte „Nein" zur Kenntnis zu nehmen. „Lieber hier bleiben.", setzte Draco noch hinzu und brachte Severus abrupt in die Realität zurück.
„Aber das ist doch so vollkommen ungemütlich…", widersprach Sev halbherzig und beobachtete missmutig, wie sein Patenkind nicht im Geringsten auf seine Worte reagierte. „Schön.", grummelte er und mühte sich verzweifelt ab, eine bequemere Haltung zu finden. Ein schlicht unmögliches Unterfangen, mit dem kleinen Malfoy auf seinem Schoß. „Fang an.", forderte Draco nun und piekste Severus mit dem Zeigefinger in den Bauch. „Sofort.", stieß der Angesprochene zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Es musste Ewigkeiten her sein, dass es jemand gewagt hatte, ihn so unverfroren zu behandeln. Andererseits war Draco eben ein Kind und fand seinen Patenonkel die meiste Zeit über eher amüsant als furchteinflößend…
In diesem Augenblick beschloss Severus, dass es dringend an der Zeit war, seine Wirkung auf Andere zu überprüfen. Er konnte nur hoffen, dass ihm niemals einer seiner Schüler über den Weg lief, wenn er mal wieder mit Draco in der Winkelgasse unterwegs war. Seine Autorität wäre von einem Moment auf den anderen untergraben und er wusste aus Erfahrung, dass peinliche Ereignisse, die mit Lehrern zusammenhingen, in Hogwarts schneller die Runde machten als sonstige Gerüchte und Erlebnisse. Er konnte es sich lebhaft vorstellen: „Hast du schon gehört? Snape war mit einem Kind unterwegs! Und das hat ihn gerade mal so um den kleinen Finger gewickelt… Ob das wohl sein Sohn ist?"
Oh nein. Das musste ganz gewiss nicht sein. Und er würde jetzt, genau jetzt, damit anfangen. „Nein, Draco, du gehst ins Bett und ich setze mich dazu. Ist das klar?" Gut, seine Stimme klang nicht so streng und befehlend, wie er es geplant hatte, aber immerhin. Abwartend blickte er nach unten und sah direkt in Dracos Augen, die ihn verwirrt anblinzelten. „Mag nicht.", erklärte der Blondschopf und Severus spürte verzweifelt, wie er weich wurde. Der Junge war eine verheerende Mischung aus seinen Eltern. Lucius' Engelhaar, Narcissas Mund, beider Augen, Lucius' Sturkopf und Narcissas Charme. Nicht gut. Gar nicht gut. Severus' Plan ging gerade den Bach runter.
„Fein.", grummelte er, „Bleiben wir eben hier. Ist ja auch sehr nett, so vor dem Kamin und alles…" Draco nickte selig lächelnd und Severus verdrehte kurz die Augen. Irgendwie schaffte es der Kleine immer wieder. „So. Dornröschen also. Dann fangen wir mal an, ja?" „Mhm.", kam die Antwort und Severus versuchte krampfhaft, sich an den Verlauf des Märchens zu erinnern. Einfach improvisieren. „Es war einmal, vor langer, langer Zeit.", begann er leise, „in einem weit entfernten Königreich. Da lebten ein König und seine Königin glücklich zusammen und ihr Volk liebte sie, denn sie waren gut zu den Menschen, die dort wohnten."
Draco lauschte gebannt. Das fing ja schon mal ganz anders an als die Sagen, die Mama ihm stets erzählte! Und die kannte er mittlerweile sowieso fast auswendig. „Als die Nachricht bekannt wurde, dass die Königin ein kleines Mädchen geboren hatte, da feierte das ganze Volk und freute sich mit seinem Königspaar. Der König lud vor Freude all seine Verwandten und Freunde ein. Außerdem lebten im Königreich dreizehn Feen…" Severus brach ab. Zuerst musste er Draco mal erklären, dass Feen in diesem Märchen nicht die Gestalten waren, die er kannte.
