Ein paar Leute haben mich gefragt, ob dies eine BLB (Boy Loves Boy)- Story wird. Ich habe eine zeitlang überlegt, und nach diesem Kapitel kann ich euch eine Antwort geben: Eindeutig ja. Tut mir leid für die, die es nicht so mögen. Aber ich bitte euch, wollt ihr es nicht trotzdem lesen? Es geht nur um einen Jungen, der in einen anderen verliebt ist (ob es erwidert wird, kann ich noch gar nicht sagen) und selbst wenn sie zusammen kommen sollten, gibt es kein Lemon. Bitte?

Danke an meine Reviewer! Antworten: LadyJanien: schnell genug? Isabelle de Lioncourt: Danke, schön, dass es dir gefällt! Jolinar89: Die Antwort wegen Slash steht da oben... und welcher Professor gemeint ist, erfährst du in diesem Kapitel ggg mary87: Nein, nein, das nennt man nicht fies, sondern Spannungsaufbau! Celina-HP: Hm, welchen verhassten Lehrer meinst du? War das Review wirklich für diese Story gedacht? Leah-07: Deine Befürchtungen könnten stimmen... Ich hoffe, du hast nicht zu lange warten müssen...


4 – Unbedeutende Probleme

Dort, zwischen einem vor sich hinpfeifendem Dumbledore und einem Snape, der aussah, als hätte er die Riesenchance, Gryffindor hundert Punkte abzuziehen, verpasst, saß in einem weißen mit roten Herzchen übersäten Umhang – Lockhart. Seine Haare fielen ihm in schimmernden Locken bis auf die Schultern, seine blauen Augen funkelten und sein Lachen wirkte umwerfend wie eh und je auf das weibliche Geschlecht.

Als Hermine aufstand und ihm zuwinkte, winkte er zurück und zwinkerte ihr zu. Sie ließ sich mit einem Seufzer auf die Bank fallen, doch nun bekam Lockhart die Aufmerksamkeit vieler anderen Schülerinnen. Lockhart genoss dies sichtlich, er winkte, zeigte seine blinkenden Zähne und schüttelte seine Mähne.

Kurz darauf erhob sich Dumbledore und hob eine Hand. Es dauert eine Weile, bis der Lärm verebbte, bis die Schülerinnen nicht mehr kreischten. Hier und da war noch ein Kichern zu hören, als Dumbledore zu sprechen begann.

„Sicher fragt ihr euch, warum Professor Lockhart nach Hogwarts zurückgekehrt ist, und das mitten im Schuljahr." Ein Seufzen ging durch die weibliche Zuhörerschaft.

„Nun, ihr habt ein Recht darauf, es zu erfahren. Professor Lockhart ist im Moment auf Tour, um sein neues Buch vorzustellen. Es handelt von seinen Abenteuern, die er nach seiner vollständigen Genesung im St. Mungos erlebt hat. Wie auch immer, er fand Hogwarts so erinnerungswürdig, dass er uns einen Besuch abstatten wollte. Außerdem wird er übermorgen für die nötige Dekoration und ein paar Attraktionen sorgen."

Harry stöhnte unverhohlen, während Hermine ihren Blick schmachtend auf den Lehrertisch gerichtet hielt. „Es wird ein herrlicher Valentinstag werden", hauchte sie.

„Ja, das glaube ich auch, aber nicht wegen Lockhart", sagte Harry.

„Und warum sonst?", fragte Hermine, ohne Harry anzublicken.

„Du wirst schon sehen." Harry grinste verschmitzt und wollte nun doch weiteressen. Leider war sein Löffel nicht mehr da. Doch sobald er das bemerkt hatte, erschien wie aus dem Nichts ein neuer neben seiner Schüssel.

Just in diesem Moment kamen Ron und Lavender zum Tisch, Ron setzte sich neben Harry und Lavender neben Ron. Harry runzelte die Stirn.

„Was ist denn jetzt?", flüsterte Harry Ron zu.

Ron legte sich einen Finger an die Lippen. „Später, später. Erst muss ich mich stärken", sagte er.

