Titel: Das Meeting
Autor: Laren
Disclaimer: Ich besitze absolut keine Rechte an Gundam Wing. Und ich gedenke auch keinen müden Pfennig mit diesem Geschreibsel zu verdienen.
Betadank: wie immer an Zanna.

Ja, ich weiß Asche auf mein Haupt streu ich hatte eigentlich versprochen die ganze Geschichte bis Weihnachten fertig zu bekommen. Aber erst hatte mich die Krankheit doch länger in ihren Krallen und dann hatte ich noch einen traumatischen Verlust erlitten (RIP Auto).

Davon mal abgesehen, dass Duo und Heero schlimmerhafte Seitenschinder sind.
Aber hier ist das zweite Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch genauso gut wie das erste.
Kommies zur Aufmunterung kann ich nach diesem schweren Verlust gut gebrauchen :-)


Als Duo sich umdrehte konnte er Heero direkt vor sich stehen sehen. Die Gänsehaut auf Duos Armen schien plötzlich noch schlimmer zu werden, so eiskalt wirkte die Ausstrahlung von seinem Gegenüber. „Ja?" fragte Duo gedehnt, und suchte verzweifelt nach einem Weg um diesem Gespräch zu entkommen.

„Ich bin nicht umhin gekommen zu bemerken dass du mit einigen meiner Vorschläge nicht vollkommen übereinstimmst," erklärte Heero mit absolut neutraler Stimme. Was die Sache für Duo nur noch erschreckender machte, mit einem vor Wut schnaubenden Heero hätte er wohl besser umgehen können.

„Ja…" entgegnete Duo. Etwas intelligenteres schien ihn im Moment nicht einzufallen.

„Und ich dachte mir, ob du vielleicht etwas Zeit erübrigen könntest um mir in Ruhe zu erklären was dir denn genau an meinen Plänen nicht gefällt."

„Öhm," stammelte Duo und versuchte sich so schnell wie möglich einen guten Grund auszudenken warum er genau dass nicht tun konnte. So wie ihn im Moment Heeros Blick eiskalt durchdrang war die Aussicht auf ein gemeinsames Gespräch ziemlich beängstigend. Duo würde nicht behaupten dass er vor Angst schlotterte – weil so etwas würde er niemals tun – aber Heero strahlte schon genau diese Art Macht und kühlen Ärger aus die uralte Fluchtinstinkte in Duo weckten.

Plötzlich wurde er von hinten angeschubst, so dass er einen halben Schritt nach vorne stolperte. „Aber natürlich wird er das. Es wird ihm sogar eine Freude sein, nicht wahr Duo?" erklang Quatres viel zu gut gelaunte Stimme.

Hastig drehte sich Duo zu seinem Kollegen um und warf ihm einen verwunderten Blick zu. Doch trotz der Fröhlichkeit in Quatres Stimme konnte Duo in seinen Augen erkennen dass der Blonde fest entschlossen war. Und sich sicher nicht davon abbringen lassen würde.

Außerdem, Duo schluckte schwer, wenn er jetzt irgendeine Ausflucht erfand um sich doch nicht mit Heero zusammen zu setzen, dann würde Quatre den Beweis haben, dass es Duo heute im Meeting nicht nur darum ging die Wahrheit zu sagen. Und so wie sich Quatre den ganzen Tag über schon deswegen aufgeregt hatte, würde es sicher nicht gut kommen wenn er zweifelsfrei wusste dass es Duo eher um einen Rechthaber-Wettstreit mit Heero, als um die Sache ging. Quatre konnte bei so etwas ziemlich nachtragend sein. Und niemand wollte jemals auf Quatres Shitliste landen.

Da war es weniger gefährlich, sich jetzt in die Höhle des Löwen zu begeben. Duo schluckte wieder, dann drehte er sich um, setzte ein Lächeln auf und verkündete, „Natürlich werde ich das. Ist mir sogar ein Vergnügen."

Heero nickte nur kurz bestätigend. Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und ging wieder in Richtung des Tagungsraums.

Duo schluckte schwer, warf noch einen letzten bösen Blick über seine Schulter. Doch Quatre grinste nur und fuchtelte mit seinen Händen um Duo hinter Heero her zu scheuchen. Das Grinsen das er dabei aufgesetzt hatte schien ‚das hast du dir ganz allein zuzuschreiben' auszudrücken.

Wer brauchte eigentlich noch Feinde bei solchen Freunden, überlegte Duo schweren Herzens, während er sich langsam auf den Weg zu seiner Hinrichtung machte.

Er konnte noch nicht einmal genau benennen, wieso es ihm jetzt so schwer fiel mit Heero zu reden. Schließlich hatte er vorhin immer nur die Wahrheit gesagt, das konnte er doch auch jetzt tun. Aber es war wohl doch etwas anderes, das vor einer großen Menge zu machen, vor Leuten die einem beipflichteten, als wenn man seine Kritikpunkte direkt und allein anbrachte. Merkwürdigerweise. Eigentlich hätte Duo gedacht, dass es einem in Ruhe, wenn niemand anderes es mitbekam, leichter fallen würde.

Über diese Merkwürdigkeit dachte Duo nach, während er ganz, ganz langsam einen Schritt vor den nächsten machte.

Leider war der Weg nicht besonders lang, deshalb konnte Duo die sowieso unvermeidliche Begegnung nicht weiter hinaus zögern. Heero hatte sich schon an seinen Platz gesetzt, vor ihm lagen die neuesten Zeitpläne auf dem Tisch ausgebreitet.