„Was is' los?", wollte Draco wissen. „Warum erzählst du nicht weiter?" Severus hob verteidigend beide Hände. „Ich wollte dir nur mitteilen, dass die Feen im Märchen kleine Frauen sind, so groß wie Kinder, die spitze Hüte tragen, wie wir Zauberer, und auch Zauberstäbe haben, mit denen sie gewisse Wünsche erfüllen können. In Ordnung?" Irritiert nickte Draco. Komische Vorstellung, die die Schreiber dieses Märchens von Feen hatten. Er kicherte leise. „Fein.", meinte Severus, „Dann kann's ja weitergehen." Und erneut nickte Draco, diesmal ganz begeistert.
„So. Im Königreich lebten dreizehn Feen, weise Frauen, und der König wollte sie auch alle dreizehn einladen, doch dummerweise, ähm…", Severus fiel siedendheiß an, dass er nicht die geringste Idee hatte, weshalb genau der König nur zwölf ins Schloss gebeten hatte. Nervös fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar und tat das, was er als Schüler immer in „Geschichte der Zauberei" getan hatte, wenn er keine Lust gehabt hatte, in der Bibliothek zu recherchieren. Er improvisierte. „Ja, dummerweise hatte die dreizehnte Fee vor vielen Jahren mal auf den König, der damals natürlich noch ein kleiner Junge gewesen war, aufgepasst und ihm so miserable Geschichten erzählt, dass er diese Frau nie wieder sehen wollte."
Dracos Kichern unterbrach Severus für einen Moment. Der Kleine schien sich gut zu amüsieren, fand er. Sicher, das freute ihn- noch schöner wäre es allerdings, wenn Draco dabei auch müde werden und zurück in sein Bett wandern würde. „Also lud er nur die übrigen zwölf Feen ein und veranstaltete ein großes Fest. Zu seinem Pech erfuhr jedoch die dreizehnte Fee davon und war sehr böse, als sie merkte, dass der König nur sie, sein altes Kindermädchen, nicht zum Fest gebeten hatte. Auf dem Schloss war währenddessen alles in bester Ordnung. Jeder Gast hatte für die kleine Prinzessin ein Geschenk mitgebracht und die zwölf Feen schenkten ihr nützliche Gaben."
„Was denn?", hakte Draco neugierig nach und überlegte, ob seine Eltern wohl auch so etwas gemacht hatten, vielleicht mit richtigen, kleinen Feen und nicht diesen Märchendingern. „Ähm, ja…", stammelte Severus merklich überfordert, „Klugheit, zum Beispiel. Ähm… Schönheit bestimmt auch. So was eben, verstehst du?" Er gab Draco nicht eine Sekunde zum Antworten, sondern redete hastig weiter: „Elf Feen hatten ihre Gaben bereits verteilt und die zwölfte war gerade dabei, ihren Wunsch auszusprechen, als wutentbrannt die dreizehnte Fee hereinstürmte und sich vor dem Königspaar aufbaute.
‚Undankbarer Bengel!', rief sie dem König zu, ‚Und dabei hab ich dir die schönsten Geschichten von allen vorgelesen! Und dann lädst du mich nicht einmal zur Geburt deiner Tochter ein… wo ich ihr doch auch so viel erzählen könnte! Nun gut, du hast es nicht anders gewollt! Ich verfluche deine Tochter! An ihrem, ähm, vierzehnten Geburtstag wird sie sich an einer Spindel in den Finger stechen und sterben! Das ist meine Rache!' Und mit diesen Worten stürmte sie aus dem Saal und ließ ein verzweifeltes Königspaar zurück. Die Gäste saßen erschrocken da und niemand konnte so richtig fassen, was gerade geschehen war."
