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Am Samstag stand Harrys Hogsmeadebesuch an. Mit Ginny. Sie schritten den Weg hinab, sie bei ihm eingehakt und sich an Harry kuschelnd.

„Harry, wir kennen uns schon so lange", sagte sie. Harry nickte.

„Oh ja, seit sieben Jahren. Du bist wie eine richtige Schwester für mich geworden", sagte er.

„Ja, aber... weißt du noch, wie ich in meiner ersten Klasse in dich verknallt gewesen war?"

„Ja, ja. Da kannten wir uns eben noch nicht so gut." Harry versuchte, sie zu trösten.

„Aber Harry! Was, wenn das noch einmal passiert?"

„Ich glaube kaum, dass du noch einmal in die erste Klasse kommst!"

Ginny wurde nun eindeutig rot und nuschelte vor sich her. Harry hörte nicht genau hin, da sie in Hogsmeade angekommen waren. Der Honigtopf und der Drei Besen lockten. Doch Ginny zog ihn zu einem anderen Café. „Du brauchst einmal Abwechslung", sagte sie.

„Aber Ginny, hier war ich damals mit Cho. Es war schrecklich", sagte Harry. Er wollte Ginny nicht mit der Nase darauf stoßen, dass dies ein Café für Paare war, sie war ja noch so jung und naiv.

„Dann wird es Zeit, dass du neue Erfahrungen machst", sagte sie. Harry fasste das zweideutig auf und schaute weg. Ginny hatte ja keine Ahnung, was sie da von sich gab.

„Meinetwegen", sagte er nur. Als sie eintraten, klingelte ein Glöckchen. Weiße Watte und künstlicher Schnee war überall verteilt, flog unter der Decke herum, und besonders die dazugehörigen kitschigen Herzchen störten Harry. „Mädchenkram", dachte er sich. Nun, wenn es Ginny gefiel. Vielleicht erhoffte sie sich, hier ihren Traumprinzen zu finden.

Schon zerrte sie ihn zu einem Tisch. Harry bestellte ein Butterbier und Ginny einen Kakao. „Mit viel Sahne", schloss sie ab. Die Kellnerin verschwand und Ginny blickte Harry erwartungsvoll an.

„Also. Gefällt es dir?", wollte sie wissen. Harry zuckte mit den Schultern.

„Also, mir schon", redete sie weiter. Harry nickte.

„Hier ist es so urig", sagte Ginny.

Urig, dachte Harry.

„Richtig gemütlich, die Atmosphäre passt doch zum Valentinstag?"

„Sicher", bequemte Harry sich zu sagen.

Er sah aus dem Fenster. Es lag kein Schnee, wie vor ein paar Tagen, sondern nur Matsch. Die Glocke bimmelte erneut. Es wäre Harry egal gewesen, doch er hörte eine bekannte Stimme quietschen: „Harry! Ginny!"

„Lav- Lav", sagte Harry leise. Ginny stieß ihn in die Seite. „Ah, Lavender! Und Ron! Was führt euch hierher?", rief sie.

Lavender winkte und schrie durch das Café: „Wir suchen ein nettes Plätzchen zum Knutschen!"

Alle umhersitzenden Paare unterbrachen ihre Knutschsession und blickten sie vorwerfend an. Lavender grinste, zuckte mit den Schultern und zog Won- Won, der Harry hilflos ansah, an einen Tisch. Alle anderen außer Harry und Ginny knutschten weiter.

„Tss", machte Harry, „das erinnert mich an Malfoy."

„Was?", fragte Ginny.

„Das Knutschen."

„Ja, das muss dir sicher komisch vorgekommen sein... Aber egal. Chrm. Oh, danke!" Die Kellnerin stellte Harry sein Bier und Ginny ihren Kakao hin. Harry gab ihr zwei Sickel fürs Bier.

„Und der Kakao?", fragte die Kellnerin, auf dessen Namensschild Harry den Namen Maria las.

Harry blickte Ginny an, die ihn mit großen Augen ansah. Harry sah wieder zu Maria. „Sie trinkt ihn doch."

„Sie wollen ihre Freundin doch nicht selber bezahlen lassen?"

„Nun, quasi..."

„Harryyyy", sagte Ginny.

