Kapitel 57
Ein paar Tage später saßen Azrael und Legolas nachts erschöpft vor dem Lagerfeuer zusammen, sie waren nun nur noch einen Tagesritt von Bruchtal entfernt.
Legolas beobachtete das Mädchen aus den Augenwinkeln, diese starrte ins Feuer.
„Warum bist du eigentlich so lange weg geblieben?"
„Ich war schon drei Mal auf halben weg nach Bruchtal." Sagte sie schließlich leise.
„Und dann?"
Azrael zuckte mit den Schultern-
„Bin ich zurückgegangen."
„Warum?"
„Ich hatte angst…" sie flüsterte nur noch „Wer weiß, vielleicht wollte Elladan mich nicht mehr, jetzt mit diesem… diesem Fluch."
„Unsinn!"
„Könnte ich es ihm verdenken? Wer will schon eine Psychopathin als Frau, mit irgendwelchen unkontrollierten, dunklen Kräften?"
„Er lieb dich, denkst du das stört ihn?"
„Aber irgendwann haben auch seine Nerven und seine Liebe eine Grenze."
„Bis du dir da sicher?"
„Ich weiß nicht mehr."
„Was?"
„Was ich glauben soll. Ich will nicht das er stirbt!" begann sich plötzlich an zu schluchzen.
„Dann wollen wir hoffen, dass du es wieder richten kannst."
„Ich bin ja auch an allem schuld."
„Stimmt."
Azrael funkelte ihn an.
„Danke für dein Mitleid!"
„Gern geschehen." Er grinste sie an.
Wütend schaute das Mädchen weg.
„Toll!"
Der Elb reagierte nicht und starrte ins Feuer.
„Legolas…" flüsterte Azrael plötzlich.
„Was?"
„Es tut mir leid… alles… es tut mir verdammt noch mal alles so leid!" wieder schluchzte sie.
„Das wird schon werden." Beinahe sanft sah er sie an.
Doch plötzlich sprang das Mädchen auf.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren."
„Du willst jetzt weiter?"
„Ja, und zwar sofort."
„Aber es ist dunkel, wir kommen nicht weit."
„Mir egal, ich muss zu Elladan!" entschlossen sah sie ihn an.
Der Elb seufzte.
„Aber nicht, wenn wir von Orks erwischt werden."
„Die mache ich alleine fertig."
Spöttisch schaute der Krieger das Mädchen an.
„Nicht wirklich."
Azrael zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Willst du mich herausfordern Elb?"
„Und wenn?"
„Du würdest es bereuen!"
„Das denk ich weniger, du hast beim Kampftraining nie aufgepasst."
„Woher willst du das wissen?"
„Elladan hat es erzählt."
„Er kann auch nicht alles wissen."
„Wie meinst du das?"
„Was denkst du was ich meine?"
„Du hast geübt?"
„Ich bin ein Naturtalent!"
Legolas lachte laut auf.
„Dann zeig es mal."
„Ich vertrödle mein Talent nicht an dir." Eingebildet schaute sie ihn an.
„Weil du keines hast."
Azrael grinste breit.
„Vielleicht nicht im Umgang mit Waffen."
„Und womit dann?"
Plötzlich war Azrael wieder mit einer schwarzen Aura umgeben, auch ihre –augen färbten sich schwarz.
„Ich kann es bald kontrollieren."
„Was willst du tun?"
Azrael legte den Kopf leicht schief und musterte den Elb.
„Du hast mich herausgefordert."
„Du bist unfair."
„Wieso?"
„Ich hab solche Kräfte nicht."
Das Mädchen lachte kalt und leise auf.
„Ja und?"
„Wie soll der Kampf das fair sein?"
„Ich will ja gar nicht kämpfen, ich will nach Bruchtal JETZT!"
„Erst wenn es hell wird." Der Elb blieb unerbittlich.
Anstatt etwas zu sage ging Azrael auf ihn zu und hielt seinen Arm fest.
„ICH WILL JETZT nach BRUCHTAL!"
Scharf sah Legolas sie an.
„Nein!"
Plötzlich loderte Azraels schwarze Aura wie eine Flamme.
„Ich WILL ABER!"
