Ein neuer Anfang

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Look out on a summer's day,
With eyes that know the darkness in my soul.

Don McClean -Starry, Starry Night
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Das traditionelle Ehebett im Hause der Blacks knarrte, als ich mich auf eine Kante setzte, wie die Seufzer so vieler vergangener Liebhaber. Eine Tafel über dem Kopfbrett setzte mich in glänzenden, silbernen Lettern davon in Kenntnis, dass das Bett seit 1486 von Jungvermählten benutzt wurde. Mit einem kalten, starren Lächeln sah ich darunter die Worte Amour Pur. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Gobelin, auf dem alle Paare aufgestickt waren, die ihre erste Nacht unter den wachenden, silbernen Lettern verbracht hatten. Die letzte Ergänzung waren Lucius und Narzissa, die in weiß gewebt waren. Ich nickte zustimmend. Lucius brauchte einen Erben.

Der Raum schien eine ehrfürchtige Stille zu umfassen, als ob er für jedes neues Paar den Atem anhalten würde. Das Pochen der Musik und das Gelächter von unten erhöhten die explosive Atmosphäre und stille Alarmglocken erschütterten die Luft wie dünnes, gefrorenes Glas bei einem Erdbeben. Die Glocke schlug Mitternacht. Es war Zeit.

Ich habe so lange kein Wasser mehr gesehen. Ich meine nicht die salzige Heftigkeit des Meeres, noch die braunen Spritzer, die in Askaban zum Essen ausgeschenkt wurden. Ich meine reines, sauberes, wirkliches Wasser, dass man trinken kann ohne zu würgen, in dem man sich waschen kann ohne zu ersticken, in das man sich fallen lassen kann ohne von dem sandigen Reiben Kratzer zu bekommen. So weiß ich genau, was ich tun werde, wenn ich einen Blick auf einen Raum mit der Aufschrift Privat erhasche und darin ein Badezimmer in der Größe einer riesigen Kathedrale vorfinde.

Ein schneller Blick den leeren Flur hinunter zeigt mir, dass er mich finden wird, er muss nur der Spur von rauchenden Fußabdrücken folgen. Ich lege meine Hand direkt in die Mitte der Tür und drücke. Ich fühle das alte Holz bersten und unter meinen Fingern zerrinnen, wie Rodolphus in dieser ersten Nacht. Mit einem zuckenden Lächeln nehme ich die Hand weg und hinterlasse einen langen, eingedrückten Fleck, als ob ich gestorben wäre und mit erstickter, nutzloser Unterwerfung daran hinuntergerutscht wäre.

Ich trete ein und bin sofort darin eingeschlossen. Die Kerzen flammen auf, ein unbarmherziges, strahlendes Weiß. Ich zucke zusammen. Ich bin zu sehr an das Leben in dunklen Winkeln gewohnt, zusammengekauert in Fesseln, um dieses Leuchten ertragen zu können.

Rot, murmele ich.

Das ist besser. Ein sanftes Schimmern erfüllt den kathedralenähnlichen Bau, es verdammt das Gold der Wasserhähne und errötet die Haut jeder dunklen Oberfläche. Ich gehe über die abgekühlten Kacheln, fühle wie ihre Kälte langsam durch meinen Körper schleicht, höre das sanfte Zischen meines heißen Fleisches, das langsam kalt wird und sich zu blassem Blau zusammenzieht. Was einst voll, reif und prächtig war, ist nun eingefallen und verschrumpelt.

Einst erzählte ich ihm, Schmerz wäre Schönheit. Und es ist so. Allzu spät bemerke ich, dass das Fehlen von Schmerz gleichzeitig das Fehlen von allem ist, was er mit sich bringt.

In dem rötlichen Schimmer badend, transparent und matt steige ich die marmornen Stuften in den leeren Raum hinunter und hoffe auf Verjüngung.

Eigentum. Macht. Bald werde ich das alles besitzen. Bald werde ich bestimmen, von wo der Wind weht, ich werde die Motten rufen und ich werde dem Feuer befehlen, wie hoch es zu lodern hat. Zu lange bin ich aufgehalten worden. Meiner Wut war es erlaubt, zu unglaublicher Größe heranzuwachsen. Meine Wut hat mich besessen. Ich bin der personifizierte Missklang von Ärger und Hass und Macht. Ich sollte jetzt zur endgültigen Größe herangewachsen sein, zu lange haben Idioten meine Pläne durchkreuzt, die behaupteten, meine Anhänger zu sein. Der Potterjunge sollte inzwischen in seinem Grab liegen, doch er geht und stört noch immer. Nicht mehr lange. Ich werde das perfekte Eigentum schaffen. Das einzige Besitztum, das wirklich treu sein wird, das einzige Besitztum, dessen Loyalität niemals schwanken kann, und dessen Hingabe niemals ermüdet. Ein Eigentum, das nicht von der Gier nach größerer Macht angetrieben wird, sondern durch die Manipulation der unveränderlichen Liebe zu seinem Vater. Mein Sohn. Mein Erbe. Und derjenige, welcher mir am meisten schuldet, wird der sein, der ihn mir schenken wird. Bellatrix.

