Kapitel 7 - Michelle
Pomfrey verbannte alle außer Harry sofort aus dem Krankenflügel.
„Mr. Potter, was haben sie denn nun schon wieder gemacht?"
„Ich? Das waren die Todesser... und Dumbledore."
„Halt still! Ich muss die Verbände entfernen."
Sie untersuchte die Wunden und nickte. Sie tat eine Salbe auf die Wunden, verband sie neu und gab ihm einen Bluterneuerungstrank.
„Sie haben die Wunden sehr gut versorgt. Und auch Miss Grangers."
„Danke. Wenn diese Trottel im Ministerium mich nicht so mies behandelt hätten, wären die Wunden auch schon längst geschlossen."
„Ich weiß, Mr. Potter. Ich werde darüber sicher noch ein Wörtchen mit Albus reden. Nun ruhen sie sich aus. Sie können morgen ausschlafen, da ja Samstag ist und wieder in ihren Gemeinschaftsraum zurückkehren, wenn sie sich schonen."
„Danke, Madam Pomfrey."
„Keine Ursache."
Harry schlief die Nacht ruhig, trotz der Erfahrung mit den Dementoren. Er hatte sich das etwas erleichtert, indem er sich verwandelt hatte, so hatte es schlimmer ausgesehen, als es eigentlich gewesen war.
Bevor Pomfrey darauf bestehen konnte, dass er im Bett frühstückte, schlich sich Harry davon, um seine Schwester abzuholen.
Sie erwartete ihn bereits am Tor, einen schwarzen seidig glänzenden Umhang über einer Hogwarts-Robe, die noch kein Haussymbol trug und eng ihre weibliche Figur umschmeichelte.
„Hi Sis." sagte er und umarmte sie erleichtert.
„Morgen, Bro. Max hat mich gestern über das Flohnetz angerufen. Du kannst es nicht lassen, gleich am ersten Tag in Schwierigkeiten zu geraten, oder? Und dann noch ohne mich!" schalt sie ihn grinsend.
„Sorry. Aber ich bin irgendwie froh, dass du nicht dabei warst."
„Schon klar. Danke übrigens, dass du deine Privilegien gleich auf mich ausgeweitet hast. Typisch Slytherin."
„Du sagst es. Sieh zu, dass du dennoch nach Gryffindor kommst. Ich möchte nicht, dass du allein bei den Schlangen bist."
„Ja, wir ziehen das durch wie besprochen. Keine Sorge, großer Bruder."
Sie hakte sich fröhlich bei ihm ein und er führte sie in das Schloss.
„Bereit für den großen Auftritt?" fragte er grinsend. Sie nickte und mit einem Wink seiner Hand flog die schwere Tür zur Großen Halle mit einem Knall auf.
Hermine, Ron und Ginny waren eben zum Frühstückstisch gekommen, nachdem sie festgestellt hatten, dass Harry nicht mehr in der Krankenstation war.
Sie setzten sich unsicher und schauten sich nach Harry um.
„Wo bleibt er nur?" fragte Hermine besorgt.
„Er wird schon kommen." murmelte Ron gleichgültig und tat sich auf.
Im nächsten Moment schreckten sie hoch, als die Tür zur großen Halle aufflog und eine nur allzu bekannte Gestalt eintrat.
„Wenn man vom Teufel spricht." sagte Ron.
„Ron!" schalt ihn Ginny.
„Wer ist das da an seiner Seite?" fragte Hermine und musterte das schöne schlanke schwarzhaarige Mädchen.
„Sie sieht nicht übel aus." sagte Ron anerkennend und starrte sie an.
Er bemerkte den eisigen Blick nicht, den Hermine und Ginny ihm zuwarfen.
Selbstsicher führte Harry das Mädchen nach vorn zum Lehrertisch.
Doch er führte sie nicht zum Direktor, sondern zu McGonagall und Remus die nebeneinander saßen.
„Guten Morgen Professor McGonagall und Professor Lupin."
Remus sah das Mädchen nachdenklich an, „Sie kommen mir bekannt vor, Miss."
„Vermutlich. Ich wende mich gleich an sie, da der Direktor schon eindeutig klar gemacht hat, dass ihm meine Schwester egal ist."
Dumbledore schnappte heftig nach Luft und lief kreideweiß an. Harry ignorierte das und fuhr fort, „Wie vom Gericht beschlossen, wende ich mich an zwei Lehrer, denen ich vertraue, da es das Haus Potter betrifft. Darf ich euch meine Zwillingsschwester vorstellen, das ist Michelle Potter. Remus, falls du dich wunderst, Dumbledore wird dich vermutlich ebenso mit einem Gedächtnisblock versehen haben wie mich. Ich beantrage hiermit die Aufnahme von Michelle Potter in Hogwarts. Wie die meine, wurde die Studiengebühr bereits bei ihrer Geburt hinterlegt."
Remus schoss Dumbledore einen tödlichen Blick zu, „Ich stimme zu."
McGonagall sah das Mädchen freundlich an, „Es ist mir eine Ehre, sie in Hogwarts begrüßen zu dürfen, Miss Potter."
Sie rief den alten Hut mit einem Zauber und setzte ihn dem Mädchen auf.
Harry beobachtete amüsiert, wie sie mit dem Hut lautlos argumentierte bis er schließlich „Gryffindor!" rief.