„Aber nicht vergessen", sagte Harry. Ron nickte und fing an, sich Rührei auf seinen Teller zu schippen. Harry stieß ihn mit dem Ellbogen an.

„Ach, übrigens, unser Freund ist wieder da", sagte er und deutete zum Lehrertisch. Ron blickte ebenfalls dorthin. Die Farbe wich aus seinem Gesicht.

„Das ist eine Sinnestäuschung, oder? Harry, bitte sag mir, dass es eine Halluzination ist!"

„Tut mir leid, Kumpel", meinte Harry, „Aber da muss ich dich enttäuschen."

Ron sah ihn mitleiderregend an. Er schluckte, dann lehnte er sich unauffällig vor, um zu sehen, wie Hermine reagierte. Sofort legte sich seine Stirn in Falten. „Sie schwärmt immer noch für ihn", stellte er fest.

Harry piekste ihm in den Arm. „Aber nicht so sehr wie für dich", sagte er.

„Woher willst du das wissen? Wer sagt überhaupt, dass sie mich mag?"

„Aber Won- Won, natürlich mag ich dich, wie konntest du jemals daran zweifeln!", rief Lavender aus und hängte sich Ron um den Hals. Ron warf Harry einen verzweifelten Blick zu, bevor er sich Lav- Lav widmete. Harry schüttelte den Kopf. Noch heute morgen schien Ron so entschlossen gewesen zu sein, doch der kleinste Zweifel warf ihn schon aus der Bahn.

Als Harry später mit Hermine in der Bibliothek saß und inständig hoffte, Ron machte in genau diesem Augenblick mit Lav- Lav Schluss, kamen Terry Boot und Michael Corner hereingeschneit. Die beiden Ravenclaw steuerten auf sie zu.

Harrys Augen wurden dabei immer größer. Hoffentlich hatte Ginny ihrem Ex nicht erzählt, Harry hätte sie ja so verletzt und bräuchte jetzt dringend eine Abreibung.

Doch Michael machte keine Anstalten, Harry zu verprügeln. Stattdessen räusperte Terry sich. Harry behielt Michael misstrauisch im Auge, während Hermine zu Terry hochsah.

„Ja?", fragte sie.

Terry warf einen nervösen Blick auf Harry, räusperte sich noch mal, und fragte dann: „Hi, Hermine. Ich habe mich gefragt, ob ich mal kurz mit dir sprechen könnte...?"

„Klar".

„Unter vier Augen", sagte Terry. Hermine nickte, stand auf und ging mit ihm zu einem entfernten Bücherregal. Harry, der nun nicht mehr wusste, wen er im Auge behalten sollte, fand sich alleine mit Michael wieder. Der setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Harry.

„Erzähl mal, wie geht es Ginny? Ist sie noch mit Thomas zusammen?"

Harry kniff die Augen zusammen. War das ein mieser Trick? Aber Michael schaute ihn neugierig an.

„Ähm, nein, ist sie nicht. Sie hat letzte Woche Schluss gemacht. Ich habe gehört, du auch mit Cho?"

Michael nickte. „Ja, sie war nicht die Richtige... so schnell beleidigt und alles."

Harry nickte zustimmend. „Und jetzt willst du wieder was von Ginny?"

Michael wurde rot. „Nein. Also, sie würde mich nicht mehr wollen. Auch wenn ich jetzt weiß, dass es ein Fehler war, sie für Cho zu verlassen."

„Ich glaube, sie hat noch Interesse an dir", sagte Harry mit einem innerlichen Grinsen. Nach außen hin zeigte er sich wie ein professioneller Gentleman. „Als wir dir letztens begegnet sind, wurde sie sofort rot!"

„Oh, ehrlich?"

Harry nickte schnell. Terry und Hermine kamen wieder und Michael sprang auf. „Danke, Harry! Ich wünsch dir viel Glück in deiner Beziehung", sagte er, zwinkerte Harry zu und verschwand dann mit seinem Kumpel aus der Bibliothek.

„Was wollte Terry?", fragte Harry sofort, als Hermine sich hinsetzte und ihre Notizen weiterschrieb.

„Mit mir ausgehen", sagte sie ohne ein Wimpernzucken.

