Titel: Weil nur das Heute zählt
Autor: Lillith
Kapitel: 2/5 + Epilog
Zusammenfassung/Summary: Malfoy ist Opfer eines unbekannten Fluchs von Bellatrix geworden und bewusstlos zusammengebrochen. Gibt es im St. Mungo Hilfe für ihn...?
Disclaimer: s. Kapitel 1
Spoiler: s. Kapitel 1
Pairings: Harry/Draco; Hermine/Ron…
Rating: R oder P-16
Warnungen: s. Kapitel 1
A/N: Tut mir den Gefallen und lest die Kapitelzusammenfassung nicht. Das klingt ja so blöd... aber ich wusste nicht, was ich sonst hätte schreiben sollen, ohne zu viel zu verraten. TT
Ein großes Dankeschön an meine zwei einzigen Reviewer hier auf Bis Kapitel 4 geht's erst mal recht fix, das 5. und letzte könnte dann etwas auf sich warten lassen... Nunja. Aber der Epilog ist schon fertig.
garfieldsg08: Ron und Herm werden erst im Epilog kurz indirekt erwähnt, sie sind für diese Geschichte einfach nicht von Belang, zumal Harry sich eher von den beiden abgekapselt hat. Tja, das mit dem Charadeath tut mir ehrlich leid... innere Stimme: von wegen, gar nix tut ihr leid! aber es passt nun mal. Ein Happy End würde für mich nicht dazu passen.
Kapitel 2Krankenpflege
Wer krank wird, erfährt als Erstes,
dass er selber Schuld hat.
(Eugen Drewermann)
Bleib gesund und werde zäh,
doch bitte nicht in meiner Näh.
(Lausitzer Segensspruch)
ooOOoo
Harry saß auf einem dieser unbequemen Plastiksessel im St. Mungo direkt dem Zimmer gegenüber, in das man Malfoy ohne viel Zeit zu verschwenden gebracht hatte. Er zermarterte sich das Hirn, wie das hatte passieren können.
Warum zur Hölle hatte er Bellatrix nicht gleich gelähmt oder gefesselt?
Er hatte gewusst, dass der Funkenregen, mit dem er sie verhext hatte, sie nicht gänzlich außer Gefecht setzen würde. Es war ein relativ unbekannter Zauber gewesen, der eine Art Betäubung hervorrief.
Harry barg sein Gesicht in den Händen und massierte mit den Fingern seine Stirn.
Wenigstens wurde Malfoy jetzt anständig versorgt. Zumindest in dieser Angelegenheit hatte er nicht versagt.
„Harry?"
Der Schwarzhaarige sah auf.
„Tonks. Ich hatte euch doch ins Ministerium geschickt. Seid ihr schon fertig?", fragte er kühl.
Sie sah ihn unter hochgezogenen Brauen vorwurfsvoll an. „Seitdem sind beinahe zwei Stunden vergangen. Bellatrix Lestrange und der andere Kerl sind verhört worden, das Gelände um die Gruft ist abgeriegelt und die Gruft selber ist vollständig erkundet. Es befanden sich tatsächlich keine Todesser mehr dort drin."
„Zwei Stunden schon?", wiederholte Harry ungläubig. Tonks nickte.
„Ich soll dir von Moody übrigens ein Lob ausrichten, du hast sehr umsichtig gehandelt."
„Wann? Als ich Bellatrix den Rücken zugekehrt habe?", fragte er selbstironisch.
„Nein, als du uns den Rückzug befohlen hast. Es waren nämlich noch mehr Inferi dort unten. Die anderen haben sie förmlich ausgeräuchert." Sie sah in prüfend an. „Machst du dir etwa Vorwürfe, wegen dem, was Malfoy passiert ist? Was hat er eigentlich?"
„Keine Ahnung. Er ist jetzt seit knapp zwei Stunden da drin", er nickte in Richtung des gegenüberliegenden Zimmers, „Und ja, verdammt, ich mach mir Vorwürfe! Ich war für diesen Einsatz zuständig und währenddessen ist er von irgendeinem x-beliebigen Fluch getroffen worden und bewusstlos zusammengebrochen!" Während seiner Worte war er aufgesprungen und tigerte unruhig vor den Plastiksesseln auf und ab.
„Klingt, als würdest du dir ehrlich Sorgen machen", stellte Tonks mit einem kleinen Lächeln fest.
Harry erstarrte mitten in der Bewegung. Er sollte sich um Malfoy Sorgen machen? Um seinen Erzfeind seit ihrer Schulzeit?
„Ich mach mir Sorgen um die Konsequenzen, die mir daraus folgen", erwiderte er schnell und setzte sein Auf-und-Ab-Gehen fort.
