Das rote Zimmer
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The World is one, life is one.
The sweetest and most heavenly of activities partake in some measure of violence – the act of love, for instance.
Anthony Burgess – A Clockwork Orange
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Der Fluss wand sich geradeaus wie ein dünnes, silbernes Band, die Farben der Bäume spiegelten sich auf seiner Oberfläche und kleine, farbige Steine schimmerten in seinem Bett wie vergrabene Schätze. Die begrünten Zweige streckten sich über ihn, um einander zu begegnen und bildeten ein mattes, wisperndes Dach. Sonnenlicht schien durch Spalten im Laub, kribbelte über unsere Haut und warf Diamanten ins Wasser. Ich fühlte mich, als hätten wir unser eigenes, privates Königreich gefunden.
Wir waren stundenlang ohne Anweisung durch brennende Felder und kühle, grüne Wälder gewandert. Er fragte, was ich versuchte zu finden, und ich erwiderte, dass ich es noch nicht wüsste, doch ich wusste, dass es dort war. Ich log. Ich wusste, dass er anhalten würde, wenn wir den Fluss erreichen würden, der durch den Wald von Little Hangleton floss. Er war geheim und privat, versteckt vor der Welt. Ein Platz, um die Hemmungen hinter sich zu lassen und eine raue, unverschönte Ausgabe von sich selbst zu werden. Als wir dorthin kamen, heuchelte ich Überraschung, dass wir so einen abgelegenen Fleck gefunden hatten.
Wir standen am Flussufer und beobachteten die Schmetterlinge, die durch die Lichtstrahlen tanzten, und hörten dem Gesang der Vögel zu, der aus den Bäumen kam. Die Luft fühlte sich frisch und feucht an, wie eine kalte Dusche an einem siedendheißen Tag. Ich war mir plötzlich meines Kleides bewusst, das unangenehm an meinem Körper klebte, und meinen Füßen, die in schwammigen Turnschuhen rutschten. Ich fühlte mich schmutzig und unordentlich, außerhalb der Welt an diesem magischen Platz, wo alles rein war. Ich warf einen Blick auf Sirius und sah die schmutzigen Schweißtropfen auf seiner Stirn und die feuchten Flecken, wo sein T-Shirt an seiner öligen Haut klebte, und ich wusste, dass er das selbe dachte.
Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn mit diesem waghalsigen Blick an, von dem ich wusste, dass er immer davor zurückweichen wollte.
Ich mache es, wenn du es machst, sagte ich und nickte mit dem Kopf zum Wasser und grinste, sodass meine kleine, rosa Zunge auf meine gepflegten, perlmuttfarbenen Zähne zeigte. Alles dem Plan entsprechend, mein Süßer.
Normalerweise hätte er mich geschubst und mich verrückt genannt, wir könnten krank werden, wenn wir das täten, doch etwas in dem hellen Licht und der feuchten Luft und der uns umgebenden grünen Blätterwand ließ uns beide vollkommen von der Welt abgeschottet fühlen. Irgendetwas in ihm schien endgültig aufgebrochen zu sein, wir konnten alles tun, was wir mochten und es würde hier bleiben, als ein Geheimnis, das die Bäume aufsaugen würden.
Ich hätte es tun können, wenn sie schlief. Ich hätte leise durch die Becken voll Morgenlicht schleichen und einen Moment an ihrem Bett innehalten können, um die glatte, weiße Wange zu bewundern, die sie auf das braune Kissen presste. Ein leichtester Wink mit meinem Zauberstab und ein gemurmeltes Imperio und sie wäre so wiederstrebend gewesen wie eine Puppe in meinen Armen.
Aber ich wollte ihr keinen Schmerz ersparen. Ich wollte sie nicht schwach und unbeirrt wiegen. Ich wollte sie schreien hören, ich wollte sie unter mir kämpfen spüren wie ein gefangener, verschreckter Schwan und ihr vollkommen bewusst werden lassen, dass sie nichts tun konnte außer nachzugeben, wenn sie mein „treuster Todesser" sein wollte. Es amüsierte mich, dass ich etwas, das sie mit solcher Ehre durchführte, in etwas so von Gewalt erfülltes wandeln konnte, wie ich sie wählen lassen konnte zwischen Vergewaltigung und in Ungnade fallen. Abgesehen davon, dass sie keine Wahl hatte. Ich würde sie so oder so vergewaltigen.
Mein Körper; missraten, gegen die marmornen Wände der Wanne ausschlagend, fieberhaft Wasserschwalle durch die Luft spritzend. Sein Mund lächelt gegen meine Haut, lange, gelenkige Finger klammern sich um meine Taille und hinterlassen tiefe Kratzer auf meinem Bauch. Ein Murmeln in meinem Ohr.