„Ah, verstehe. Du hast natürlich abgelehnt."

„Nein, wieso?" Sie sah Harry erstaunt an.

„Na, wegen Ron und überhaupt..."

„Harry." Hermine legte ihre Feder hin. „Ich warte doch nicht ewig, bis Herr Knutschmund auf die Idee kommt, er hätte vielleicht und eventuell ein bisschen Interesse an mir!"

„Aber auf die Idee ist er schon längst gekommen!", rief Harry aus. Hermine tat etwas ungewöhnliches: Sie tippte sich an die Stirn. „Und wieso ist er dann noch mit Lav- Lav zusammen?"

„Hermine!" Harry war verzweifelt, vielleicht hatte Ron es nun endlich über sich gebracht, Schluss zu machen, da sagte Hermine dem erstbesten Dahergelaufenen zu, mit ihm auszugehen!

„Harry, ich weiß schon, was ich tue! Kümmere du dich um dein eigenes Liebesleben! Wolltest du Malfoy nicht sagen, dass du bei seinem Theater nicht mehr mitmachst?" Hermine verschränkte die Arme. Der Blick, mit dem sie Harry bedachte, ließ ihn unruhig hin und her rutschen.

„Ich weiß nicht, wann ich ihm das sage! Jetzt denken doch eh alle, ich wäre schwul! Und wenn ich noch keine Neue in Aussicht habe..."

„Warum lässt du dich nicht auf Ginny ein? Ich bin sicher, du könntest sie lieben..."

„Ich glaube kaum, dass sie mich noch will. Außerdem hat Corner schon nach ihr gefragt."

„Aber mit dem hat sie doch Schluss gemacht!"

„Nein, er mit ihr. Ist doch auch egal, wer mit wem Schluss gemacht hat! Sie sind füreinander bestimmt!"

Hermine schnaufte. „Ja, klar, genauso wie Ron und ich oder du und Malfoy!"

„Darüber macht man keine Witze!", sagte Harry empört. Er konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Hermine Ron anscheinend abgeschrieben hatte. Ron musste sich nun ranhalten.

Als sie auf dem Weg zurück zum Gryffindorturm waren, Hermine mit drei Büchern unter den Armen, kam ihnen ein Slytherin entgegen. Harry kannte ihn zwar vom Sehen, hatte aber noch nie mit ihm geredet. Er wollte ohne einen Blick an ihm vorbei gehen, doch der Slytherin, dessen Name Nott war, stürzte sich auf Harry und drückte ihn gewaltvoll gegen die Wand.

„Aua!", sagte Harry. Notts Gesicht starrte voller Hass auf ihn hinab.

„Potter, was du und Malfoy macht, ist ekelig! Es zieht Slytherin in ein schlechtes Licht!"

„Es geht dich nichts an", presste Harry hervor, dessen Lunge abgequetscht wurde. Hermine machte ein entsetztes Gesicht und rief: „Lass ihn in Ruhe, Nott!"

Nott ließ sich davon nicht beeindrucken.

„Hör auf meinen Rat, Potter. Wenn ihr damit nicht aufhört, wirst du es büßen." Er trat einen Schritt zurück, warf einen hasserfüllten Blick auf Harry und verschwand dann um die nächste Ecke.

Harry zog die Luft ein. „Ich glaube, er hat was gegen Schwule", sagte er.

„Alles in Ordnung?", fragte Hermine.

Harry nickte. Hermine zögerte, aber er lächelte sie an, was sie schließlich überzeugte. Sie gingen weiter. Hermine sah Harry immer wieder von der Seite an.

„Was denn?", fragte er nach einiger Zeit.

„Meinst du nicht..."

„Was?"

„Harry, es geht zu weit, findest du nicht? Du wirst bedroht für etwas, was nicht der Wahrheit entspricht! Die Sache mit Malfoy bringt dich nur in Gefahr!"

„Also hör mal! Ich finde es ganz schrecklich, wenn manche so intolerant sind wie dieser Nott! Aber nur, weil er Probleme mit seiner eigenen Sexualität hat, muss ich mich ihm doch nicht beugen!"