Maria sah ihn streng an. Harry seufzte und gab ihr zwei weitere Sickel. Bevor sie ging, lächelte sie Harry an und zwinkerte ihm zu.

„Also, wo war ich? Ach ja", sagte Ginny und blickte Harry an. Er grinste gezwungen und trank erst mal sein Bier. Die munter knutschenden Paare um ihn herum versuchte er, aus seinem Gehirn zu verbannen. Aber es ging nicht, zu laut waren ihre Schmatzgeräusche.

Ginny rückte mit ihrem Stuhl ein bisschen näher. In ihrer rechten Hand hielt sie ihren Becher, die linke lag auf dem Tisch. Neben Harrys Bierkrug.

Harry wich ihrem Blick aus und sah weiter aus dem Fenster. Es fielen nun feine Flocken vom grauen Himmel. „Och, nö!", stöhnte er.

„Harry!"

„Ja?"

Ginny rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. „Siehst du die Leute um uns herum?"

„Ja, Ginny. Sie tun das, weil... sie wollen sich gegenseitig den Kaugummi klauen", meinte er. Ginny war ja noch so unschuldig. Sie verzog ihr Gesicht.

„Hast du Kaugummi im Mund?", fragte sie. Harry schüttelte den Kopf und Ginny grinste.

„Ich aber."

„Ach", seufzte Harry, „das tun aber nur... Paare. Verliebte. Tut mir leid, Ginny."

Sie schüttelte den Kopf und fing an zu weinen. „Du verstehst auch gar nichts!", schrie sie. Sie sprang auf und rannte raus, die Glocke bimmelte empört und die Tür fiel krachend ins Schloss. Maria blickte ihn vom Tresen aus böse an. Harry verdrehte die Augen und setzte zur Verfolgung an.

Er holte sie vor dem Drei Besen ein und riss sie an der Schulter herum. „Ginny, was sollte denn das? Ich hatte mein Bier noch nicht ausgetrunken!"

„Harry! Ich bin seit der ersten Klasse in dich verliebt!", rief sie.

„Nein, bist du nicht!", sagte Harry.

„Woher willst du denn das wissen?"

„Weil... du bist mit anderen Leuten ausgegangen!"

„Ich habe die Hoffnung nie aufgegeben, Harry. Ich liebe nur dich!" Ihr Gesicht kam ihm gefährlich nahe.

„Was für ein Zufall, Potty und Wieselschwester." Malfoy war aus dem Pub getreten und schloss die Tür hinter sich.

„Ah, genau zur richtigen Zeit, Malfoy!", sagte Harry und schickte ihm einen eindeutigen Blick.

„Was?", fragte Malfoy sichtlich verwirrt. Harry rannte zu Malfoy und umarmte ihn.

„Ginny, ich würde dich ja nicht zurückweisen, aber... ich bin schon vergeben", meinte er. Malfoy schüttelte den Kopf.

„Ich hab deinen Arsch gerettet, also rettest du auch meinen", zischte Harry ihm zu.

Ginny klappte der Mund auf. „Ron meinte, das wäre nur ein schlechter Scherz!"

Harry lehnte seinen Kopf an Malfoy Schulter. „Nein, nein", sagte er. Malfoy schloss seine Arme um Harry.

„Aber ihr hasst euch!"

„Nein, nein", sagte Malfoy. Harry lächelte ihn, wie er hoffte, verliebt an. Malfoy schaffte es nur zu einem nicht- ganz- so- hinterlistigen Grinsen. Dann senkte er seine Lippen auf Harrys.

Ginny machte „Urks", dann ertönte ein Klatschen. Harry wusste nicht, was geschehen war, denn er hielt die Augen geschlossen. Sein Mund wurde von unendlich weichen Lippen bearbeitet. Harry seufzte, wobei er seinen Mund ein wenig öffnete, und sofort drang eine fremde Zunge ein und stieß Harrys an. Harry stieß zurück. Währenddessen lehnte er sich immer stärker an Malfoy an.

Doch dann trat dieser weg und Harry wäre fast hingefallen. Im letzten Moment konnte er sich noch fangen. „Malfoy", keuchte er.

„Erbärmlich, Potter", kommentierte Malfoy.