In diesem Moment öffnete sich die Tür ihnen gegenüber und eine Heilerin mittleren Alters trat heraus. „Mr Potter?"
Harry nickte und folgte ihrem ausgestreckten Arm in das Zimmer direkt neben dem, in dem Malfoy lag. Es schien ein Aufenthaltsraum zu sein, denn es stand ein Tisch darin und ein paar Aktenschränke, auf einem blubberte eine Kaffeemaschine vor sich hin.
„Nehmen Sie Platz", forderte ihn die Heilerin auf.
Harry ließ sich auf einen der weißen Plastikstühle fallen.
„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es nicht gut um Ihren Kollegen steht", begann die Hexe. „Wir konnten den Fluch nicht identifizieren, allerdings haben wir eine zeitweilige Lösung gefunden. Mr Malfoy hatte nach diesem Fluch eine Art Herzattacke, wie man sie bei Zauberern und Muggeln mit schwachem Herz findet. Soweit wir wissen, war das vor diesem Fluch nicht der Fall. Diese Anfälle werden wiederkommen und lassen sich immerhin mit dem üblichen Trank bekämpfen, aber für eine endgültige Heilung stehen sie Chancen ehrlich gesagt schlecht." Sie machte eine Pause um Harry das eben Gesagte erst einmal verdauen zu lassen.
„Das heißt im Klartext?", fragte er leise.
„Dass wir nicht viel Hoffnung haben. Normalerweise gibt es eine Tranktherapie für Zauberer mit schwachem Herzen. Das seltsame ist aber, dass sich der dafür verwandte Trank sofort neutralisiert, wenn er auch nur in Mr Malfoys Nähe kommt. Mein Kollege und ich vermuten, dass es sich um einen schief gegangen Fluch handelt, der Mr Malfoy eigentlich sofort umbringen sollte... nun, wenn wir keinen Gegenfluch oder kein Gegenmittel finden, wird er wohl früher oder später trotzdem sterben", schloss die Heilerin mit einem bedauernden Blick.
Harry nickte langsam. Er fühlte sich irgendwie betäubt.
„Und was passiert jetzt mit ihm?", fragte er.
„Das ist das zweite Problem. Wir sind momentan rettungslos überfüllt, deswegen schicken wir die Patienten, bei denen es möglich ist, zur Pflege nach Hause und das hatten wir auch mit Mr Malfoy vor. Allerdings hat er laut Akte keine Verwandten mehr." Sie schwieg einen Moment und schüttelte traurig den Kopf. Dann wandte sie sich wieder Harry zu. „Ich weiß nicht inwiefern Sie beide... aber könnten Sie sich nicht vielleicht seiner annehmen?"
Harry sah sie überrascht an. „Ich?"
„Ja. Es ist an sich nicht viel Arbeit. Wenn er einen Anfall hat, muss er den Trank einnehmen, denn dann ist er völlig hilflos. Ansonsten wird er sich recht schnell soweit erholen, dass er relativ selbstständig ist", erklärte sie und sah ihm dann fragend ins Gesicht.
Harry seufzte. „Wissen Sie, ich habe, vorsichtig ausgedrückt, kein besonders gutes Verhältnis zu Mr Malfoy..."
„Hm", die Heilerin sah einen Moment lang aus, als wollte sie etwas sagen, dann schwieg sie aber doch.
„Wie lange...", Harry blieben die Worte im Halse stecken. Er kam sich erbärmlich dabei vor, tatsächlich zu fragen, wie lange er Malfoy denn dann bei sich haben würde. Wie lange er noch leben würde.
Die Heilerin zuckte die Schultern. „Ich habe keine Ahnung", gestand sie.
Vielleicht war das hier ja die Wiedergutmachung, die ihm das Schicksal anbot, überlegte Harry. Immerhin hatte er Schuld an dem Fluch, der Malfoy getroffen hatte.
„Gut. Er kann bei mir wohnen", sagte er schließlich.
Die Heilerin sah ihn erleichtert an. „Danke. Und wir werden in der Zwischenzeit Himmel und Hölle in Bewegung setzen um irgendetwas zu finden, das ihn heilen kann."
Harry nickte.
ooOOoo
Als Harry das Zimmer, in dem Malfoy lag, betrat, schlief der Blonde immer noch. Die Heilerin hatte ihm gesagt, dass er bald aufwachen müsste und Harry solle ihm doch alles erklären.
‚Toll', dachte der säuerlich. ‚Da hab ich mir ja was eingebrockt.'
Leise seufzend lies er sich auf den Stuhl neben Malfoys Bett fallen, das übrigens das einzige in dem äußerst spartanisch eingerichteten Krankenzimmer war und betrachtete seinen neuen ‚Mitbewohner'.
