Crucio

Deliver me, oh Lord, from the evil man:
Preserve me from the violent man
Psalm 140

- Crucio

Der dumpfe Schlag ihrer Fäuste auf dem angeschwärzten Brett lässt den reflektierten Feuerschein flackern. Heisere Schreie spalten ein offenes, nasses Loch (Anm.d.Übers.: Der Mund ist gemeint). Macht ist Schönheit.

Eine Pause. Ihre hebende Figur, das Gesicht nach unten, die Nägel hinterlassen tiefe Rillen, als sie über den Boden kratzen.

- Sie mich an.

Sie wendet mir ihr Gesicht zu und es sieht aus wie ein leuchtender Mond mit Kratern als ihren Augen. Ich sehe, dass sich ihr Atem auf den polierten Lack der Dielenbretter kreisförmig niedergeschlagen hat.

- Du hast zugelassen, dass die Prophezeiung zerstört wird. Du hast zugelassen, dass deine dir folgenden Todesser gefangengenommen wurden und nach Askaban zurückkehren werden. Du wusstest, dass ich das tun würde. Lord Voldemort vergibt nicht. Nicht bis ihm zurückgezahlt ist, was ihm geschuldet wird.

Der Mund öffnet sich, versucht Worte aus der Luft zu formen, als ob sie versuchen würde, Äpfel von einem Baum zu pflücken, während ihre Hände hinter dem Rücken gefesselt sind.

- Crucio

Ein Schrei hallt durch das Zimmer. Das Feuer zuckt und flackert hinter dem Gitter wie ein Gefangener, der sich von seinen Fesseln losreißt. Etwas ist geschehen. Das Feuer fällt allmählich zu Asche zusammen, das Leben versickert unerklärlicherweise, als ob der Gefangene plötzlich mit einem tödlichen Fluch getroffen worden wäre. Das einzige Licht im Raum scheint Bellatrix selbst zu sein, die Stellen, an der Haut fehlt, erglühen heller und heller. Einhornfleisch. Meine Stabhand zittert. Irgendetwas in mir reißt auseinander und scheppert gegen meine Brust. Ich weiß nicht, was passiert, doch ich wünsche nicht, dass es aufhört. Furcht ist aufgehoben durch das neue Verlangen, eine neue Art von Schmerz zu finden. Ich beobachte, wie die Haut weiße Blasen wirft und Netze aus Feuerkanälen sie überziehen, Flammen, die sich von dem Körper ernähen, als er sich krümmt und schreit und schwarze Asche über den Boden verstreut.

Seine Finger waren blass, wie abgefallene Zweige einer Weißbirke. Sie berührten die Ärmel meines Kleides, und erschienen plötzlich schmutzig gegen die steifen, hellen Falten, und ich hatte das große Verlangen, seine Hand zu nehmen und sie für immer an meiner Brust zu halten, gezeichnet durch einen schmutzigen Abdruck, der mein Herz ergreifen würde.

Irgendwo außerhalb des Traums begann der Hochzeitsmarsch zu spielen. Seine Finger fielen schlaff an seine Seite und er sah in mein abgewandtes Gesicht, die Lippen zu einem grimassenartigen Lächeln verzogen.

Du weißt, wo du da einheiratest, sagte er.

Ich sagte ihm ja, ich wüsste es und ich wollte es. Ich wollte ihm ebenfalls folgen und ein Teil dessen werden, wovon Rodolphus ein Teil war.

- Wir hatten nie eine Frau. Vielleicht... vielleicht bist du das Ende von allem. Schwörst du, mir zu folgen, schwörst du, zu meinem Vorteil zu töten und zu foltern, und nur zu meinen? Ich frage dich, als ob du eine Wahl hättest, doch wir wissen beide, dass du diese nicht hast. Wenn du mich anlügst, wenn du sagst, du wärst bereit obwohl du es nicht bist, dann wirst du diese Küche nicht lebendig verlassen. Vergleichsweise wird es deine letzte Abweisung sein, solltest du je meinen Befehl verweigern. So frage ich dich: Schwörst du, mir zu folgen, mich zu ehren und mir zu gehorchen, in Freiheit wie in Gefangenschaft, durch Eroberung und Qual, bis der Tod uns scheidet?

- Ich tue es.

