Kapitel 4

Sirius erwachte bei Vogelgezwischter und Sonnenschein. Das Bett war weich und duftete blumig und süß, die Laken noch besser ... Irgendwie nach .. sein Hirn war noch völlig benebelt. Sie dufteten nach Fiona.

Sofort tauchten Bilder aus der Erinnerung wieder auf. Ein paar mal war er sanft wachgerüttelt worden. Eine fremde männliche Stimme war da gewesen, die ihn fragte, wie er hieß und die andere dumme Fragen stellte.

Er versuchte die Augen zu öffnen und stöhnte auf.

Das Licht war grell und tat ihm weh. Und sein Kopf schmerzte. Sein Rücken brannte wie Feuer. Er erinnerte sich dunkel daran, das der Arzt ihn sagte, er habe eine leichte Gehirnerschütterung und müsse genäht werden.

Vorsichtig sah er sich um und blickte direkt in die grüne, besorgte Augen eines kleines Mädchen. Er war erst irritiert, doch dann erkannte er Faith. Sie musterte ihn aufmerksam.

„Guten Morgen, Langschläfer.." sagte sie sanft und lächelte. Sirius erwiderte das lächeln, dann streckte er die Hand aus und strich ihr über ihr zerzaustes Haar. Tränen traten den Mädchen in die Augen, als sie seine Hand ergriff.

„Ich dachte schon du wachst nie mehr auf!" flüsterte sie

„Faith.." sagte er leise.

„Fai.. Ich glaub du mußt dich jetzt zur Schule fertig machen.." Sirius hob den Kopf und sah Fiona in einem Sessel am Fenster sitzen. Ihre Stimme klang etwas verschlafen, aber Sirius wußte, das sie die ganze Nacht wach gewesen war, um immer wieder nach ihm zu sehen. Ihre Fürsorge rührte ihn, machte ihn noch verletzlicher, als er schon war.

„Fiona.." brachte Sirius mühsam hervor. Seine Rippen schmerzten beim sprechen. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, was er sofort bereute. Schmerzen zogen sich durch seinen Körper.

Er sah wieder zu Faith, die immer noch vor dem Bett saß.

„Na geh schon.." sagte er lächelten und drückte liebevoll ihre Hand. Faith stand nur zögernd auf, dann nickte sich und verließ das Zimmer. Sirius versuchte sich aufzurichten. Fiona war sofort an seiner Seite und half Sirius, sich hinzusetzen.

„Was mache ich hier überhaupt?"

„Du hast mich angerufen. Weißt du das nicht mehr?" Sie hob die Augenbrauen und lächelte. Offensichtlich war sie froh darüber, das er sie zu Hilfe gerufen hatte. Und das gefiel ihm wiederum.

„Wie fühlst du dich?" fragte sie dann.

„So, als wäre ich von einem Haufen Arschlöchern mit Baseballschlägern verprügelt worden."

Sie lächelte und stopfte ihm die Kissen im Rücken zurecht.

Sirius schloß einen Moment die Augen und kämpfte gegen den Schmerz an. Als er sie wieder öffnete, saß Fiona neben ihm auf der Bettkante. Er empfand eine unglaubliche Zuneigung zu dieser Frau. Er hatte in seinen Leben wirklich viele Frauen kennengelernt, aber angesichts dieses Juwels vermischten sich alle anderen Erinnerungen zu einem farblosen Brei. Fiona war wie ein Edelstein, der so glänzte, das es ihm in den Augen weh tat. Und im Herzen.

Wahrscheinlich hatte sie die ganze Nacht bei ihm gesessen und über seinen Schlaf gewacht.

„Du mußt vollkommen erschöpft sein. Warum legst du dich nicht ein bißchen schlafen?" fragte er besorgt.

„Das werde ich, sobald Faith in der Schule ist und ich sicher bin, das mit dir alles in Ordnung ist." Sie beugte vor und Sirius beobachtete, wie sich ihr Hemd über den Brüsten spannte. Dann nahm sie ein Glas Wasser vom Nachttisch und zwei Tabletten, die sie ihm reichte.

