Kapitel 39

5 Tage später

„Azrael, ich muss noch mal zu meinem Vater, er sagte, er wolle was besprechen. Kommst du kurz alleine klar?"

Diese strahlte ihn an.

„Aber natürlich liebster Ehemann" sie musste kichern.

Elladan grinste.

„Ach wie schön diese Worte doch in meinen Ohren klingen." Sagte er theatralisch. „Bis gleich, meine geliebte Ehefrau."

Er zwinkerte ihr zu und sie warf ihm einen Handkuss zurück.

„Ich kann es kaum erwarten."

„Und mach keinen Blödsinn."

Lachend verschwand er nach draußen

„Ich doch nicht!" rief sie ihm hinterher, bevor sie sich seufzend auf den Stuhl vor ihrem Frisiertisch fallen ließ und nachdenklich in den Spiegel starrte um ihm die Zuge rauszustrecken.

Das Spiegelbild streckte die Zunge zurück raus.

„Du bist frech wie immer."

Erschrocken starrte sie das Spiegelbild an.

„AH!"

„Was kreischst du so? Du bist diesen Anblick doch gewöhnt!"

„Ja aber… aber… normalerweise redet mein Spiegelbild nicht mit mir. Das geht nicht!"

„Doch, ich bin du, und wir sind nun mal etwas schizophren, mein Schatz."

„Nenn mich nicht Schatz du Ausgeburt des Teufels. Wer spielt mir jetzt so einen streich?"

„Niemand, außer du dir vielleicht selbst. Glaub es oder lass es, du führst gerade ein Selbstgespräch."

„Hm, erinnert mich etwas a Gollum, aber egal. Es hat doch sicher einen Grund, dass du gerade jetzt aufgetaucht bist. Liegt es daran dass es mir gerade perfekt und super gut geht, und du es mir nicht gönnst?"

„Hey, so hässlich sind wir auch wieder nicht! Aber um auf deine Frage zurück zu kommen: Nein, das ist nicht der Grund. Sonder das heute der 5 Tag ist, klingelt es?"

„5 Tag? Hm, nicht das ich wüsste…"

Das Spiegelbild seufzte.

„Ich vergaß wie gerne wir sowas verdrängen. Heute läuft unsere Frist ab."

Schmerzvoll erinnerte Azrael sich

„Ach halt doch die klappe, ich hatte es extra vergessen. Was soll ich den tun?"

„Da gibts zwei Möglichkeiten, entweder hier bleiben und abwarten, ob es doch kein Bluff war oder loslaufen und hoffen das er dich auf dem Weg einsammelt."

„Gib es zu, du bist mein böses schlechtes Gewissen und willst mir die Schuld an allem geben."

„Nenn mich wie du willst, ich bin was ich bin und das bist du."

„Jetzt bin ich verwirrt." Verzweifelt sah sie ihr Spiegel-ich an.

„Ich habe wohl keine Wahl, oder? Ich muss los."

„Es ist deine Entscheidung, also tu was du nicht lassen kannst."

Zusammen mit Azrael sprang das Spiegelbild auf und fing an die Tasche zu packen.

Nach dem Taschepacken schnappte sie sich schnell ihren Reiseumhang und spähte vorsichtig aus dem Zimmer.

„Alles leer…" schnellen Schrittes lief sie auf Bruchtal raus, ohne jemandem zu begegnen. Im Wald außerhalb machte sein eine kurze Pause und ließ sich auf den Boden fallen.

„Wenn man der Dame behilflich sein darf?"

Erschrocken drehte Azrael sich um, und wich ein paar Schritte zurück. Eine dunkle Gestalt war direkt hinter ihr aufgetaucht.

„Was…? Wer seid Ihr?"

„Das tut nichts zur Sache, aber ich muss Euch bitten widerstandslos mitzukommen." Die Stimme war dunkel und ernsthaft, und ließ Azrael nicht an seinen Ab sichten zweifeln. Misstrauisch musterte sie ihn.

„Das glaubt Ihr doch selber nicht? Warum sollte ich mit Euch mitgehen?"

„Weil wenn Ihr es nicht tun würdet, ich mich gezwungen sehe Euch weh zu tun."

Ein Schwert blitzte unter dem Umhang des Fremden hervor, ängstlich sah das Mädchen sich nach einem Fluchtweg um.

„Das würdet Ihr nicht wagen!"