Ich erinnere mich, dass die Glocke Mitternacht schlug, als ich den letzten Bissen der Hochzeitstorte zu meinen Lippen führte. Was ein zwickendes, goldenes Ei in den Tiefen meiner Gedanken gewesen war, brach auf und enthüllte ein Paar beharrlicher Flügel und einen zwingenden Ruf. Es war Zeit, zu der richtigen Zeremonie zu gehen.

Ich nahm Rodolphus große, knöcherne Hand und zog ihn durch die Scharen von plaudernden Gästen, dem farbenprächtigen Licht und den Strömen von Feuerwhiskey zur Treppe.

- Wo gehen wir hin? Wisperte er. Meine Mutter ist dort drüben, sie will -

Hoch, sagte ich. Der Dunkle Lord wartet. Ich werde ein Todesser.

Er stoppte, vollkommen still. Seine Augen glänzten hell.

- Liebling... das ist unglaublich. Er führt die Zeremonie jetzt durch? Ich musste eine Menge Tests bestehen, bevor er mich als würdig befand. Er muss sehr starke Gefühle für dich haben...

Seine Stimme war eindringlich und in dem unheimlich Kerzenschein, der von der Treppe kam, schien sein Gesicht vor Widerwillen angespannt. Ich zog beharrlich an seiner Hand und fühlte die schlaffe, gummiartige Haut, die meine Berührung lose umschloss.

- Er sagte zu mir, wir würden uns um Mitternacht in unserem Schlafzimmer treffen. Schnell, lass uns gehen. Ich will ihn nicht jetzt schon verärgern.

Eine Welle von Furcht flog über Rodolphus Gesicht.

- Also komm.

Er saß auf dem Bett, als wir eintraten, wie ein großer Rabe schwankte er auf feinster, weißer Seide. Obwohl der Raum zuvor in Dunkelheit gelegen war, sandte der stumme Schlenker seines Zauberstabs kleine, blaue Flammen zu den umstehenden Kerzen. Sie erhellten den Raum und enthüllten eine schwere, dunkle Einrichtung und ein Arrangement von herzförmigen Kristallflaschen, die auf dem Tisch neben dem Bett standen und von denen jede mit einer andersfarbigen Flüssigkeit gefüllt war. Ich bezweifelte, dass sie ein Teil der zukünftigen Geschehnisse dieses Abends sein würden, und glaubte eher, dass kindische Mütter sie dort hingestellt hatten, welche Probleme dieser Art vermeiden wollten. Sicherlich rühmten sich die Flaschen bei näherer Betrachtung mit Schildern wie „Vertrauen", „Fruchtbarkeit" und „Ausdauer". Ich spürte, dass es unklug wäre, zu lachen.

Der Dunkle Lord stand auf.

- Bellatrix Ursula Lestrange, du weißt, warum du heute zu mir kommen musst. Du hast vernünftigerweise gewählt, die Macht des Lord Voldemort anzuerkennen, damit er dein Überleben gewährleisten kann... so lange du seines gewährleistest. Ein Todesser wird sich vielen Aufgaben unterziehen müssen, die in den Augen des Ministeriums und gewöhnlicher Zauberer nicht als legal erscheinen, die jedoch wesentlich für deine Reise zu deinem Herren sein werden. Du wirst treu meinen Befehlen gehorchen, oder Folter und schmerzvollem Tod gegenüberstehen. Verstehst du?

- Ja Herr, sagte ich mit erhobenem Kopf und starrte in seine Augen.

Er hielt inne und erwiderte meinen Blick.

- Von jetzt an, Bellatrix, wirst du die von mir ausgewählte Farbe tragen.

Mit zwei Schritten stand er vor mir und legte seine Hände auf meine Brust über mein Herz. Langsam durchnässte dort, wo er mich berührte, tiefes Rot meine Robe wie das Blut einer Wunde, und verbreitete sich über dem hellen Material bis es vollkommen durchtränkt war. Seine Hand rutschte von meinem Herz zu meinem linken Unterarm und schloss sich um die Haut wie eine eiserne Klemme.

- Ich versichere dir, dass es wehtun wird, lächelte er spöttisch.

Ich versichere Euch, dass ich es mögen werde, antwortete ich.

Folge der Spur. Folge den Fußspuren zu deinem zukünftigen Besitztum, folge der neuen Straße zu deiner unangezapften Macht. Dummköpfe, die lieben, sind meine größte Waffe. Die, die lieben, sehen das Objekt ihrer Liebe als die Sonne und sind wie verwurzelte Blumen, die der Sonne folgen. Ohne sie können sie nicht überleben. Wenn sich die Sonne weiter wegbeweget, reckt sich die Blume weiter nach oben und kümmert sich nicht darum, dass sie sich selbst zu einem Ziel macht, blind vor allem, außer dem lebensspendenden Licht.

In der Vergangenheit war es genau dieser Grund, weshalb ich meinen Getreuen verboten habe, zu lieben. Sex ist ausschließlich zum Zweck der Fortpflanzung und Schaffung neuer Anhänger erlaubt. Mein Sohn wird der bedeutenste Anhänger von allen sein. Seine Liebe zu mir wird so leidenschaftlich, so engstirnig und rührend sein, dass ihn nichts wird stoppen können, meine Befehle auszuführen. Sein Glaube in seiner Liebe zu mir wird ein solcher Schutz sein, dass seine Zerstörung einzig in meinen Händen liegt, falls ich keine Verwendung mehr für ihn habe und ihm die Lüge offenbare, die sein Leben gewesen ist.