„Nimm das, es ist ein Schmerzmittel."

Sirius leckte sich die trockenen Lippen und dachte daran, wie süß jetzt ein Kuß Fiona´s schmecken würde.

„Bist du immer so hilfsbereit gegenüber Fremden?" Er streckte die Hand aus und nahm die Tabletten. Seine Finger streiften ihre, als er nach dem Glas Wasser griff.

„Normalerweise werde ich auch nicht mitten in der Nacht von einen Fremden angerufen, die meine Hilfe brauchen."

Sirius trank hastig und schluckte die Tabletten. Als er das Glas zurückstellen wollte, verzog er das Gesicht vor Schmerzen.

„Ich mach das schon." sagte Fiona rasch und nahm das Glas ab.

„Wo bin ich überhaupt?" fragte er und schaute sich in dem Raum um.

„In meinen Bett." Sie versuchte ihre Worte so neutral wie möglich klingen zu lassen.

In ihren Bett! Kein Wunder, das es so wunderbar duftete.

„Der Arzt hat deine Wunde am Kopf genäht. Er meinte außerdem, das deine Rippen stark geprellt seien und noch eine Weile sehr weh tun würden. Außerdem hast du schwere Prellungen am Rücken. Sie sehen furchtbar aus."

„Ja. Dort haben sie mich mit ihren Baseballschlägern am meisten bearbeitet!"

Fiona schlug die Hand vor dem Mund und schaute zur Seite. Die Schuldgefühle waren unerträglich.

„Das alles tut mir so leid" flüsterte sie.

Sirius beugte sich vor, umfaßte ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich herum.

„Fiona, das ist doch nicht deine Schuld. Jay Butler und seine Kumpel sind ein Haufen Feiglinge. Sie haben sich ja noch nicht einmal getraut, mir bei Tageslicht zu begegnen. Statt dessen lauern sie mir in der Nacht auf. Du kannst dir doch dafür keine Vorwürfe machen."

„Ich mach mir aber Vorwürfe! Und ich werde dich dafür entschädigen." Sie merkte sofort, das sie einen fehler begangen hatte.

„Das wirst du nicht!"

„ich wünschte nur, das du dich nicht eingemischt hättest. Vielleicht hätte Jay nach ein paar Tagen das Interesse daran verloren, mich zu belästigen."

Erregt setzte er sich auf und ignorierte den erneuten Schmerz der sich durch seinen Rücken zog. Seine Augen schienen vor Wut Funken zu sprühen.

„Ach ja? Und zu welchen Preis? Meinst du, das du mit ein paar blauen Flecken in deinem hübschen Gesicht davongekommen wärst? Typen wie Jay sind unberechenbar Sie steigern sich immer mehr in ihre Gemeinheiten rein." Beim Gedanken daran, das Fiona vielleicht verprügelt worden wäre, wurde ihm arg übel.

O nein . Nur über seine Leiche würde Jay Butler noch einmal in Fiona´s Nähe kommen.

Und wie willst du das anstellen? fragte er sich gleichzeitig. Du bist auf der Durchreise. Du willst doch nur weg!

Er würde eben mit der Polizei sprechen und sie über alles aufklären, bevor er die Stadt verließ. Irgendwie beruhigte ihn diese Idee überhaupt nicht.

„Das mindeste, was du tun kannst ist, Anzeige zu erstatten." sagte Fiona und strich die Bettdecke glatt.

„Was soll das nützen? Ich habe keine Zeugen. Ich selbst habe sie ja nicht mal gesehen. Sie haben mich von hinten angegriffen." Er sah weg, als er Fiona´s entsetzten Blick nicht mehr stand hielt.

„Aber dein Motorrad und dein..."