Malfoy sah blass aus; blasser, als er ihn vom Vortag im Konferenzsaal und auch vom Morgen in Erinnerung hatte. Ansonsten atmete er aber ruhig und tief, es schien ihm tatsächlich wieder besser zu gehen.
Er fragte sich, was mit dem jungen Mann nach ihrer Schulzeit passiert war. Man mochte es kaum glauben, aber nach Hogwarts hatte er sich mit vollem Elan auf seine Ausbildung als Auror konzentriert und keine Blicke nach links oder rechts verloren. Dabei war viel auf der Strecke geblieben. Traurigerweise gehörte die enge Freundschaft zu Ron und Hermine dazu. Sie waren zwar immer noch befreundet und Harry wäre sofort bei ihnen, wenn sie ihn denn bräuchten, aber sie sahen sich nur noch selten. Selbst seine Erzfeindschaft zu Draco Malfoy war nichtig geworden.
Aber irgendwie begann ihn jetzt, wo er Malfoy so vor sich liegen hatte, seine natürliche Neugier zu quälen. Er war sich sicher gewesen, dass der junge Malfoy dem Beispiel seines alten Herren folgen würde und Todesser werden würde. Selbst, als er erfahren hatte, dass Malfoy ebenfalls eine Aurorenausbildung begonnen hatte, hatte er ihm das nicht abgenommen. Er hatte eher vermutet, dass er es tat, um den Todessern Einblick in ihre Arbeitsweise gewähren zu können. Nun, da hatte er sich wohl getäuscht. So hasserfüllt, wie Bellatrix ihren Neffen angesehen hatte, war der wohl kaum ein Spion.
Bellatrix Lestrange. Allein dieser Name lies Harrys Puls vor Wut und Hass hochschnellen. Wären die anderen nicht dabei gewesen, er hätte nicht für ihr Leben garantieren können. Schon wegen Sirius nicht.
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
„Herein!", rief er halblaut.
Eine junge Hexe mit bis zum Kinn reichenden braunen von roten Strähnen durchzogenen Haaren, steckte den Kopf hinein.
„Hallo, Mr Potter nehme ich an?" Als er nickte fuhr sie fort: „Ich soll Sie und Mr Malfoy zu Ihnen nach Hause begleiten und Ihnen die wichtigsten Handgriffe erklären."
Harry sah sie skeptisch an.
„Warum stehen Sie so zwischen Tür und Angel?", fragte er dann leicht irritiert. „Sie können ruhig hereinkommen."
„Oh!" Die junge Hexe wurde rot, dann schlüpfte sie leise in den Raum.
Sie streckte Harry ihre Hand entgegen. „Meredith Orwell, Sie können ruhig Meredith sagen", meinte sie fröhlich. Harry ergriff ihre Hand. „Und Sie Harry."
Meredith nickte ihm freundlich zu, dann wandte sie sich Malfoy zu.
„Ich bin nebenan, lassen Sie mich wissen, wenn er wach wird, dann brechen wir nämlich sofort auf."
„So schnell?", fragte Harry überrascht.
Meredith nickte ein wenig unglücklich, sparte sich aber jede weitere Erklärung, lächelte Harry nur noch einmal aufmunternd zu und verschwand dann wieder.
Der Schwarzhaarige sah wieder auf Malfoy herab – und direkt in zwei graue Augen, die ihn ernst aber interessiert musterten.
Harry fing sich schnell wieder. „Wie viel hast du mitbekommen?", fragte er direkt.
„Soviel, dass ich verwirrt bin", gestand Malfoy leise. Anscheinend bereitete ihm das Sprechen etwas Mühe. „Wohin brechen wir denn auf?", fragte er.
Harry holte einmal tief Luft.
„Ich habe eingewilligt, dich bei mir wohnen zu lassen. Du... Bellatrix hat dich mit irgendeinem Fluch getroffen, den die Heiler nicht identifizieren konnten." Er sah Malfoy prüfend an.
Der hatte die Augen geschlossen, öffnete sie aber nach ein paar Sekunden wieder.
„Erzähl' schon Potter", forderte er ihn dann kühl auf.
Harry schluckte und dann wiederholte er, was ihm die Heilerin gesagt hatte.
Als Harry geendet hatte, schwieg Malfoy eine Weile. Schließlich seufzte er kaum hörbar.
„Na, sieht ganz so aus, als hätte ich es endlich geschafft, den Löffel abzugeben. Meine liebe Tante kann stolz auf sich sein."
Harry sah ihn schockiert an.
„Noch bist du ja nicht tot...", murmelte er.