Legolas wich langsam zurück.
„Azrael, beruhig dich!"
„Ich will jetzt nach Bruchtal!" wieder schnappte sie sich Legolas Arm, und wurde von einer großen Woge Energie erfasst.
Legolas fühlte sich, als wenn er von einem Strudel erfasst worden wäre, dann plötzlich fand er sich nicht mehr im Wald, sondern in Bruchtal wieder.
Azrael und er standen nun in Elladans Zimmer.
Überrascht schrie Legolas auf.
„Was hast du gemacht?"
Doch auch das Mädchen sah Legolas fassungslos an, dann verdrehte sie plötzlich die Augen und sackte bewusstlos zusammen.
Besorgt beugte Legolas sich runter.
„Azrael?" leicht schüttelte er sie.
In diesem Moment betrat Elrond den Raum. Die Stimmen hatten ihn angelockt.
„Was ist hier los." Überrascht sah er die zwei am Boden an.
„Sie ist einfach zusammen gebrochen, grad waren wir noch irgendwo im Wald vor Bruchtal und jetzt…"
Elrond beugte sich ebenfalls über das Mädchen.
„Das ist Alriks Kraft gewesen, ich habe es gespürt. Sie hat sich verausgabt."
„Was bedeutet das?"
„Sie wollte wohl dringend hier hin?" fragend schaute er den Prinzen an.
„Ja, sie wollte weiter, trotz der Dunkelheit."
„Wahrscheinlich war ihr Wunsch so stark das Alriks Kräfte automatisch eingesetzt haben."
Legolas nickte verstehend.
„Gut möglich, wann wird sie wieder wach sein?"
„Jetzt."
Er sah zufrieden zu wie Azrael langsam wieder zu sich kam.
„Was ist passiert?" fragte diese verwirrt und schaute sich um.
„Alriks Kräfte, wir sind in Bruchtal." Fasste Legolas schnell zusammen.
Azrael sprang auf.
„Wo ist Elladan?"
Der Prinz deutete aufs Bett, wo Elladan bleich und wie tot lag.
„Oh mein Gott!" das Mädchen konnte kaum glauben was sie da sah, ängstlich näherte sie sich dem Bett.
„Ist er… ist er…?" sie konnte es nicht aussprechen.
„Keiner weiß es."
Vorsichtig legte Azrael eine Hand auf Elladans Wange, erschrocken zuckte sie zurück.
„Er ist so kalt."
„Versuch ihn zurück zu holen." Redete Legolas eindringlich auf sie ein.
„Aber wie?" in ihrer Stimme schwang Panik mit, doch auch Legolas war ratlos.
„Keine Ahnung, ich küssen oder so?"
Azrael ignorierte die beiden nun.
„Elladan…" flüsterte sie leise. „Was habe ich getan?" vorsichtig hauchte sie ihm einen Kuss auf die Lippen und fing dabei an zu weinen.
„Es tut mir so Leid…"
Eine Träne traf seine Lippe, seine Lieder zuckten unmerklich.
Azrael kniete sich weinend vors Bett und hielt seine kalte Hand.
„Bitte stirb nicht. Es tut mir so leid, ich wollte das doch alles nicht."
Langsam rann die Träne in Elladans Mund, hinterließ eine heiße Spur von der aus sich rasch Wärme in Elladans Körper ausbreitete. Er spürte ihre Hand in der seinen, und versuchte sie fester zu erfassen.
Doch das Mädchen bemerkte dies alles gar nicht, aufgelöst hang sie auf der Bettkante und entschuldigte sich wieder und wieder.
„Fuindi..." erklang plötzlich ein leises Wispern.
Elrond fiel ein Stein vom Herzen, als er dies hörte, erleichtert schaute er Legolas an und verließ mit ihm den Raum.
Azrael schaute erschrocken auf.
„Elladan?"
Dieser gab ein leises Stöhnen von sich, jede Bewegung schmerzte in seinem ganzen Körper, als wäre es die erste gewesen.
„Wie geht es dir?" fragte sie ihn leise.
„Es schmerzt..." noch immer realisierte er nicht was geschehen war, die Augen hielt er geschlossen.
Zitternd strich Azrael wieder über seine Wange, und er schmiegte sich an diese.