„Du bist erbärmlich! Und schwul, ich wusste es!"

„Ha, wer ist hier schwul, Potter?"

„Ihr seid beide schwul, nur zu eurer Info", sagte ein Slytherin, der gerade aus dem Pub kam. Hinter ihm standen Crabbe und Goyle. Harry sah Malfoy misstrauisch an und fragte sich, warum der ohne die beiden Schränke aus dem Pub gekommen war.

„Klappe, Zabini!", fuhr Malfoy ihn an. Er gesellte sich zu ihnen und blickte Harry böse an, als sie an ihm vorbei den Weg zum Schloss hinauf einschlugen.

Harry sah sich um. Dort lag Ginny auf dem Boden, ohnmächtig. Ups.

Harry hockte sich vor sie und rieb ihr Gesicht mit dem neugefallenen Schnee ein. Sie erwachte schon bald und setzte sich auf.

„Harry, du hast es geschafft! Meine Liebe wurde ins Gegenteil gekehrt! Ich hasse dich! Und nun werde ich allen schwulen Jungs auf Hogwarts erzählen, dass du immer auf der Suche nach einem Abenteuer bist!"

„Lass die Scherze, Ginny. Auf Hogwarts gibt es keine schwulen Jungs. Außer, ugh, Malfoy und ich natürlich. Und Crabbe und Goyle vielleicht." Harry schüttelte sich.

„Hast du eine Ahnung!"

„Nicht?"

„Nein!" Sie stand auf, klopfte sich den Schnee aus der Kleidung und trat den Rückweg an. Harry blickte ihr hinterher und ging dann in den Drei Besen.

((o)) ((o)) ((o))

„Harry! Was hast du Ginny angetan?", fragte Hermine abends im Gemeinschaftsraum.

„Gar nichts! Nur ihre plötzlich aufflammende Liebe nicht erwidert!" Harry warf sich auf einen Sessel und starrte ins Feuer, während er daran dachte, wie Sirius Kopf damals dort erschienen war.

„Plötzlich aufflammend? Harry, hast du eine Ahnung, wie lange sie schon in dich verliebt ist?"

„Seit der ersten Klasse?", fragte Harry gelangweilt.

„Ganz genau!"

„Ich kann nichts dazu! Ich habe es nicht darauf angelegt. Jetzt weiß sie, dass ich mit Malfoy zusammen bin!"

Hermine atmete zischend die Luft ein. „Harry?"

„Ja."

„Du bist nicht wirklich mit Malfoy zusammen."

„Ja, ich weiß! Mann, Hermine, seit wann bist du so humorlos?"

„Schon immer?" Hermine schüttelte unverständlich den Kopf und las weiter. Nach zehn Minuten kamen Won- Won und Lav- Lav in den Raum. Harry sprang auf und ging zu Ron.

„Won- Won, kann ich mit dir reden?", fragte er. Ron blickte ihn tödlich beleidigt an. Lavender kniff Harry in den Arm.

„Nur ich darf ihn so nennen."

„Woher willst du wissen, dass ich ihn nicht schon immer so genannt habe?"

Lavender stand ein Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Harry zog Ron durch den Raum in den Schlafsaal.

„Ron, du errätst nie, was heute passiert ist!", fing Harry an.

„Äh, doch, ich habe es vom Café aus gesehen. Warum knutschst du ihn die ganze Zeit ab, wenn die Gerüchte doch nicht stimmen?"

„Dafür gab es einen plausiblen Grund, weißt du?"

Ron schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte dummerweise die Lauschangriffohren von Fred und George vergessen, so dass ich euch nicht belauschen konnte."

Harry nickte und streckte sich auf seinem Bett aus. „Ginny hat gesagt, dass sie mich liebt und ich habe gesagt, ich würde, wenn ich könnte, aber ich bin schon an Malfoy vergeben, denn er kam in diesem Moment heraus und hat mich an meine Scheinbeziehung erinnert."

Ron setzte sich ebenfalls auf sein Bett. „Ginny liebt dich? Wow. Und du...? Kannst du nicht Scheinschluss machen, und dann zu ihr gehen?"