„Mein Motorrad!" rief er laut dazwischen und richtete sich blitzschnell auf. Mit Schmerzverzerrten Gesicht starrte der die Frau an. Fiona drückte ihn vorsichtig mit sanfter Gewalt wieder in das Kissen und als Fiona die Hände wieder wegziehen wollte umfasste er ihr Handgelenk.

„Was ist mit meinem Motorrad!"

Fiona biß sich auf die Unterlippe.

„Ich habe es in Matrin´s Werkstatt bringen lassen." flüsterte sie leise, doch Sirius verstand alles laut und deutlich.

„Bedeutet das..."

„Martin meint, der Schaden sei zu groß für eine Reparatur.." antwortete sie niedergeschlagen.

Sirius schloß verzweifelt die Augen. Auch das noch! Das Motorrad, wo er so dran hang, wo er noch mit James dran rumgebastelt hatte.. Seine einzig ihm gebliebene Erinnerung an seinen besten Freund.

Und das schlimmste von allem war, er war hier gefangen und konnte nicht weg! Vielleicht gab es wenigstens einen Bus? Er konnte doch nicht hierbleiben, schon gar nicht bei Fiona. Er würde nicht in der Lage sein, die Finger von ihr zu lassen.

„Was ist mit meinem Gepäck?"

Fiona stand auf und durchstreifte nervös den Raum.

„Deine Kleidung ist in der Wäsche. Alle Gürtel sind hier in einer Schublade. Deine Stiefel stehen da drüben. Mehr war nicht da."

„Na großartig. Mit anderen Worten: Ich bin arm wie eine Kirchenmaus." Sirius seufzte gereizt. Das alles führte in eine vollkommen falsche Richtung. Fiona fühlte sich unbehaglich und die Schuldgefühle waren fast unerträglich.

„Wieso arm?" fragte sie mit brüchiger Stimme. Sirius sah sie nicht an.

„Ich hatte fünfzehnhundert Dollar in meinen Gepäck, die mich für einige Monate über Wasser halten sollten."

Fiona überlegte. Ihr schien was einzufallen, doch sie war sich nicht sicher, ob sie es Sirius vorschlagen sollte.

„I.. ich ähm.. könnte einen Vorarbeiter gebrauchen!" fragte sie vorsichtig.

Sirius hielt die Luft an.

„Fiona ... ich halte das für keine gute Idee."

Aufgebracht warf Fiona die Motorradtaschen auf den Sessel und stemmte die Hände in die Hüften.

„Was erwartest du eigentlich von mir? Du verteidigst mich vor den übelsten Typen, wirst bestohlen und verprügelt für deine Hilfsbereitschaft und was sollte ich nach deiner Meinung nach tun? Dich rauswerfen? Warum eigentlich nicht? Warum lasse ich dich nicht irgendwo am Straßenrand liegen, damit du auf allen vieren dahin kriechen kannst, wo auch immer du hinwillst!"

Sie starrte ihn wütend an, aber er schaute nur mit einem spöttischen Gesichtsausdruck zurück.

„Verdammt noch mal, das Ganze ist schließlich meine Schuld" rief sie laut.

Dann holte sie tief Luft und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du bleibst hier, bis du wieder gesund bist und darüber gibt es keine Diskussion. Danach kannst du immer noch entscheiden, ob du für mich arbeiten willst oder nicht!"

„Fiona, ich kann nicht hierbleiben. Das werde ich auch nicht!" Fiona starrte ihn noch einige Sekunden wütend an, dann wirbelte sich herum.

„in dem Fall hole ich dir etwas zu essen. Mit vollem Magen kriecht es sich besser." fauchte sie und marschierte aus dem Zimmer.

Sirius blickte ihr nach. Sie war einfach atemberaubend, selbst in ihrer Wut, wenn ihre grünen Augen Feuer sprühten. Aber er konnte doch nicht hierbleiben. Fiona war unwiderstehlich, viel zu schön, viel zu anziehend. Und sie weckte zu viele Sehnsüchte von ihm.

