So, meine Plauderecke lieber am Anfang des Kapitels, ich weiß nicht, ob ihr am Ende noch mein belangloses Geplänkel lesen wollt.
Ich… bin eigentlich ganz zufrieden mit dem Ende. Ich werde es sicherlich noch mal leicht überarbeiten. Sätze leicht ändern und ähnliches, macht euch also bitte keine Hoffnungen auf ein anderes Ende. Ich hatte von Anfang an gewarnt!
Ansonsten bin ich sehr gespannt auf eure Meinungen!
Ich hoffe einfach, dass es euch nicht zu schnell geht, in der Mitte des Kapitels überschlagen sich die Ereignisse nämlich noch mal ein wenig.
Achja, wer nach dem Ende Aufmunterung braucht, der klicke bitte auf untenstehenden Link.
(Aber Achtung, ihr verderbt euch möglicherweise die Stimmung. Falls den bei meinem Geschmiere Stimmung aufkommt…)
http/animexx.4players.de/fanarts/output?fa609658&sortzeichner
Ich hoffe, ihr verzeiht mir die nur angerissene Lemon-Szene. Ich fand es unpassend alles und jedes zu beschreiben und es war auch nicht nötig...
Das Kapitel ist übrigens mit Absätzen 20 Seiten lang! (6353 Wörter) puh
Zuletzt möchte ich euch dafür danken, dass ihr „Weil nur das Heute zählt" mit euren Revis begleitet habt. Ihr seid großartig!
So, ich schweige ja schon.
Viel ‚Spaß'!
Autor: Lillith
Kapitel: 5/5 + Epilog
Zusammenfassung/Summary: Das letzte Kapitel...
Das Ende... viel Spaß! ;p
Disclaimer: s. Kapitel 1
Spoiler: s. Kapitel 1
Pairings: Harry/Draco; Hermine/Ron…
Rating: R oder P-16
Warnungen: s. Kapitel 1
A/N: Ich habe mir in der vergangenen Zeit viele Gedanken um dieses Kapitel gemacht. Tut mir leid, dass es so traurig endet. ! Achtung ! Bitte Liedtexte mitlesen, besonders den am Ende des Kapitels! (so traurig passend... huhhhh)
Kapitel 5
Asche
Wenn dieser tag der letzte ist
Bitte sag es mir noch nicht
Wenn das das ende für uns ist
Sag's nich' – noch nich'
Ist das etwa schon der tag danach-
Wo alle uhren stillsteh'n
Wo's am horizont zu ende ist
Und alle träume schlafen geh'n
Sind wir zum letzten mal zusammen
Es hat doch grad erst angefangen
Das ist der letzte tag, das ist der letzte tag
Ist das der letzte regen bei dir oben auf'm dach
Ist das der letzte segen und unsere letzte nacht
Hat unser ende angefangen
Egal – wir sind ja noch zusammen
Wenn dieser tag der letzte ist
Bitte sag es mir noch nicht
Und wenn du bleibst dann sterbe ich
noch nicht – noch nicht
... das ist der letzte tag
Tokio Hotel, „der letzte tag"
0
Harry saß in seinem Arbeitszimmer, den Blick nach draußen gerichtet, auf die schneebedeckte Stadtlandschaft Londons, die er nicht wahrnahm.
Ted Neill war vor einer halben Stunde gegangen und eigentlich sollte und wollte er schon längst wieder bei Draco im Schlafzimmer sein, doch er konnte nicht. Sein Körper fühlte sich so schwer an, wie Blei.
Also hatte jemand Draco testen wollen... testen, ob er wirklich zur anderen Seite gewechselt war. Auf Gedeih und Verderb.
Harry schüttelte den Kopf. Ungeheuerlich. Und solche Leute nannten sich die „Guten".
Aber im Prinzip bestätigte das nur, was er bereits wusste. Nämlich, dass sich der Großteil aller Menschen eher in einer Grauzone bewegte, als sich klar Gut und Böse zuordnen zu lassen.
Er schüttelte resigniert den Kopf und endlich gab sein Körper dem Drängen seines ganzen Seins nach und erhob sich.
Als er das Schlafzimmer betrat, saß Draco auf der Fensterbank, eine Decke um sich gewickelt und blickte durch die mit Eisblumen verzierte Scheibe.
Leise trat Harry hinter den Blonden und umarmte ihn sacht.
Trotz seiner Vorsicht zuckte Draco zusammen und wand sich aus seinen Armen.
„Was ist los?", fragte Harry besorgt.
Draco schüttelte wortlos den Kopf und zog sich auf das Bett zurück, ohne Harry dabei einmal ins Gesicht zu sehen.
Was sollte das denn jetzt? Dachte Draco etwa tatsächlich, dass er, Harry, sich mit einem Kopfschütteln begnügen würde?
Was ging nur wieder in ihm vor?
Harry runzelte nachdenklich die Stirn und folgte Draco zum Bett, auf welchem der sich bereits zusammengerollt hatte und den Müden mimte.
„Draco...", flüsterte Harry und streichelte die sich unter der Bettdecke abzeichnende Schulter des anderen.
„Es ist nichts!", kam die Antwort gedämpft durch Stoff und Daunen.
„Das glaubst du doch selbst nicht..."
Jetzt kam Bewegung in das Häufchen Mensch vor Harry und zwar aufs Heftigste.
Draco setzte sich ruckartig auf und schrie Harry an:
„Lass mich einfach in Ruhe!"
Harry sah ruhig in die sturmgrauen Augen, in denen es verräterisch glitzerte, dann auf die sich schnell hebende und senkende Brust Dracos.
Schließlich sah er ihn wieder direkt an. „Das kann ich nicht mehr."
Irgendetwas schien in Draco zu zerbrechen. Er sank scheinbar haltlos gegen Harrys Oberkörper.
„Schon gut... ich, ich kann mir vorstellen, dass das hart ist...", murmelte Harry und kam sich unglaublich blöd dabei vor, während er vorsichtig über Dracos Schultern und Rücken strich.
„Warum, Harry? Was habe ich getan...?"
Harry drückte Draco an den Schultern ein wenig von sich weg und sah ihn ernst an.
„Gar nichts. Nicht das geringste. Es ist einfach nur ungerecht."
„Und das soll ich jetzt akzeptieren?"
Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, aber du sollst dir keine Selbstvorwürfe machen. Du kannst nichts dafür."
Harry sah, wie der Blonde hart schluckte und strich ihm über die Wange. „Versuche einfach, zur Ruhe zu kommen...", redete Harry weiter, einfach um nicht schweigen zu müssen.
Draco nickte und ließ sich wieder in Harrys Arme zurücksinken. Er umklammerte ihn förmlich.