„Nein. Ich will ja nicht, verstehst du, also..." Er zögerte. Es war immerhin Rons Schwester. Aber andererseits war Ron sein bester Freund.

„Sie hat mich in letzter Zeit mit ihren Annäherungsversuchen ziemlich genervt."

Ron nickte nur, während sein Blick in die Ferne schweifte. „Denkst du, ich sollte auch eine Scheinbeziehung aufbauen, um einen Grund zu haben, Lavender abzuschießen?"

„Davon würde ich dir abraten. Mit Lavender Schluss machen musst du so oder so, und was würde Hermine denken? Scheinbeziehungen sind außerdem noch nerviger als echte. Auch wenn die Küsse vielleicht besser sind."

Ron blickte ihn mit großen Augen an. Harry schlug die Hand vor den Mund. Hatte er das jetzt etwa laut gesagt? „Äh, äh..." Er suchte nach den passenden Worten, um diesen Fehler wieder auszubügeln.

„Na, ich weiß was du meinst, Harry. Bei Lavender stell ich mir auch immer vor, jemand anderes zu küssen."

„Ah, und wen genau?"

Ron wurde rot. „Das kannst du dir sicher denken."

Harry nickte. Er war zu froh, dass das Thema nicht mehr auf seinem Versprecher lag.

„Ach, wusstest du übrigens, dass Fred und George am Montag in die Schule kommen?", sagte Ron dann.

Harry schüttelte den Kopf. „Wieso?"

„Sie wollen Scherzartikel verkaufen, du kennst sie doch." Ron zuckte mit den Schultern.

„Und es hat nicht mit dem Valentinstag zu tun?", fragte Harry neugierig.

„Ich glaube nicht. Warum sollten sie dafür extra hierher kommen?"

„Wer weiß. Zuzutrauen ist es ihnen auf jeden Fall."

((o)) ((o)) ((o))

Harry blätterte ein Magazin durch. Er stand dazu in der Zeitschriftenecke in der Bibliothek. Hermine saß irgendwo an einem Tisch und schrieb einen Aufsatz für Alte Runen. Normalerweise vermied Harry Sonntags die Bibliothek, aber da Ron sich wieder in Won- Won verwandelt hatte, blieb ihm keine andere Möglichkeit, als Hermine zu begleiten.

„Ich hörte, du bist auf der Suche nach einem Abenteuer?", erklang eine Stimme direkt vor Harry.

Harry runzelte die Stirn und sah auf. „Was?"

Ein Junge, ein paar Jahre jünger als Harry und die Haaren vollkommen zugepantscht, stand dort. Er rekelte sich in seinem rosa Hemd. „Ich heiße Jack. Ich kann dir zur Hand gehen." Er grinste.

Harry überfiel zuerst der Wunsch, sich die Nase zuzuhalten, da Jack mit dem Aftershave übertrieben hatte, und dann, einfach wegzurennen. Aber er war ja Harry Potter, der Junge, der lebte, der Auserwählte, der Mutigste aller Gryffindor. Er hatte sich seinen Problemen zu stellen.

„Nein, danke. Da hat dir jemand falsche Informationen gegeben", sagte er deshalb.

Jack drängte sich näher an ihn heran und Harry rümpfte übertrieben laut die Nase.

„Komm schon! Ich bin garantiert besser als Malfoy!"

„Jeder ist besser als Malfoy, darum geht es nicht", sagte Harry und fächerte sich Luft zu.

„Im Bett, meinte ich", sagte Jack. Er leckte sich über die Lippen und Harry fragte sich, ob Jack dachte, ihn damit rumkriegen zu können.

„Im Bett? Denkst du, ich steige mit Malfoy – oh. Tja, niemand kann meinen Drachen im Bett übertrumpfen!"

„Das weißt du nicht, wenn du es nicht ausprobiert hast!" Jack fasste Harrys Hände mit der Zeitschrift, drückte sie nach unten und lehnte sich selbst gegen ihn. Harry wich zwar zurück, aber schon bald wurde er von einem Regal aufgehalten. Jack kam mit seinem Gesicht bedrohlich nahe. Harry drehte den Kopf zur Seite, hielt die Luft an und kniff die Augen zusammen. Plötzlich merkte er, wie Jack ganz starr wurde. Er riskierte einen Blick. Jacks Miene war versteinert und er kippte wie ein Brett um.