Er blickte kurz auf, als Duo den Raum betrat und winkte ihn zu sich. „Hier, lass uns noch einmal genau die neue Teststrategie anschauen. Ich glaube das war der Punkt der dir am meisten gegen den Strich gegangen ist," erklärte er.

Duo hätte nicht erwartet, dass Heero das aufgefallen war. Insgesamt sah es so aus, als wenn Heero ihm während des Meetings aufmerksamer zugehört hatte, als es den Anschein erweckt hatte. Duo schluckte noch einmal. Und eine innere Stimme – die sich verdammt nach Quatre anhörte – schimpfte ihn aus, dass er sich das alles nur selbst eingebrockt hatte. Und jetzt gab es einfach kein zurück mehr.

Er setzte sich neben Heero und warf einen flüchtigen Blick auf die Pläne, wusste aber nicht so recht, was er jetzt sagen sollte.

„So, raus mit der Sprache, was passt dir genau an diesen Plänen nicht. Vorhin warst du etwas nebulös."

Duo spielte nervös mit seinem Zopfende. Wie sollte er seine Meinung nur am besten rüberbringen? „Gelinde gesagt, dieser Plan ist Mist. So kann es nicht funktionieren," brach es aus Duo heraus. Soviel also zum Thema ‚geschicktes Vorgehen'.

Duo war selbst über seinen Ausbruch überrascht und warf einen hastigen Blick zur Seite. Heero starrte ihn mit einem offenen Mund an. Aber eines musste man ihrem neuen Chef lassen, er erholte sich schnell von Überraschungen. „OK, der Plan ist also Mist. Was genau ist so verkehrt daran?"

Duo rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Sein Ausbruch war nicht nur taktisch unklug, sondern auch der wahrscheinliche Todesstoß für seine Karriere. Auch wenn er vorhin noch gedacht hätte, dass ihm das nicht so sonderlich viel ausmachte, der strenge Blick von Heeros Augen ließen ihn dennoch nervös werden. Er wollte schon eine beschwichtigende Antwort zusammenstammeln, als Heero wieder mit dem sprechen begann. „Mach jetzt keinen Rückzieher Duo. Du hast damit angefangen und jetzt will ich es auch genau wissen."

Und er klang dabei vollkommen ehrlich. So als wenn er wirklich die Wahrheit wissen wollte. Duo war klar dass er eh nicht mehr viel zu verlieren hatte. Entweder hatte er eh schon total – und für alle Zeiten – verschissen oder nicht. Ein bisschen weitere Ehrlichkeit konnte jetzt nur helfen statt noch mehr zu schaden. Zumindest hoffte er das sehr.

„OK," murmelte er deshalb. Dann ließ er seinen Zopf los und zeigte auf den Zeitplan. „Ich kann dir genau sagen was nicht funktioniert. Du hast die Zeit für den simulierten Test fast auf Null herunter gefahren. Statt dessen hast du vorgesehen, dass wir schon ab Woche 22 auf der richtigen Hardware testen sollen. Alle Beteiligten gemeinsam."

Heero nickte. „Ja. Nur so können wir es überhaupt schaffen diesen Test bis Woche 26 durch zu ziehen. Und dann müssen wir an den Kunden liefern."

„Das mag ja sein, aber du kannst doch nicht einfach die ungetestete Software auf die neue Hardware packen. Das wird die größte Katastrophe die du dir vorstellen kannst."

Heero runzelte mit der Stirn. „Wieso? Ich dachte immer der Test auf der richtigen Hardware ist der beste den es gibt?"

Duo seufzte wieder. Ja das war eine so typische Manageraussage, dass es fast schon wieder lustig war. „Natürlich ist es das. Aber es hat auch Unmengen von Nachteilen."

„Welche"

Duo holte tief Luft. „Wie viel Zeit gibst du mir, alles aufzuzählen? OK fangen wir mit dem wichtigsten an. Es gibt zur Zeit nur ein laufendes Test-Netzwerk. Und das wird sich auch nicht mehr bis zur Jahresmitte ändern. Wie sollen wir alle auf dem einen Netz arbeiten?"

„Ihr könntet in Schichten testen."

Heero sah bei dieser Aussage so ernst drein, dass Duo doch anfangen musste zu lachen. So langsam hatte er sich auch für das Thema erwärmt und verlor seine Hemmungen Klartext zu reden. „Der Tag hat trotzdem nur 24 Stunden Heero."

Heero runzelte wieder die Stirn. „Warum lachst du? Bei meinem letzten Projekt haben wir auch so verfahren und es hat super geklappt."

Duo rollte mit den Augen, als ob man ein Projekt mit dem nächsten vergleichen konnte. „Was du da vorschlägst ist nicht machbar," erklärte er deshalb noch einmal.

„Aber…"

„Nichts aber," unterbrach ihn Duo. „Ich glaube fast du unterschätzt die Dimensionen von denen wir hier reden. Bei diesem anderen Projekt, wie viele Tests mussten da auf der richtigen Hardware laufen? Wie viele Sub-Projekte waren damit beschäftigt?"

Heero blickte ihn erstaunt an, antwortete aber sofort. „Drei Projekte. Und etwas mehr als 1500 Tests."

Duo lachte wieder, dann erklärte er schnell. „Heero allein meine Gruppe braucht ungefähr 1000 Tests. Und mein Subprojekt ist bei weitem nicht das mit den größten Features, wir liegen nur im Mittelfeld. Alles in allem werden wir wahrscheinlich bei ungefähr 10000 Tests und Testern von 10 verschiedenen Standorten liegen. Die willst du alle für vier Wochen um ein einziges Netzwerk scharren? Das kann nicht klappen."