„Draco, es ist schon nach elf, denkst du, du könntest mit hinunter in die Küche kommen?", fragte Harry schließlich leise.
Er hörte, wie das Bündel Mensch in seinen Armen ein Seufzen von sich gab, sich dann jedoch straffte und ein „Ja" flüsterte.
Hatte Harry allerdings gedacht, dass Draco sich jetzt von ihm lösen würde und sich allein und selbstständig nach unten bewegen würde, hatte er sich geirrt. Draco hing förmlich an ihm und schien nicht den geringsten Nutzen darin zu sehen ihn loszulassen.
Harry seufzte ebenfalls und trug den Blonden nach unten, wie in letzter Zeit so häufig.
In der Küche angekommen, setzte Harry Draco auf einem der Stühle ab, der Blondschopf dachte aber immer noch nicht daran, ihn loszulassen, sondern hatte seine Arme nun fest um Harry geschlungen, das Gesicht an seinem Hals vergraben. Harry spürte seine Lippen auf seiner Haut und erschauderte leicht.
„Draco...", murmelte Harry beunruhigt.
Jetzt endlich löste sich Draco langsam von Harry.
„Tut mir leid... ich...", er verstummte.
Harry strich ihm durch die Haare. „Schon gut." Er sah seinem Gegenüber noch einen Moment lang prüfend in die Augen. „Alles okay?", fragte er.
Draco lachte freudlos. „So okay wie möglich denke ich."
Harry nickte, gab Draco einen kurzen Kuss auf die Wange und erhob sich dann.
Eine dreiviertel Stunde später stand der Truthahn auf dem Tisch. Harry hatte der Einfachheit halber gleich in der Küche gedeckt.
Schließlich setzte er sich und hob sein Weinglas.
„Frohe Weihnachten, Draco."
Zum dritten Mal in sehr kurzer Zeit trafen sich ihre Gläser mit einem feinen Pling.
„Frohe Weihnachten", murmelte Draco.
0
Wo würde all das hinführen, fragte sich Harry. Es war später Nachmittag und sie lagen im Bett, Draco schlief noch fest, der Anfall am Vormittag hatte ihn geschwächt. Harrys Kopf ruhte auf seiner Brust, er lauschte dem Herzschlag des Blonden.
Er weigerte sich immer noch standhaft, über seine Gefühle zu Draco nachzudenken und erst recht, sich zu fragen, warum er Draco küsste – und warum der sich nicht wehrte.
Irgendwann würde er sicher darüber nachdenken müssen, aber doch nicht jetzt... oder?
Was wäre, wenn später gar keine Notwendigkeit mehr bestehen würde, sich all diese Fragen zu stellen? Wenn Draco... es nicht schaffen würde?
Harry richtete sich ein Stück auf uns stützte den Kopf auf seine Hand, sodass er Dracos Gesicht betrachten konnte.
Falls es so etwas wie Götter gab, wie könnten sie zu lassen, dass dieser junge Mann starb?
Er hatte genug gelitten, sollte er jetzt nicht glücklich sein dürfen?
Harry war sich zwar nicht im Klaren darüber, was genau er für Draco fühlte, aber er spürte den beständig stechenden Schmerz in der Nähe seines Herzens, wenn er daran dachte, dass der hübsche Blondschopf sterben könnte. Ein Schmerz, der ihm die Tränen in die Augen trieb.
Konnte es denn tatsächlich sein, dass er sich in dem Monat, in dem Draco jetzt bei ihm wohnte, in ihn verliebt hatte?
Harry schüttelte unwillig den Kopf. Er wollte nicht darüber nachdenken!
Er strich Draco eine Haarsträhne aus der Stirn und fuhr mit den Fingerspitzen die Linien seines Gesichts nach.
Draco regte sich neben ihm etwas, dann schlug er die Augen auf und lächelte Harry an.
Harry beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn lange, ihre Zungenspitzen berührten einander zaghaft.
Als sich voneinander lösten, ließ Harry seinen Kopf wieder auf Dracos Brust sinken, verharrte dort, als wolle er sein Herz schützen.
Dracos Hände strichen durch sein Haar, Harry seufzte.
„Sag mal, warum feierst du eigentlich nicht mit Ron und Hermine Weihnachten?", fragte Draco in die Stille hinein.
Harry drehte sich ein Stück, legte die Hände auf Dracos Oberkörper ab und stützte sein Kinn darauf.
„Sollte ich denn?", entgegnete er, eine gewisse Frostigkeit in der Stimme.
„Na ja, ich dachte, sie wären deine besten Freunde..."
„Sind sie auch." Harry seufzte und sah an Draco vorbei. „Allerdings haben wir uns ein wenig... auseinandergelebt. Soll ja vorkommen."
Draco hob seine Hand und zwang Harry sanft dazu, ihn anzusehen. „Sei wenigstens ehrlich, du bist im Prinzip nicht viel weniger einsam als ich, hab ich recht?"
„Warum sollte ich einsam sein? Es gibt immer noch Tonks und Remus, mit denen ich befreundet bin, und Seamus, Angelina, ein paar andere Auroren."
„Deren Namen dir nicht einmal einfallen?", entgegnete Draco ironisch. „Muss ja eine tiefe Freundschaft sein."
„Was soll das, Draco? Warum mischt du dich in mein Leben ein?", fragte Harry scharf.
Draco lachte trocken. „Weil du dich in meines eingemischt hast und es völlig auf den Kopf gestellt hast!"
Harry zuckte getroffen zusammen und wollte den Blick abwenden, Dracos Hand hinderte ihn allerdings daran.
„Ich bin jetzt einen Monat lang hier und du hast in dieser Zeit kaum einmal Besuch bekommen, hast kaum wirklich gelacht 1, die Weihnachtskarten, die dir geschickt worden sind, sind ja alle ganz nett, aber wirkliche Verbundenheit spricht aus keiner einzigen...", Draco verstummte und sah Harry lange an.
Der seufzte. „Ja, du hast recht, ich bin einsam. Und? Es geht mir gut damit! Insbesondere weil ich eh niemandem, der sich in meiner Nähe aufhält, garantieren könnte, dass er nicht morgen tot ist!", antwortete Harry heftig.
Dracos Daumen strich sacht über seine Wange.
„Denkst du, ich genüge dir, um dich nicht mehr einsam zu fühlen?"
„Greifst du nach dem letzten Strohhalm, der dir noch bleibt, um noch einmal menschliche Nähe zu spüren?" Harry konnte regelrecht sehen, wie seine Worte trafen. Im selben Moment taten sie ihm leid... er wollte Draco doch nicht verletzen. Aber warum versuchte der Blonde ihren Gefühlen auf den Grund zu gehen?