„Aber so gut wie", erwiderte Malfoy. Dann sah er Harry direkt an. „Was kümmert das dich eigentlich? Warum hast du nicht gleich nachgeholfen?"
Harry hätte ihm am liebsten eine saftige Ohrfeige verpasst, hielt sich aber löblich zurück.
„Du standest unter meinem Kommando, als es passiert ist. Ich habe Bellatrix den Rücken zugewandt, ohne, dass ich mich versichert habe, ob sie tatsächlich außer Gefecht war", erklärte er stattdessen ruhig.
„Ah und dass du mich jetzt mit zu dir nimmst, ist sozusagen deine Entschuldigung? Na besten Dank."
Harry seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Ja, sieh es als Entschuldigung, wenn dir das gefällt. Mir ist es einerlei." Er sah seinen Gegenüber kalt an.
Der stierte ebenso kalt zurück.
Das konnte ja heiter werden. Harry schüttelte mit sich selbst hadernd den Kopf, dann erhob er sich.
„Da du ja wach bist, können wir aufbrechen, oder?" Er sah Malfoy fragend an.
Der sah jedoch angestrengt in eine andere Richtung.
‚Gut, dann halt nicht', dachte Harry trotzig und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
ooOOoo
„Puh!", machte Meredith, als sie vor dem alten Blackhaus standen. Sie schob Malfoy in einem Rollstuhl vor sich her, da der noch ein wenig wackelig auf den Beinen war.
Harry sah sie fragend an.
„Ziemlich düster, oder?", erklärte sie.
Harry zuckte die Schultern.
Er hatte ja eher gedacht, dass die Verschleierungstaktik mit dem Pergament sie mehr überrascht hätte.
Egal. Er pochte mit dem Zauberstab gegen die schwarze Tür. Unter einigem Klicken und Rasseln lösten sich die Schlösser und Schutzzauber, die über der Tür lagen und die Tür öffnete sich knarrend.
Hintereinander betraten sie die nur spärlich erleuchtete Eingangshalle. Zum Glück hatte Hermine auch hier einige Änderungen vorgenommen und so glich die Halle kaum noch der, die Harry damals vor seinem fünften Schuljahr kennengelernt hatte.
Die zerschlissenen Teppiche, sich abschälende Tapeten und der ganze eklige Kram der hier herumgestanden und gehangen hatte, war verschwunden. Samt dem Portrait von Sirius' Mutter.
Jetzt waren die Wände ordentlich tapeziert, den Boden bedeckte ein einziger dunkelroter Teppich und die Lichtquelle bildeten hübsche Messinglaternen an den Wänden.
Harry führte sie zur linken Treppe.
„Meine Privaträume sind oben, im zweiten Stock", erklärte er.
Meredith nickte und zückte ihren Zauberstab. Sie murmelte „Locomotor Rollstuhl", woraufhin der Rollstuhl ein paar Zentimeter vom Boden abhob.
Malfoy sah skeptisch nach unten.
„Ihnen passiert schon nichts, keine Sorge", beruhigte Meredith ihn lächelnd.
Malfoy schenkte ihr nur einen säuerlichen Blick.
Nachdem das Hindernis Treppe überwunden war, standen sie kurz darauf auch schon in Harrys Schlafzimmer – der froh war, dass er halbwegs Ordnung halten konnte.
Meredith sah sich prüfend um.
„Sie haben kein zweites Bett oder?"
Harry verneinte kopfschüttelnd, ließ Meredith aber misstrauisch nicht aus den Augen. Die maß derweil sein Bett mit einem prüfenden Blick.
„Ist es sehr schlimm, wenn Sie beide in Ihrem Bett schlafen würden, Harry? Groß genug ist es und es wäre eigentlich optimal." Sie sah Harry fragend an.
Er sollte was? Mit Malfoy im selben Bett schlafen? Soweit kam's noch!
„Verstehen Sie, wenn Mr Malfoy nachts einen Anfall hat, müssen Sie zur Stelle sein. Würde er im Nebenzimmer schlafen, ist es möglich, dass Sie gar nichts von seinem Anfall mitbekommen und dann..." Sie verstummte, aber Harry dachte sich den letzten Teil ohne Probleme dazu.
„Schon gut, machen Sie doch was Sie wollen!", antwortete er resignierend.
Meredith lächelte ihm aufmunternd zu. „Das wird schon!", beruhigte sie ihn.
‚Naja', dachte Harry sich im Stillen, hütete sich aber, seinen Gedanken laut auszusprechen.
Malfoy folgte dem Gespräch stumm.
Meredith kramte aus ihrer Tasche eine große Flasche heraus, die mindestens einen Liter Flüssigkeit fasste und stellte sie auf Harrys Nachtschränkchen.