„Aber der Test auf dem richtigen Environment ist der beste," erwiderte Heero mit störrischen Unterton.

„Natürlich ist er das. Nur dort können wir sehen wie sich das System unter realen Bedingungen verhält usw. Aber es hat halt auch die Nachteile. Da wir nur ein System haben, können wir leider nicht parallel arbeiten. Wenn ein Fehler gefunden wird, dann bleibt alles stehen, solange bis das gefixt wurde. Das ist der Grund warum vor Jahren der simulierte Test eingeführt wurde. Alle können parallel arbeiten und stören sich dabei nicht gegenseitig. Das macht den simulierten Test so unglaublich flexibel und schnell. Und ungefähr 80 Prozent der Fehler die man auf dem richtigen System finden würde, erwischen wir auch so."

„Das heißt?"

„Das heißt dass du den simulierten Test nicht auf Null reduzieren kannst. Auf jeden Fall nicht ohne dir riesigen Ärger einzuheimsen. Lass uns in Ruhe testen, und dann gib es auf das richtige Netzwerk."

Heero schwieg für eine Sekunde, doch dann sagte er, „Das mag ja gut und schön sein Duo, aber alle Subprojekte haben gemeldet dass sie mit ihrem simulierten Test nicht vor Ende Woche 25 fertig werden. Ich kann die Software aber nicht nur ein paar Tage auf der richtigen Hardware laufen lassen. Dass wird der Kunde nicht akzeptieren. Und wenn wir nicht bis Woche 26 liefern, dann werden sie den Vertrag kündigen."

Duo schaute erstaunt auf, „Steht es so sehr auf der Kippe?"

„Kannst du es dem Kunden verdenken? Wir sind schon so unglaublich verspätet, dass es mich eigentlich wundert dass sie uns noch diese Chance geben."

„Nun ja, wenn die nicht alle drei Minuten ihre Meinung über ihre Anforderungen geändert hätten, hätte es sicher nicht ganz so viele Verspätungen gegeben," sagte Duo. Doch dann fügte er noch schnell hinzu. „Aber du hast Recht, ich kann es ihnen nicht verdenken. So wie wir mit den gesetzten Terminen umgegangen sind, machen wir sicherlich keinen vertrauenswürdigen Eindruck."

„Das kannst du laut sagen. Die Firma ist ein großes Risiko mit diesem Vertrag eingegangen. Wenn wir ihn verlieren... Nun ja es ist nicht nur all das Geld verloren das wir bereits in dieses Projekt investiert haben. Es wird auch ne gehörige Konventionalstrafe geben. Und natürlich werden alle auf dem Markt davon erfahren. Alle anderen Kunden und unsere Konkurrenten. Du kannst dir vorstellen wie die sich darauf stürzen werden."

„Die Zukunft unserer Firma hängt also von diesem einem Projekt ab?" murmelte Duo.

„Tut es das nicht immer?" entgegnete Heero.

„Für dich als Manager von Problemprojekte sicherlich schon," sagte Duo. Aber er achtete nicht einmal selbst auf das was er sagte, in seinem Kopf drehten sich die Fakten und Ideen. Unbewusst hatte er sich seinen Zopf geschnappt und spielte damit, etwas dass er immer tat wenn er stark nachdachte.

„Also," überlegte er laut. „Wenn der Kunde nicht dazu zu bewegen ist den Termin zu verschieben… wie wäre es mit einem Kompromiss?"

Heeros Augenbraue zuckte nach oben. „Kompromiss?"

Duo, der mit seinen Gedanken schon fünf Schritte weiter war, achtete nicht wirklich auf die Frage sondern sprudelte seine Idee nur so heraus, „Dein Vorschlag mit dem gemeinsamen Test ist ja im Grunde gar nicht so verkehrt, nur aufgrund der Masse nicht zu realisieren. Aber wir könnten etwas anderes machen. Du weißt ja sicher, dass wir nicht nur das Funktionieren der neuen Features testen, sondern auch alle möglichen Negativ- und Interferenzfälle."

Heero nickte zwar bestätigend, aber Duo achtete in seinem Erzählfluss gar nicht wirklich darauf. „Aber diese Fälle – die einen Großteil des Tests ausmachen – sind nicht lebensnotwendig für diese Features. Natürlich sollten auch dort keine Fehler auftauchen, aber es ist schon von geringerer Priorität. Wenn wir es jetzt so machen, dass sich alle Abteilungen zuerst nur auf den reinen Featuretest konzentrieren... Wir könnten ja genaue Pläne aufstellen und definieren was alles in diese Prioritätsstufe soll. Dann denke ich, dass wir diese ausgewählten Tests sicher bis Woche 22 fertig bekommen. Vielleicht sogar früher – wir müssten sehen was die anderen sagen wie viel Prozent sie testen müssen damit sie die Features für stabil erklären."

„Weiter," spornte Heero ihn fast ungeduldig an. Der Manager sah plötzlich ziemlich aufgeregt aus.

„Wenn wir das so machen, dann kann sicher zu dem Zeitpunkt schon dieser gemeinsame Test auf der richtigen Hardware starten. Und vielleicht kann jede Abteilung einen Tester dafür abstellen. Die könnten dann überprüfen das auch alles auf dem richtigen Netzwerk läuft, während wir auf der simulierten Umgebung weiter an den restlichen Tests arbeiten."