„Das wird wieder."
„Ist das ein Traum?"
„Nein, ich bin wirklich da, das habe ich doch versprochen."
„Du warst so lange weg, ich dachte du wärest fort, führ immer…"
„Aber ich habe doch gesagt ich würde wieder kommen."
„Aber es hätte dir etwas zustoßen können."
Azrael lachte leise.
„Ich kann auf mich aufpassen."
„Was ist mit seinem Fluch?"
„Es… Es ist nicht mehr so schlimm. Ich kann es bald kontrollieren."
„Ein Glück." Mühsam öffnete er die Augen, konnte jedoch alles nur verschwommen erkennen. „Wo bist du?"
„Ich bin hier." Mit ihrem Gesicht kam sie seinem ganz Nahe.
Elladan lächelte sanft.
„Es ist so dunkel hier."
„Du hast wohl die ganze Zeit im Dunklen gesessen, deine Augen sehen schrecklich aus."
Der Elb nickte.
„Es gab keinen Grund etwas sehen zu müssen, alles war trostlos und öde…"
Sanft küsste Azrael ihn auf die Stirn.
„Mein armer, geliebter Ehemann."
„Aber diesmal bleibst du doch, oder?"
„Natürlich bleibe ich."
Sie ging auf die andere Seite des Bettes und legte sich vorsichtig neben Elladan.
„Aber nur wenn du auch hier bleibst."
„Gut…" entspannt schloss der Elb wieder die Augen, das alles war zu anstrengend für ihn.
Zögernd nahm Azrael seine Hand, der Elb drückte sie sanft.
„Was hast du so erlebt?"
„Nichts Besonderes. Ein paar kleine Ausraster und Zerstörungen in Rohan, Heiratsvermittlungen von Eowyn bis sie endlich verstanden hat, dass ich schon den besten Mann in Mittelerde habe und jede Menge nachdenken."
„Heiratsvermittlungen? Spinnt die?"
„Sie wusste nichts von unserer Hochzeit, bitte reg dich nicht auf."
„Aber du hast es ihr doch gesagt, oder?"
„Sie wollte es mir nicht glauben, schließlich hatte sie uns schon ein paar Mal in Aktion in früherer Zeit erlebt."
Leise lachte Elladan auf.
„Das waren noch Zeiten…"
„Wir haben uns das Leben zur Hölle gemacht." Lachte Azrael ebenfalls.
„Und das obwohl wir es eigentlich anders lieber gehabt hätten."
„Du warst so gemein, wie hätte ich es den je wagen können nett zu dir zu sein?"
„Du warst es aber auch schon seit du ein kleines Baby warst. Jetzt gib nicht nur mir die Schuld."
„Du hast mich beleidigt und gefoppt seid ich ein Baby war."
„Nein, erst nachdem du immer anfingst zu schreien, wenn ich in der Nähe war, und mich so einiges ins Gesicht gespuckt hast."
„Ich war ein Baby, das habe ich doch nicht mit Absicht gemacht, du nachtragender Elb!"
„Das sah aber ganz anders aus."
„Wie sah es denn aus?"
„Als ob das Alles Absicht war, dass du mich nicht ausstehen konntest. Ich wusste nicht wie reagieren."
„Deswegen hast du angefangen mich zu hassen?" fragte das Mädchen ungläubig.
„Ich habe dich nicht gehasst."
„Fühlte sich aber so an!"
„Das basierte auf Gegenseitigkeit."
„Was habe ich schon getan, das waren kleine Kinderstreiche."
„Aber verdammt gute."
Azrael musste kichern.
„Ich war halt immer schon… erfindungsreich."
Auch Elladan musste grinsen.
„Stimmt, ich sag nur die Sache mit dem Sekundenkleber an Elrohirs und meinem Geburtstag."
„Du hast gesagt ich sei hässlich und ein Mannsweib und du würdest mir sogar einen Ork vorziehen!"
„Was aber nicht gemeint war, ich meinte das Gegenteil, aber du nanntest mich einen notgeilen Schürzenjäger."
„ABER du bist einer!"
„Nein, das war alles nur Show, wegen dir."
„Das hätte ich auch gesagt."
