This Christmas
von Nici
Disclaimer: Nichts, was ihr
wieder erkennt, gehört mir. Alles gehört der wunderbaren
Joanne K. Rowling. Ich leihe mir die Personen, Orte und Geschehnisse
nur aus, habe ein wenig Spaß damit und gebe alles im Anschluss
wieder an sie zurück. Allein die Handlung gehört mir.
A/N: Enthält Inhalte aus „Harry Potter
und der Halbblutprinz". Wer das Buch noch nicht gelesen hat und
sich nicht spoilern lassen möchte, sollte nicht weiterlesen.
Allen anderen wünsche ich viel Spaß!
Die Geschichte habe ich für den
Wettbewerb auf rickman-snape(.)de geschrieben, der nun
abgeschlossen ist.
Ich weiß, dass die Weihnachtszeit
langsam vorbei ist, aber vielleicht seid ihr ja dennoch in der
Stimmung für meine Interpretation von „Snapes Weihnachten nach
Band 6".
Widmen möchte ich diese Geschichte
ginny-the-dark, weil ich mich einfach mal für den netten
Mailkontakt bedanken möchte (und weil … nun, ich denke, Du
weißt schon warum, Süße!)
Es war still in dem großen,
fast leeren Haus am Grimmauldplatz Nummer 12.
Draußen vor der Türe
zogen ein paar Kinder ihre Schlitten durch den Schnee und bewarfen
sich mit Schneebällen.
Vom Küchenfenster aus
beobachtete Tonks ein kleines, etwa vierjähriges Mädchen,
dessen blonde Locken unter einer lustigen bunten Mütze
hervorlugten, während sie mit ihrem Bruder einen Schneemann
baute. Sie lachte vergnügt auf, als ein besonders großer
Schneeball den Bruder am Kopf traf, dieser sich schüttelte und
dann versuchte, den Schnee aus seinem Kragen zu schütteln,
während seine Schwester sich vor Lachen fast am Boden kugelte.
Wie unbeschwert die Welt doch sein könnte, dachte Tonks. Sie bückte sich und kratze die Reste des Plätzchenteiges von Fußboden ab, dessen Zutaten nach einem missglückten Zauber nicht wie gewollt vermischt und geknetet in der großen roten Schüssel auf der Anrichte, sondern auf den steinernen Boden vor ihren Füßen gelandet war.
Es war Weihnachtsabend. Pünktlich zum Fest war am Vortag Schnee gefallen und hatte die Landschaft in eben jene romantische Stimmung getaucht, die einfach zu einem schönen Weihnachtsfest dazugehörte. Bäume, Häuserdächer, Kirchturmspitzen und Vorgärten waren unter einer dichten, weißen Schneedecke verborgen, und die Welt jenseits der Fensterscheibe wirkte wie gemalt. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie das Wort wie verzaubert gewählt.
Während sie die Reste des Teigs mit einem Schlenker ihres Zauberstabs in den Mülleimer neben der Tür beförderte, legte sich ein dunkler Schatten über ihr Gesicht.
Weihnachten, das Fest der Liebe,
der Freude, der Freundschaft …
Es würde das erste
Weihnachtsfest seit Dumbledores Tod vor sechs Monaten sein, und
niemandem, der hier im Grimmauldplatz lebte, war so richtig nach
Feiern zumute. Das letzte Jahr nach Sirius' Tod war schon schlimm
gewesen, doch dieses Jahr übertraf es noch um ein Vielfaches.
Im letzten Jahr hatte sie damit zu kämpfen gehabt, dass sie sich die Schuld an Sirius' Tod gab. Sie hatte sich schwere Vorwürfe gemacht - und tat es manchmal immer noch -, dass sie Sirius' nicht beschützt hatte, dass sie ihm nicht hatte ausreden können, mit ins Ministerium zu kommen, um Voldemort und seine Anhänger zu bekämpfen, und damit Harry, sein Patenkind, zu beschützen.
Doch nicht nur Sirius' Tod hatte ihr schwer zu schaffen gemacht, nein, es war auch Remus und sein Dickkopf gewesen, der sie einfach nicht hatte zur Ruhe kommen lassen. Sie hatte sich in Remus verliebt, schon kurz nachdem der Orden des Phönix erneut einberufen worden war. Sie wusste nicht genau, wie und warum es passiert war, aber als der Werwolf zum ersten Mal diese Küche betreten hatte, war es um sie geschehen gewesen. Seine dunklen Augen hatten sie sofort in ihren Bann gezogen und verzaubert. Sie hatte nur noch Augen für ihn gehabt und dem anschließenden Meeting nur mit halbem Ohr folgen können – etwas, das so ganz und gar nicht zu ihr gepasst hatte, war sie doch als Neuling im Orden, eines der engagiertesten und aufmerksamsten Mitglieder gewesen.
