Disclaimer: Mir gehört nur der Plot. Die Charaktere gehören allesamt J. K: Rowling. Ich verdiene mit dieser Fiction kein Geld.

Viel Spaß beim Lesen und bitte, bitte reviewt fleißig 

1. Severus

„Severus!"

Die Stimme von Tobias Snape dröhnte durch das ganze Haus. Er hasste es, wenn er seinem Sohn hinterherlaufen musste.

„Verdammt wo steckt der Junge denn", fuhr er seine Frau an.

„Woher soll ich das wissen", keifte sie zurück.

Ein Stockwerk über ihnen saß ein Junge auf dem Boden seines spärlich eingerichteten Zimmers und starrte auf seine Hände. Sein schwarzes schulterlanges Haar verdeckte das blasse Gesicht mit der übergroßen Hakennase nicht vollständig und verschmolz mit dem schwarzen abgetragenen Pullover, den er trug und der drei Nummern zu groß war. Dadurch wirkte sein ohnehin schon schmaler Körper nur noch kleiner und schmächtiger. Heute würde er zum ersten Mal die Welt der Zauberer betreten und er war nervös.

Das einzige, was er von der Welt, aus der auch seine Mutter kam, kannte, waren einige Bücher mit beweglichen Bildern darin. Seine Großeltern hatten ihm letztes Jahr ein magisches Spielzeug geschenkt, was sein Vater „aus Versehen" zerstört hatte. Natürlich war es für seine Eltern wieder ein guter Grund gewesen sich zu streiten.

Wenn Severus sehr angestrengt nachdachte, dann erinnerte er sich, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der seine Eltern nicht gestritten hatten. Wo seine Mutter nicht versucht hatte ihn gegen seinen Vater auszuspielen und sein Vater seine Mutter nicht angeschrieen hatte, dass sie sich ja nicht einbilden brauchte, dass sie etwas Besseres wäre, nur weil sie eine Hexe war. In sein Haus kam nichts Magisches. Schließlich waren sie „normale" Leute. Seine Mutter schrie dann zurück und Severus hatte sich schon manchmal gefragt, warum sie seinen Vater nicht einfach verzauberte.

Seit der Brief von Hogwarts gekommen war, war alles noch schlimmer geworden, denn nun gab es keinen Tag, an dem sein Vater ihm nicht sagte, dass solange er seine Füße unter seinen Tisch stellte Severus ihn als Oberhaupt der Familie zu akzeptieren hatte, Zauberer oder nicht. Severus war sich durchaus bewusst, dass sein Vater diese Autorität notfalls mit Schlägen einfordern würde.

Er hörte wie sich die schweren Schritte seines Vaters näherten und sprang auf. Die Tür flog auf und im Rahmen stand ein großer dunkelhaariger Mann mit einem verhärmten Gesicht, das allerdings noch die Spuren einer vergangenen Attraktivität trug. Wie Severus hatte auch er eine Hakennase, doch passte sie in die markanten Züge des Erwachsenen wesentlich besser, als in die weichen des Kindes.

„Dir macht es wohl Spaß deine Mutter warten zu lassen, was? Denkst wohl, du bist was besseres, was!"

Severus senkte den Kopf.

„Nein, Vater."

Seit seinem fünften Lebensjahr, hatte Severus seinen Vater nicht mehr mit „Dad" ansprechen dürfen, da diese Bezeichnung sich nicht mit der Ehrerbietung, die ein Sohn seinem Vater entgegenzubringen hatte, vereinbaren ließ.

„Dann komm´."

Tobias Snape packte den Jungen am Hinterkopf und stieß ihn vor sich her die Treppe hinunter.

Unten wartete bereits Eileen. Die Jahre und auch der ständige Streit mit ihrem Mann hatten ihrem ohnehin nicht besonders attraktiven Äußeren übel mitgespielt. Ihre Gesichtszüge waren scharf und verbittert geworden, durch das lange schwarze Haar, dass sie immer zu einem Zopf gebunden trug, zogen sich, obwohl sie eine Hexe war, bereits die ersten grauen Strähnen. Ihre Eltern, vor allem ihr Vater, Theodore Prince, Mitglied einer uralten reinblütigen Zaubererfamilie, hatten den Kontakt zu der Muggelwelt immer gefördert und waren begeistert gewesen, als sie Tobias als ihren Verlobten vorgestellt hatte. Eileen hatte den Verdacht, dass sich sein Vater vor allem so für Muggel interessierte, um von der schwarzmagischen Vergangenheit seiner Familie abzulenken.