„Nein, ich greife nicht nach dem letzten Strohhalm, Harry. Das hätte ich nicht gebraucht. In mir war nichts mehr, das nach einem Strohhalm hätte greifen können. Es liegt ganz allein an dir, vielleicht solltest du das einsehen", antwortete Draco beherrscht.
Harry atmete zittrig ein. „Ich weiß. Entschuldige bitte..."
„Küss mich!", forderte der Blonde mit einem kleinen Lächeln.
0
Die letzten Tage im alten Jahr verliefen erschreckend harmonisch. Ehe sich Harry und Draco versahen, hing am Kalender in der Küche nur noch ein einziges Blatt, auf dem 31. Dezember stand.
Den Silvesterabend verbrachten die beiden im Wohnzimmer, Harrys Kopf lag in Dracos Schoß, der Muggelfernseher zeigte irgendeine Countdownshow mit klassischer Musik, wegen der Harry diesen Sender gewählt hatte.
Die beiden jungen Männer achteten allerdings kaum auf das Programm sondern genossen die Nähe des jeweils anderen, sich immer dessen bewusst, wie schnell sie enden konnte, auch wenn zumindest Harry das nie laut aussprach, sondern vehement leugnete.
Sie hatten viel geredet in der letzten Zeit und Harry hatte das seltsame Gefühl, dass er außer Ron und Hermine noch keinen Menschen so gut gekannt hatte, wie Draco. Selbst seine beiden besten Freunde hatte er inzwischen seit zwei Jahren nicht mehr gesehen... von gut kennen konnte also wohl auch nicht mehr die Rede sein. Draco jedoch hatte ihn in sein Innerstes sehen lassen. Und er hatte hingesehen. Sich nicht abgewandt, wie all die ungezählten Male zuvor, als jemand seine Nähe gesucht hatte. Er hatte, wenn er ehrlich war, nicht mal eine Wahl gehabt. Er hatte einfach hinsehen müssen.
Seufzend schloss Harry die Augen, rollte sich in Dracos Schoss auf die Seite und umfing die Körpermitte des Blonden mit seinen Armen.
„Hm?", machte Draco fragend und hielt in seinem ausdauernden Kraulen von Harrys Nacken inne.
„Nichts, alles okay. Ich hab nur nachgedacht", murmelte Harry. Er seufzte nochmals, wohliger diesmal. „Ich könnte ewig so liegen bleiben..."
Draco lächelte still.
Das magisch weitergeleitete Schellen der Türklingel drängte sich ungebeten in die ruhige Szene.
Harry sah bedauernd nach oben. „Kaum dass man's mal erwähnt... ich geh schnell, ja?"
Draco nickte und zog Harry noch zu einem intensiven Kuss an sich, als der sich erhob.
Ein paar Minuten später öffnete Harry die Tür des Black-Hauses.
„Guten Abend, Mr Potter!", rief eine ihm bekannte Stimme.
„Meredith? Sie hier?", fragte er ungläubig.
„Ja, ich muss mit Ihnen und Mr Malfoy reden", erklärte sie und schüttelte ihm fröhlich die Hand. „Ich hoffe, sie feiern schön!"
„Äh, danke, kommen Sie rein", forderte Harry sie auf.
Meredith folgte seiner Aufforderung und betrat die Eingangshalle.
„Was für eine Hiobsbotschaft bringen Sie uns denn?", fragte Harry mit einem etwas schiefen Lächeln, während er die magischen Siegel der Tür wieder verschloss.
„Keine Hiobsbotschaft, Harry. Ich habe die Aufgabe Ihnen mitzuteilen, dass wir kurz davor stehen, ein Heilmittel für Mr Malfoy zu finden", entgegnete Meredith. „Allerdings ist das Ganze noch nicht ausgereift und es wird eine Weile dauern, bis er es tatsächlich einnehmen kann."
Harry nickte betäubt. Also gab es doch Hoffnung!
Ehe seine Gedanken auf Wanderschaft gehen konnten, besann er sich und bot Meredith etwas zu trinken an.
„Nein, danke. Ich muss wieder los. Immerhin ist Silvester und ich will Sie nicht weiter stören." Sie lächelte.
Harry begleitete sie nach draußen.
„Viel Glück weiterhin, Harry", verabschiedete sie sich und drückte seine Hände.
„Danke."
Als Harry wieder ins Wohnzimmer trat, sah Draco fragend auf.
„Wer war's denn?"
„Meredith Orwell, die junge Heilerin aus dem St. Mungo", antwortete Harry.
Draco hob eine Augenbraue, doch Harry setzte sich neben ihn und nahm ihn wortlos in die Arme. Erst dann fuhr er leiser fort.
„Sie sagte, es gäbe bald ein Heilmittel für dich..."
„Harry...", murmelte Draco leise. Der gequälte Ton in seiner Stimme ließ Harry ihn prüfend ansehen.
Draco wand sich ein Stück aus Harrys Armen, umfasste sein Gesicht und lehnte seine Stirn gegen die des anderen.
„Ich... ich hab es dir die ganze Zeit nicht sagen wollen... aber...", er verstummte, Harry sah seine Augen glänzen. Draco schloss sie und rang sichtbar um Beherrschung.
„Was?", hakte Harry behutsam nach und strich dem Blondschopf über die Wange.
„Es wird... kein Heilmittel geben. Nichts kommt gegen den Fluch an. Ich... weiß seit einiger Zeit zumindest beinahe... was für ein Fluch es war... und bei Merlin, ich weiß mehr als genau was er bewirkt!"
Harry schwieg. Er fühlte sich wie gleichzeitig elektrisiert und schockgefroren. Sein Verstand weigerte sich, dem Ganzen zu folgen und so blieb Harry nur, auf weitere Worte Dracos zu warten.
„Es war... eine Art Lebenszeitverkürzungs-Fluch. Allerdings hat sie ihn irgendwie verändert... sodass körperliche Beschwerden auftreten, die Anfälle eben. Die Anfälle können wir zwar bekämpfen, ich nehme an meine Tante hatte vor, mich durch diese Veränderung des Fluches schlicht schneller umzubringen. Für diese Art von Flüchen an sich gibt es aber kein Gegenmittel", endete Draco. Innerlich kraftlos sank sein Kopf auf Harrys Schulter.
Harry drückte Draco wortlos an sich.
„Bist du dir hundertprozentig sicher?", fragte er, einem letzten Rest von Hoffnung nachgehend.
Draco nickte.
Inzwischen war draußen das neue Jahr angebrochen, völlig unbemerkt von ihnen, erst der Lärm der Silvesterraketen machte sie darauf aufmerksam.