„Wir arbeiten parallel," sagte Heero mit Glitzern im Auge.

„Ja," bestätigte Duo. „Wir könnten auf der simulierten Umgebung uns weiter mit den weniger wahrscheinlichen Szenarien herumschlagen und die Tester im richtigen Netz können trotzdem schon so früh anfangen, ohne die ganzen einfachen Anfangsfehler noch ausmerzen zu müssen. Sie werden sicher mehr Probleme haben, als wenn wir mit diesem Test warten würden bis wir in den einzelnen Abteilungen fertig wären, aber es wird sehr viel einfacher sein, als wenn wir den simulierten Test aus Zeitgründen vollkommen weglassen würden."

„Eine Kombination von beiden Ideen," sagte Heero mit einem anerkennenden Tonfall.

„Ja, eigentlich ziemlich einfach die Idee, aber trotzdem gut. Wenn ich das mal so unbescheiden sagen darf." Duo grinste von Ohr zu Ohr. So langsam begann das hier Spaß zu machen. Er beugte sich eifrig über die Ausdrucke, „Komm, lass uns dass noch genauer planen."

Und das taten sie auch. Es entstand eine mehr als rege Diskussion. Duo und Heero warfen sich gegenseitig Vorschläge und Argumente an den Kopf. Verfeinerten den Plan immer weiter und kamen auch auf noch mehr Ideen um das Projekt doch noch zu retten.

Als sie endlich alles durchgesprochen hatten, sammelte Heero seine Notizen ein und sagte zufrieden, „Das hört sich wirklich machbar an. Vielen Dank dass du mir geholfen hast."

Duo winkte ab. „Nicht der Rede wert. Ich bin nur erstaunt dass du…" in dem Moment schaffte es Duos Gehirn seine Zunge endlich einzuholen und er schluckte den Rest des Satzes herunter.

Heero sah erstaunt auf, „Du bist erstaunt über was?"

„Öhmm…" erwiderte Duo, weil ihm nichts besseres einfiel.

„Duo, wir hatten abgemacht dass du ehrlich bist," sagte Heero mit einem strengen Blick.

Duo seufzte. Der andere durchschaute ihn einfach viel zu schnell. „OK, aber nicht böse sein. Ich bin nur erstaunt, dass du meinen Argumenten überhaupt zugehört hast."

„Wieso sollte ich nicht?" fragte Heero mit hochgezogener Augenbraue.

„Nun… du hast heute auf dem Meeting nicht unbedingt diesen Eindruck gemacht. Und deine Ideen konnten einfach nicht funktionieren. Es wirkte… Es wirkte als wärst du auch nur einer von diesen Manager-Schnöseln die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, mit ein paar Bullshitbingo Wörtern um sich werfen und mehr Probleme verursachen als beseitigen."

„Das ist ein verdammt hartes Urteil," sagte Heero erstaunlich ruhig.

Duo zuckte mit den Schultern. „Aber so bist du rüber gekommen. Das zum Beispiel deine Idee mit dem Test aufgrund der schieren Menge nicht funktionieren könnte, das hättest du wissen können wenn du entsprechend vorbereitet gewesen wärst." Duo war sich selbst nicht sicher, warum er jetzt so weit ausholte. Sie hatten schließlich so gut zusammen gearbeitet. Er hatte in den letzten Stunden – ja es waren tatsächlich schon Stunden vergangen – festgestellt das Heero einen verdammt wachen Verstand hatte und auch von rascher Auffassungsgabe war. Vielleicht war es deshalb um so unverzeihlicher, dass er im Meeting soviel falsches gesagt hatte.

„Duo, mir ist dieser Auftrag erst vor drei Tagen gegeben worden. Ich bin ohne irgendeine Vorbereitung in den nächsten Flieger gestiegen und habe bisher nur gestern mit Bastian reden können. Musste aber für heute schon die glorreichen neuen Rettungsideen vorstellen können."

„Oh!" erwiderte Duo erstaunt. Er hätte nicht gedacht dass Heero so plötzlich auf ihr Projekt losgelassen wurde. „Wenn du nur mit Bastian hast reden können, dann ist es klar dass du viele Fehlinformationen hattest. Bastian ist nämlich ein Teil des Problems."

Heeros rechter Mundwinkel zuckte für Sekundenbruchteile nach oben. „Das ist mir auch schon klar geworden. Ich habe selten einen Projektmanager erlebt der sein Projekt so wenig unter Kontrolle hat wie Bastian."

„Wenn du das weißt, wieso… wieso hast du dir dann nicht woanders Informationen besorgt?"

„Aber genau dass tu ich doch jetzt Duo." Die Mundwinkel zuckten schon wieder verdächtig nach oben.

Duo starrte sein Gegenüber für ein paar Sekunden sprachlos an, doch dann sah er ein, dass sein Gespräch mit Heero genau das gewesen war, Informationsbeschaffung. „Aber wieso hast du dass nicht gemacht bevor du solche Pläne in die Welt hinaus posaunst?" hackte Duo stur nach.

„Nun, der Termin für dieses Meeting stand schon fest bevor ich wusste dass es dieses Projekt überhaupt gibt. Und als neuer Chef wurde von mir erwartet irgendwelche neue Visionen und Ideen zu verkünden. Mir war natürlich schnell klar, dass Bastian ziemlich viel heiße Luft produziert. Aber ich dachte mir ich verwende seine Argumente einfach mal um euch zu testen."

„Zu testen?" rief Duo aufgebracht aus.