Er hatte sie vom ersten Moment an begehrt. Das war natürlich nur eine körperliche Reaktion. Aber jetzt verzehrte er sich nach ihr mit einer Leidenschaft, die nichts mehr mit seinen Trieben zu tun hatte.

Aber er mußte von hier verschwinden. Er wußte nicht einmal, wer er selbst war und was er noch vom Leben erwarten sollte. Er kam mit seinen Ängsten nicht zurecht, die ihn verfolgten wie Dämonen. Er war zerrissen und rastlos.

Fiona kam zurück mit einen Teller Suppe, zwei Scheiben Toast und einem Glas Milch. Sie stellte das Tablette vor ihm ab, ohne ihn anzusehen.

Sirius ergriff ihre Hand und hielt sie fest, bis Fiona ihm schließlich in die Augen schaute.

„Du bist mir nichts schuldig, verstehst du?" sagte er vorsichtig.

Verzweiflung und Selbstvorwürfe lagen in ihrem Blick. Er wollte nicht, das sie sich so mies fühlte.

Sie sollte sich auch nicht solche Sorgen um ihn machen.

„Fiona, bitte."

„Iß deine Suppe. Danach sehe ich mir die genähte Wunde an." Sie hob das Kinn und begegnete starrköpfig seinen Blick.

„Warum bist du eigentlich immer so stur?"

Sie hob die Augenbrauen und betrachtete ihn abschätzend.

„Das mußt du gerade fragen!"

Widerwillig mußte Sirius lächeln. Sie hatte ja recht. „Ja, wahrscheinlich."

Fiona sah fasziniert zu, wie dieses Lächeln sich auf sein ganzes Gesicht ausbreitete. Sirius beugte sich vor und fragte: „Hast du ein Wohnhaus für deine Mitarbeiter?"

„Ja, aber das ist nicht für den Vorarbeiter gedacht. Der hat sein eigenes Haus!" antwortete sie leise und voller Hoffnung.

„So. Also gut. Ich werde dort wohnen, bis ich wieder in der Lage bin abzureisen."

Die Enttäuschung war ihr deutlich anzusehen.

„Sirius, du würdest dich besser fühlen, wenn du weiterhin hier schläfst. Die Matratzen in dem Haus des Vorarbeiters sind alt und durchgelegen" wandte sie ein.

Besser fühlen? Allein der Gedanke, das er in ihrem Bett schlief, würde ihn wahnsinnig machen! Aber dies war jetzt nicht der Zeitpunkt, mit Fiona zu streiten. Später würde er es so machen, wie er es für richtig hielt. Aber jetzt hatte er dafür keine Energie mehr. Allein die Tatsache, das er ausgerechnet in diesem verschlafenden Nest seiner Traumfrau begegnet war, verwirrte ihn schon genug. Sein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüßte, das sein, eh schon mißratender Sohn, sich in eine Muggel verliebt hatte. Hinzu kam, das er ständig Fiona´s rote Mähne vor Augen hatte und sie nicht anfassen durfte. Auch ihren verführerischen Körper, der danach zu verlangen schien, das er sie berührte. Was war dagegen eine unbequeme Matratze?

„Ich will mir jetzt deine Kopfwunde ansehen", sagte sie und stand auf.

Damit war das Thema für sie offensichtlich abgehakt. Das gefiel ihm so an ihr. Sie war selbstbewußt, aber nicht rechthaberisch. Sie war stark und gleichzeitig fürsorglich- und einfach unwiderstehlich.

Fiona beugte sich über ihn und hob vorsichtig seinen Kopf an

Erschrocken zuckte sie zurück als Sirius plötzlich schmerzhaft aufstöhnte. Sie spürte, das sein ganzer Körper angespannt war.

„Entschuldigung! Ich wollte dir nicht weh tun!" sagte sie leise. Sirius lehnte sich wieder ins Kissen zurück.