Mit 16 Jahren hatte ihr ihr Großvater ein schwarzmagisches Buch gezeigt, in dem die Taten der Princes sehr genau wiedergegeben waren. Sie hatten jahrhundertelang zusammen mit den Malfoys zu der schwarzmagischen Elite der Zaubererwelt gehört und „einige der genialsten Tränkemeister die die Welt je gesehen hat" hervorgebracht. Außerdem waren sie mit allen alten reinblütigen Familien quer über alle Kontinente verwandt.

Als Eileen ihrem Vater davon erzählt hatte, hatte er nur gesagt, dass sie ihrem Großvater nicht zuhören durfte und die Princes viele Dinge getan hatten, die großes Leid hervorgerufen hatten.

„Wir sind sowohl den Zauberern als auch den Muggeln viel schuldig", hatte ihr Vater immer gesagt.

Er war besorgt gewesen, als sie nach Slytherin gekommen war und gesagt, dass sie besonders aufpassen müsse nicht dem Bösen zu verfallen.

„Du darfst dir nichts zu schulden kommen lassen, Kind, nicht mit diesem Namen."

Sie hatte sich auf nichts zu schulden kommen lassen. Sie hatte sich von den Malfoys fern gehalten, hatte nichts Gefährlicheres als Koboldstein gespielt und war die Beste in Verteidigung gegen die dunklen Künste gewesen. Sie hatte es nicht zur Vertrauensschülerin gebracht, aber ihr Vater war darüber nur erleichtert gewesen. Als sie dann Tobias Snape geheiratet hatte, hatte sie sich endlich von der Zaubererwelt verabschiedet. In den bisherigen zwölf Jahren ihrer Ehe hatte sie wie ein Muggel gelebt. Es war ihr nicht immer leicht getan, aber sie hatte sich damit abgefunden.

„Da bist du ja endlich."

Sie musterte ihren Sohn. Er war klein und schwach, aber seine magischen Fähigkeiten machten ihr Sorgen. Er hatte trotz seiner Jugend ein erschreckend großes Potential. Mit zwei Jahren hatte er sein Kuscheltier zum Schweben gebracht, mit fünf waren durch einen Wutausbruch fast alle Fensterscheiben im Haus geborsten. Severus war sehr temperamentvoll, und wenn er nicht lernte sich zu beherrschen, würde das eines Tages in einer Katastrophe enden.

Eileen dachte an ihre Tochter Serena, die jetzt dreizehn Jahre alt geworden wäre. Sie war ein sanftes, hübsches Mädchen gewesen. Im Alter von sieben Jahren, war sie von einem Werwolf angegriffen worden, weil Severus unbedingt im Wald hatte spielen wollen. Eileen hatte sie nach St. Mungos gebracht, aber die Heiler hatten nichts mehr für das kleine Mädchen tun können. Einen Tag und eine Nacht hatte ihre Tochter um ihr Leben gekämpft und den Kampf verloren. Mit ihr war in Eileen jede Freude gestorben.

Es war ihr gleichgültig, dass Tobias vor Trauer fast den Verstand verloren und dass der fünfjährige Severus wochenlang Alpträume gehabt hatte. Sie erinnerte sich nur noch an einen Satz, den der Kleine zwei Wochen nach der Beerdigung gesagt hatte: „Eines Tages werde ich machen, dass es keine Werwölfe mehr gibt." Eileen hatte nur den Kopf geschüttelt. Als könnte er diese Bestien davon abhalten, über Menschen her zu fallen.

Er hatte damals alles über Werwölfe wissen wollen. Sie faszinierten ihn. Eileen hatte ihm erzählt, dass sie dunkle, gewissenlose Bestien waren, von denen man sich am besten fern hielt. Mehr brauchte er ihrer Meinung nach nicht zu wissen.