Der Wunsch eines schönen neuen Jahres für den jeweils anderen blieb ihnen im Halse stecken.
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„Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, ihn zu retten!"
Harry tobte, Tonks war bei ihm in der Küche und hörte ihm ruhig zu.
Sie war, gelinde gesagt, überrascht, dass Harry so schnell so kämpferisch geworden war. Er hatte ihr vor drei Tagen alles erzählt, da noch einigermaßen verzweifelt. Das konnte man wohl als interessantes neues Jahr bezeichnen und dabei zählte dasselbe noch nicht einmal zwei Wochen.
„Was hältst du davon, Bellatrix zu befragen?", meinte Tonks nachdenklich.
Harry sah auf. „Moment mal. Willst du damit sagen, dass das bisher noch niemand getan hat?"
„Nein, sie wurde natürlich befragt", entgegnete Tonks. „Aber nicht in Hinsicht auf Dracos Verfluchung. Die Befragung wurde von der Aurorenzentrale durchgeführt. Dracos Schicksal wurde nicht berührt", erklärte sie.
„WAS?" Harry starrte sie entgeistert an. Aber es ergab durchaus Sinn. Hätte man Bellatrix auch in dieser Hinsicht ausgequetscht, hätte man die Art des Fluches erfahren. Das war aber nicht der Fall gewesen. Die Heiler hatten wahrscheinlich nicht einmal eine leise Ahnung davon, dass diejenige, die den Fluch gesprochen hatte, in den Händen des Ministeriums war.
Verdammt nochmal!
„Gehst du hoch zu Draco? Ich muss etwas erledigen." Harrys Stimme klang gefährlich ruhig.
Tonks warf ihm einen prüfenden Blick zu. „Sei ja vorsichtig Harry!"
Harry nickte grimmig und schnappte sich mit einer flüssigen Bewegung, die Tonks verriet, wie viel unterdrückter Zorn in ihm steckte, seinen Umhang. Merlin habe Mitleid mit den armen Geschöpfen, die jetzt seinen Weg kreuzten...
0
Ted Neill hörte sich ruhig an, was Harry Potter ihm zu sagen hatte.
Dass er schockiert war, ließ er sich bis der junge Mann geendet hatte, nicht anmerken.
Dann erst schloss er einen Moment lang seufzend die Augen und sah seinen Gegenüber an.
„Sie scheinen mit Vorliebe schlechte Nachrichten zu bringen."
„Ich würde lieber gute bringen, glauben Sie mir...", entgegnete Harry freudlos auflachend.
„Was haben Sie jetzt vor?", fragte Neill ernst.
„Ich will Bellatrix Lestrange verhören. Und zwar mit Veritaserum und allein", sagte Harry. Der Zorn in seinen Augen loderte auf.
Neill seufzte. Das hatte er erwartet. Kurz fragte er sich, ob Harrys Hass gegen Bellatrix nur von Sirius Tod her rührte, den sie ja zu verantworten hatte, oder ob da noch etwas anderes im Busch war. Aber das tat hier wenig zur Sache.
„Tut mir Leid, Harry, aber ich kann Ihnen nicht erlauben, sie ganz allein zu vernehmen. Mindestens ein anderer Auror muss dabei sein." Er lächelte. „Aber sie dürfen natürlich gerne wählen."
Harry erwiderte sein Lächeln grimmig.
„Dankeschön!"
Neill musste ein amüsiertes Grinsen unterdrücken. Die eigentliche liebenswürdige Bedeutung des Wortes stand in krassem Gegensatz zu dem Ton, in dem Harry es gesprochen hatte.
Himmel, der Junge schien wirklich sauer zu sein...
„Wissen Sie schon, wen Sie nehmen?", fragte Neill neugierig.
„Da Tonks leider verhindert ist, dachte ich an Seamus", antwortete Harry.
Neill atmete in Gedanken auf. Ihm wäre verdammt unwohl dabei gewesen, Harry mit Tonks zu Bellatrix gehen zu lassen. Immerhin war Sirius deren Cousin gewesen.
„Nun gut, dann hoffen wir, dass sie etwas hilfreiches erfahren."
Harry nickte, reichte seinem Chef die Hand und verließ dann dessen Büro.
Seamus war schnell gefunden, er hob zwar ungläubig die Augenbrauen, als Harry ihm berichtete, wofür er seine Hilfe brauchte, erklärte sich aber dazu bereit, ihn zu begleiten und Protokoll bei der Verhörung zu führen.
Er lief hinter Harry her in die unteren Stockwerke des Ministeriums, wo Bellatrix immer noch in einer der neu entstandenen Hochsicherheitszellen gefangen gehalten wurde.
Fasziniert beobachtete er währenddessen, wie sich der Strom der Zauberer, die ihnen entgegenkamen, vor Harry teilte. Er verstand nur zu gut, warum.
Der schwarzhaarige ehemalige Gryffindor schien ernstlich wütend zu sein und das spiegelte sich nur schlecht versteckt auf seinem Gesicht und in seiner gesamten Erscheinung wieder. Selbst seine Bewegungen verrieten seinen Zorn.
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Bellatrix hatten die vergangenen Wochen in ihrer Zelle nicht gut getan. Sie vermutete stark, dass sie furchtbar aussah, nachprüfen konnte sie das nicht, denn an einen Spiegel war hier nicht heranzukommen. Sie hätte sich ja mit einer Scherbe umbringen können.
Pah, als ob sie dafür eine Spiegelscherbe bräuchte!
Das Geräusch eines Schlüssels im Schloss ihrer Zellentür weckte sie aus ihrer stumpfsinnigen Grübelei.
Wer das wohl sein mochte? Vielleicht...
Weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht, denn der Anblick ihres Besuchers, der nun ihre Zelle betrat, ließ ihr den Atem stocken.
Harry Potter.
Sie fing sich recht schnell wieder.
„Potter... bist du hier, um dich an meinem Elend zu weiden?"
Der Schwarzhaarige sah sie kalt an. „Du schließt von dir auf andere, Bellatrix. Ich bin hier um dich zu verhören." Er lächelte eisig. „Steh auf!"
Bellatrix erhob sich langsam.
Harry hob den Zauberstab und fesselte ihre Hände.
Bellatrix hob die Augenbrauen. „Hast du Angst, ich könnte dir mit bloßen Händen die Kehle umdrehen?"
„Man kann nie wissen und sicher ist sicher. Das habe ich zumindest gelernt", entgegnete Harry süffisant.
Er wies Bellatrix mit einer Handbewegung an, ihre Zelle zu verlassen. Bellatrix folgte der Aufforderung.