„Ja, zu testen. Ich wollte sehen ob ihr innerlich schon mit dem Projekt abgeschlossen habt. Und ich fand es erschreckend, dass nur du mir Paroli geboten hast. Wenn meine Ideen doch so einfach zu widerlegen waren, wieso hast nur du deinen Mund aufgemacht."

„Ganz so einfach ist es nicht," bemühte Duo sich um Schadensbegrenzung.

„Ach?" entgegnete Heero leicht amüsiert.

„Nein, einige der anderen hatten schon vor, dich zur Seite zu nehmen und dir ein paar Fakten um die Ohren zu hauen. Sie wollten dich nur nicht mitten im Meeting brüskieren. Quatre ist mir zum Beispiel ziemlich sauer, weil ich das so öffentlich gemacht hab."

„Das mag schon sein Duo. Aber das trifft bei weitem nicht auf alle zu. Ich bin ein ziemlich guter Beobachter. Im ganzen Raum waren vielleicht zehn Leute die unserer Diskussion mit Interesse gefolgt sind. Bei vielen anderen war nur blankes Nichts in den Augen. Denen scheint es egal zu sein wie es mit dem Projekt weiter geht. Und wenn ich verkünden würde dass wir jetzt alle pinke Tutus bei der Arbeit tragen müssen, würden sie einfach nicken und es tun, auch wenn es noch so wenig Sinn ergibt. Ich kann in meinem Team aber keine geistlosen, abgestumpften Ja-Sager brauchen. Duo, muss ich neben Bastian noch weitere Leute aus der Führungsriege dieses Projektes entfernen?"

Das war ziemlich harter Tobak. Duo schluckte schwer. Ihm wurde plötzlich klar welche Verantwortung er jetzt hatte. Sicher, er hatte einige Kollegen bei denen er seine Zweifel hegte. Aber wenn er jetzt etwas sagen würde, dann würden diese ziemliche Probleme bekommen. Und das hatte dann doch keiner von ihnen verdient. Auch wenn sie ausgemachte Schlafnasen waren. „Nein, das musst du nicht," erklärte er deshalb bestimmt.

„Und warum nicht?"

„Weil… weil sie einfach müde sind. Du musst es verstehen. Die Probleme die dieses und das Vorgängerprojekt schier erdrücken, gegen diese Probleme kämpfen sie schon seit Jahren einen erfolglosen Kampf. Sie haben noch nicht mit dem Projekt abgeschlossen, aber es fällt schon schwer sich immer neu zu motivieren, wenn man wie Don Quichotte jeden Tag gegen neue Windmühlenriesen kämpfen muss. Noch dazu, wenn man dabei das Gefühl hat vom höheren Management im Stich gelassen zu werden. Zeig ihnen dass du dich als Chef um die Probleme kümmerst, sie verstehst. Dass du Ahnung hast von dem was du sagst. Gib klare, realistische Pläne und Ziele aus. Die Motivation wird wieder kommen. Ganz sicher. Keiner von uns will dass das Projekt scheitert."

„Ja," sagte Heero schlicht. „Genau dass hab ich mir auch gedacht."

„Hey," begehrte Duo auf. „War das etwa schon wieder ein Test?"

Doch bevor Heero antworten konnte, wurde plötzlich die Tür zum Tagungsraum aufgemacht. Zwei Frauen kamen herein und blickten erstaunt auf Duo und Heero. „Was machen Sie denn noch hier?" fragte eine der Frauen. „Tut mir leid, Sie müssen jetzt den Raum verlassen. Wir müssen hier sauber machen."

„Also, dass ist mir noch nie passiert," erklärte Heero.

Duo lachte. Es war schon ungewöhnlich von einer Putzfrau aus einem Raum gejagt zu werden, aber er konnte verstehen, dass es deren gesamten Zeitplan durcheinander werfen würde, wenn sie hier den riesigen Tagungsraum noch länger in Beschlag nahmen. Er warf einen raschen Blick auf seine Uhr. „Na, es ist ja auch schon fast halb neun. Vielleicht sollten wir wirklich das Feld räumen. Wir könnten in meinem Büro weiter diskutieren." Doch dann machte sich sein Magen plötzlich lautstark bemerkbar und erinnerte ihn daran, dass sein Abendbrot schon lange überfällig war und er Hunger hatte.

„Vielleicht sollten wir lieber etwas essen gehen," schlug Heero vor. Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu. „Dabei könnten wir weiter reden."

„Hm," überlegte Duo.

„Ich mein, ich will dich nicht aufhalten. Wenn jemand auf dich wartet, dann geh doch nach Hause, ich will nicht zuviel von deiner Zeit in Anspruch nehmen. Das Meeting ist schließlich schon seit drei Stunden zu Ende."

„Zuhause wartet nur Benjamin, mein halbvertrockneter Ficus auf mich. Dem ist es egal wie lange ich weg bleib. Ich hab nur kurz überlegt, weil ich eigentlich keine große Lust hab noch in die Stadt zu fahren." Ihre Firma lag etwas außerhalb in einer Art Industriegebiet. „Ich bin mit dem Fahrrad hier, kann uns also nicht in die Stadt fahren. Wir müssten ein Taxi holen. Aber das ist alles so furchtbar umständlich. Und bis wir dann was zu essen haben, bin ich schon halb verhungert. Am liebsten würde ich in der Nähe eine Kleinigkeit essen, aber alle Läden die ich kenn haben nur Mittags geöffnet."