„Doch das würde ich, es ist zu Eurem eigenen Schutz, also bitte folgt mir, ohne umschweife." Er trat auf sie zu und packte sie am Arm.

„Ihr droht mir und wollt mir etwas antun und sprecht über meinen Schutz?" verzweifelt versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien.

„Wer schickt Euch? Alrik?"

„Nein, wir stehen auf keiner Seite, aber um Fragen zu stellen seit Ihr nicht in der richtigen Position." Grob zog er sie hinter sich her.

„Nicht in der richtigen Position?" erbost funkelte sie ihn an und wehrte sich heftig gegen ihn. „Habt ihr sie noch alle?"

„Ja, und jetzt seid gefälligst still und kommt mit, dann wird euch auch nichts passieren." Drohend war seine Stimme, doch auch leicht genervt.

„Da müsst ihr mich schon fesseln und knebeln um das zu erreichen!"

Der Fremde seufzte.

„Könnt Ihr nicht einmal vernünftig sein?"

„Was hat das mit Vernunft zu tun, wenn man fragen darf. Das ist eine dreiste Entführung!"

„Die aber nur zu Eurem eigenen Schutz stattfindet. Ihr braucht keine Angst haben, Euch wird nichts passieren. Es wird nur für eine kurze Zeit sein."

„Ich habe keine angst!" fuhr Azrael wütend auf.

„Dann kommt jetzt endlich mit. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!"

„Nur über meine Leiche!"

Entnervt seufzte der Dunkle auf.

„Ihr habt es nicht anders gewollt." Damit zog er sein Schwert und zog Azrael mit der stumpfen Seite eines über.

Bewusstlos sackte sie zusammen und blieb auf dem Boden liegen.

Der Fremde verwischte eilig mit einer zweiten dunklen Gestalt alle Spuren, schmiss sich das Mädchen über die Schulter und verschwand ungesehen im Wald.

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Elladan kam nach einiger Zeit wieder zurück ins Zimmer.

„Fuindi?"

Nach erfolglosem Umblicken im Zimmer bemerkte er erschrocken die verstreuten Kleidungsstücke.

Das erste was er tat war Azraels Reiseumhang zu suchen, den er jedoch genauso wenig fand wie sie selber.

So schnell es ging lief er zum Arbeitszimmer seines Vaters und stürmte ohne anzuklopfen rein. Entsetzt starrte er seinen Vater und Glorfindel an.

„Sie ist weg!"

„Weg? Wer mein Sohn?"

„Azrael!" entkräftet ließ er sie auch einen Stuhl fallen.

Glorfindel sah ihn ungläubig an.

„Wohin sollte sie denn gegangen sein?"

„Ich weiß es nicht. Es fehlt Kleidung und auch ihr Reiseumhang ist nicht mehr da. Adar weißt du irgendwas?"

„Der fünfte Tag…" murmelte Elrond leise, Glorfindel sah seinen Herrn erschrocken an, nicht minder Elladan.

„Du meinst doch nicht, dass sie zu ihm hin ist?"

„Ich denke schon. Glorfindel, nehmt ein paar Wachen mit und sucht nach ihren Spuren.

Eilig verbeugte der Elb sich und verließ den Raum.

„Ist es so abwegig mein Sohn?" ernst sah er ihn an.

„Sie machte vorhin so einen normalen, unbekümmerten Eindruck. Nicht das sie sowas planen würde." Verzweifelt sah er seinen Vater an.

„Ich dachte sie hätte sich entschieden."

„Sie hat sich auch entschieden, sonst hätte sie dich nicht geheiratet. Aber erinnere dich an seine Drohung, in 8 Tagen würde er Bruchtal überrennen und alle die ihr Lieb sind vor ihren Augen umbringen. Was glaubst du wie es ihr in diesem Zwiespalt geht?"

„Aber ich dachte sie wüsste, wie unsinnig diese Drohung ist: Er könnte in 13 Tagen nie und nimmer mit einem Heer von Minas Morgul bis hier hin kommen, genauso wenig wie sie in 5 Tagen bei ihm sein könnte, geschweige denn innerhalb eines Tages!"

Elrond stand auf und ging zu Elladan.

„In Paniksituationen war logisches Denken noch nie Azraels stärke. Außerdem hat sie seine Macht am eigenen Leib erfahren, warum sollte sie ihm dann nicht glauben?"

Verzweifelt seufzte Elladan auf.

„Ich weiß einfach nicht was ich tun soll... und fühl mich so hilflos."