„Das ist der Trank, den Mr Malfoy bei einem Anfall einnehmen muss. Immer erst einmal ein Teelöffel, dann je nach Bedarf in Fünfminutenschritten, bis der Anfall abklingt", erklärte sie und sah Harry dann ernst an.
„Das war's eigentlich schon. Wenn Sie Probleme haben, sagen Sie Bescheid, meinen Namen kennen Sie ja. Haben Sie hier irgendwo einen Kamin?"
Harry nickte und führte sie in sein Arbeitszimmer. Das Chaos dort war ihm dann doch etwas peinlich, doch Meredith sah sich nur amüsiert um, sagte jedoch nichts.
Dann schüttelte sie ihm die Hand.
„Machen Sie's gut, Harry. Und Ihnen gute Besserung", sagte sie an Malfoy gewandt, dem sie auch die Hand schüttelte.
Sie kramte in ihrer Umhangtasche nach ein wenig Flohpulver, warf es in die Flammen und war verschwunden.
„Komische Person", murrte Malfoy.
„Sie ist nett", erwiderte Harry schulterzuckend.
„Magst sie etwa?"
Unter anderen Umständen, jetzt mit Malfoy im Haus erst recht, hätte Harry vielleicht darüber nachgedacht, aber so warf er dem Blonden nur einen undefinierbaren Blick zu.
„Ziemlicher Saustall hier, übrigens...", stichelte der weiter.
„Kannst dich ja gern als Sekretärin betätigen. Zur Arbeit wirst du ja kaum gehen können", konterte Harry.
Malfoy schwieg beleidigt.
Harry setzte sich seufzend hinter seinen Schreibtisch, nahm ein leeres Stück Pergament zur Hand und begann zu schreiben.
„Was wird das?", fragte Malfoy.
„Ich muss der Aurorenzentrale Bescheid geben, was mit dir passiert ist. Und für mich Urlaub beantragen."
Nach ein paar Minuten der Stille, abgesehen von dem kratzenden Geräusch der Feder auf dem Pergament, stand Harry auf.
„Ich geh das schnell wegschicken", sagte er. Dann zog ein Grinsen seine Mundwinkel nach oben. „Renn ja nicht weg!"
Malfoy schnaubte nur.
ooOOoo
Als Harry nachdem er Hedwig mit der kurzen Notiz ins Zaubereiministerium geschickt hatte, wieder sein Arbeitszimmer betrat, hockte Malfoy tatsächlich immer noch da, wo er ihn zurückgelassen hatte, in seinem Rollstuhl.
Harry fiel auf, dass seine Schultern leicht zitterten.
Wortlos schob Harry den Rollstuhl in sein Schlafzimmer und stellte ihn so nah ans Bett, wie es eben ging.
Dann hockte er sich neben Malfoy und schob ihm den rechten Arm unter die Knie.
„Was-?"
„Du gehörst ins Bett."
„Aber-!"
„Nix Aber. Du zitterst wie Espenlaub!", sagte Harry bestimmt, stützte den Rücken des anderen jungen Mannes mit seinem linken Arm und hob ihn dann behutsam aus dem Rollstuhl hinüber ins Bett.
Allein die Art, wie der Blonde in die Kissen sank, zeigte Harry, dass er mehr als Recht gehabt hatte mit seiner Einschätzung. Malfoy war erschöpft.
Er zog ihm die Schuhe aus und dann verriet ihm das regelmäßige tiefe Atmen des anderen, dass dieser bereits eingeschlafen war.
Harry schüttelte ärgerlich den Kopf. Wie unvernünftig war der Kerl denn?
Allerdings stand er jetzt vor einem Problem. Sollte er Malfoy den Rest seiner Kleidung ebenfalls ausziehen? Im St. Mungo hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, ihn in ein Krankenhausnachthemd zu stecken.
Seufzend begann er, das dunkelgrüne Hemd aufzuknöpfen. Als er es endlich über die Schultern und unter dem Rück des Blondschopfs hervor gezerrt hatte, wandte er sich der Hose zu.
Irgendwie kam er sich schon komisch dabei vor, wie er die schwarze Jeans aufknöpfte und den Reißverschluss aufzog.
Er krabbelte zu Malfoys Füßen und zog ein paar Mal kräftig an den Hosenbeinen.
So.
Jetzt sollte er ihm besser noch ein T-Shirt überziehen, sonst erkältete sich der Kerl und was dann aus seiner eh bereits mehr als angeschlagenen Gesundheit wurde, wollte sich Harry lieber nicht vorstellen.
Grummelnd ging er zu seinem Schrank und zog ein T-Shirt heraus.