Im Gang war sie dann doch einigermaßen überrascht, einen zweiten Auror zu sehen.
„Hat man vermutet, ich würde aus diesem Verhör nicht mehr lebend herauskommen, dass du ein Wachhündchen zugeteilt bekommen hast, Potter?"
„Spar dir deinen Spott. Ich habe Seamus selbst ausgesucht, er wird unser Verhör protokollieren. Außerdem lege ich keinen Wert darauf, dich tot zu sehen." Noch nicht, fügte er in Gedanken hinzu.
Sie folgten eine Weile dem Gang, bis sie zu einem größeren Raum kamen, der gerne für Verhöre im kleineren Kreis benutzt wurde.
Wortlos ließ Harry Bellatrix auf dem Stuhl in der Mitte platz nehmen, er selbst setzte sich mit Seamus ein gutes Stück entfernt ihr gegenüber.
Seamus holte eine Phiole hervor, zauberte aus dem Nichts einen Becher mit Wasser herbei und schüttete den klaren Inhalt des Fläschchens hinein. Mit aufforderndem Blick reichte er es Bellatrix.
Die sah angewidert einen Moment lang in das Glas, dann setzte sie es an die Lippen und trank.
„Welchen Fluch hast du Draco auf den Hals gehetzt?", fragte Harry nach einem Moment des Schweigens scharf.
„Einen Lebenszeitverkürzungs-Fluch. Aber das dürfte er bereits wissen. Dumm ist er ja nicht...", antwortete Bellatrix böse lächelnd.
Also hatte Draco richtig vermutet.
Harry riss sich zusammen. Am liebsten hätte er diese Frau...
„Warum?", fragte er.
„Hm." Bellatrix legte den Kopf schief. „Ich weiß nicht genau, es gibt viele Gründe. Er hat uns verraten, er hat seine Eltern verraten... Der dunkle Lord wollte, dass er stirbt. Wie war ihm egal."
Harry atmete tief durch. Jetzt kam die wichtigste Frage.
Er schloss einen Sekundenbruchteil die Augen, dann hörte er Seamus erschrocken aufschreien. Er öffnete die Augen und sah noch, wie Bellatrix irgendetwas schluckte.
Wie versteinert nahm Harry das Weiß ihrer nach oben verdrehten Augäpfel wahr, sah, wie sie vom Stuhl sackte.
„Sie hat irgendetwas genommen!", stellte Seamus entsetzt fest.
Harry nickte mit unbewegtem Gesicht. Er erhob sich, kniete neben der Todesserin nieder und fühlte nach ihrem Puls, doch er fand nichts.
„Tot", stellte er fest. Was nun? Was bedeutete das für ihn? Hatte Bellatrix etwas gewusst, was sie ihm unter keinen Umständen verraten wollte? Das wäre die logische Schlussfolgerung. Dann gab es möglicherweise ein Heilmittel? Aber er hatte die Frage nicht gestellt, vielleicht hatte Bellatrix eine andere vermutet? Aber welche? Es war doch glasklar gewesen, welches seine Frage sein würde...
Verdammt!
„Schreib alles auf, gib den Bericht Ted Neill und lass ihre Leiche wegbringen", instruierte Harry Seamus.
„Was ist mit dir?", fragte der besorgt.
Harry fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Ich muss nach Hause."
Seamus sah seinem ehemaligen Hauskameraden nach, als der den Raum verließ. Er verstand das alles nicht. Warum hatte Harry ausgerechnet nach Malfoy gefragt?
Kopfschüttelnd alarmierte er ein paar Ministeriumsmitarbeiter, die Bellatrix' Leichnam entsorgten und machte sich auf den Weg zu Neill.
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Harry stürzte ein Glas Feuerwhiskey hinunter.
Mit einem lauten Knallen landete das Glas wieder auf den Küchentisch und der Schwarzhaarige stützte sich mit beiden Händen am Tisch ab.
„Alkohol hilft nicht Harry. Akzeptier' es einfach", ermahnte ihn eine sanfte Stimme von hinten.
Sekundenbruchteile später spürte er einen anderen warmen Körper an seinem Rücken.
Er fuhr herum.
„Ich kann nicht! Ich kann einfach nicht! Sie... sie hat sich umgebracht, es muss irgendetwas geben!"
Draco seufzte. „Wahrscheinlich wollte sie nur ihren Abgang in Szene setzten... Ich bin mir sicher, dass es kein Gegenmittel gibt. Bellatrix hat meine Vermutung bestätigt, es war ein Lebenszeitverkürzungs-Fluch."
Harry schloss die Augen. „Das glaub ich einfach nicht...!", murmelte er.
Draco trat wieder zu ihm und nahm ihn wortlos in die Arme.
Schließlich seufzte Harry, wand sich ein Stück aus Dracos Armen und umschlang seinerseits den Körper des Blonden.
„Das alles ist so verdammt unfair", flüsterte er.
Draco nickte nur.
Dann sah er auf. „Kommst du mit hoch?"
Harry schluckte, als er das Flehen in den Augen des anderen sah. Aber warum hatte Draco nur aufgegeben?
Diese Frage wirbelte noch in seinem Kopf herum, als er mit Draco an seiner Seite, dessen Kopf sich in seine Halsbeuge gekuschelt hatte, im Bett lag.
Er lauschte stumm den regelmäßigen tiefen Atemzügen Dracos und starrte ins Leere.
„Weißt du, Harry, ich habe mich damit abgefunden, sterben zu müssen", sagte Draco unvermittelt. Er richtete sich ein Stück auf und stützte seinen Kopf auf den linken Arm um Harry in die Augen sehen zu können.
„Es war nicht leicht... du hast es mir nicht leicht gemacht." Draco verstummte und lächelte Harry an, der verlegen wegsah.
Draco brachte ihn mit der freien Hand dazu, ihn wieder anzusehen und küsste ihn auf die Lippen.
Eine federleichte Berührung, die Harrys Inneres zusammenkrampfen ließ.
Als sie sich voneinander lösten, schwieg Draco noch ein paar Herzschläge lang, dann fuhr er fort:
„Aber ich bin jetzt glücklich. Und – ", er stockte, seine Augen glitzerten verräterisch. „Du wirst doch da sein... wenn..."
Harry ersparte Draco weitere Worte, sondern zog ihn an sich. „Natürlich bin ich da." Behutsam küsste er die Tränen von Dracos Augenwinkeln.
In gewisser Weise verstand Harry, wie Draco fühlte. Er sah keinen Ausweg mehr und wollte schlicht wenigstens in der Zeit, die ihm noch blieb glücklich sein.
