Hallo, endlich ist es soweit: Hier ist das neue Kapitel. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eine kleine Nachricht hinterlassen würdet, wie es euch gefallen hat. Und: Ich war nicht faul. Die Geschichte ist inzwischen zu einer beachtlichen Länge angewachsen und ich werde mich sehr, sehr beeilen bald das nächste Kapitel ins Netz zu stellen…
6. Snape Manor
Hermine schlief noch, als Molly Weasley Snapes Büro betrat. Er hatte schon auf sie gewartet. Molly sah müde aus, so als habe sie die Nacht nicht geschlafen. Schatten lagen unter ihren Augen und das lockige Haar war wirrer, als sonst.
Er trat ihr zögerlich entgegen und bat sie mit ihm hinüber ins Wohnzimmer zu gehen. Sie hatten sich noch nicht gesetzt, als Molly ihre Stimme hob, um zu sprechen.
„So ist Hermine also bei dir…"
„Sie kam gestern Abend."
„Und wo ist sie jetzt?" Molly setzte sich in einen alten Lehnsessel, der neben dem Sofa stand. Seine grünen Bezüge waren bereits leicht zerschlissen und das Holz der Armlehnen hatte einige Scharten, die Molly mit ihren Fingern nachzuzeichnen begann, während sie sprach.
„Sie schläft noch. Drüben… im Schlafzimmer."
„Im Schlafzimmer? Ich… ich verstehe." Molly sah Snape streng an, während sie dies sprach.
„Nein Molly, du verstehst nicht… sie hat dort alleine geschlafen. Glaubst du etwa ich würde eine derartige Situation einfach so ausnutzen?"
„Ich weiß nicht… ich weiß ja nicht einmal, was genau passiert ist. Hermine kommt gestern Abend und bringt mir die völlig verstörten Kinder, heult dabei fruchtbar. Dann verschwindet sie wieder. Irgendwann die Nacht taucht dann mein lieber Sohn vollkommen betrunken vor unserer Haustür auf und brüllt rum er müsse mit Hermine sprechen und er habe alles nicht so gemeint… und dann erfahre ich heute morgen durch deine Eule, dass Hermine hier ist… Was soll ich denn bitte davon halten."
Snape wandte den Blick ab. Er konnte es Molly kaum verübeln, dass sie ihn verdächtigte etwas mit dem Streit zwischen Hermine und Ron zu tun zu haben. Nach all dem… Molly wusste, was er für Hermine empfand. Sie war sehr sensibel für solche Dinge auch wenn sie es nie offen ansprach. Sie war eine warmherzige Frau und trotz aller Differenzen, die sie miteinander gehabt hatten, konnte Snape nicht leugnen, dass er eine gewisse Sympathie für sie empfand.
„Du kannst es ja nicht wissen", sagte er leise.
„Was? Die Kinder haben ganz verrückt geredet. Brianna hat irgendwann geweint und gemeint: Daddy sagt Brianna böse und Godric. Und noch mehr solche Dinge, die ich nicht ganz verstanden habe."
„Davon weiß ich nichts Molly. Aber scheinbar müssen sich Hermine und Ron furchtbar gestritten haben. Er… Molly… er hat Hermine geschlagen."
Molly stand ruckartig von ihrem Platz auf. „Was redest du da, Severus. Wer hat wen geschlagen? Du meinst doch nicht etwa…?"
Snape trat zu Molly heran und drückte sie mit einer sachten Geste wieder in den Stuhl hinab. „Setz dich bitte… Ron… Ron hat Hermine geschlagen und das ziemlich… ziemlich hart. Als sie hier ankam, hat sie furchtbar geweint. Ihre Wange war ganz geschwollen und blau… und am Kopf hatte sie eine Platzwunde… der Kamin sagt sei… sie sei dagegen gestürzt. Madam Pomfrey war gestern ziemlich lange bei ihr… Molly… ich hab Hermine nicht mehr so gesehen seit… seit dem Tag, als ich sie bei Lucius fand…"
Molly hatte geschwiegen solange Snape sprach, dann schüttelte sie immer wieder den Kopf. „Ron?... Ich… mein Sohn? Ich versteh das alles nicht… Sie waren doch so glücklich… ich meine: Was ist denn nur passiert?" Molly blickte zu Snape auf und er sah, dass einige Tränen in ihren Augen glänzten.