- Würdest du deinen Herren verweigern, deinen Führer? Dieser Akt ist entscheidend für meine Macht. Ist es nicht das, was du willst, meine treue Dienerin? Wünschst du, dich von deinem Herren abzuwenden? Wir wissen beide, welche Strafe dir das bringen würde.
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In einer fließenden Bewegung zog ich mein Kleid aus, zappelte mich frei von der feuchten Baumwolle und warf es in den Wald, wo es an einem Ast hängen blieb. Er lachte und folgte meinem Bild und schleuderte sein T-Shirt hinterher. Er zog seine Hosen aus und wir beide kickten unsere Turnschuhe weg. Ich rutschte mit meinen Zehen über die kühlen, dunklen Steine und spürte das heiße Zischen verschwinden wie Dampf und eine herrliche Ablösung breitete sich in meinem Körper aus.
Wir standen am Wasser und hielten Händchen, er in blauen Boxershorts und ich in einem schmuddeligen Sport-BH und Unterhosen. Ich fühlte ein kribbelndes Gefühl durch meine Venen sausen, als ob seine Hand mich in eine Muggel-Steckdose gesteckt hätte. Die feuchte, helle Luft biss in unsere Haut und piekte in unseren Poren. Ich betrachtete die Schatten des Laubs, die über seine glatte, gebräunte Brust zuckten und die feinen Haarkringel unter seinem Nabel und wollte ihn unbedingt küssen. Ich war nie zuvor so nahe an einem Jungen gewesen, nah genug, um ihn beinahe zu schmecken, um seine Gedanken zu lesen.
Wir gehen bei drei rein, sagte ich leise. Er nickte. Eins… zwei… drei
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Ich drehe mich um, lasse meinen Ellenbogen auf dem Steinbett des Beckens bersten und eine Blutwolke schwappt durch das Wasser. Reine Panik, ich zerkratze den Sims des Bades, scharre wie ein umgedrehter Käfer. Der Raum leuchtet rot und er zieht mich weg, umarmt mich noch einmal an seiner durchnässten Brust und streichelt über mein zottiges, nasses Haar. Meine Schreie erschüttern die Steindecke, meine Fäuste schlagen auf seinen Körper ein, voll von einem Hass, den ich nie zuvor gespürt habe. Er lacht nur. Starke Arme drücken mich hinunter und ich klappe zusammen ein wie feuchtes Papier. Unter Wasser gefangen versuche ich, nicht zu ertrinken und schreie Schwärme von Blasen, die den Stein berühren und dort blutend zerplatzen. Nur wenn ich in Stille falle und meine Faustschläge kraftlos werden, hebt er mich spielerisch heraus wie ein liebender Vater.
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Wir sprangen und landeten mit einem herrlichen Spritzen, der einen Vogelschwarm von den Bäumen aufschreckte. Kühle, klare Wellen spülten über meinen Körper, seine Hände umfassten meine Taille, sein Gesicht streckte sich zu meinem und wir waren unter Wasser, so dass unsere Haare um uns strömten und unsere Gesichter umrankten und unsere Lippen berührten sich das erste Mal, aufeinandertreffend wie Kirschen auf Pfirsiche.
Es war ein langsamer, langer Kuss. Seine Zunge war sanft und erfahren. Ich bewegte meine Hand und platzierte sie auf seinem Wangenknochen, so dass ich das Flattern seiner Augenlider an meinen Fingern fühlte. Wir hörten nur auf, wenn wir nach oben kommen mussten, um Luft zu schnappen.
Er keuchte ein wenig, als wir die Oberfläche durchbrachen und nicht nur, weil er Luft brauchte. Ich versuchte angestrengt ruhig zu bleiben, obwohl ich ein seltsames Prickeln in meiner Magengrube empfand und die Aufregung der Ausgelassenheit in meinem Kopf... das war besser, als ich es geplant hatte. Weiterzugehen würde kein Problem sein.
Wasser floss über unsere Körper und glitzerte im Sonnenlicht, so dass es schien, als wäre unsere Haut mit Kristall überzogen. Ich höre das Gezwitscher der Vögel und das Brummen der Honigbienen, das sich mit dem Klatschen des Wassers auf die Steine mischte. Ich fühlte das sanfte Schmatzen des Schlamms zwischen meinen Zehen und begann zu lachen.
- Du kannst gut küssen, sagte er. Schreck, Entzücken und Angst wirbelten in seinen Augen.