Es wirkte fast so, als wenn Heero plötzlich erleichtert drein schaute, aber Duo war sich sicher, dass er sich das nur einbildete. Auf jeden Fall sagte Heero schnell, „Wir könnten ja vielleicht was in meinem Hotel essen. Das was ich gestern Abend hatte war ziemlich ok."

Duo schüttelte leicht den Kopf, „Ich hab doch schon gesagt, ich hab keine große Lust jetzt noch in die Stadt reinzufahren. Ich wohn auch außerhalb und das wäre ziemlich kompliziert für mich."

„Aber mein Hotel ist praktisch gleich um die Ecke. Nur fünf Minuten zu Fuß."

„Was?" fragte Duo erstaunt. „Du bist nicht im edelsten Fünfsternehotel der Stadt untergebracht. So wie alle anderen hochrangigen Manager?" er hatte einen leicht spöttischen Unterton in seiner Stimme.

„Wie du schon sagtest. Viel zu kompliziert zu erreichen. Mein Hotel ist zwar nicht ganz so luxuriös, dafür aber viel praktischer. Also magst du mitkommen zum essen? Ich lad dich ein. Als Dank für deine Hilfe."

Duo strahlte. „Ich werde eine Einladung zum essen sicher nicht abschlagen." Er zwinkerte verschwörerisch mit seinem Auge während er das sagte. „Auch wenn es nicht notwendig ist. Aber ich freu mich drauf. Und mein Magen auch."

Erstaunlicherweise lachte Heero als Antwort. Das Lachen stand dem Mann, fand zumindest Duo und er musste sich fast zwingen sich von diesem Anblick loszureißen.

Um sich abzulenken räumte er schnell seine Sachen zusammen. Dann verkündete er, „Ich muss das noch schnell in mein Büro bringen. Danach hol ich mein Fahrrad aus der Tiefgarage und wir können los. Wollen wir uns in fünf Minuten vor dem Haupteingang treffen?"

„Gute Idee," erklärte Heero, schnappte sich seine Papiere und die Notebooktasche und stand ebenfalls auf. „Ich werde dann schon mal unten warten. Dann können die Damen hier sauber machen." Mit diesen Worten ging er gemächlich aus dem Tagungsraum und wandte sich in Richtung Treppen.

Duo war ihm dicht auf den Fersen. Sein Büro lag zwei Etagen tiefer. Hintereinander begannen sie die Treppe hinab zu steigen. Und dabei passierte etwas unerhofftes.

Duo, der ein paar Stufen hinter Heero ging, hatte dadurch den besten Ausblick auf Heeros Nackenlinie. Dort waren die Haare des anderen so kurz, dass sehr viel Haut zu sehen war.

Der Anblick ließ augenblicklich das Wasser in Duos Mund zusammenlaufen. Er würde den anderen jetzt am liebsten anspringen, seine Hände in dessen Haare verwuscheln und mit seiner Zunge die Nackenlinie aufs genaueste erforschen. Es erstaunte Duo richtiggehend wie stark dieser Impuls plötzlich durch ihn hindurch raste.

Während der letzten Stunden hatte er es nämlich erfolgreich geschafft zu vergessen – bzw. zu verdrängen – wie attraktiv er den anderen fand. Weshalb ihn dieser neue Ausbruch fast unerwartet und auf jeden Fall unvorbereitet traf.

Duo zog zischend die Luft ein. Und mit purer Willenskraft hielt er sich davon ab, diesen Wahnsinnsplan auch in die Tat umzusetzen. Verdammt, sie hatten gerade eben die Spannungen vom Meeting abgebaut. Hatten in den letzten Stunden herausgefunden dass sie sehr gut zusammen arbeiten konnten. Duo hatte sogar Vertrauen in Heeros Fähigkeiten als Manager gefasst. Da konnten sie beide es überhaupt nicht brauchen, wenn Duo jetzt so einen gravierenden Faux Pas machte.

Nicht nur, dass die Wahrscheinlichkeit dass Heero Single und schwul war sehr gering war – und deshalb die plötzlichen Avancen von Duo eventuell nicht besonders gut aufgenommen werden würden. Außerdem war Heero immer noch sein Chef. Und damit Tabu. Tabu! Tabu! Tabu!

Duo biss seine Zähne zusammen und zischte ein schnelles, „Wir sehen uns gleich," hindurch. Dann rannte er fast aus dem Treppenhaus in seinen Flur. Als er sein Büro erreichte warf er seine Unterlagen auf den Tisch. Dann atmete er tief durch. „Ganz ruhig Duo," flüsterte er. „Halt deine Hormone im Zaum und mach dich nicht lächerlich."

Am liebsten hätte er jetzt das gemeinsame Essen abgesagt. Aber wie sollte er das Heero so erklären, dass der andere es nicht falsch verstehen musste? Ging nicht. Also blieb ihm nichts anderes übrig als weiter die Zähne zusammen zu beißen. Er würde das jetzt ganz professionell durchstehen. Die letzten Stunden waren ja auch kein Problem gewesen. Also keine unnötige Panik, ermahnte Duo sich selbst.

Mit frischem Mut hastete er danach in die Tiefgarage und schnappte sich seinen fahrbaren Untersatz. Ein paar Minuten später fuhr er vor den Haupteingang und blieb vor Heero stehen. Unbewusst kroch ein Grinsen auf sein Gesicht. Als er abstieg sagte er zu seinem Gegenüber. „So, jetzt kannst losgehen. Wird auch Zeit, mein Magen hat die ganze Zeit gegrummelt."

Auch Heero lächelte sekundenkurz, „Dein Magen scheint genau zu wissen, was er will."