„Ich begreife es doch auch nicht."
„Und wie soll es jetzt weiter gehen?"
„Ich habe Hermine angeboten vorerst auf Snape Manor zu wohnen. Ich werde dafür sorgen, dass Personal da ist, außer Hauselfen… dort kann sie sich erst einmal von dem Schreck erholen… wenn die Kinder so lange bei dir blieben… na ja und vielleicht bekommst du aus ihnen heraus, was eigentlich vorgefallen ist. Und vielleicht könntest du mit Ron sprechen…"
„Sollte Hermine das nicht selbst tun?"
„Wenn sie sich dazu in der Lage fühlt."
Molly nickte. „Gut… bring sie in dein Elternhaus, auch wenn Ron nicht sehr begeistert sein wird. Soweit ich hörte liegt es draußen an der Küste in einer sehr malerischen Landschaft… Hermine ist so anfällig…"
„Wie meinst du das?"
„Ron ist regelmäßig einmal im Jahr mit ihr in den Urlaub gefahren…"
„Ich weiß."
„Ist dir nie aufgefallen, dass es immer zum gleichen Zeitpunkt war? Hermine war jedes Jahr um die gleiche Zeit krank… nichts körperliches… eher… wüsste ich das nicht, Severus, ich würde nicht erlauben, dass du sie weg bringst."
Er hatte es nicht gewusst. Sie hatte ihm nie erzählt, dass sie kränklich war. Er hatte es immer für einen Urlaub von Liebenden gehalten… aber… konnte es sein, dass Hermine die alten Ereignisse noch immer so nachhingen?
„Ich muss los Severus, die Kinder warten… eines noch, Severus… denk daran, dass Hermine noch immer verheiratet ist."
„Aber…" Doch bevor er noch etwas anderes sagen konnte, hatte Molly bereits seine Wohnung verlassen.
Hermine zog die Decke enger an sich heran. Sie fror, sie zitterte, sie weinte…
Sie hatte keine Schmerzen, jedenfalls keine körperlichen. Aber ihre Seele brannte. Alles war wieder da, alles, was sie über die Jahre verdrängt, vergessen hatte. Seit sie Rons Gesichtsausdruck gesehen hatte, die Gier in seinen Augen. Seine Faust in ihrem Gesicht.
Männer waren brutal.
Und wieder hatte sie sich falsch entschieden. Für den falschen Mann. Ron war grausam, grausam und kalt… so kalt.
Hermine schluchzte auf.
Wie hatte er ihr das antun können? All ihre Träume waren zerstört, all der Schutz, den sie um sich aufgebaut hatte, war vernichtet.
Hermines Körper krümmte sich zusammen. Das Kind in ihr regte sich, als wollte es ihr durch seine Anwesenheit Trost spenden. Doch Hermine bereitete es nur Übelkeit. Ron hatte sie geschlagen… seine schwangere Frau.
Hermine hörte wie sich die Schlafzimmertür leise öffnete und Snape an ihr Bett heran trat.
„Hermine?" Seine Stimme war so zögerlich leise, wie nie zuvor.
Sie blickte nicht zu ihm auf, kroch noch tiefer in die Kissen.
Er setzte sich zu ihr an die Bettkante. Und in diesem Moment rissen zwei Empfindungen an Hermines Seele, vor ihm zu fliehen, oder sich in seinen Arm zu werfen. Dort, wo sie geborgen war.
Seine Hand strich vorsichtig über ihr Haar und Hermine zuckte zusammen.
„Bitte hör auf zu weinen", sagte er fast flehentlich, bewirkte damit jedoch nur, dass sie noch mehr zu schluchzen begann.