Sie hatte Remus immer wieder
verstohlene Blicke zugeworfen und auch bei ihm ein gewisses Interesse
entdeckt.
Im Anschluss an das Treffen hatte
sie all ihren Mut zusammengenommen und war zu Remus gegangen. Sie
hatten sich ins Kaminzimmer zurückgezogen und stundenlang
einfach nur geredet. Es hatte so gut getan und sie alle Sorgen, alle
Angst für diesen kurzen Augenblick vergessen lassen.
Doch leider war die Zeit nicht
immer so unbeschwert und einfach gewesen wie an jenem Abend vor dem
knisternden Kaminfeuer.
Nach Voldemorts Rückkehr
hatten die Gräuel und Morde wieder angefangen, die sie, Tonks,
nur aus Erzählungen und unscharfen Erinnerungen kannte, und für
die Liebe war keine Zeit gewesen. Remus war auf geheime Mission zu
den Werwölfen geschickt worden und hatte Tonks alleine
zurückgelassen – nicht, ohne ihr vorher klarzumachen, dass es
keine Chance für sie beide gab, dass sie etwas besseres verdient
hatte als einen armen, verwahrlosten Werwolf wie er einer war. Alles
Betteln, jede Liebesbekundung von Tonks war vergeben gewesen; Remus
hatte sie abgewiesen, war auf Distanz gegangen.
Bis zu jenem Abend im Juni, als die Todesser in Hogwarts eingefallen waren und Albus Dumbledore getötet worden war. Als Bill Weasley von Greyback angegriffen und schwer verletzt worden war. An diesem Abend hatte sie Remus endlich davon überzeugen können, dass er es war, den sie wollte, dass er es wert war, mit ihr zusammen zu sein.
Wieder hatten sie stundenlang
geredet, Dumbledore beweint, die Nähe des anderen genossen und
waren schließlich nebeneinander auf Tonks' Sofa in ihrem
Gästezimmer im Schloss eingeschlafen.
Am nächsten Morgen war sie
vom Duft frischen Kaffees geweckt worden, der ihr von Remus mit einem
liebevollen Lächeln an ihr provisorisches Bett gebracht wurde,
und die Welt war für diesen kurzen Moment in Ordnung gewesen.
Irgendwie – Tonks konnte sich
nicht mehr genau erinnern, wie genau – hatten sie es in den
folgenden Tagen danach geschafft, das Gefühlschaos in ihnen, den
Konflikt zwischen dem zarten Glück der Frischverliebten und dem
tiefen Schmerz, den sie wegen dem Verlust Dumbledores verspürten,
Herr zu werden.
Auch die folgenden Wochen und
Monate waren nicht einfach gewesen. Dank Harrys Großzügigkeit,
der ihnen erlaubt hatte, in das ehemalige Hauptquartier einzuziehen,
waren ihre Geldsorgen zwar verschwunden, und sie hatten genug Zeit
gehabt, um sich aneinander zu gewöhnen, doch draußen vor
der Türe gingen weiterhin Angst und Schrecken um und die
Todesanzeigen hatten den Tagespropheten regelmäßig um
einige Seiten dicker werden lassen.
Hogwarts war nach den Ferien wieder eröffnet worden, doch viele Schüler kehrten nicht zurück - einige, weil ihre Familien es nicht erlaubten, andere, weil ihre Familien und sie zu Opfern geworden waren.
Harry Potter kehrte ebenfalls
nicht zurück an die Schule, genauso wie Draco Malfoy und viele
andere Slytherin.
Niemand wusste, wo Harry war oder
was er machte. Er hatte bis heute niemandem erzählt, was er und
Dumbledore in dieser schrecklichen Nacht getan hatten, oder wohin der
Schulleiter Harry damals mitgenommen hatte.
Das einzige, was Tonks wusste,
war, dass Harry Dumbledores Erbe angetreten hatte und seine Mission
zu Ende führen wollte – kostete es, was es wollte.
„Hm, das duftet aber wunderbar."
Remus Lupin trat hinter seine Freundin und schlang seine Arme um sie.
Sie seufzte leise auf und lehnte sich gegen ihn, während er
sanfte Küsse auf ihrem Hals verteilte.
„Das Essen ist gleich fertig",
sagte Tonks leise und befreite sich aus seiner Umklammerung. „Sagst
du Severus Bescheid?" Remus sah sie enttäuscht an, nickte aber
und ließ sie wieder alleine mit sich und dem Braten, der im
Ofen brutzelte.
Severus Snape lebte seit dem
Sommer mit ihnen zusammen in dem Haus am Grimmauldplatz.