Die Stelle an seinen Nacken, wo sie ihn so zärtlich berührt hatte, schien wie elektrisiert. Augenblicklich schoß ihm das Blut in die Lenden. Sie brauchte ihn nur zu berühren und er war komplett in Aufruhr.

„Faß mich nicht an!"

Sofort richtete sie sich auf. Schuldbewußt biß sie sich auf die Unterlippe.

„Es tut mir leid. Bitte ruf mich, wenn du mich brauchst!" Sie drehte sich um und verließ schnell das Zimmer. Zu schnell für Sirius Geschmack. Er wollte sie zurückrufen und sich für sein Ausbruch zu entschuldigen, doch er tat es nicht.

„Was zum Teufel tust du hier?" Fiona´s Stimme klang scharf wie eine Klinge. Als sie ein paar Stunden später nach Sirius sehen wollte, war das Bett leer gewesen. Außer sich vor Sorge hatte sie nach ihm gesucht und ihn in der Scheune gefunden.

„Ich schichte das Heu um", gab er barsch zurück.

„Du Idiot! Das sehe ich selbst! Du gehörst ins Bett! Gehen wir!" Trotz ihrer Wut, mußte sie sich zusammenreißen, um Sirius nicht anzustarren. Er hatte sein langes Haar geflochten und sich ein rotes Tuch um die Stirn gebunden. Sirius steckte die Heugabel in den Heuhaufen zurück. Unwillkürlich krümmte er sich unter dem stechenden Schmerz zusammen. Sofort war Fiona bei ihm. Sie stützte ihn und führte ihn zu einem Heuballen, damit er sich setzen konnte. Dann riß sie ihm die Heugabel aus der Hand.

„Sirius, was soll dieses Theater?" fuhr sie ihn böse an.

„Ich will keine Almosen, Fiona" gab er gelassen zurück.

„Das ist keine Almosen!"

„Wie würdest du es denn nennen?" fragte er bissig.

„ich würde es einfach Menschlichkeit nennen. Offenbar ist dir so etwas fremd."

Sein Mund wurde schmal, das Atmen schien ihn schwerzufallen. Fiona setzte sich zu ihm.

„Sirius, du wirst ganz offiziell für mich arbeiten, sobald zu wieder gesund bist. Sagen wir, du bist zum nächsten Monatsanfang eingestellt. Sei doch vernünftig, Sirius, du bist doch schließlich ,meinetwegen in diese schreckliche Situation geraten! "

„Also sind es nur Schuldgefühle."

„Teilweise."

„Aha. Und sonst?"

Fiona warf Sirius einen Seitenblick zu. Das würde sie ihm im Leben nicht auf die Nase binden! Was hatte er den jetzt? Warum war er jetzt so aufgebracht?

„Fiona!"

„Ja."

„Welche anderen Gründe hast du?" beharrte er.

„Meine Güte, mußt du denn alles wissen?" brauste sie sich und stand abrupt auf, aber Sirius hielt sie am Handgelenk fest und riß sie zu sich herum. Stöhnend stand er wieder auf.

„Ja, ich will es wissen. Unbedingt sogar."

Er klang, als hinge von ihrer Antwort alles für ihn ab. Sie schaute ihm in die Augen und ihr wurden die Knie weich angesichts der Sehnsucht, die sie darin entdeckte. Was war daran schlimm, wenn man nett sein wollte?

„Weil es mir nicht gleichgültig ist, was mit dir passiert."

Wortlos wandte sich Sirius ab, hob die Heugabel wieder auf und begann wütend in den Heuhaufen herumzustochern. Fiona sah ihn irritiert an. Hatte sie was falsches gesagt? Fasziniert betrachtete sie seinen breiten Rücken und seine kräftigen Armmuskeln. Ein erregendes Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus. Gleichzeitig sah sie die großen Prellungen von den Schlägen auf seinen Rippen und seinen Rücken. Sie wünschte, sie könnte diese Stellen berühren und Sirius damit die Schmerzen lindern, die er haben mußte.

„Sirius, du hast mich doch gefragt."