„Ich habe mit Molly gesprochen, Hermine. Wenn du dich etwas ausgeruht hast, bringe ich dich nach Snape Manor. Da kannst du dich in Ruhe erholen… hörst du, Liebes?" Schmerz lag in seiner Stimme.
Hermine blickte mit geröteten Augen zu ihm auf, ihre Wange hatte sich inzwischen gänzlich violett-blau verfärbt. „Danke", sagte sie.
„Ich… ich glaube ich gehe dann besser." Ruckartig stand er von der Bettkante auf und Hermine fühlte plötzlich die Leere, die er hinterließ. Eine Leere, die sie ihr ganzes Leben lang verspürt hatte.
Snape ging schnellen Schrittes zur Tür, ohne sich noch einmal umzusehen.
„Severus…" Sie wollte nicht, dass er ging, nicht jetzt. Er durfte sie nicht allein lassen, nicht jetzt.
Er blieb stehen und sah sie nun doch an.
„Severus, bitte… geh nicht… bleib bei mir."
Doch er schüttelte nur den Kopf. „Nein Hermine… nein… wecke keine Hoffnungen, die wir beide nicht erfüllen können." Damit ging er.
Das alte Herrenhaus lag in einer weitläufigen Parkanlage. „Das ist es also?" Hermine starrte auf das große Eingangsportal des Hauses.
„Ja, das ist mein Familienbesitz… ich bin nicht sehr oft hier. Es ist für mich zu weitläufig… und voller Erinnerungen, nicht der besten."
Hermine nickte. Ihr gefiel das Haus, das aus beigem Sandstein gebaut war und dessen Fassade im Sonnenlicht glänzte. Es war groß und prunkvoll. Sie hatte nicht gewusst, dass Snape aus einer solch reichen Familie stammte.
„Wollen wir hinein gehen, Hermine? Dann zeige ich dir die Zimmer, die ich für dich habe herrichten lassen."
Hermine nickte und Snape öffnete ihr die große Eingangstür. Ein kühler Wind schlug ihr von drinnen entgegen. Vorsichtig trat sie ein, Snape schloss die Tür hinter ihnen. Hermine betrat die weitläufige Halle.
Sie brauchte etwas, bis sich ihre Augen an das trübe Licht im Innern der Halle gewöhnt hatten. Es war ein prunkvoller Saal, mit einer breiten Treppe, die in das andere Stockwerk hinauf führte. Mehrere schwere Eichentüren zweigten von der Halle ab, zwischen denen sich die Fenster befanden, die halb von schweren grünen Vorhängen verdeckt waren. Der dunkle Stoff raubte das Licht. Hermines Blick schweifte durch den Raum, halb gefesselt von Erstaunen, halb von einer dunklen Vorahnung erfüllt, die ihr Angst bereitete.
Plötzlich blieb ihr Blick auf dem dunklen Boden haften. Er glänzte seltsam vertraut und doch brauchte sie einen Moment, bis sie ihn erkannte. Marmor. Schwarzer Marmor.
Hermine spürte plötzlich eine Übelkeit in sich aufsteigen, die ihr den Verstand zu rauben schien. Ihr schwindelte. Und dann sah sie es direkt vor sich. Auf dem Boden. Nur ein Abbild. Und doch so grausam. So herzlos. So erschreckend kalt. Zwei Gestalten, die sich bewegten. Nein, es war nur eine, die sich bewegte, während die andere reglos und unter Tränen dalag. In ihren Ohren begann es zu rauschen und sie hörte seine Stimme. „Du willst also spielen." Immer wieder ihre Schreie. Und dann sah sie sein Gesicht, sein Abbild wiedergegeben vom schwarzen Marmor. Lucius.
Snape stand noch etwas abseits, als Hermine die Halle betrat. Er bemerkte nicht, wie ihre Gedanken abdrifteten, bemerkte auch nicht, dass sie plötzlich zu schwanken begann. Und, als er es realisierte, war es bereits zu spät. Und so schlug Hermine ungebremst und heftig auf dem Boden auf, als sie das Bewusstsein verlor.
Der Schatten der Vergangenheit hatte sie endgültig eingeholt.