Sev hingegen konnte nicht fassen, wie leicht ihm dieses Geschichten-Ausdenken fiel. Die Worte purzelten nur so aus seinem Mund und das, was er nicht mehr direkt in Erinnerung hatte (ungefähr die Hälfte), wurde einfach neu erfunden. Draco konnte es ja sowieso nicht nachprüfen… „Da räusperte sich plötzlich die zwölfte Fee und lächelte den König und die Königin zaghaft an. ‚Ich habe meinen Wunsch noch nicht gemacht.', meinte sie, ‚Deshalb nutze ich ihn, um den Fluch zu lindern. Lösen kann ich leider nicht. Doch die Prinzessin soll nicht sterben, sondern nur in einen tiefen Schlaf fallen, so wie alle Bewohner des Schlosses. Und wenn dann eines Tages der richtige Prinz vorbeikommt und sie küsst, ist alles wieder gut.'"
Draco strahlte vergnügt übers ganze Gesicht. „Das ist aber lieb von der Fee!", bemerkte er und Severus nickte ihm zu. „Weißt du, so sind die Feen in den Märchen immer: sie helfen und wollen nur Gutes tun." „Ah.", machte Draco verstehend und piekste seinen Patenonkel dann erneut in den Bauch. „Weiter!", verlangte er mit glänzenden Augen. Severus seufzte in Gedanken und sagte der Vorstellung Lebewohl, Draco schnell wieder ins Bett befördern zu können. So wie es aussah, hörte der Junge lebhaft zu und dachte nicht im Traum daran, den scheinbar bequemen Platz auf Severus' Schoß aufzugeben.
„Der Tag verging und die Jahre verstrichen. Die Prinzessin wurde älter und alle Wünsche der Feen erfüllten sich. Sie war schön und klug und jeder im Reich mochte sie. Der König und die Königin hatten sämtliche Spindeln aus dem Schloss entfernen lassen und hofften, der Fluch möge sich nicht erfüllen. Dann kam der vierzehnte Geburtstag der Prinzessin und sie wanderte allein durch das Schloss, während ihre Eltern draußen im Park ein wenig spazieren waren. In einem der Türme sah sie eine Tür, die sie nicht kannte, daher öffnete sie sie und trat ein. In dem Kämmerchen saß eine alte Frau an einem Spinnrad und spann.
‚Was machst du da, Mütterchen?', erkundigte sich die Prinzessin, denn sie konnte ja nicht ahnen, dass die alte Frau die böse Fee war, die sie bei ihrer Geburt verflucht hatte." „Wieso hat sie das denn nicht gemerkt?", wollte Draco wissen. „Die ist ja doof. So was merkt man doch!", verkündete er im Brustton der Überzeugung. Severus zog spöttisch eine Augenbraue in die Höhe. „So, du würdest es also mitbekommen, wenn eine böse Fee, in anderer Gestalt, vor dir sitzt?" Draco nickte eifrig. „Na klar, du etwa nicht?" Severus' Augenbraue wanderte langsam nach unten. Der Kleine bekam es immer wieder hin, ihn aus der Fassung zu bringen.
„Jedenfalls hat die Prinzessin der alten Frau sehr interessiert beim Spinnen zugesehen und schließlich an die Spindel gefasst und sich in den Finger gestochen." „Siehst du", warf Draco ein, „Ich hätte das nicht gemacht!" und schenkte seinem Patenonkel ein triumphierendes Lächeln. Severus beschloss kurzerhand, das zu übergehen und im Märchen fortzufahren. „Der Fluch erfüllte sich und die Prinzessin sank augenblicklich in einen tiefen Schlaf, so wie die übrigen Bewohner des Schlosses auch. Um das Schloss herum begann im selben Augenblick eine riesige Rosenhecke zu wachsen, die niemand so leicht durchtrennen konnte."