Zwei Wochen nach Dumbledores Tod
waren Briefe von ihm aufgetaucht, die er noch vor seinem Tod an
verschiedene Leute geschickt hatte. In einem davon hatte er Minerva
aufgetragen, Hogwarts trotz aller Proteste oder drohender Gefahren
wieder zu eröffnen. Ein weiterer hatte Remus und Tonks erreicht.
Dumbledore hatte ihnen alles über
Severus Snapes Motive für sein Handeln erzählt; er hatte
berichtet, warum er ihn, Dumbledore, hatte töten müssen,
nämlich um Draco und sich selber zu retten, und warum es keine
andere Wahl gegeben hatte.
Tonks und Remus hatten lange
diskutiert und gestritten, weil sie nicht glauben wollten, dass Snape
immer noch auf ihrer Seite stand und Dumbledores Vertrauen zu Recht
genossen hatte. Doch schließlich hatten sie entschieden, dass
sie Dumbledores Wunsch akzeptieren mussten und waren auf die Suche
gegangen.
Sie hatten Snape in einem kleinen
Haus in der Nähe von Edingburg gefunden, wo er bei einer alten
Dame Unterschlupf gefunden hatte, die sich als seine Großmutter,
eine Squib namens Amanda Prince, entpuppte.
Tonks hatte sich über Snapes
Erscheinen erschrocken wie selten zuvor. Der ehemals so stolze, hoch
gewachsene Professor war noch bleicher und abgemagerter denn je. Die
schwarze Robe, einst sein Markenzeichen, hing schäbig und
schlabbernd an ihm herab, sein Gesicht war eingefallen und unter
seinen blutunterlaufenen Augen lagen dunkle Ringe.
Nichts war mehr von seiner
Arroganz, von seinem Stolz übrig geblieben.
Fast ohne Widerworte hatte er sich
von Remus und Tonks nach London bringen lassen, wo er von dem
Zeitpunkt an ein Zimmer im oberen Stockwerk bewohnte; abgeschieden
und unentdeckt von Allen. Niemand außer Tonks und Remus
wussten, dass er dort war, während alle Welt, jeder Zauberer im
Land, ob gut ob böse, nach ihm suchte.
Wie sich herausgestellt hatte, war der Plan schon lange abgesprochen gewesen; Snape sollte Dumbledore töten und damit Draco Malfoys Seele retten. Anschließend sollte er Draco in Sicherheit bringen und dann flüchten. Bei seiner alten, demenzkranken Großmutter fand er Unterschlupf, wie von Dumbledore geplant, bis er von Remus und Tonks nach London zurückgebracht werden sollte. Sie wurden seine Geheimniswahrer und würden ihn solange schützen, bis Voldemort endgültig besiegt und Snapes Unschuld erklärt, bewiesen und hoffentlich von der Zaubererschaft akzeptiert worden war.
Tonks hörte Schritte auf der Treppe und beeilte sich, die Teller und Schüsseln ins Esszimmer zu bringen. Es kam nicht oft vor, dass sie zu Dritt aßen, da Snape sich oft tagelang in seinem Zimmer einschloss und mit niemandem reden wollte. Sie wussten nicht, was er tat; er erzählte es nicht und sie fragten nicht. Doch sie hatten sich damit abgefunden und gelernt, ihm zu vertrauen und sein Handeln nicht weiter zu hinterfragen. Tief in ihnen waren zwar noch leise Zweifel, ob das, was sie taten, das richtige war, aber sie wollten Dumbledores letztem Wunsch nachkommen; das waren sie ihm einfach schuldig.
„Hallo, Severus", sagte Tonks, als sie die Eingangshalle betrat, „wie geht es dir? Frohe Weihnachten!" Sie lächelte ihn an und wappnete sich dabei gewohnheitsgemäß gegen die giftigen Blicke, die er ihr bei jedem Aufeinandertreffen zuwarf.
„Dir auch."
Es waren nur leise Worte, fast ein
Flüstern gewesen und Tonks glaubte, sich verhört zu haben.
Sie blickte irritiert zu Remus, der allerdings nur mit den Schultern
zuckte und hinter Severus durch die Tür zum Esszimmer trat.
Hatte Snape tatsächlich gesprochen? Hatte er ihr ein frohes Fest
gewünscht?
Seine Stimme hatte sich auf
seltsame Weise fremd und eigenartig angehört, und sie wusste
nicht, ob es daran lag, dass sie sie solange nicht gehört hatte
oder daran, dass sie sich wirklich verändert hatte. Es lag nicht
mehr dieser arrogante, überhebliche Ton in ihr, den sie sonst
von ihm gewohnt gewesen war. Die Stimme war die eines gebrochenen
Mannes gewesen, der eine schwere Last mit sich herumtrug, und sie
passte irgendwie zu Snape Erscheinung, wie Tonks zugeben musste. Er
hatte zwar wieder zugenommen und seine Augen waren nicht mehr so
blutunterlaufen wie noch vor wenigen Monaten, doch alles an seinem
Aussehen deutete daraufhin, dass dieser Mann schwere Schuld in sich
trug. Er hatte Dumbledore nicht töten wollen, den Mann, der wohl
der einzige war, der wirklich wusste, wer und was der ehemalige
Todesser und Professor war. Es belastete ihn, dass er ein Geächteter
war, dass er sich hier, im Haus seines Erzfeindes verstecken musste,
nur in Gesellschaft eines Werwolfs und einer durchgeknallten Aurorin
mit pinkfarbenem Haar.