Aber er würde nicht aufgeben. Er würde Draco nicht so einfach aufgeben. Es musste eine Lösung geben, es gab immer irgendeine! Wieso konnte er selbst alles mögliche überleben, worüber die Leute nur ungläubig den Kopf schüttelten und Draco musste sterben?
Er würde einen Ausweg finden, das schwor er sich.
Draco war sich schmerzhaft dessen bewusst, was in Harry vorging. Aber er hatte getan, was er konnte, um dem Schwarzhaarigen klar zu machen, dass es keinen guten Ausgang geben würde.
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Die nächsten Tage zehrten sowohl an Harrys als auch an Dracos Kräften.
Harry war tagsüber kaum zu Hause, während Draco mit Tonks' Gesellschaft vorlieb nehmen musste. Die beiden verstanden sich inzwischen jedoch recht gut. Auch wenn Draco immer noch Schwierigkeiten mit ihren bonbonpinken Haaren hatte... Trotzdem vermisste er Harry schmerzhaft. Auch körperlich fühlte Draco sich immer schwächer, die Anfälle gewannen stetig an Kraft.
Harry hatte sich jedoch in den Kopf gesetzt, den Heilern im St. Mungo bei Dracos Heiltrank zu helfen, wo er nur konnte. Als erstes teilte er ihnen mit, was für ein Fluch den Blonden da überhaupt getroffen hatte. Damit erzählte er den Heilern allerdings nichts Neues mehr, auf die Art des Fluches waren sie während ihrer Tests gestoßen.
So erstreckte sich Harrys Hilfe darauf, dass er seltene Trankzutaten und ähnliches besorgte, manches davon an der Grenze des Legalen und manches tatsächlich illegal.
Harry focht seinen Kampf mit der Kraft eines Verzweifelten aus, aber selbst Tonks, die ihm das auf den Kopf zu sagte, konnte ihn nicht zur Besinnung bringen.
Ja, Harry wusste, dass es wirklich nur noch sehr wenig Hoffnung gab. Die Heiler kamen langsam aber sicher mit ihrem Latein zum Ende. Doch er konnte nicht einfach im Grimmauldplatz sitzen und darauf warten, dass Draco...
Allein die Vorstellung trieb ihn an den Rand des Wahnsinns.
Am späten Nachmittag des sechsten Tages kam Draco mit vom Duschen noch feuchten Haaren aus dem Bad ins Schlafzimmer und fand Harry dort lesend vor.
„Hallo", murmelte der Blondschopf einsilbig und kuschelte sich unter die Decke, so weit von Harry entfernt wie möglich.
Der seufzte und schlug sein Buch zu, es landete unsanft auf dem Boden neben dem Bett.
Erst jetzt bemerkte Harry das zusammengerollte Bündel Mensch neben sich.
„Hey, Draco... alles okay?", fragte er, Besorgnis sprach aus seiner Stimme.
„Lass mich zufrieden!", erklang die eisige Antwort.
Harry krabbelte über Dracos Körper hinweg, auf die Seite, auf der er sein Gesicht vermutete.
Prompt versteckte sich der andere noch tiefer unter der Decke.
Harry grummelte. War er denn hier im Kindergarten?
Mit sanfter Gewalt entwand er Draco die Decke.
Im nächsten Moment sah er sich in ein verbittertes Tauziehen verwickelt, bei dem Draco aber deutlich im Nachteil war, da er immer noch unter Harry lag.
Schließlich gelang es Harry, die Decke vollständig zu erobern und Dracos Handgelenke festzuhalten.
Der keuchende junge Mann unter ihm sah trotzig zur Seite.
„Was ist los mit dir, Draco?", fragte Harry, jetzt eindeutig schärfer als zuvor.
„Was soll schon sein? Würdest du mich bitte loslassen?", entgegnete Draco kalt.
Harry ließ ihn daraufhin tatsächlich los, setzte sich aber demonstrativ auf seinen Schoß.
Draco richtete sich auf und blitzte Harry wütend an.
„Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen, so wie sonst auch den ganzen Tag über?", schrie Draco und versuchte, sich unter Harry hervor zu winden.
„Entschuldige", murmelte Harry leise und sah zur Seite. „Aber ich kann nicht einfach untätig auf das Ende warten..."
Dracos Zorn war noch nicht verraucht. „Musst du ja auch nicht! Du könntest einfach hier bleiben und da sein. Aber das fordert dich wohl nicht genug." Ich reiche dir nicht, hätte Draco beinahe hinterhergesetzt, doch der Gedanke schmerzte zu sehr um ihn laut auszusprechen.
Doch Harry begriff auch so. Er nahm Draco wortlos in die Arme und rollte sich ein Stück zur Seite, sodass sie nebeneinander zum Liegen kamen.
„Es tut mir leid, Draco. Ich wäre gerne hier geblieben... ich mache mir permanent Sorgen, wenn ich nicht hier bin...", murmelte Harry und strich durch das feuchte Haar Dracos.
„Dann bleib hier."
Harry schluckte, dann nickte er. „Gut."
Draco seufzte leise, dann befreite er sich ein Stück aus Harrys Armen, sodass er ihn küssen konnte.
Ihre Lippen berührten sich sanft, so unendlich sanft und doch spürten sie beide die verzweifelte Sehnsucht dahinter.
Allein die Ahnung dieser Empfindungen entlockte Harry ein Keuchen.
„Draco..."
Der Blondschopf umfasste sein Gesicht mit den Händen und küsste ihn wieder.
„Sei ruhig", knurrte er beinahe unfreundlich.
„Aber – "
„Nix Aber!", zitierte Draco Harry mit einem leisen Lachen. 2 „Küss mich einfach."
Doch Draco wartete nicht darauf, dass Harry seiner Aufforderung tatsächlich nachkam, sondern handelte selbst.
Harry grummelte noch ein wenig in den Kuss hinein, dann aber gab er sich den Empfindungen hin, die ihn durchströmten.
Er dachte nicht darüber nach, was genau sie hier eigentlich taten, das hatte er die ganze Zeit über nicht. Es fühlte sich richtig an und das war alles, was jetzt noch zählte.
Wie ausgehungert küssten sie sich immer wieder, Zungen fuhren über rot geküsste Lippen, erkundeten, schmeckten inzwischen vertraute Fremde, umkreisten einander.
Die Stille im Raum wurde gelegentlich von Seufzern oder Keuchen durchbrochen, wenn sie sich für einen Moment atemlos voneinander lösten, nur um das Spiel ihrer Lippen und Zungen erneut zu beginnen.
Hände gingen auf Wanderschaft, zeichneten die Formen ihrer nackten Körper nach, nachdem sie diese von allen störenden Hüllen befreit hatten. Schließlich beteiligten sich auch Zungen und Lippen an diesen lustvollen Neckereien.