„Ja! Ich brauche dein Mitleid nicht! Ich brauche überhaupt nichts!" stieß er wütend aus.

„Ich tue das doch nicht aus Mitleid!"

„Ach nein! Wie nennst du es dann? Dankbarkeit?" wiederholte er bitter.

„Warum hast du so ein Problem damit, Sirius? Was soll ich denn deiner Meinung nach empfinden?"

Plötzlich war es totenstill in der Scheune. Sirius stand regungslos da, eine elektrisierende Spannung baute sich um ihn auf. Seine Hände umklammerten fest die Heugabel.

Fiona trat einen Schritt zurück und fragte sich erneut, was sie Falsches gesagt hatte. Sie sah, das er einen inneren Kampf führte, das er gegen die Sehnsucht ankämpfte, die in ihm aufflackerte. Sie sah es an dem dunklen Glanz in seinen Augen.

Plötzlich drehte sich Sirius um und kam auf sie zu, zog sie einfach an sich.

„Was du empfinden sollst, Fiona?" sagte er leise und dann war sein Mund auf ihren Lippen und Sirius gab ihr einen heftigen, verlangenden Kuß. Fiona spürte, wie die Leidenschaft sie überwältigt und drängte sich ihm entgegen. Eine Leidenschaft, die sie beide nicht wahrhaben wollten.

Instinktiv schlang Fiona die Arme um ihn und preßte ihn fester an sich. Er hielt ihre Arme fest umklammert und diese Berührung breitete sich wie ein Feuer in ihrem Körper aus, das sie zu verbrennen drohte. Die Welt um sie herum begann sich zu drehen. Sie befreite sich aus seinen griff, um die Arme um seinen Nacken zu schlingen, in fester an sich zu ziehen. Sirius löste sich nur widerwillig von ihren Lippen und bedeckte ihr Gesicht und Hals mit feurigen Küssen. Ihr stockte der Atem und legte den Kopf auf die Seite, drängte sich seinen Lippen entgegen. Als er ihre Brüste mit den Händen umschloß und mit den Daumen über die aufgerichteten Spitzen streichelte, stöhnte sie unterdrückt auf. Das Verlangen brachte Sirius fast um den Verstand. Er zuckte zusammen, dann ließ er sie plötzlich los und taumelte einen Schritt rückwärts. Verwirrt ließ er sich wieder auf den Heuballen fallen.

„Bitte nicht!" sagte Sirius. In seiner Stimme schwang Schmerz und Bedauern.

„Bitte nicht was?" fragte Fiona, die versuchte ihre Atmung wieder zu normalisieren.

Er griff sich an die Rippen, beugte sich vor.

„Bitte sieh mich nicht so an! Bitte verlang nicht von mir, das ich hierbleibe."

Fiona lehnte sich an einen Balken, erst nach ein paar Minuten antwortete sie leise:

„Ich brauche wirklich einen Vorarbeiter, Sirius! Du könntest mir so lange aushelfen, bis die Kühe gekalbt haben."

Sie war erleichtert darüber, das ihre Leidenschaft allmählich abkühlte und sich ihr Körper wieder beruhigte. Dennoch zitterten ihre Hände noch von dem Aufruhr, die, die Erregung in ihr ausgelöst hatte.

„Ich schaffe das nicht alleine. Die Arbeit wächst mir über den Kopf. Ich kann mich nicht allein um die Ranch kümmern und gleichzeitig eine gute Mutter für Faith sein. Und das ist ja schließlich das Wichtigste für mich!"

Sirius preßte die Lippen zusammen. Einen Moment schloß er die Augen.

Fiona machte in paar Schritte zurück. Sie merkte, das die Sicht vor ihren Augen verschwamm.