„Möchtest du Wein?", fragte Tonks, als sie sich alle im festlich geschmückten, in Kerzenschein getauchten Esszimmer an den Tisch gesetzt hatten. Remus hatte am Morgen einen Tannenbaum besorgt und festlich geschmückt, am Kamin hingen drei große rote Strümpfe, auf denen ihre Namen standen und die verzauberte Rüstung in der Ecke, die zu den Zeiten, als die Blacks noch in diesem Haus lebten, furcht erregend, klapprig und schaurig gewirkt hatte, summte nun leise White Christmas, während Remus den Braten anschnitt und auf die Teller verteilte.
„Gerne", sagte Snape und hob
seinen Kelch etwas an, damit Tonks ihm einschenken konnte. Sie
lächelte ihn an, während sie den Kelch füllte und die
Flasche dann wieder abstellte.
„Schön, dass du gekommen
bist, Severus", sagte sie und tauschte mit Remus einen kurzen
Blick. Sie hatten beide nicht damit gerechnet, dass Snape
ausgerechnet an Weihnachten mit ihnen essen würde; er hatte noch
nie mit ihnen gegessen. Deshalb irritierte sie die Tatsache, dass der
schwarzhaarige Zauberer nun hier am Tisch saß ein wenig, aber
sie freute sich auch darüber. So sehr sie Snape nach Dumbledores
Tod auch gehasst hatte, so sehr hatte sie sich mittlerweile an ihn
gewöhnt und ihn lieb gewonnen.
Dass er in der Vergangenheit
gegessen hatte, hatten sie irgendwann durch Zufall herausgefunden,
nachdem sie ihn nachts heimlich dabei beobachtet hatten, wie er in
die Küche schlich und sich etwas holte. Sie hatten es ihm
gegenüber nie erwähnt, dass sie von seinen Heimlichkeiten
wussten, oder dass ihnen auffiel, dass morgens schon mal ein Apfel
oder ein halber Brotlaib fehlte, doch Tonks hatte es sich nicht
nehmen lassen, fortan immer eine große Portion von ihrem
eigenen Abendessen aufzubewahren und in der Küche stehen zu
lassen.
„Hatte ich denn eine Wahl,
Nymphadora?", fragte Snape und hob seinen Kelch, während ein
kaum sichtbares Lächeln seine Lippen umspielte.„Nein, wohl kaum", antwortete
Tonks grinsend und hob gleichzeitig mit Remus den Kelch an, um
Severus zuzuprosten. Sie hatte Remus gezwungen, solange bei Severus
an die Tür zu klopfen, bis dieser sie öffnete und mit ihm
nach unten kam.
„Auf uns", sagte Tonks leise.
„Auf die Gerechtigkeit", sagte
Remus.
„Auf Albus Dumbledore." Snapes
dunkle Stimme hallte durch den Raum und Tonks hielt vor Schreck die
Luft an. Die Luft war zum Zerreißen gespannt und niemand schien
zu wissen, wie er reagieren sollte.
Schließlich brach Remus das
Schweigen und sich erhob.
„Auf Albus Dumbledore, den
größten Zauberer aller Zeiten", sagte er feierlich und
hob den Kelch.
Snape und Tonks standen
gleichzeitig auf und ließen ihre Kelche gegen den von Remus
stoßen.
Sie tranken einen Schluck und
blickten sich eine Weile schweigend an. Niemand wusste etwas zu sagen
und es schien auch gar nicht nötig. Jeder hing seinen Gedanken
nach, dachte an die, die sie verloren hatten und die, die es zu
retten galt, während draußen vor dem Fenster wieder dicke
Schneeflocken fielen und eine weiße, dichte Decke über das
Land legten. Irgendwo, weit entfernt läutete eine
Kirchturmglocke, doch weder dieses Geräusch, noch das leise
Knistern der Holzscheite im Kamin, konnten diese friedliche Stille
stören.
Es war noch ein langer Weg, bis endlich wieder wirklicher Frieden und Gerechtigkeit in der Welt herrschen würden, doch an diesem Abend spürten die drei Zauberer, die sich so fremd gewesen und sich doch so nah gekommen waren, dass sie auf dem besten Wege waren, ihr Ziel eines Tages zu erreichen.
Ende
Bekomme ich ein Review?