Es erwies sich aber als durchaus schwierig, Malfoy das Ding jetzt auch noch anzuziehen.
Schließlich hockte sich der Schwarzhaarige auf die Bettkante, setzte Malfoy auf und stabilisierte mittels seinem rechten Bein seinen Rücken.
Flugs hatte er ihn jetzt in das T-Shirt gesteckt und ließ ihn zurücksinken.
Aufatmend deckte er Malfoy zu, ging kurz in sein Arbeitszimmer um sich ein Buch zu holen und legte sich dann auf die freie Seite des Bettes.
ooOOoo
Ein dumpfes Pochen stahl sich in die stille Leere seines Schlafes. Draco brummelte, kuschelte sich enger in seine Decke. Hier war es schön warm und er wollte jetzt noch nicht aufwachen.
Wieder dieses Pochen.
Entnervt schlug der junge Mann nun doch die Augen auf.
Erst jetzt spürte er das sanfte Auf und Ab seiner ‚Matratze'.
Und den Arm, der um seine Schultern lag.
Er fuhr erschrocken hoch. Hatte er tatsächlich in Potters Halsbeuge geschlafen? Das durfte doch nicht wahr sein! Irritiert starrte er auf den jungen schwarzhaarigen Mann, der jetzt unwillig grummelte und mit seinem Arm im Halbschlaf herumtastete.
Draco hockte derweil neben ihm und ordnete seine Gedanken.
Himmel, warum hatte Potter ihn eigentlich mit zu sich genommen? Alles hatte er in dem Moment, indem er Bellatrix' Fluch zwischen seinen Schulterblättern gespürt hatte, vermutet, dass er sterben würde, dass einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, dass was auch immer passiert war, aber nicht, dass er sterbenskrank sein würde und dass Potter ihn pflegen würde.
Verdammt!
Warum eigentlich immer er? Erst war sein Vater gestorben, dann seine Mutter und jetzt würde er ihnen bald folgen.
Wieder pochte es. Der Blondschopf drehte sich zum Fenster um. Dort saß Hedwig, Potters Eule und pochte immer wieder mit dem Schnabel gegen das Glas. Richtig, Potter hatte ja dem Ministerium geschrieben.
Vorsichtig rutschte Draco bis zur Bettkante und schwang die Beine aus dem Bett.
Er fühlte sich eigentlich schon wieder recht gut, mal sehen, ob er sich länger auf den Beinen halten könnte.
Er erhob sich und machte probeweise ein paar Schritte Richtung Fenster.
Doch, es ging, wenn er auch noch etwas wackelig war.
Er ließ Hedwig ins Zimmer, die ihn zwar skeptisch beäugte aber schließlich auf den Kleiderschrank flog und sich dort niederließ. Sie hatte anscheinend nicht vor, ihren Besitzer zu wecken.
Draco tapste wieder zum Bett zurück und setzte sich auf die Bettkante.
Sollte er Potter wecken oder sich wieder hinlegen?
Nachdenklich sah er auf seine Knie.
Wieso hatte er eigentlich nur noch Boxershorts an?
Und von wem war dieses T-Shirt?
Sollte Potter ihn etwa im Schlaf...
Draco schoss die Röte ins Gesicht.
Vielleicht sollte er doch noch ein Weilchen schlafen, möglicherweise stellte sich das alles hier ja als böser Traum heraus.
Schnell krabbelte er wieder an die Stelle an der er vorhin aufgewacht war und schlüpfte wieder unter die Decke, allerdings ohne Potter als Matratze zu benutzen.
Der Schwarzhaarige schien wieder tiefer in den Schlaf hinabgeglitten zu sein. Er lag in schwarzer Jeans und schwarzem Hemd im Bett, auf seinem Bauch lag ein aufgeschlagenes Buch. Er war also anscheinend über dem Lesen eingeschlafen.
Vorsichtig zerrte Draco an seiner Decke und deckte Potter ebenfalls zu. Was hatte er schließlich davon, wenn sein Pfleger krank würde?
Er ließ sich wieder auf sein Kissen sinken und schloss die Augen
Unvermittelt setzte sein Herz einen Schlag lang aus. Er keuchte. Sein Pulsschlag fiel ins Bodenlose. Sterne und bunte Lichtfunken tanzten vor seinen geschlossenen Liedern. Schmerz stach wie ein Messer in sein Herz.
Er konnte gerade noch seine Hand ausstrecken und Potter mit einer hilflosen Geste an der Schulter berühren, dann streikten seine Muskeln und er begann unkontrolliert zu zittern.
Mist! Sollte es das schon gewesen sein? Sollte er jetzt hier so sterben?
Warum wachte Potter nicht auf?