Die Musik draußen schwankte, verunsichert durch meine Abwesenheit. Beharrlich begann sie erneut. Ich ignorierte es.

- Triff mich in deinem und Rodolphus Schlafzimmer, heute um Mitternacht. Bringe Rodolphus mit. Wir werden die Zeremonie dort durchführen.

Er ging und ließ mich kalt gegen die Wand gelehnt zurück, meine Gedanken rasten nervös und ich vergaß beinahe die wartenden Leute draußen.

Ich lasse meinen Zauberstab sinken und beobachte, wie das Feuer an ihrer Haut nachlässt, als ob es jemand mit Wasser gelöscht hätte. Ihr Körper raucht und ähnelt dabei einem knisternden Haufen, sie hustet zerbrechliche, schwarze Flecken Holzkohle.

Langsam, vorsichtig streckt sie sich, beugt Arme und Beine, richtet sich auf aus ihrer Schräglage, zuckt zusammen, als sich siedende Haut über ihr Skelett spannt wie eine schlecht passende Robe. Ihre eigene Robe ist zu Asche zerfallen und sie liegt nackt in dem fast dunklen Raum, trotzdem ist alles, was ich sehen kann, ist ein schwacher, blasser Umriss und das Glitzern wütender Augen.

- Eine interessante Reaktion, Bella. Seltsam, dass nicht eine einzige Verbrennung deinen Körper bedeckt, obwohl du offensichtlich Höllenqualen durchleidest.

- Ja, Herr.

Ihre Stimme; kratzig, trocken, zerstört.

- Du kannst gehen. Wir werden das am Morgen besprechen.

- Ja, Herr.

Sie kommt auf die Beine und durchquert den Raum, als ob sie auf heißen Kohlen gehen würde. Am nächsten Tag, wenn es hell ist, werde ich verbrannte Fußabdrücke in dem Lack finden, der dort anscheinend Blasen geworfen hat und die keine Magie reparieren kann.

Es gibt keine Farben in Askaban. Die Wände sind rau, grau und solide, doch sie sind es nicht, was uns dort hält. Wir hängen dort rum, der dicken, liquiden Luft ausgesetzt, und versuchen unsichtbaren Fesseln zu entfliehen, doch letztlich fallen wir immer weiter in uns selbst zurück und ertrinken in Erinnerungen. Sollte ich mich jemals am Meer befinden, dann werde ich an das kalte Wasser denken, das mein Gefängnis umgab, und meine Nase wird den feuchten, salzigen Geruch einatmen und sich vorstellen, er wäre vermischt mit schmutzigen Leibern und widerlichem, verfaultem Atem, und ich werde anfangen zu schreien.

Für den Rest der Nacht brüte in meinem Stuhl. Ich schlafe wenig, oder gar nicht. Mein Hirn arbeitet immerfort, so veränderlich wie Sand in einer endlosen Wüste. Aus welcher Perspektive ich das Problem auch betrachte, die Landschaft scheint sich nie zu verändern. Prophezeiung im Eimer, Potter geflohen, Todesser hinter Gittern. Ich sollte augenblicklich einen Plan entwerfen, um anderen Ministeriumsbeamten Informationen zu entlocken. Und nun sitze ich leblos in meinem Stuhl und Bellas Gestalt wandert in der Dunkelheit durch meine Gedanken.

Rodolphus und ich, wir lieben uns nicht. Wir suchen Macht. Wir suchen Macht ineinander, wir folgen der Macht des Dunklen Lords. Macht kann man in jedem lebendigen Wesen finden, es ist nur eine Frage der Möglichkeiten, sie zu entschlüsseln. Es gibt keine so ‚gute' Macht, wie die eines Zauberers. Und zwar aus dem Grund, weil sie nicht kontrolliert werden kann, sie kann nicht abgesaugt oder in eine nette, hübsche Verpackung gesteckt werden. Macht wird so vieles besser verwendet, zu so viel mehr genützt, wenn sie von denjenigen ausgeübt wird, die sie wirklich verstehen und nicht versuchen, sie zu zähmen. Wer ich bin, das zu hinterfragen? Ich bin die, die ich bin. Diese Worte, die er mir sagte, diese Worte, die ich schätze, wie ich alles schätze, was er ist. So ist er doch, was all das ist.