Du auch, erwiderte ich wahrheitsgemäß. Es klang so inadäquat im Gegensatz zu dem, was ich erlebt hatte, auch wenn ich ihn das niemals wissen lassen würde. Er küsste mich wieder und alle selbstgestellten Hindernisse überwindend glitt er mit seiner Hand über meine Schulter, so dass der Träger meines BHs hinunterrutschte.
- Hast du bemerkt, dass er total durchsichtig ist? murmelte er lässig, seine Lippen gegen meinen Mundwinkel gepresst.
Du spielst nur den beunruhigten Gentleman und sagst es mir? Fragte ich scheinbar ernst.
- Natürlich, antwortete er und hakte ihn mit flinken Fingern endgültig auf. Ich löste den nassen Stoff von meinen Brüsten und schmiss ihn auf die Steine. Es gab viel Geraschel und eine Menge Vögel flogen aufgeschreckt aus ihren Ästen.
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- Genug von diesem Affentheater, treue Bellatrix. Ich habe einen Schluck Fruchtbarkeitstrank genommen, um sicherzugehen, dass du mit meinem Sohn schwanger wirst. Mein Sohn wird der Schlüssel zu unserem Sieg im zweiten Krieg sein. Das ist eine Ehre für dich und deine Familie. Rodolphus wird stolz sein.
Bevor ich meine Antwort stammeln kann, bevor ich meine Augen aus ihrer stechenden Blindheit voller Wasser lösen kann, fühle ich, wie er seine durchnässte Robe hebt und mit einem brennenden, ruckenden Schub in mich stößt. Ich schreie meinen letzten Schrei und breche abgehetzt, zerstört und geschlagen zusammen. Das erste Mal seit vielen Jahren, kann ich spüren, was andere den Anfang eines gebrochenen Herzens nennen würden.
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Das Licht veränderte sich, als die Sonne sank. Sanfte, rote und orange Flimmer schnitten durch die Zweige und eine Briese kam auf, die Kälteschauer durch das Wasser sandte. Sirius und ich lagen nackt und makellos am Flussufer und unsere Körper strahlten. Nasse Haarsträhnen klebten an meiner Wange und Wassertropfen, die glänzten wie Edelsteine, hingen an meinen Wimpern. Seine Hand kam näher und legte sich auf meine, seltsam warm und ein bisschen schlammig. Ich fühlte mich wie ein Teil dieses Königreiches, eine Auswucherung der Steine und des Wassers und des herumwirbelnden Laubes.
Es war Zeit zu gehen. Die Familie würde sich Sorgen machen. Wir standen auf und sahen uns an, wie Adam und Eva gezwungen das Paradies zu verlassen. Wir suchten langsam und schmerzvoll unsere Klamotten zusammen, als ob uns das Schutz gegen die Welt draußen geben würde. Auf dem Weg zurück durch die Bäume, schloss ich die Augen, so dass ich mich nicht an den Weg erinnern konnte. Ich wollte nicht zurückkommen und die Erinnerung verderben. Ich konnte sie für immer bewahren, sie auf dem Waldweg sammeln, bis dorthin, wo das helle Licht schien und das Laub zitterte und sie in meinen Gedanken wieder erleben.
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Ich verließ die Wanne nassen Füßen, die über die kühlen Kacheln glitten wie Peitschenschläge. Meine Robe klatschte schwer und peitschend gegen meine Beine und schalt mich. Die schwachen, blutroten Flammen der Kerzen wurden dunkel und tiefes Rot glühte um die Badewanne.
Ich drehte mich lässig zu der Mutter meines Sohnes um, die leblos in scharlachrotem Wasser trieb, ihr schwarzes Haar um sie wie ein explodierter Heiligenschein. Ihre Augen, die immer mit Falschheit belebt waren, waren zu leerem Nebel verdunkelt. Ihr Mund, den so oft ein bissiges oder boshaftes Lächeln umspielte, war schlaff wie totes Fleisch. Ich fürchtete um mein Kind. Wenn Bella starb, gab es keine Chance für irgendjemanden von uns.
Ich kniete mich neben das Becken, lehnte mich hinein, zog den Körper an seinem Ellenbogen zu mir und hob ihn heraus. Klares Wasser mit Blut vermischt rann von ihm und befleckte meinen Umhang.
Sie war schlaff und gummiartig und atmete pfeifend mit stockendem Keuchen, eine gewogene, fremdartige Bella. Es kam mir vor, als hätte ich nie zuvor eine Frau in den Armen gehalten. Einen Moment lang verlor ich mich in den weißen, nassen Gliedern, durchhängend, gebrochen, blutend, schön. Meine Tat. Meine Macht. Ihr Schmerz.