Dann spürte er, wie eine kühle Flüssigkeit seine Kehle hinabrann und sich mit angenehmer Wärme in seinem Körper ausbreitete. Das Zittern lies nach und er öffnete zaghaft die Augen. Potter kniete halb über ihm, seine Linke stützte seinen Nacken, in der Rechten hielt er einen Teelöffel.
„Geht's wieder?", fragte Potter besorgt.
Draco nickte abgehackt.
Potter seufzte, warf einen Blick auf die Uhr.
Er ließ sich auf seine Fersen zurücksinken, zog Draco zwischen seine Beine wobei dessen Kopf auf seinem Bauch zum liegen kam, sodass er halbwegs aufrecht dalag und strich dem Blonden beruhigend über die Schultern.
Irgendwie war diese Berührung verdammt angenehm. Draco seufzte lautlos. Er war dem Tod also doch noch mal von der Klinge gesprungen. Na gut. Auf dass sich seine Leiden verlängerten.
„Wie wär's zur Abwechslung mal mit ein bisschen Zuversicht?"
Es dauerte einen Moment, bis Draco begriff, dass er seine letzten Gedanken laut ausgesprochen hatte.
„Hab ich denn Grund zur Zuversicht?", fragte er.
„Ich denke schon", meinte Harry sanft und legte seine Wange an den Scheitel des anderen.
Draco schwieg. Warum zur Hölle war der Kerl so nett zu ihm? Er hatte ihn, Draco, doch immer entweder mit Verachtung gestraft, sich gegen ihn gestellt, oder ihn schlichtweg ignoriert. Warum dann diese plötzliche, beinah zärtliche Fürsorge?
Draco mochte sich kaum vorstellen wie diese Szene auf jemanden wirken würde, der zufällig ins Zimmer platzen würde.
Wieder schoss ihm die Röte ins Gesicht.
„Was denkst du, brauchst du noch einen Löffel?", fragte Potter ihn unvermittelt.
Draco schüttelte den Kopf. „Geht schon", meinte er leise.
„Gut. Dann geh ich kurz runter in die Küche. Es ist schon nach sechs, Zeit für's Abendessen."
Draco wollte schon einwenden, dass er gar keinen Hunger hatte, dann fiel ihm ein, dass das wohl kaum etwas bringen würde. Potter würde ‚keinen Hunger' kaum als Ausrede akzeptieren.
Harry hob ihn behutsam ein Stück hoch, rutschte unter ihm weg und ließ ihn dann wieder in die Kissen sinken.
ooOOoo
Kaum eine Viertelstunde nachdem er das Zimmer verlassen hatte, tauchte Harry, ein Tablett mit nur einer Hand balancierend wieder auf.
Er grinste Malfoy freundlich an, was von diesem nur mit einem fragenden Blick unter hochgezogenen Augenbrauen quittiert wurde und setzte sich auf die Bettkante.
„Guten Appetit, der Herr!" Der Schalk sprühte förmlich aus seinen Augen.
Malfoy äugte skeptisch auf das Tablett. Viel war nicht darauf.
Eine geschlossene Suppenterrine, vier Toastdreiecke, ein Glas Milch und ein Suppenlöffel.
„Hast du gekocht?"
Harry sah ihn säuerlich an. „Ja und ich lebe seit drei Jahren alleine, ich musste wohl oder übel kochen lernen. Außerdem ist es nur eine Nudelsuppe, konnte also nicht viel schief gehen."
Malfoy sah ihn zu seiner Überraschung entschuldigend an und nahm das Tablett entgegen.
Eine ganze Weile herrschte Schweigen, während Malfoy aß und Harry schweigend mit dem Rücken zu ihm wartete, dass er fertig wurde.
„Danke", sagte Malfoy leise als er aufgegessen hatte.
Harry nickte nur.
Unvermittelt spürte er den Körper des Blonden, der sich an seinen Rücken lehnte und seine Hände an seinen Schultern.
„Draco?", fragte Harry alarmiert. „Ein Anfall?"
Der Angesprochene schüttelte seinen Kopf, was Harry sogar spürte, denn die Stirn des Blondschopfs lag an seinem Nacken.
Harrys Herz begann sehr schnell gegen seine Rippen zu pochen.
„Du hast mich grad das erste Mal bei meinem Vornamen genannt", stellte Draco leise fest.
„Und?", fragte Harry, der den Stimmungsumschwung des anderen immer noch nicht nachvollziehen konnte.
Draco schüttelte lediglich nochmals den Kopf.
Unhörbar aufseufzend drehte sich Harry ein Stück und fing Draco, dem dabei sein Rücken gewissermaßen unter den Händen weggezogen wurde, mit den Armen auf.