Sein Vater legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.

„Ich weiß, mein Sohn. Doch auch ich kann nicht viel tun, so gerne ich es auch wollte."

„Aber er wird ihr wer weiß was antun! Du hast doch gesehen, was Haldir mit ihr gemacht hat, und dort ist sie ganz allein und ohne Schutz."

„Er wird ihr nichts antun und das weiß du auch, er liebt und braucht sie. Er hat nur so reagiert, weil er es so überraschend erfahren hatte, was hättest du getan?

Und so ganz schutzlos ist sie nicht."

Bei der Erwähnung Alriks Gefühle ballte der Elb die Hände zu Fäusten.

„Ich hätte sie nie im Leben fast erwürgt, und das weißt du. Wieso hast du mich nicht zu ihr gelassen? Sie wäre beinahe vor unseren Augen umgebracht worden!"

„Es war besser so. Wir hatten erhofft, dass er sich verrät. Wärst du dazwischen gegangen, hätte ihn das nur von Azrael abgelenkt. Er musste sich auf sie konzentrieren."

„VERRÄT? Was hätte er bitte verraten sollen?" fassungslos sah er seinen Vater an.

Dieser ließ sich seufzend wieder in seinen Sessel sinken.

„Wir hatten erhofft, dass er unvorsichtig wird und irgendwelche Details preisgibt, die uns von Nutzen sein könnten."

„Und das wären zum Beispiel?"

„Das wissen wir nicht. Einzelheiten seiner Pläne oder ein winziger Hinweis, den wir gegen ihn verwenden könnten."

„Und was hat es euch bitte gebracht? Er har gar nichts ausgeplaudert!"

„Das wussten wir ja nicht. Das mussten wir riskieren."

„Und was wäre gewesen, hätte er sie nicht rechtzeitig los gelassen? Eine dumme Nebenwirkung, eures ach so genialen Plans?" wütend schrie Elladan seinen Vater an.

„Beruhige dich mein Sohn." Beschwichtigens sah er ihn an.

„Wir sind uns sicher, dass er sie niemals umgebracht hätte."

„Ich will mich nicht beruhigen! Was gibt euch diese Sicherheit? Sei wann kann man ihn einschätzen, diesen verdammten Mistkerl." Elladans Lautstärke hatte sich nicht vermindert, eher im Gegenteil.

Doch Elrond ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Ihn kann man nicht gut einschätzen, aber seine Gefühle dafür umso besser und darauf bauen wir."

„Seine Gefühle, pah! Als wenn dieses Monster Gefühle hätte. Wie kann er ihr sowas antun, würde er sie wirklich mögen!"

„Du kannst ihn nicht mit dir vergleichen. Er will Macht und Azrael will er Besitzen. Er will die Macht über sie haben, aber trotzdem, oder gerade weil sie sich ihm widersetzt, liebt er sie, was er aber niemals zugeben würde."

„Dieses verdammte Monster, kann er sie nicht einfach in ruhe lassen?" Elladan ermattete langsam „langsam wird mir das alles zu viel."

„Du musst stark sein, mein Sohn. Sei es wenigstens für Azrael, denn ich glaube auch sie wird nicht mehr lange aushalten zwischen den Fronten zu stehen. Der Druck, der auf ihr lastet ist ebenso groß wie deiner."

„Und wird sicher noch größer sein. Ich werd es versuchen, doch in Momenten wie diesen hab ich einfach das Gefühl nicht mehr weiter zu können."

Ernst schaute Elrond ihn an.

„Und was würdest du in solchen Momenten dann lieber machen? Dich von Azrael trennen, um das ganze nicht mehr mit zu machen?"

„Nein, das auf keinen Fall. Ich weiß nicht was ich in solchen Momenten tun würde. Wahrscheinlich mich irgendwohin wünschen, wo Alrik Azrael nicht finden kann, oder ihn einfach aus der Welt und ihren Erinnerungen streichen lassen."

„Doch leider ist es nicht so leicht. Aber wir werden ihn vernichten, mein Sohn, wir müssen es schaffen. Doch die Erinnerungen werden bleiben."

„Das weiß ich, Adar." Der Elb stand auf. „Darf ich Glorfindel bei der Suche helfen?"

„Mach das. Ich wünsche dir Glück. Doch versprich mir eins, solltet ihr sie nicht mehr in Bruchtal finden, so überstürz nicht und bleibe erst einmal hier."