„Bitte geh nicht!" sagte sie noch, dann rannte sie aus der Scheune ins gleißende Sonnenlicht hinaus. Hastig griff sie nach den Zügeln ihres Pferdes, sprang auf und galoppierte davon. Tränen strömten ihr jetzt übers Gesicht. Wie konnte das passieren? Warum mußte sie sich ausgerechnet in so einen Mann verlieben? Sie trieb ihr Pferd gnadenlos an und nachdem sie wie eine Wilde über die Weiden geprescht und halsbrecherisch Zäune übersprungen hatte, verlangsamte sie ihr Tempo zu einem gemächlichen Trott. Das Pferd keuchte. Sie mußte sich eingestehen, das Sirius der Mann war, auf den sie ihr ganzes Leben gewartet hatte. Wenn sie ihn gehen ließ, würde sie ihre Chance verstreichen lassen. Sie mußte sein Vertrauen gewinnen. Erst wenn sie wieder Vertrauen zu einen Mann hatte, konnte sie die Frau sein, die sie wirklich war. Aber sie durfte ihn keinesfalls unter Druck setzen. Sirius war ein Mann, dem man Zeit lassen mußte. Diese Erkenntnis war auf einmal wie eine Erlösung für sie.

Als Sirius schließlich aus der Scheune kam, war Fiona schon lange weggeritten. Er faßte sich an die schmerzenden Rippen und blinzelte gegen sie Sonne an. Dann fluchte er leise. Auf Fiona´s Ranch zu bleiben war eine reine Tortur für ihn. Er hatte immer versagt. Bei seinen Bruder hatte er versagt, bei James und Lily und auch bei Harry. Anstatt ein guter Patenonkel zu sein und sich um ihn zu kümmern, wie er es mal James und Lily versprochen hatte, zog er durch die Weltgeschichte und trifft so eine atemberaubende Frau. Mit Fiona würde er genauso versagen. Das war nur eine Frage der Zeit.

„Komm schon"

Das war Faith Stimme. Sirius drehte sich um uns sah sie in der Koppel. Entnervt versuchte sie ihr Pferd dazu zu bringen, um sie aufgestellten Fässer herumzureiten. Langsam ging Sirius zum Gatter hinüber und lehnte sich dort an und beobachtete das Mädchen eine Weile. Faith brachte das Pferd zum stehen und ließ sich vom Sattel auf die Erde plumpsen. Sie sah resigniert aus.

„Fai, du willst zuviel auf einmal erreichen!"

Überrascht blickte sie auf. Sofort breitete sich ein freundliches Lächeln auf ihrem ganzen Gesicht aus.

„Sirius! Du bist aufgestanden! Das ist ja toll! Geht es dir denn schon besser?"

Sie brachte ihr Pferd zum Gatter hinüber. Dann tauchte sie unter den Balkon durch auf Sirius Seite. Sirius deutete auf einen Pferd in einer anderen umzäunten Koppel.

„Warum trainierst du nicht mit der kleinen Stute da drüben?"

Faith schaute kurz über ihre Schulter und seufzte.

„Ich darf sie nicht reiten! Sie scheut sofort, wenn jemand nur in ihre Nähe kommt. Mom hat sie auf einer Aktion ersteigert, weil sie schwer mißhandelt worden war. Dummerweise gelingt es uns nicht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Bist du schon mal Geritten?"

Sirius betrachtete die Stute noch einen Moment und dann sah er zu Faith und lächelte.

„Du meinst auf einen Pferd?" Faith nickte und Sirius lachte leise.

„Nein.. ich bin schon auf vieles geritten, aber ein Pferd war nicht dabei! In meiner Schulzeit auf Hogwarts war ich in der Quidditschmannschaft ein verdammt guter Treiber!"

„Quidditsch? Was ist das den?"

„Das ist ein Leistungsport mit Besen!" erklärte Sirius.

„Mit Besen? Du meinst du fliegst da auf Besen? So wie Hexen?" fragte sie erstaunt und Sirius lachte leise.

„Ja, wenigstens ein Gerücht stimmt bei euch Muggel!" Faith sah Sirius begeistert an.