„Ich würde dir wirklich zustimmen, Harry, wenn du nicht hetero wärst und dies alles keine Lüge wäre!"

„Es ist eine Lüge, ja, aber es ist lange nicht gesagt, dass ich hetero bin!"

Hermine blieb stehen. Harry drehte sich zu ihr um.

„Willst du mir damit etwas sagen?", fragte sie mit zusammengekniffenen Augen. Harry lachte auf.

„Nein, so war das nicht gemeint. Ich wollte dir nur klarmachen, dass ich es am besten wissen muss."

Hermine setzte sich wieder in Bewegung. „Ah, verstehe, du bist in einer Krise. Sagst du mir Bescheid, wenn du herausgefunden hast, was du willst?"

Harry nickte. „Ja, natürlich. Vielleicht ist es keine schlechte Idee, mich mal umzublicken. Auch wenn ich bis jetzt nur auf Mädchen stand."

Sie waren am Portrait angekommen. Hermine sagte nur: „Tu das", dann gingen sie hinein.

Der Gemeinschaftsraum war voller Schüler, sie saßen an den Tischen, um Hausaufgaben zu machen oder Spiele zu spielen. Nach einiger Zeit entdeckte Harry Ron, der alleine in einem Sessel saß und ins Feuer starrte. Unschlüssig, ob dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, ging Harry zu ihm.

„Hey Ron", sagte er leise. Dennoch zuckte Ron leicht zusammen.

„Ach, du bist's!", sagte er.

„Wie sieht es aus?", fragte Harry. Er setzte sich neben Ron, der mit den Schultern zuckte.

„Wie soll es schon aussehen?"

Harry dämpfte seine Stimme, obwohl niemand sie bei dem Lärm, der herrschte, hätte belauschen können.

„Du und Lavender... Vergangenheit?"

Ron zuckte mit den Schultern. „Quasi."

„Quasi?"

„Ich habe gesagt, dass ich eine Pause brauche. Aber ich glaube, sie denkt, die geht nur bis heute Abend oder so."

Harry stöhnte. „Boah Ron! Wir suchen jetzt Lav- Lav, und dann sagst du ihr, was Sache ist!"

Ron sah Harry an. „Einfach so?"

„Ja, einfach so!"

Harry stand auf und zerrte Ron hoch. Auf dem Weg zum Portraitloch blickte er sich im Raum um, aber Lavender war nirgends zu sehen. Ihre beste Freundin Parvati hockte bei Hermine und die beiden kicherten. Harry konnte ein Portrait von Lockhart in Parvatis Hand sehen.

Als sie dann durch die Gänge streiften, Ron leicht zittrig wirkte und Harry keinen Plan hatte, wo sie hingingen, fragte er: „Wo könnte sie sein?"

„Sie war vorhin im Gemeinschaftsraum", sagte Ron.

„Nein, war sie nicht."

„Doch! Sie hat mit Parvati geredet!"

„Ron, ich rede doch von Lavender!"

„Ach... ja", sagte Ron. Harry schüttelte den Kopf und grinste.

„Bestimmt in der Bibliothek", sagte Ron.

„Nein, da war ich gerade."

Stumm gingen sie weiter, liefen die Gänge, in denen die Klassenzimmer lagen, ab, und gelangten schließlich in die Eingangshalle.

„Ist sie vielleicht bei den Ravenclaws, oder gar draußen?"

Ron schüttelte den Kopf. „Weiß ich doch nicht. Draußen ist es zu kalt. Ist doch egal, Harry, ich werde sie noch früh genug wiedersehen."

„Vermutlich hast du Recht. Dann lass uns mal zurückgehen. Ach, ich habe dir noch gar nicht erzählt, was vorhin passiert ist..."

Ron hörte jedoch nicht zu; er starrte auf einen Punkt hinter Harry. Harry drehte sich um. Vor dem Tor, das in die Große Halle führte, stand ein Schild.

„Gilderoy Lockhart signiert sein neues Buch", verkündete es in großen Buchstaben. Kleiner war darunter gesetzt: „Außerdem Verkauf der sensationellen Valentinskarten. Montag, ab 17 Uhr."