„Versprochen." Eilig verließ er den Raum.

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2 Tage später stürzte Galawen aufgeregt in Elladans Zimmer, der seit er vor der erfolglosen Suche zurückgekehrt war, nur teilnahmslos aus dem Fenster starrte.

„Elladan, sieh dir das an!"

Hoffnungsvoll sah er auf.

„Was? Weißt du wo sie ist?"

Ein mitleidsvoller Blick traf ihn.

„Nein, leider nicht aber ich weiß das sie NICHT bei Alrik ist."

„Ist sie nicht? Aber wo ist sie denn dann? Ist ihr was passiert?"

„Naja das ist so die Frage." Wich die Elbe seiner Frage aus, nervös spielte sie mit einem Zette.

„Was ist das?" neugierig deutete der Elb auf das Papier.

„Der lag heute Morgen auf dem Tisch, gestern war er jedoch noch nicht da." Sie faltete den Zettel auf und überflog ihn.

„Also hier steht:

Macht euch keine Sorgen, das Mädchen Azrael ist in guten Händen. Das alles geschah zu ihrem eigenen Schutz, ihr wird nichts passieren sollte sie sich still verhalten. Wir wollen uns nicht in die Geschicke Mittelerdes einmische, nur das Gleichgewicht wieder herstellen. Also seid beruhigt. In einiger Zeit melden wir uns wieder.

Total überrumpelt starrte Elladan Galawen an.

„In guten Händen? Zu ihrem eigenen schutz? Galawen, was hat das zu bedeuten?"

„Ich weiß doch selbst nicht mehr, als hier steht. Aber so wie es aussieht, scheint sie entführt worden zu sein." Sie reichte ihm den Brief, dass er ihn nochmal lesen konnte.

„Azrael, was hast du wieder angestellt…" murmelte er leise und las den Zettel wieder und wieder.

„Was hältst du von der Sache?"

„Ich weiß es nicht. Es macht die ganze Sache nicht einfacher."

Ruhelos sprang er auf und lief im Zimmer hin und her, wie so oft in den letzten stunden.

„Nein, einfacher nicht. Aber wenigstens ist sie nicht bei IHM. Und wenn sie sie wirklich schützen wollen, wird es ihr dort sicher besser ergehen."

„Ihr wird es nirgendwo besser ergehen als bei MIR! Aber wenn diese Leute ihr bestes wollen, dann sollen sie sich zu erkennen geben. Wer weiß, vielleicht ist das ja auch nur ein Trick von diesem verdammten Mistkerl!"

„Niemand behauptet das Gegenteil. Ich meinte es wird ihr dort sicher besser ergehen als bei Alrik." Erwiderte die Elbe sanft.

„Doch für einen Trick halte ich es nicht wirklich, es sieht ihm einfach nicht ähnlich mit solchen Tricks zu arbeiten."

„Wenn die ihr auch nur ein Härchen krümmen, sind die dran, wer immer DIE auch sind. Was soll ich jetzt machen? Auch wenn ich jetzt weiß, dass es ihr gut geht, ich fühle mich so… so…"

„Hilflos?" mitfühlend sah sie ihn an. „Das ist klar, aber wir können nichts anderes tun, als abzuwarten bis sie sich wieder melden."

„Und was sollen wir die ganze Zeit machen? Darauf warten, dass sie uns mitteilen: „Ach übrigens, wir haben uns es anders überlegt, ihr werdet nie erfahren wo sie ist."? Es ist zum verrückt werden, ich will sie jetzt auf der Stelle wieder hier haben, selbst wenn sie mit Glorfindel rumknutschen würde, Hauptsache sie ist bei mir."

„Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Elladan. Auch wenn wir sie suchen gehen würden, wo sollten wir anfangen? Sie könnte in den 3 Tagen überall hingebracht worden sein."

„Ich weiß es ja." Hilflos sah er Galawen an. „Sie ist meine gottverdammte Frau und es ist meine Aufgabe, meine Pflicht, für sie da zu sein. Wer weiß wie es ihr bei diesen Leuten geht."

„Sie ist ein großes Mädchen, sie weiß sich zu wehren. Außerdem hätten die Entführer genauso gut gar keine Nachricht hinterlassen können, wenn sie gewollt hätten ihr etwas anzutun, das wäre ein zu großes Risiko um nichts gewesen."

„Und was machen wir jetzt?"

„Abwarten."