Ein Zupfen an seinem Pullover ließ Severus innehalten. „Ja, Draco?" Sein Patenkind blickte ihn aus großen Augen an. „Du, Onkel Sev, was ist so schlimm an einer Rosenhecke? Sind ja bloß Blumen, nich'?" „Weißt du, das war eine ganz besondere Hecke. Mit vielen Dornen, dichtem Gestrüpp und so.", versuchte der Tränkemeister, sich etwas einfallen zu lassen. Merlin, hatte der Junge Fragen! Konnte er nicht einfach nur zuhören und gut? „Nachdem einige Jahre vergangen waren, hielt sich in der Umgebung des Schlosses hartnäckig die Legende vom Dornröschen, wie die Prinzessin genannt wurde. Viele Prinzen und auch andere Männer hatten versucht, in das Schloss vorzudringen, waren bisher jedoch stets gescheitert.
Hundert Sommer später ritt ein junger Prinz zufällig durch die Gegend und machte in einem Gasthaus Rast. Dort erzählte man ihm die Geschichte vom Dornröschen und er beschloss, sein Glück zu versuchen. Und tatsächlich: als er die Rosenhecke mit seinem Schwert zerteilte, fielen die Ranken zu Boden und er konnte ungehindert in das Schloss hinein. Der junge Prinz öffnete die Tür zu dem Raum, in dem Dornröschen auf einem riesigen Bett schlief und…" „Onkel Sev!", machte es energisch und brachte den Angesprochenen zum Verstummen. „Woher weiß der denn, wo das Dornröschen schläft? Und wo kommt das Bett her? Ich versteh' das nicht…"
„Zauberei.", antwortete Severus spontan und Draco staunte. „Achso… da hätte ich ja selbst drauf kommen können, nich'?" Beschämt ließ er den Kopf sinken und wartete auf die Fortsetzung. „Ja… der Prinz bemerkte also Dornröschen und fand sie wunderschön. So kam es, dass er sich zu ihr auf das Bett setzte und sie sachte küsste. In dem Moment schlug Dornröschen die Augen auf und die restlichen Bewohner des Schlosses waren ebenfalls wieder lebendig. Der junge Prinz führte Dornröschen zu ihren Eltern und alle feierten ein herzliches Wiedersehen. Der Prinz und Dornröschen heirateten und lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage."
Severus seufzte erleichtert auf. Ende der Geschichte. Er hatte fast schon die Hoffnung aufgegeben, jemals bis hierhin zu kommen. Draco saß, ausnahmsweise still und offenbar schwer beeindruckt, auf Sevs Beinen und knabberte an seiner Unterlippe. „Fertig?", murmelte er. „Ja. Fertig.", gab sein Patenonkel zurück und lehnte sich entspannt zurück. Beinahe hätte er das unheilverkündende Glitzern in Dracos Augen übersehen. „Noch eine!", verlangte der Kleine vergnügt und strahlte den Älteren an. Severus verschluckte sich an seinem Tee, an dem er soeben genippt hatte. „Wie bitte?" „Noch eine!", wiederholte Draco begierig und zog energisch an Severus' Pullover. „Ja doch, du kleines Ungeheuer!", grummelte er und hoffte inständig, dass Narcissa niemals erfahren würde, wie er ihren Sohn gerade genannt hatte.
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Danke schön an meine treuen Reviewer von Kapitel Zwei:
Sarah: Freut mich, dass es dir gefallen hat! Die hier hast du ja wieder gekannt . Danke fürs treue Reviewen!
Leaky: Hey, Große, tausend Dank für dein liebes Review! Bin gespannt, was du hierzu sagst…
Kasseopeia: Vielen lieben Dank für dein Review und für das treue Weiterlesen! Es freut mich, dass dir die Idee einer Sammlung gut gefällt und dir auch „Eines Tages" zugesagt hat. Ich hoffe, wir lesen uns auch weiterhin.
Noch einmal vielen lieben Dank an meine Reviewer und wer weiß, vielleicht hinterlassen bei diesem Kapitel ja ein paar Leute mehr einen Kommentar? Ich würde mich jedenfalls sehr freuen /smile/. Bis zum nächsten Mal,
Maia