Harry verdrehte die Augen. „Warum überrascht mich das nicht?"

„Potter!" Eine Stimme erschall durch die Eingangshalle, die Harry nur zu gut kannte. Er blickte nach links.

„Was ist denn, Malfoy? Heute noch niemanden genervt?"

Malfoy kam mit verschränkten Armen vor Harry zum Stehen. Er blickte fragend von Harry zu Ron.

„Ron musst du das Theater nicht vorspielen", informierte Harry ihn.

„Ein Glück", sagte Malfoy.

„Also? Was willst du?"

„Dich am liebsten zum Teufel jagen, wo du hingehörst. Aber das geht nicht, noch nicht."

„Ach, warum denn nicht? Hat klein Draco etwa Angst vor Pansy?" Harry grinste. Wie es aussah, hatte er Malfoy in der Hand.

„Potter, du hast mal wieder keine Ahnung!", knurrte Malfoy.

„Ja, das sehe ich." Harry bekam das Grinsen einfach nicht aus seinem Gesicht. Mit einem Schnauben wandte Malfoy sich von Harry ab und steuerte die Kerkertür an.

„Ach, Malfoy?", rief Harry. Malfoy drehte sich um.

„Vergiss nicht, am Dienstag ist Valentinstag. Ich hoffe, du schenkst mir was schönes!" Mit diesen Worten drehte Harry sich um und ging, Ron hinter sich herzerrend, die Treppe hinauf.

„Ich kapier nicht, was hinter Malfoys Stirn vorgeht", sagte Ron.

„Ach, er ist nur zu feige, dass ich ihn auffliegen lasse", meinte Harry.

„Aber denkst du denn, dafür schenkt er dir etwas?"

„Nein, das habe ich nur gesagt, um ihn zu ärgern", sagte Harry grinsend. Er stellte sich vor, wie Malfoy ihm ein mit einer Schleife verziertes Geschenk übergab. Mit dazu passender Karte mit Liebesgruß. Bei dem Gedanken musste er kichern.

Ron sah ihn schief an. „Also hast du vor, dies noch weiter laufen zu lassen?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Vorhin wurde ich schon bedroht, von Nott, der ist wohl nicht ganz so offen..."

„Aber Harry! Dann musst du die Sache sofort beenden!"

„Das hat Hermine auch gesagt. Aber damit würde ich Nott doch nur Recht geben, findest du nicht?"

Ron schwieg sich dazu aus. Harry hatte den Verdacht, dass er seinen letzten Satz schon gar nicht mehr mitbekommen hatte.

((o)) ((o)) ((o))

Harry hatte genug von dem ganzen Theater. Lav- Lav hier, Terry Boot da. Sollten sie ihre Probleme doch alleine lösen. Schließlich hatte Harry eigene. Ginny zum Beispiel.

Harry schnaubte, während er durchs Schloss lief, selbstverständlich mit seinem Tarnumhang. Er erinnerte sich an Ginny, die ihn, wenn sie ihn mal nicht ignorierte, hasserfüllt anstarrte, lauthals erniedrigende Kommentare über ihn und Malfoy machte (ob sie sich mit Nott zusammengetan hatte?) und versuchte, alle gegen ihn aufzuhetzen.

Dazu kam noch, dass Harry sich vom ganzen Herzen wünschte, endlich auch mal einen Valentinschatz zu finden. Und zwar einen, den er liebte. Ein Scheinfreund half da nicht viel. Erst Recht nicht, wenn der Malfoy hieß.

Harry übersprang eine Trickstufe, nahm eine Abkürzung in die Eingangshalle und besah sich das Schild dort genauer an. „Montag, 17 Uhr"... Am Montag kamen doch auch Fred und George, warum waren diese nicht angekündigt? Unerhört!

Plötzlich hörte er einen Seufzer hinter und fuhr herum. Die Kerkertür fiel langsam ins Schloss, und dort auf der Treppe saß Malfoy, das Gesicht in seinen Händen vergraben. Harry runzelte die Stirn. Dann ging er zu ihm und hockte sich vor Malfoy. Ein paar nähere Studien könnten nicht schaden. Immerhin hatte er seinen sich Erzfeind noch nie genau betrachtet, wenn sie sich trafen, war sein Gesicht immer voller Zorn verzogen.