„Cool! Ich will auch auf die Schule! Kannst du nicht Mom überreden und sie überzeugen das ich dort hingehöre?" Er zog sie liebevoll an einem der dicken Zöpfe.

„Tja, ich weiß nicht, Fai. So lange werde ich wohl nicht bleiben können!"

Enttäuschung machte sich auf ihrem Gesicht breit, aber kämpfte tapfer dagegen an. Sirius versetzte es einen Stich, wie sie sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen.

„Tut mir leid, Faith!"

Faith zog ihn ebenfalls am Zopf.

„Schon okay. Mom hat mir schon gesagt, das du nur hier bleibst, bis du gesund bist. Mach dir keine Gedanken, ich finde schon einen Weg Mom zu überzeugen!" Sie lächelte ihn noch mal zu, nahm ihr Pferd und lief zur Scheune rüber. Was für ein hübsches Kind, dachte Sirius bezaubert. Aber kein wunder bei so einer hübschen Mutter. Verdammt! Sirius verzog gequält das Gesicht. Hier war einfach das Paradies. Er wünschte sich plötzlich nichts sehnlicher, als hier seßhaft werden zu können.

Er atmete tief durch und ging zu Fiona´s Jeep, um in die Stadt zu fahren. Schließlich hatte er noch ein ernstes Wörtchen mit jemanden zu reden.

Er mußte nicht lange nach der Person suchen. Er erkannte sofort das protzige Auto von Jay Butler vor Jack´s Trap am Straßenrand. Er öffnete die Pendeltüren und tauchte ein ins dämmrige, verrauchte Innere der Bar.

Tische und Stühle standen wahllos im Raum verteilt. Jay saß am Tresen und Sirius ging direkt auf ihn zu.

Er wusste das er bald abreisen mußte und er konnte Fiona und Faith unmöglich allein lassen, ohne sicher zu gehen, das Jay sie in Ruhe ließ.

Als Jay ihn schließlich entdeckte, fluchte er leise und ließ sich vom Hocker rutschen.

„Was denn, Butler, schon dir Hosen voll?" fragte Sirius schneidend.

Jay ging einen Schritt zurück. „Nein!"

„Kannst du aber ruhig haben." Sirius Blick war eisig. „Schließlich sind deine Brüder deine einzigen Freunde im Umkreis von tausend Meilen. Und die sind nicht da. Ich könnte dich hier vor der Tür zusammenschlagen und keiner der Gäste hier würde auch nur einen Finger rühren."

„Quatsch keinen Müll." Jay wurde bleich und blickte sich suchend um. „Ich habe viele Freunde."

Sirius war das Vorgeplänkel leid. Er packte Jay am Kragen und zog sein Gesicht zu sich heran.

„Was verlangst du dafür, das du Fiona ein für alle Mal in Ruhe lässt?"

„Das du ein für alle Mal die Stadt verlässt, Fremder!" gab Jay barsch zurück.

„Abgemacht! Aber du gibst mir dein Wort. Butler." Sirius unterstrich seine Forderung, indem er Jay noch enger am Hals packte und heftig schüttelte.

Jay schluckte und versuchte Sirius bohrendem Blick auszuweichen. Sein Gesicht wurde rot.

„Okay!" knurrte er

„Wunderbar. Ich nehme morgen früh den ersten Bus, der die Stadt verläßt. Du hältst dein Wort, Butler, oder unser kleiner Vertrag tritt sofort außer Kraft. Und dann mache ich mit dir, was ich mir jetzt noch verkneife. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?"

„Du kannst dir deine Drohungen in den.." Jay brach ab, als Sirius Blick finsterer wurde. „Ja, deutlich!" lenkte er beleidigt ein.

„Bist ein schlaues Kerlchen.", warf Sirius ihm zum Abschied hin. Er wandte sich ab und ging so lautlos, wie er gekommen war. Darum sah er auch nicht das grausame Lächeln, das sich jetzt auf Jay´s Miene ausbreitete. Und auch nicht seinen Hasserfüllten Blick.