Duo der sein Rad jetzt schob und neben Heero in Richtung zum Hotel schob sagte. „Er ist wie ein Haustier, das ständig gefüttert werden muss. Zumindest ist er stubenrein."

Heero warf ihm einen kurzen erstaunten Blick zu, dann bemerkte er, „So und du fährst immer mit dem Fahrrad zur Arbeit."

Duo nickte. „Ja. Ich wohn nur knapp 10km von hier entfernt. Der Bus oder ein Auto lohnt sich da nicht wirklich. Außerdem kann ich so mein Sportgewissen ruhig stellen." Dann fügte er nach einer kurzen Pause noch hastig hinzu, „Nicht dass ich unsportlich wäre. Aber ich bin nicht der Typ der regelmäßig trainiert. So halte ich mich ohne großen Aufwand fit. Und du?"

„Ich mach Bodybuilding. Und geh Schwimmen. Beides regelmäßig," war die schlichte Antwort.

Duo fing fast sofort wieder an zu sabbern. Allein der Gedanke dass unter diesem perfekt sitzenden Anzug Fitness gestählte Muskeln verborgen waren ließen seine Hormone heiß laufen. Wurde wirklich Zeit, dass er seine Abende mal nicht mit Benjamin verbrachte sondern auf die Piste ging um abgeschleppt zu werden. Er schien es dringend nötig zu haben.

Duos Libido stimmte diesem Vorschlag natürlich begeistert zu. Merkte aber noch an, dass sie Heero trotzdem vorziehen würde. Duo beschloss für heute nicht mehr auf seine Libido zu achten, da die nur seinen Tod wollte.

Es waren wirklich nicht mehr als fünf Minuten vergangen, dann standen sie auch schon vor dem Eingang zum Hotel. „Hier bist du also abgestiegen," sagte Duo als er sein Fahrrad abschloss. Er hatte zwar keinen Fünf Sterne Palast erwartet, aber dieser Laden wirkte eher wie eine gutbürgerliche Pension, als ein Hotel im dem hochrangige Manager abstiegen.

„Die Zimmer sind hell und sauber. Das Essen ist ziemlich gut und es liegt sehr praktisch. Darum steige ich immer hier ab."

„Ach, du warst früher schon mal hier in dieser Stadt?" Duo fragte sich warum er den anderen dann noch nie gesehen hatte. In Ordnung, ihre Firma war nicht gerade klein, aber so ein gut aussehender Kerl entging nur selten seinem Radar.

„Vier- oder fünfmal. Meistens nur für kurze Zeit. Meetings oder Workshops." Mit diesen Worten öffnete er die Tür zum Hotel. Er ließ Duo als erstes eintreten und folgte dann.

Mit forschen Schritten ging er zur Rezeption. Dort angekommen sagte er zum Portier. „Bitte die Schlüssel für Zimmer 121. Und dann würden mein Kollege und ich gerne ins Restaurant gehen."

Der Mann hinter der Rezeption reichte mit flinken Fingern die Schlüssel an Heero weiter, doch dann sagte er mit Bedauern in der Stimme, „Es tut mir sehr leid Mr. Yuy. Das Restaurant ist heute von einer geschlossenen Gesellschaft angemietete worden. Haben Sie denn das entsprechende Informationsblatt nicht gelesen?"

„Mist," fluchte Heero. „Muss ich wohl übersehen haben. Das ist aber sehr unpassend. Mein Kollege und ich haben bis eben noch gearbeitet. Wir sind ausgehungert und wenn ich richtig informiert bin, dann gibt es in der Nähe kein anderes Restaurant. Was machen wir denn jetzt?"

Duo wollte schon einwerfen, dass sie das ganze von ihm auch lassen konnten. Mit seinem Rad wäre er ziemlich schnell zu Hause und würde dort in Ruhe essen können ohne von Heeros Anblick abgelenkt zu werden. Doch der Portier war schneller. „Wissen Sie was, Mr. Yuy? Die Küche kann Ihnen sicherlich auch schnell noch etwas zurecht machen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, es im Zimmer zu essen und dass Sie nicht a la Carte wählen können. Wir werden Ihnen zwei Portionen von dem Menu das die Festgesellschaft geordert hat zubereiten."

„Was meinst du, Duo?" fragte Heero.

Duo war hin und her gerissen. Aber am Ende siegte sein Magen. Menu einer Festgesellschaft klang zu verlockend. „Hört sich gut an," erklärte er deshalb.

Heero nickte daraufhin nur und dann gingen sie gemeinsam in den ersten Stock. Als Heero die Tür zu seinem Zimmer aufschloss huschte Duo als erstes hinein. Das Zimmer war wie aus dem Ei gepellt. In Ordnung, schließlich war es ein Hotel und die Zimmermädchen würden jede Unordnung beseitigen, aber irgendwie verbreitete Heero das Gefühl, dass sein Zimmer auch schon vor der Putzkolonne klinisch rein gewesen war.

Duo ging zum Fenster und blickte auf einen kleinen Hinterhof. „Schöne Aussicht," witzelte er.

Heero, der gerade damit beschäftigt war sein Notebook auf den Schreibtisch zu legen. „Ich bin nur für ein paar Tage hier, da ist das in Ordnung. Wenn ich irgendwo länger bleib, dann achte ich darauf eine Wohnung zu bekommen. Weil nach ein paar Wochen treiben mich Hotels in den Wahnsinn."

Duo drehte sich um, lehnte sich mit dem Hintern gegen die Fensterbank und verschränkte seine Arme vor der Brust, „Du bist also ein moderner Nomade?"