Malfoy seufzte nun noch einmal, legte seine Unterarme auf seine Knie und starrte ins Leere. Harry wedelte mit seiner Hand vor dessen Gesicht, aber es kam keine Reaktion. Harry fragte sich, worüber Malfoy wohl nachdachte. Er näherte sich mit seinem Gesicht und blickte in die grauen Augen.

Jetzt, wo sie nicht wütend blickten, waren sie erstaunlich schön. Selbst wenn sie so melancholisch dreinblickten wie in diesem Augenblick. Malfoy atmete hörbar aus, wobei ihm eine Haarsträhne in die Stirn fiel. Harry streckte automatisch die Hand aus, um sie zurückzustreichen. Doch kurz, bevor er sie berührte, konnte er sich stoppen.

Malfoy sah auf und kniff die Augen zusammen. „Ist da jemand?", fragte er leise.

Harry hielt die Luft an, wobei er seinen Arm langsam zurückzog. Malfoy schüttelte sich und lachte gezwungen. Er fuhr sich durch die Haare und stützte seinen Kopf mit seiner rechten Hand ab.

Was er nur hat, fragte Harry sich. Er wusste, wenn er sich zeigen und Malfoy fragen würde, würde dieser sofort aufspringen, ihn anschreien und ihn verfluchen. Zum ersten Mal seit Beginn ihrer Feindschaft bedauerte Harry diese.

Malfoy stand auf, und ehe Harry es realisiert hatte, war er schon schnellen Schrittes hinter der Kerkertür verschwunden. Harry blieb alleine zurück. Er setzte sich auf den Platz, auf dem Malfoy gesessen hatte und blieb ein paar Minuten dort sitzen, doch dann gab er sich einen Ruck und ging zum Gryffindorturm zurück. Selbst wenn ihn dort ein paar unangenehme Sachen erwarteten. Er hatte überhaupt keine Lust, Won- Won, Lav- Lav, Ginny oder eine vor Eifersucht blinde Hermine zu ertragen. Auch wenn er es nicht gerne zugab, aber da hätte er lieber noch einige Zeit einen schweigenden Malfoy betrachtet.

Vor dem Portraitloch zog Harry seinen Tarnumhang ab und atmete tief durch, bevor er hineinging.

„Harry! Wusstest du, dass Hermine mit Terry Boot geht, wusstest du das?" Ron kam Harry entgegen gestürmt.

„Sie will sich nur mit ihm treffen, weil du mit Lavender zusammen bist", sagte Harry und unterdrückte den Impuls, laut zu schreien und wegzurennen. Ron verschränkte die Arme und tippte mit dem Fuß auf den Boden.

„Ach ja? Ich habe eher das Gefühl, du willst mir etwas einreden, Harry! Gönnst mir wohl mein Glück mit Lavender nicht, hä?"

Harry verdrehte die Augen und ging an Ron vorbei in den Schlafsaal. Für heute hatte er eindeutig genug.

Leider dachten Ron und Hermine nicht so. Sie meinten, Harry hätte noch nicht genug von ihren Beziehungsproblemen gehört. Beim Abendessen, das er neben Hermine einnahm, war er ausnahmsweise über Lockharts Anwesenheit froh, bewirkte sie doch, dass Hermine still in seine Richtung seufzte.

Harry warf nur zu Anfang einen zweifelhaften Blick auf Lockhart, dann ließ er ihn links liegen. Er verspeiste schweigend sein Brot, trank brav seinen Saft, und gähnte dann herzhaft. So ein Sonntag, an dem nichts passierte, war immer der anstrengendste Tag von allen.

„Ich kann heut bestimmt gut schlafen", sagte Harry zu Hermine, während sie langsam mit der Schülermasse die Türe ansteuerten. Sie nickte verträumt und erinnerte Harry stark an Luna.

Als sie in die Eingangshalle gelangten, sah Harry Malfoy mit seinen Spießgesellen ein paar Schritte vor ihm laufen.