„Warte mal!", keuchte Harry plötzlich und drückte Draco an den Schultern auf die Matratze.
„Hm?", machte Draco überrascht.
„Was ist, wenn du einen Anfall bekommst?"
Draco seufzte leise. „Wenn, dann kommt der sowieso. Egal, was wir tun. Die Anfälle sind nicht beeinflussbar." Er sah Harry fest in die Augen.
Harry beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn sanft.
„Ich mache mir Sorgen um dich..."
„Weiß ich", flüsterte Draco. Dann sorgte er dafür, dass Harry seine Sorgen vergaß.
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Draco saß auf dem Fensterbrett und beobachtete, wie über dem Häusermeer Londons die Sonne aufging.
Er wusste, dass es riskant war, so weit weg von Harry zu sein, insbesondere da dieser noch schlief. Harry... gerade eben hatte er ihn doch aus seinen Gedanken verbannt. Draco huschte ein Rotschimmer übers Gesicht. Sie hatten tatsächlich miteinander geschlafen. Er schüttelte den Kopf und seufzte. Eigentlich hätte er glücklich sein sollen und bis zu einem gewissen Grad war er das auch, aber ein Tropfen Bitterkeit mischte sich zwangsläufig unter sein Glück. Wehmütig dachte er daran, dass er sich tatsächlich noch nie einem Menschen so nah gefühlt hatte, wie Harry. Sein Blick glitt automatisch vom Fenster zu der schlafenden schwarzhaarigen Gestalt auf dem Bett.
Er hatte in den letzten Tagen genug Zeit gehabt, sich all die sinnlosen Fragen zu stellen, die in einer solchen Situation wie der seinen wohl automatisch aufkamen. Warum hatten sie nicht eher zueinander gefunden? Gab es wirklich keine Zukunft? Warum ausgerechnet er?
Doch es gab keine Antworten. Nur Tränen, die Draco unaufhaltsam schon wieder in die Augen stiegen. Er blinzelte sie trotzig weg.
Nachdenklich griff er nach der Querflöte, die neben ihm lag. Beinahe zärtlich fuhr er mit der Hand über das glänzende Metall.
Dann setzte er die Flöte an die Lippen und spielte leise ein paar Töne. Sie kamen ihm träge und schwer vor, wie ein Totenlied. Er sollte wirklich etwas Fröhlicheres spielen. Doch dazu fühlte er sich einfach nicht in der Lage. Nochmals seufzend legte er die Flöte wieder beiseite und kehrte ins Bett zurück.
Er schlüpfte unter die Decke und schmiegte sich an Harrys bettwarmen Körper.
Die Augenlieder des Schwarzhaarigen zuckten ein paar Mal, dann wachte er auf und lächelte Draco an.
„Gutem Morgen", murmelte Harry verschlafen.
Draco strich ihm lächelnd eine Haarsträhne aus der Stirn.
Die nächsten Augenblicke schienen viel schneller zu vergehen als normalerweise.
Draco fühlte seinen Pulsschlag überdeutlich in die Tiefe sacken. Seine Brust schmerzte. Ein wahres Feuerwerk aus Lichtern explodierte vor seinen Augen, dann wurde alles Schwarz. Er atmete hektisch und flach. Jetzt dehnten sich die Sekunden zu Minuten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er wieder etwas sah und sein Herz regelmäßiger schlug. Aber nicht regelmäßig genug, das spürte er überdeutlich genau.
Harry beugte sich über ihn und streichelte seine Wange.
„Draco?", fragte er besorgt.
„Geht schon", presste Draco hervor. Himmel, langsam musste der Anfall doch wieder abflauen!
Stattdessen bohrte sich der Schmerz wie ein Schwert in seinen Oberkörper und strahlte in seinen gesamten Körper aus. Er krümmte sich stöhnend zusammen.
Er bekam verschwommen mit, wie Harry ihm einen weiteren Löffel des Trankes einflößte.
„Lass gut sein... es wird nicht mehr helfen...", murmelte Draco.
Nein, das würde es wohl wirklich nicht mehr. Er spürte, wie das Leben immer langsamer in seinen Adern pulsierte, wie sich die Abstände zwischen den Schlägen seines Herzens immer mehr dehnten. Und die Augenblicke zu Ewigkeiten wurden.
„Sei still!", sagte Harry. Aus seiner Stimme sprach Panik. „Es wird schon wieder besser!"
Draco schüttelte stumm den Kopf. Harry nahm seinen kraftlosen Körper in die Arme, hielt ihn geborgen.
„Harry, ich liebe dich...", flüsterte Draco an Harrys Brust.
Draco seufzte. Eigentlich hatte er das nie zu jemandem sagen wollen. Warum auch? Er hatte nie vermutet, dass es jemanden geben würde, bei dem er den Wunsch dazu verspürte
Tränen liefen ihm über die Wangen, jetzt endlich völlig ungehindert, nicht mehr länger unterdrückt, da er dazu nicht mehr die Kraft hatte. Sie benetzten Harrys Brust, der nichts weiter tun konnte, als Draco in den Armen zu halten und bei ihm zu sein, ungeachtet dessen, dass es ihm das Herz zerriss.
Schleier zogen vor Dracos Augen auf, ein letztes Mal bohrte sich der Schmerz in seinen Körper.
„Lebe!", sagte er mit letzter Kraft. Dann versagte seine Stimmer endgültig, er klammerte sich noch einen letzten, verzweifelten Atemzug an das Leben und Harry, dann verklang sein Herzschlag und sein Körper sank schlaff in Harrys Armen zusammen.
Harry starrte blicklos auf das Bündel Mensch in seinen Armen. Es regte sich nicht mehr.
Das durfte... konnte nicht sein!
Ein Zittern erfasste seinen Körper und kraftlos sank er, Dracos leblosen Körper immer noch in den Armen zurück auf die Matratze.
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Ein ungutes Gefühl hatte Tonks am frühen Nachmittag dazu veranlasst, bei Harry vorbeizusehen.
Zielstrebig ging sie ins Schlafzimmer und wollte schon beruhigt umdrehen, als sie Harry und Draco eng umschlungen im Bett liegen sah, doch dann stutzte sie.
Harrys Augen standen weit offen. Er blinzelte nicht einmal.
Alarmiert trat sie neben das Bett und wedelte mit der Hand vor Harrys Gesicht herum. Keine Reaktion.
Mit klopfendem Herzen tastete sie nach Dracos Hals und erstarrte als ihre Fingerspitzen eiskalte Haut berührten.