„So kann man es ausdrücken."

„Und wo kommst du ursprünglich her?"

„Ich war wohl schon immer ein Nomade. Ich bin in Japan geboren, aber meine Eltern sind kurze Zeit später in die USA gezogen. Ich habe seit ein paar Jahren eine Wohnung in London, in der Nähe der Hauptverwaltung."

„Und wie ist es so, immer auf Achse zu sein? Vermisst du es nicht, keine Wurzeln zu haben? Ich nehme mal stark an, dass du in deinem Job ziemlich viel in der Weltgeschichte herumreist."

„Das schon. Ich war wenn es hochkommt dieses Jahr vielleicht vier Wochen zu Hause. Und ja, ich betrachte meine Wohnung als mein Zuhause. Aber ich mag meinen Job, ich mag es viele verschiedene Dinge und Orte zu sehen. Und der Job ist mehr als interessant. Ich bewege was, meine Arbeit ist wichtig. Alles andere scheint mir daneben langweilig zu sein. Trotzdem, das ständige hin und herreisen hat auch seine Nachteile. Mein letzter Freund hat sich deswegen von mir getrennt, er war es leid mich nur so selten zu sehen."

‚Ja, er ist schwul!' jubilierte Duos Libido wurde aber sofort wieder in eine dunkle Kiste gesperrt. Heero war immer noch tabu. Aber dieser Kampf lenkte Duo derart ab, dass er nur ein kurzes „Oh!" als Antwort hervorbrachte.

Duo sah Heeros merkwürdigen Blick, den er darauf aufsetzte und fügte deshalb schnell hinzu, „Das tut mir leid. Eine Beziehung wegen der Arbeit zu verlieren ist schon verdammt hart."

Heero zuckte nur mit den Schultern. „Es hat wohl einfach nicht sein sollen. Und im Moment, mit diesem neuen Projekt des Grauens, habe ich sowieso keine Zeit für eine neue Beziehung."

„Geht mir genauso," erklärte Duo.

Dann klopfte es an die Tür. Ein paar Sekunden später hatten zwei Hotelangestellte auch schon mehrere Schüssel und Teller mit dampfendem Essen abgestellt. Außerdem wurde Heero eine Flasche Wein – eine Art Entschuldigung von der Geschäftsleitung – überreicht.

Als die hilfreichen Geister den Raum verlassen hatten, blickte Heero auf die Flasche in seiner Hand. „Hm, das ist ein ziemlich edler Tropfen." Und mit diesen Worten schenkte er Duo und sich ein Glas ein.

Duo hatte sich neugierig über das Essen gebeugt. „Das hier scheint auch nicht von schlechten Eltern zu sein. Ich beginne zu verstehen warum du hier absteigst."

Heero lächelte kurz. Dann hob er sein Glas und prostete Duo zu. „Auf ein nettes Mahl," erklärte er.

Duo stieß mit ihm an. Als er den ersten Schluck von dem Wein getrunken hatte, musste er Heero beipflichten. Das war wirklich ein guter Tropfen.

Das Essen hielt auch was es versprochen hatte. Die beiden saßen sich an dem kleinen Tisch gegenüber und ließen sich die Köstlichkeiten schmecken. Ohne große Probleme hatten sie sehr schnell eine nette Unterhaltung aufgebaut. Und sie mussten noch nicht einmal über die Firma oder die Arbeit reden.

Sie bemerkten dass sie ähnliche Interessen hatten und die gleichen Bücher und Filme mochten. Sie unterhielten sich, als wenn sie sich schon seit Jahren kennen würden. Es war ein unheimlich gemütliches Essen. Und solange Duo seine Libido in der kleinen dunklen Box gefangen hielt hatte er auch keine Probleme.

Nach und nach hatten sie die Flasche Wein geleert. Während des Essens hatte Duo da gar nicht groß darauf geachtet. Aber als er aufstand weil er dringend auf die Toilette musste, da merkte er zu seinem großen Erstaunen dass er etwas wackelig in den Knien war.

Duo schüttelte den Kopf und konzentrierte sich darauf heil und ohne viel Anstoßen in die Toilette zu kommen. Er war beschwipst, anders konnte man das nicht sagen.

Aus diesem Grund spritzte er sich auch ein paar Handvoll Wasser ins Gesicht nachdem er fertig war. Aber das kühle Nass schien ihn trotzdem nicht auf die Schnelle wieder nüchtern werden zu lassen.

Als er wieder das Zimmer betrat, hielt er sich mit einer Hand an der Wand fest während er auf Heero zuging. „Ich glaub ich werde wohl lieber mit dem Taxi nach Hause fahren," erklärte er, einen Fuß vor den nächsten setzend. Er war zwar noch lange nicht betrunken, aber Schlangenlinien wollte er trotzdem nicht fahren.

„Hn," stimmte Heero ihm zu ohne sich zu ihm umzudrehen. Der junge Manager saß immer noch an dem kleinen Tisch und hatte sich nach vorne gebeugt um etwas von der anderen Seite des Tisches zu greifen.

Diese Bewegung ließ wieder seine Nackenlinie frei vor Duos Augen tanzen. Und genau auf diese Gelegenheit schien Duos Libido gewartet zu haben. Ohne großen Widerstand brach sie aus ihrem Gefängnis aus, und das nächste was Duo wusste war, dass er seinem Chef um den Hals hing, und diese überaus verführerische Nackenlinie entlang küsste. So als würde es kein morgen geben.