„He, Malfoy!", rief er. Hermine wurde aus ihrem tranceartigen Zustand gerissen und blickte Harry überrascht an. Malfoy drehte sich um, überlegte kurz und deutete Crabbe und Goyle dann, weiterzugehen. Er selber blieb stehen und wartete, bis Harry und Hermine bei ihm waren.

„Was ist Potter? Hältst es wohl nicht lange ohne mich aus, was?"

Harry kniff die Augen zusammen. Jetzt waren die Augen seines Gegenübers wieder kalt wie eh und je.

„Nein, Malfoy. Ich wollte mit dir über etwas sprechen, was, ähm, uns beide betrifft."

Malfoy hob eine Augenbraue. „Da bin ich ja mal gespannt. Aber wieso ist das Schlammblut noch bei dir?"

Hermine keuchte auf, als Harry Malfoy in den Magen schlug. „Hör endlich auf, sie so zu nennen!"

Malfoy hielt sich den Magen und blickte Harry aus gekrümmter Position an. „Das wirst du noch büßen, Potter", zischte er.

„Harry, ist es das alles wert, der ganze Ärger..?", fragte Hermine Harry, der Malfoy nicht aus den Augen ließ.

„Hermine, geh am besten schon mal vor, ich regle das hier alleine."

Hermine zögerte kurz, blickte zwischen den beiden hin und her und verschwand dann in der Schülermasse, die die Treppe hinaufströmte. Malfoy richtete sich auf, rieb sich noch den Magen und fragte: „Was ist denn so wichtig, Potter?"

Harry biss sich auf die Unterlippe. „Tut mir leid, aber du solltest sie nicht so nennen, das war ein Reflex, weißt du?"

Malfoy nickte zögerlich. Er schien Harry mit seinem Blick durchbohren zu wollen, aber Harry sah einfach auf einen Punkt hinter ihm. „Es geht darum... ich wurde bedroht."

„Von Nott? Ja, er hat mir schon gesagt, dass ich mich nicht wie ein Slytherin benehme. Richtig peinlich, dass so einer bei uns ist."

„Wie meinst du das?" Harry sah Malfoy überrascht an, welcher aber mit den Schultern zuckte.

„Ist doch egal, Potter. Sonst noch was?"

Harry starrte Malfoy an und öffnete den Mund. Die Frage, ob Malfoy deswegen so nachdenklich in der Halle gesessen hatte, lag ihm auf der Zunge. Ein vorbeigehender Ravenclaw, um genau zu sein, Michael Corner, grinste Harry an. Harry schloss seinen Mund und schluckte. Malfoy blicke Harry fragend an, an für sich schon ein Wunder.

„Nein. Was soll schon noch sein, ich meine, denkst du – "

„Draco, wo bleibst du denn?", erschall eine schrille Stimme durch die Halle. Malfoy verzog das Gesicht, Harry grinste und wollte einen passenden Kommentar ablassen.

„Was gibt es da zu grinsen, Potter? Komm her!" Ehe Harry sich versah, hatte Malfoy ihn schon zu sich gezogen. Seinen Mund bewegte er zu Harrys Ohr.

„Ich hasse es, auf dich angewiesen zu sein, ich werde mir schon bald einen neuen schwulen Freund suchen, der wenigstens küssen kann", flüsterte er.

„Du bist derjenige, der nicht küssen kann!", erwiderte Harry leise.

Malfoy blickte ihn mit aufblitzenden Augen an.

„Das werden wir sehen, Potter", sagte er. „Ich werde dich so küssen, dass du dich auf der Stelle in mich verlieben wirst! Du wirst nie wieder das Verlangen haben, jemand anderes zu küssen, ich werde dich noch in deine Träume – "

Harry unterbrach ihn. Er legte eine Hand in seinen Nacken und begann vorsichtig mit den Lippen an Malfoys zu saugen. Malfoy entspannte sich und küsste zurück, aber Harry spielte seine Spielchen und entzog sich mal mehr, mal weniger dem Mund des anderes. Dann knabberte er an Malfoys Unterlippe, dieser stöhnte und Harry drang mit seiner Zunge ein.