Sie konnte die Tränen, die ihr in die Augen stiegen, nicht zurückhalten, trotzdem suchte sie nach Dracos Puls und setzte sich erschüttert auf die Bettkante, als sie ihn nicht fand.
Ohne nachzudenken, zerrte sie Harry von Draco weg. Energisch schlug sie ihm ein paar Mal die flache Hand ins Gesicht.
Mit Erfolg. Harry blinzelte, dann fokossierte sich sein Blick und er erkannte Tonks.
Die junge Frau nahm Harry schniefend in die Arme.
„Gott, es tut mir so leid", plapperte Tonks. Was hätte sie auch sonst sagen sollen?
Harry ließ sich wortlos von ihr umarmen, sein Körper zitterte wieder heftig.
Nach einer endlosen Viertelstunde hatte er sich soweit beruhigt, dass er nicht mehr zitterte und Tonks rückte ein Stück von ihm ab. Ihr Gesicht war tränenverschmiert.
„Was ist passiert?", fragte sie leise.
„Ich... weiß selbst nicht genau... Er hatte... einen sehr... heftigen Anfall und dann..." Harry verstummte und sah Tonks mit einem Blick an, der diese bis ins Mark traf. Jeglicher Lebensmut schien aus Harry gewichen, er weinte nicht, er schrie nicht... und doch hatte sie noch nie einen Menschen gesehen, der so verzweifelt gewesen war.
Und das, wo er das volle Ausmaß seines Verlustes wahrscheinlich noch nicht einmal zu hundert Prozent begriffen hatte. Tonks überlief ein Schauer bei dem Gedanken daran, was passieren würde, wenn Harry wirklich realisierte.
Dann übernahm ihr praktisches Denken die Oberhand und ließ sie Harry ins Wohnzimmer führen.
Harry sank in einen Sessel und überließ Tonks alles weitere.
Seine Gedanken drehten sich in seinem chaotischen Kaleidoskop. Draco war tot. Tot... weg, fort, unerreichbar für ihn. Aber das ging nicht. Das konnte nicht sein.
Endlich reagierte sein Geist und Tränen liefen über sein Gesicht. Harry saß einfach da und ließ ihnen freien Lauf.
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Harry war sich dessen bewusst, dass er auf alle außer Tonks seltsam wirken musste, wie er da stand, ganz in Schwarz und mit roten geschwollenen Augen, die deutlich verrieten, dass er geweint hatte. Doch es interessierte ihn nicht.
Er hatte nicht vor, irgendwem zu erzählen, was sich zwischen ihm und Draco Malfoy vor dessen tragischen Tod entwickelt hatte.
Vier Tage war es her und in Harry hatte sich eine unheimliche Leere geschlichen.
Er nickte Dumbledore zu, der natürlich an der Beerdigung teilnahm, lief aber das Stück von Hogwarts bis zum Rand des Sees, an dem Draco begraben werden sollte, allein.
Er hatte diesen Platz unter einer großen Trauerweide ausgesucht. Den eigentlich Verantwortlichen hatte das ganz gut in den Kram gepasst und Dumbledore hatte dafür gesorgt, dass es keine Probleme gab.
Viele Trauergäste hatten sich nicht eingefunden, außer Dumbledore standen da Tonks und Remus, Seamus, der Harry immer wieder irritiert musterte, Kingsley, Angelina und Hestia, die ja alle bei dem verheerenden Auftrag dabei gewesen waren, außerdem Ted Neill, dem Harry für sein Kommen sehr dankbar war, und ein paar andere Auroren, die er nicht kannte.
Einer von jenen Unbekannten platzierte sich jetzt neben Draco und hielt eine Rede, die beinahe völlig an Harry vorbei ging. Das wenige, was er aufschnappte, klang in seinen Ohren wie purer Hohn. Wann war Draco den anderen jemals ein gern gesehener Kollege gewesen?
Schließlich spürte er Tonks Hand auf seiner Schulter.
Sie lächelte ihm bemüht fröhlich zu. Es sah furchtbar aus.
Der Redner kam zu Ende und Harry trat vor. Er schluckte kurz und trocken, dann hob er den Zauberstab und setzte Dracos Bahre in Brand.
Der Schwarzhaarige starrte lange auf die Flammen, die um Draco herum leckten und ihn schließlich verzehrten.
„Leb!", hatte Draco geflüstert. Seine letzten Worte. Ja, er würde leben. Zumindest so lange, bis er Voldemort getötet hatte.
Harry konnte mit Fug und Recht behaupten, dass der dunkle Magier ihm alles genommen hatte. Seine Eltern, seinen Paten, den Menschen, den er geliebt hatte und den er immer noch liebte.
Als die Bahre und Dracos Körper darauf zu grauer Asche zerfielen, stand Harry allein vor der Trauerweide.
Blicklos starrte er auf den unansehnlichen Haufen von Dracos Überresten.
Etwas zerbrach bei diesem Anblick in ihm, ließ ihn auf die Knie fallen, ließ ihn verzweifelt nach der Asche greifen, die ihm durch die Finger rann, wie Dracos Leben durch seine Finger geronnen war.
Ein Schrei löste sich aus seiner Kehle. Ein trauriger, lang gezogener Klagelaut.
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Die Morgendämmerung vertreibt die Nacht,
Glocken schlagen, Vögel singen,
aus bösen Träumen ich erwacht,
lieg ich da,
und warte...
Eben noch lachst du mich an,
strahlst noch wie das hellste Licht
Plötzlich Dunkelheit und Kälte,
der Schmerz zerfrisst mich innerlich
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
Langsam erheb ich mich
Versuche nicht an dich zu denken
Mich durch die Arbeit abzulenken
Doch ich seh immer nur dich
Bilder der Erinnerung
Nichts kann mich davor bewahren
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
Schon wieder wird es dunkel,
der Mond strahlt bleiches Licht
Ich hör deine Stimme
Ich spür wie was zerbricht
Die Morgendämmerung vertreibt die Nacht,
Glocken schlagen, Vögel singen
Zarte Knospen brechen auf
Die Dunkelheit wird Licht...
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren
Habe dich verloren
Schandmaul
Ende Kapitel 5
1 Ooookay, manchmal hat er Draco angegrinst, wenn er irgendetwas vor hatte... aber das zählt für unseren Blondschopf grad nicht. Ihm geht's um's Prinzip.
2 Wird sich wahrscheinlich kaum einer mehr dran erinnern, aber ich wusste noch, dass Harry das mal – ziemlich zu Anfang – zu Draco gesagt hat.
3 Da sind einige Auslassungen drin, da der Text im Refrain einen Teil hat, der nicht dazu passt. Hab die Klammern aber gelöscht, sah so zerpflückt aus.