„Aber es ist wahr."
Azrael seufzte leise auf.
„Aber eine seltsame Art hast du schon. Hättest du mich nicht einfach küssen können?"
„Ich hatte Angst du würdest nur wieder etwas aushecken."
„Sooo schlimm war ich auch nicht."
„Das sagst DU."
„Ich war doch auch nur ein kleines Mädchen, unsterblich verliebt in den arrogantesten und schlimmsten Schürzenjäger Bruchtals, was hätte ich machen sollen?"
„Mir zeigen, dass du Interesse hast, dann wäre alles ganz anders gekommen."
„Aber du hast mich wie ein kleines Kind behandelt."
„Und du mich, wie das ekeligste in ganz Mittelerde."
„Dabei war ich total scharf auf dich." Azrael kicherte leise.
„Und ich auf dich." Er seufzte „Elrohir hat mir von deinem Angebot erzählt.2
Erschrocken fuhr Azrael auf.
„WAS?" Augenblicklich lief sie knall rot an.
Elladan grinste frech.
„Jaja, dein erster Kuss wie?"
Azrael wurde noch röter.
„Naja… ich…"
„Ja?"
„Ich war halt jung."
„Ob man das als Ausrede werten kann?" doch ein schelmischer Unterton schwang in Elladans Worten mit.
Das Mädchen nickte heftig.
„Aber es war ja nur der Kuss um den ich ihn gebeten hab."
Innerlich hoffte sie das Elrohir nicht noch mehr erzählt hatte.
„Naja, nicht ganz." Als der Elb ihren Gesichtsausdruck sah musste er laut lachen.
„Was hat er dir erzählt?"
„Alles."
Wenn es noch möglich war, wurde Azrael noch röter, langsam nahm sie die Farbe ihrer Haare an.
„Das könntest du dir jetzt auch ausdenken, um mich in eine Falle zu locken."
„Würde ich sowas tun?"
„Ja."
„Stichwort erstes Mal? Klingelt es?" Elladan versuchte mit seinen ungenauen Angaben herauszufinden ob Elrohir wirklich alles gesagt hatte.
Das Mädchen schlug sich die Hand vor den Mund, um nicht laut zu fluchen.
„Verda"
Der Elb grinste breit.
„Na, wer wird denn Fluchen?"
„Das… Das…"
„Das war was?"
„Ein Missverständnis?" versuchte sie sich rauszureden.
„Nein."
„Und warum nicht?"
„Ich denke Elrohir wird schon verstanden haben was du wolltest."
„Hat er dir gesagt ob er und ich… ob wir…"
„Ja."
„Und was hat er gesagt?"
„Das wirst du doch sicher wissen."
„Aber ich frage dich."
„Sag du es mir." Elladan grinste fies.
„Ich will aber wissen was er gesagt hat."
„Das er es nicht hat so weit kommen lassen."
Azrael tat überrascht.
„Ach, dass hat er gesagt?" sie zog eine Augenbraue hoch.
„Sagst du was andere?"
„Vielleicht hat er dich ja belogen."
„Dann sag du mir die Wahrheit?"
„Was denkst du ist die Wahrheit?"
„Keine Ahnung, doch du sagtest mal, du hättest noch nie."
„Hab ich das?"
„Ja hast du, als ich dir das erste Mal an die Wäsche wollte."
Azrael wurde bei dem Gedanken rot.
„Vielleicht habe ich das nur gesagt damit du aufhörst!"
„So hörte es sich nicht an, aber wenn du damit sagen willst, dass du gelogen hast, schön."
Beruhigend küsste Azrael ihn auf den Mund.
„Ich habe nicht gelogen."
Elladan umarmte ihn.
„Schön zu hören."
„Dir scheint es ja wieder sehr schnell besser zu gehen."
Der Elb grinste schief.
„Wie könnte es anders sein, jetzt wo du hier bist?"
Azrael kuschelte sich nahe an ihn.
„Ich könnte es mir nicht anders erklären."
So schlief Elladan langsam mit ihr im Arm ein, Azrael lag noch etwas länger wach.
„Ich bin froh wieder hier zu sein…" murmelte sie leise, bevor sie ebenfalls einschlief.