Harry atmete erleichtert auf. Dann blickte er sich nach seinem Retter um. Mit erhobenem Zauberstab kam Malfoy auf ihn zugestürmt.

„Was sollte denn das, Potter?"

„Das weiß ich auch nicht, Malfoy. Wieso hast du das getan?"

„Potter!", zischte Malfoy und deutete auf den am Boden liegenden Jack. Harry verstand.

„Ach, blöde Frage. Danke, mein Schatz! Ich muss auch schon wieder!" Harry wollte an Malfoy vorbei gehen. Doch Malfoy hielt ihn fest. „Du wolltest mich betrügen, Potter", sagte er.

„Nein! Er hat sich aufgedrängt!", sagte Harry.

„Ist das so?" Malfoy hob eine Augenbraue. Harry starrte die Augenbraue an und nickte. Malfoy ließ ihn los, ging zu Jack und trat ihm in den Magen. Kein Laut drang von Jack herauf. Malfoy trat noch einmal zu.

„Vielleicht solltest du nicht so gewalttätig sein, Malfoy", sagte Harry. Er wusste, wie es war, unter der Ganzkörperklammer verprügelt zu werden. Hatte ihm doch ein Feigling Anfang der sechsten Klasse dasselbe angetan.

„Potter, ich –" Malfoy stoppte sich, schloss die Augen und atmete ein paar Mal durch. Dann blickte er Harry an und grinste auf eine ganz und gar beunruhigende Weise. „Ich muss dich doch verteidigen, Bärchen."

Harry spürte, wie die Röte ihm ins Gesicht schoss. „Nenn mich nicht so!"

„Oh, gestern Nacht hast du noch etwas anderes gesagt!"

„Malfoy!" Harry gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass er zu weit ging. Aber, wann hatte Malfoy sich jemals davon aufhalten lassen?

„Weißt du nicht mehr, nachdem ich dich so hart genommen hatte, dass du nur noch wie ein Bär brummen konntest?"

Harry wusste, sein Kopf sah nun aus wie eine Tomate. „Ich warne dich, Malfoy!"

Malfoy grinste noch mehr. Dann trat er Jack noch einmal und ging an Harry vorbei. Harry stieß ihn im Vorbeigehen an, aber er lachte nur und ging weiter.

Harry seufzte auf und entfluchte Jack. Dann half er ihm hoch. „Entschuldige, er ist sehr besitzergreifend. Wie konntest du auch auf die Idee kommen, was mit mir anfangen zu wollen? Das ist lebensgefährlich, wenn mein Freund Malfoy heißt, weißt du?"

Jack nickte nur noch. Sichtlich angeschlagen stand er auf und würdigte Harry keines Blickes mehr, als er sich davon machte. Harry hob die Zeitschrift, die er fallen gelassen hatte, auf und legte sie zurück.

((o)) ((o)) ((o))

„Er hat WAS?"

„Er hat seinen Freund verteidigt, das ist doch ganz normal."

„Harry?"

„Ja."

„Du bist nicht wirklich mit ihm zusammen, und wir reden hier von MALFOY. Warum klärst du die Sache nicht langsam mal auf?" Hermine verschränkte die Arme und lehnte sich in ihrem Sessel zurück.

„Können wir mal von etwas anderem als nur mir sprechen? Zum Beispiel von dir", antwortete Harry. Hermine hob eine Augenbraue. Harry starrte sie an. „Wie Malfoy", sagte er.

„Harry!"

Harry schüttelte seinen Kopf. „Ja, ja. Ich kann das nicht, Hermine, wenn alles auffliegen würde, dann würde Malfoy mich umbringen. Er braucht mich als Ausrede. Und ich ihn, wegen Ginny."

„Du kannst Ginny auch einfach so sagen, dass du nichts für sie empfindest."

Harry strich über die Sessellehne seines Sessels. „Das ist nicht einfach", sagte er. „Frag Ron, er versucht die ganze Zeit –"

„Ich will nichts von Won- Won hören", meinte Hermine.