Behutsam zog er ihn in seinen Schoß und fragte sich, was zur Hölle er hier eigentlich gerade tat.
Draco ließ sich völlig fallen.
Harry konnte nur vermuten, was in dem Blonden vorging, dachte aber vorläufig nicht weiter darüber nach, sondern strich zaghaft durch Dracos weiches helles Haar.
Der seufzte und schloss die Augen.
ooOOoo
Irgendwann nach elf Uhr saß Harry nachdenklich an seinem Schreibtisch, den er mittels Magie leise ins Schlafzimmer geholt hatte, damit er Draco im Auge behalten konnte.
Der Blondschopf war irgendwann auf seinem Schoss eingeschlafen und Harry hatte ihn in die Decke gepackt.
Inzwischen hatte er auch den Brief aus dem Ministerium gelesen, Hedwig lange vollkommen still auf dem Kleiderschrank gesessen und sich erst bemerkbar gemacht, als Harry wirklich zeit für sie gehabt hatte; er fragte sich sowieso, wie sie eigentlich hereingekommen war. Nun, vermutlich hatte Draco sie durchs Fenster hereingelassen.
Moody hatte ihm jedenfalls bis auf weiteres freigegeben, natürlich mit dem Vermerk, dass er sich dann ja mal um liegen gebliebene Berichte kümmern konnte und Draco gute Besserung gewünscht.
Harry stützte sein Kinn auf die ineinander verschränkten Finger. Es war schon verdammt seltsam. Draco war kaum einen Tag hier und schon verstanden sie sich besorgniserregend gut. Zwar war Draco oft recht übellaunig, aber selbst das konnte Harry ihm kaum anrechnen. Er wusste nicht, wie er auf seine Umwelt reagiert hätte, wenn ihm mitgeteilt worden wäre, dass er nicht mehr lange zu leben haben würde. Und gerade die Tatsache, dass Draco in Harrys Schoß eingeschlafen war, zeugte von einem Vertrauen, das der Blonde eigentlich gar nicht in ihn haben dürfte. Sie hatten Jahre damit zugebracht, dem anderen das Leben so schwer wie irgend möglich zu machen!
Und nicht zuletzt verwirrten ihn seine eigenen Reaktionen auf Draco.
Hätte ihm gestern Abend jemand gesagt, dass er morgen Draco Malfoy im Arm halten würde, hätte er ihn wohl in die nächste Woche gehext.
Harry seufzte und warf einen prüfenden Blick zum Bett. Draco schlief, sein Atem ging tief und ruhig.
Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Was war nur mit ihm los? Er verhielt sich Draco gegenüber immer mehr wie eine besorgte Glucke.
Nochmals seufzend fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht und erhob sich.
Er sollte jetzt ebenfalls ins Bett gehen, damit er morgen nicht aus den Latschen kippte. Mal sehen, vielleicht könnte er Seamus oder Tonks überreden, kurz herzukommen. Es interessierte ihn brennend, was genau aus dem Todesserstützpunkt geworden war.
Gähnend zog Harry sich um und ließ sich neben Draco in die Kissen sinken.
Ende Kapitel 2
Lil's kleine Plauderecke, die Zweite:
Langsam erschließt sich der Sinn des Titels. (Der mir persönlich sehr gefällt) Und – Himmel sind die zwei flink! Ich muss zugeben, die Pferde sind ein bisschen mit mir durchgegangen, insbesondere, wo Draco sich einfach an Harry anlehnt. Der Gedanke schoss mir so blitzartig durch den Kopf und... ja... so ist Dray schließlich in Harrys Schoß gelandet. hehe Aber besser als in Pansys, oder?
Und wisst ihr, was jetzt kommt? V-e-r-z-ö-g-e-r-u-n-g-s-t-ak-t-i-k. Geht ja nicht, dass die zwei soooo schnell zusammenkommen. Und ein bisschen Problembewältigung muss ja auch sein. Huh, die Vergangenheit wird uns einholen... hüstel
Ah, ich weiß gar nicht so richtig, ob die St. Mungo Szenen alle so nachvollziehbar waren... obwohl, zumindest Harrys Entscheidung würde ich nach Lesen des 6. Bandes als voll und ganz akzeptabel bezeichnen. Heldenkomplex!
Und noch was, vielleicht habt ihr das Stückchen bemerkt, das ich komplett aus Drays Sicht geschrieben hab. Wisst ihr, wie anstrengend es war, die ganze Zeit ‚Potter' statt ‚Harry' zu schreiben? Intelligenztest. Hab aber bestanden.
Na, egal, ich hoffe, ihr bleibt mir und diesem Geschichtelchen hier treu!
Bis demnächst
Lil