Malfoy zog ihn näher zu sich und vertiefte den Kuss. Er erkundete ausgiebig Harrys Mundhöhle. Natürlich ließ Harry das nicht allzu bereitwillig zu, denn er wollte ebenfalls Malfoys Mundhöhle erkundigen. So ging er hin und her, bis jemand Harry antippte. Er fuhr zurück und blickte keuchend Malfoy an. Malfoy schaute mit geweiteten Pupillen zurück. Er atmete schneller als gewöhnlich. Harry fand es zum zweiten Mal an diesem Tag schade, dass sie Feinde waren.

„Harry, ich finde ja, du solltest dir nicht alles gefallen lassen", sagte Ron leise. Der gedämpfte Tonfall war gar nicht nötig, da sie nur zu dritt in der Halle waren. Harry blickte sich verwundert um, gerade war die Eingangshalle doch noch gut gefüllt gewesen?

„Kümmre dich um deine eigenen Angelegenheiten, Wieselkönig!", blaffte Malfoy los.

Harry stöhnte.

„Was?", fragte Malfoy.

„Du lernst es nie, nie, nie!"

„Warum sollte ich auch?"

Harry trat auf Malfoy zu und bewegte sein Gesicht zu Malfoys Ohr, sodass ihre Wangen sich berührten, wobei Harrys leicht prickelte.

„Aber Schatzi, du willst mich doch nicht vergraulen?", hauchte er. Dann grinste er Malfoy, der ihn nur verwirrt anblickte, an und ging mit Ron die Treppe hinauf.

„Harry... Äh... Dir gefällt das Spiel, kann's sein?"

Harry übersprang die letzte Stufen und lachte. „Ich weiß nicht, Ron, es macht irgendwie Spaß, Malfoy aus dem Takt zu bringen."

Ron nickte. „Ja, aber mit einer komischen Art. Ach, egal."

Harry boxte Ron leicht in die Rippen. „Ganz recht. Solange Malfoy auf mich angewiesen ist..."

„Au! Jetzt werde ich einen blauen Fleck bekommen!" Ron rieb sich die Stelle. Sie bogen um eine Ecke und gingen die nächste Treppe hoch.

„Wer als erster oben ist!", rief Harry. Er rannte hoch, kam keuchend an und zeigte auf Ron, der ganz normal weiterging.

„Du hast verloren!", lachte er. Ron runzelte die Stirn, als er an ihm vorbeiging. „Was ist los, Harry?"

„Du bist eben langsam! Hey, weißt du was?"

„Nein. Was denn?" Rons Stimme klang ein wenig gereizt, aber das störte Harry nicht.

„Rate mal, wen ich heute in der Eingangshalle beobachten durfte, als ich meinen Tarnumhang anhatte und er mich nicht sehen konnte!"

Ron drückte eine Statue, die eine Abkürzung verbarg, zur Seite, ließ Harry eintreten und folgte ihm.

„Ich habe keine Ahnung, Lockhart?"

„Falsch geraten! Du hast noch zwei Versuche!" Harry trat aus dem Geheimgang heraus, hielt Ron die Tür auf und verbeugte sich galant, als dieser vorbeiging.

„Sag es einfach, okay?"

„Ja, ja! Malfoy. Er war sehr nachdenklich... ich frage mich immer noch, woran er gedacht hat..."

„Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Ich meine, es ist Malfoy, was interessiert es dich überhaupt?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Ist das so schlimm? Wer weiß, vielleicht hat er ja auch eine nette Seite, die wir nie zu Gesicht bekommen."

Ron klopfte Harry auf die Stirn. „Ich glaube, er hat dich verzaubert, damit du leichter mitmachst. Halt dich lieber von ihm fern. Quark mit Linsen."

Die fette Dame schwang zur Seite und Harry folgte Ron in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors, wobei er sich fragte, ob Ron Recht haben könnte. Harry fühlte sich eh komisch, so leicht, als hätte er einen Schwebezauber verpasst bekommen. Bloß, bei dem Gedanken, sich von Malfoy fernzuhalten, wandelte sich der Schwebezauber in einen Schlechte- Laune- Zauber um, der bewirkte, dass Harry alles und jeden in der Nähe niedermetzeln wollte.