Sie nahm ihren Sohn an die Hand, verabschiedete sich von ihrem Mann und ging auf einen kleinen Weg hinter dem Haus. Dann schlang sie die Arme um Severus. Dieser wurde von dem plötzlichen Körperkontakt überrascht und versteifte sich sofort. Dann spürte er, wie ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Er fühlte sich, als würde man ihn durch ein zu enges Rohr pressen. Er drückte die Augen fest zu und hoffte nur, dass es schnell wieder vorbeigehen würde, was immer „es" auch war.

Als er wieder etwas wahrnehmen konnte, standen seine Mutter und er in einer schmutzigen Straße vor einem dunklen Pub. Eileen schob ihn durch das Gedränge, das in dem Gasthaus herrschte, in den Hinterhof vor eine Backsteinmauer. Dann sah Severus zum ersten Mal in seinem Leben, wie seine Mutter ihren Zauberstab zog. Sie berührte mit ihm die Steine. Mit großen Augen sah Severus, wie die Steine zur Seite wichen und einen Torbogen bildeten.

„Das ist die Winkelgasse."

Severus wusste nicht, wo er zuerst hingucken sollte. Ein phantastisches Geschäft reihte sich an das nächste. Er gab unzählige Stände und Geschäfte, darunter eines, das magische Süßigkeiten verkaufte, ein Geschäft, in dem man Eulen kaufen konnte, einen Buchladen, einen Laden für „Kessel aller Größen", eine Apotheke, „Madam Malkins´ Roben für alle Anlässe", ein Geschäft, das Rennbesen anpries „Kaufen Sie einen Sauberwisch 100. Der Besen unseres Nationalteams und ganz hinten sah Severus zu seiner Begeisterung es ein Haus mit der Aufschrift „Ollivander Zauberstäbe".

Er hätte sich gern alles aus der Nähe angesehen, doch seine Mutter zog ihn mit Bestimmtheit zu einem hohen Gebäude mit weißen Säulen davor: „Gringotts Bank". Er hatte kaum Zeit die Überschrift zu lesen, so schnell eilte Eileen durch die Halle zu einem der Schalter. Severus staunte. An den Schaltern saßen nämlich keine Menschen sondern kleine verschrumpelte Wesen mit langen Nasen und großen Ohren. Sie sahen nicht gerade freundlich aus.

„Mutter? Was ist das?"

„Das sind Kobolde, und jetzt sei still."

Eileen wollte nicht, dass ihr Sohn unangenehm auffiel.

„Ich möchte englische Pfund in Galleonen umtauschen."

„Sehr wohl."

Der Kobold musterte Eileen und Severus eindringlich und überreichte Mrs Snape einen Beutel, in dem es leise klimperte.

„Der nächste bitte."

„Komm´"

Eileen eilte so schnell aus der Bank, dass Severus Schwierigkeiten hatte, ihr zu folgen.

„So, ich denke, wir kaufen dir erst einmal eine Robe", sagte sie „Ich hoffe Madam Malkins hat auch gebrauchte", fügte sie mit einen Blick in den Beutel hinzu.

Severus musste aufpassen, seine Mutter nicht zu verlieren, was fast unmöglich war, denn es gab unglaublich viel zu sehen.

„Dad, kaufst du mir den Sauberwisch?"

Ein Junge, etwas größer als Severus, mit wildem schwarzen Haar und einer Brille hinter der braune Augen funkelten, zog seinen Vater am Ärmel.

„James, du weißt, dass die Erstklässler keinen Besen mit nach Hogwarts bringen dürfen, und außerdem hast du schon einen."

„Aber der Sauberwisch ist besser, und das wird schon keiner merken. Bitte, Dad."

Der Mann seufzte.

„Na gut, aber sag´ Mum nichts." Der Junge grinste. „Mach´ ich."

In Madam Malkin´s gab es Roben in allen Größen und Farben. Severus musste an einen Film denken, den er einmal gesehen hatte. Dort hatten die Zauberer auch solche Sachen getragen. Eine freundliche Frau mit dunkelblondem Haar und warmen braunen Augen kam auf sie zu.

„Guten Tag, was kann ich für Sie tun? Wahrscheinlich Hogwarts, oder?"

Sie lächelte Severus an, der zaghaft zurücklächelte. Seine Eltern hatten kaum Kontakt zu Menschen außerhalb der Familie, so dass er Fremden gegenüber immer etwas scheu war. Allerdings kamen auch Familienmitglieder kaum zu Besuch.