„Hör mir doch zu, er will mit Lavender –"

„Ich kann mir schon denken, was er mit ihr will!" Hermines Stimme war schrill geworden. Sie stand auf, funkelte Harry an und lief dann in ihren Schlafsaal. Harry lehnte sich seufzend zurück und starrte das Feuer an. „Nichts ist so, wie es am besten wäre", murmelte er zu sich selbst. „Da muss ich wohl ein bisschen nachhelfen."

((o)) ((o)) ((o))

Am nächsten Tag wachte Harry schon früh auf. Er sann darüber nach, was er an diesem Sonntag zu erledigen hatte, als Ron anfing, sich im Bett umherzuwälzen und schließlich dem dumpfen Geräusch nach zu urteilen auf dem Boden landete. Harry zog seine Vorhänge zur Seite und blickte auf Ron, der tatsächlich auf dem Boden lag, total in seiner Bettdecke gefangen war und die Haare in alle Richtungen abstehend hatte. Als er Harry sah, grinste er.

„Morgen Harry", sagte er.

„Was ist los, Ron?"

„Ach", nuschelte Ron, als er versuchte, sich zu befreien, „Ich hatte nen ganz komischen Traum. Mit Spinnen, Lavender und Hermine. Alle haben sie gekämpft."

„Und wer hat gewonnen?", fragte Harry amüsiert. Ron stand auf, verhedderte sich in seiner Decke und fiel wieder zu Boden.

„Blödes Viech", sagte er. Harry lachte laut auf.

„Komm, ich helf' dir", sagte er, stand auf und befreite Ron von seiner Decke.

„Niemand hat gewonnen, aber Hermine hat's Lavender ordentlich gezeigt", grinste Ron. Harry nickte.

„Warum bist du schon wach?", fragte Ron.

Harry zuckte mit den Schultern. „Konnte nicht mehr einschlafen."

„Soll ich dir mal was sagen?", fragte Ron, zerknüllte seine Decke und warf sie aufs Bett. Harry wurde neugierig, wann war Ron jemals so entschlossen? Selten genug. „Was denn?", fragte Harry.

„Ich habe mich entschieden. Ich mache noch heute mit Lavender Schluss! Egal, wie sehr sie auf die Tränendrüse drückt!" Ron schob seinen Unterkiefer hervor und ballte eine Faust. Harry lachte, stand auf und klopfte ihm auf den Rücken.

„Zieh es durch, Ron! Wurde ja mal Zeit!", sagte er.

Wenige Minuten später kamen sie in den Gemeinschaftsraum. Hermine stand dort und wartete auf Harry. Sie schoss auf ihn zu und hakte sich bei ihm unter, wobei sie Ron ignorierte. Harry zwinkerte ihm zu und ließ sich von Hermine aus dem Portraitloch zerren.

Bald begrüßte ihn das ewige Besteckklappern der Großen Halle. Es war bloß nicht ganz so laut, da Sonntag war und viele Schüler länger schliefen. Harry setzte sich neben Hermine, seine andere Seite blieb frei, und versorgte sich mit Frühstücksflocken. Er schüttete Milch darüber, führte dann einen Löffel voll in seinen Mund. Während er kaute, ließ er seinen Blick durch die Halle schweifen. Dann guckte er zum Lehrertisch.

Harry verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. Der Löffel fiel klirrend zu Boden, während Harry verzweifelt nach Luft schnappte. Hermine schlug ihm mit einer Kraft, die er ihr nicht zugetraut hätte, auf den Rücken. Harry hustete weiter, sie schlug noch einmal, und dann war es glücklicherweise vorbei. Schnell spülte Harry seinen Hals mit Kürbissaft nach.

„Alles in Ordnung?", fragte Hermine.

Harry schüttelte immer noch trinkend den Kopf und deutete zum Lehrertisch. Hermine folgte mit ihren Augen seiner Geste und wurde prompt rot.

„Wow... nein, das glaube ich nicht!"

„Ich auch nicht", sagte Harry. Sein Appetit war ihm vergangen. Hermine sprang auf die Füße, aber Harry zog an ihrem Rock.

„Bitte, Hermine, tu's nicht!"

„Huhu, Professor!", rief Hermine heftig winkend. Harry vergrub sein Gesicht in seinen Händen und versuchte, unsichtbar zu werden.