„Haben Sie auch gebrauchte Roben?"

Eileens Stimme war kühl und distanziert. Madam Malkins Lächeln veränderte sich nicht, sondern nahm an Wärme eher noch zu.

„Natürlich. Kommen Sie hier herüber."

Sie führte sie in eine hintere Ecke ihres Geschäftes.

„Stell´ dich schon einmal auf den Schemel", rief sie Severus zu und holte sofort einige schwarze Gewänder aus ihrem reichhaltigen Sortiment.

„So, dann wollen wir mal sehen."

Sie stülpte Severus eine der Roben über, die ihm über die Füße bis auf den Boden fiel.

„Also, dann kürzen wir hier ein bisschen, nehmen hier noch was weg. Ja, so geht es."

Geschickt schlug sie den Saum und die Ärmel um und steckte alles fest.

„Sie brauchen drei Roben, glaube ich?"

„Allerdings."

„Darf es sonst noch etwas sein?" fragte die geschäftstüchtige Frau.

„Nein, danke", entgegnete Eileen kühl, „Das wär´s."

„Gut, wohin soll ich es schicken?"

„ Baker´s Street 13, Spinners End. Der Name ist Snape."

"In drei Tagen sollte alles da sein."

Madam Malkins packte die Roben zusammen.

„Auf Wiedersehen."

Severus nickte ihr freundlich zu und stand wieder auf der Straße. Seine Mutter hatte den Brief von Hogwarts in der Hand.

„Was brauchst du noch? – Ach ja, Bücher."

Sie packte Severus an der Hand und schleifte ihn hinter sich her.

Nur einige Minuten später betraten Severus und seine Mutter ein Büchergeschäft. Severus fühlte sich wie im Paradies. Überall roch es nach Papier und Staub kräuselte sich in den schräg einfallenden Sonnenstrahlen. Severus liebte Bücher. Sie gaben ihm die Möglichkeit der Wirklichkeit zu entfliehen, den endlosen Streitereien zwischen seinen Eltern, den Zorn seines Vaters und der Gleichgültigkeit seiner Mutter. Er hatte sich selbst das Lesen beigebracht und alle Bücher, die er zu Hause finden konnte, sowenig es auch waren, hatte er förmlich verschlungen.

Eileen Snape warf noch einen Blick auf die Liste und fragte nach Second – Hand – Exemplaren der benötigten Bücher.

Severus schlich sich unbemerkt davon und stand plötzlich vor einer Wand voller Bücher, von denen er bisher nur geträumt hatte. Sie handelten von Vampiren, Sphinxen, Chimären und, zu Severus großer Begeisterung, auch von Werwölfen. Andächtig strich er über die ledernden Buchrücken. Werwölfe faszinierten ihn seit jener Nacht, in der eine dieser Bestien seine Schwester angefallen hatte. Er wusste, dass er sie hassen sollte, so wie seine Mutter es tat, aber er konnte sich der Faszination, die diese Geschöpfe, die halb Mensch und halb Monster waren, auf ihn ausübten nicht entziehen.

Er war so in die Buchtitel vertieft, dass er den Jungen nicht bemerkte, der gerade in einem Buch blätterte, bis er ihn versehentlich anrempelte und das Buch des anderen zu Boden fiel. Severus fuhr zurück und sah in zwei überraschte goldbraune Augen. Er spürte, wie seine Wangen heiß wurden.

„Tut mir leid", murmelte er und hob das Buch wieder auf. Es hieß: Werwölfe. Mythen und Fakten". Nach einigem Zögern gab er dem Jungen das Buch zurück.

„Du interessierst dich für Werwölfe?"

Die goldbraunen Augen betrachteten ihn intensiv. Diesernickte.

„Sie … sie faszinieren mich."

Der Junge lächelte.

„Severus!"

Seine Mutter war wie aus dem Nichts hinter ihm aufgetaucht.

„Was machst du hier?"

„Ich …"

„Ich habe deine Bücher bereits gekauft."

Mit diesen Worten packte sie ihn an der Schulter und schob ihn in Richtung Ladentür. Severus wandte den Kopf. Der Junge mit dem Buch hob die Hand zum Abschied. Er lächelte immer noch. Severus erwiderte das Lächeln, bevor er mit seiner Mutter wieder auf der Straße stand.

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