Harry umarmte sie erleichtert, als McGonagall ihr den Hut wieder abnahm.
„Sie kommt mit mir in die siebte Klasse und belegt die selben Fächer wie ich. Hier haben sie die ZAG's und Ergebnisse der selben Tests, wie ich sie von Dumbledore erhalten habe." sagte Harry und reichte McGonagall einen Stapel Papiere.
Sie nickte und beschwor ihr einen Stundenplan, „Wohl an! So sei es. Wenn sie Fragen haben, kommen sie ruhig zu mir. Wenn sie Hilfe brauchen, ich bin mir sicher, Miss Granger wird ihnen gern helfen."
„Danke, Professor."
Harry führte seine Schwester zum Gryffindortisch, wo ihm Hermine und Ginny so weit Platz machten, dass sie beide hin passten.
Die fragenden Blicke der anderen ignorierend, taten sich die beiden Frühstück auf.
„HARRY!" rief Hermine vorwurfsvoll.
"Kann ich irgendwas für dich tun?" fragte Harry unschuldig.
„HARRY JAMES POTTER!" sagte Hermine, "Würdest du uns deine Freundin vorstellen?"
„Meine... Freundin?" fragte Harry überrascht und verschluckte sich fast.
Harry und Michelle sahen sich an und lachten schallend.
„Nope, meine Freundin stelle ich dir noch nicht vor, Hermine. Aber wenn du willst, stelle ich dir meine Zwillingsschwester vor. Hermine, das ist Michelle. Michelle, das sind Hermine, Ginny, Dean, Neville, Ron, Lavender, Parvati."
Hermine und seine anderen Freunde starrten ihn fassungslos an.
„Deine Schwester? Seit wann hast du eine Schwester?" fragte Ginny total geschockt.
„Seit einer halben Stunde nach meiner Geburt." erwiderte Harry grinsend. Doch dann wurde sein Blick ernst und hart, „Wenn du dich allerdings fragst, warum ich vorher nichts von ihr wusste, Dumbledore hat mir einen Gedächtnisblock verpasst. Mein Mentor hat mich darauf hingewiesen, dass ich eine Schwester hatte und diese entführt wurde, kurz bevor Voldemort mich angegriffen hat. Ich habe herausgefunden, wer sie hatte und sie zurück geholt."
„Wow." sagte Ginny beeindruckt.
„Schön, dass du da bist." sagte Hermine freundlich.
Die meisten Jungs starrten sie nur an, doch sie ignorierte es. Wie Harry wollte der Hut sie nach Slytherin stecken und das nicht ohne Grund. Ihre Maske war perfekt. Und sie hatte sich viel von Ice abgeschaut.
Nach dem Frühstück zeigte ihr Harry erst mal das Schloss und zu Hermines Unmut erklärte sich Ron übermäßig enthusiastisch bereit, die beiden zu begleiten. Hermine schloss sich Harry und Michelle etwas missmutig an. Harry zog sie jedoch in eine ruhige Ecke, als Ron ihr die ganzen Quidditch-Trophäen zeigte.
„Hermine, ich hoffe, du bist nicht sauer auf Michelle. Sie hat keine Absichten gegenüber Ron. Wenn er sich benimmt, wie ein hormongesteuerter Bastard, wirf ihm das vor, ok?"
Sie sah ihn erschrocken an, „Harry, mach dir keine Sorgen. Ich weiß, wer hier die Schuld trägt. Ich finde Michelle irgendwie etwas... dunkel, aber ok."
„Nun, was erwartest du? Sie wurde von einem Todesser aufgezogen." sagte Harry locker und sie schlossen sich den anderen beiden wieder an.
Harry und Michelle betraten am späten Vormittag den Gryffindor-Gemeinschaftsraum.
Ginny und Dean, sowie ein paar jüngere Schüler waren anwesend. Die Gesichter wandten sich ihm zu, als er eintrat.
Ginny musterte ihn von oben bis unten.
„Du hast dich ganz schön verändert, Harry."
„Jep. Hab ein wenig trainiert und hatte einen Wachstumsschub."
Kurz darauf kamen Ron und Hermine durch das Portraitloch.
„Ron und Hermine haben uns erzählt, was gestern passiert ist." sagte Ginny ernst, als sie sich gesetzt hatten und Harry winkte ab. Sie alle setzten sich an ihre favorisierte Stelle etwas abseits vom Getümmel..
„Wo warst du nun die ganze Zeit?" fragte Hermine endlich.
„Zu Hause?"
„Ich dachte deine Verwandten hätten dich verraten?"
„Ich sagte nicht, bei meinen Verwandten, die übrigens bereits dafür bezahlt haben, dass sie mich verraten haben, sondern zu Hause in meinem Haus."
„Dein Haus? Wo?"
„Potter Manor, der Familienstammsitz. Noch so eine Kleinigkeit, die Dumbledore vor mir verheimlicht hat."
„Ähm... ist... ist Grindelwald..."
„Ja, er ist mein Urgroßvater." seufzte Harry und erzählte seinen Freunden ausführlich, was ihm Ignatius in zahlreichen Gesprächen über ihn berichtet hatte.
Hermine und Ron wurden von Minute zu Minute nachdenklicher, doch die meisten Schüler reagierten sofort abweisend und zeigten ihm die kalte Schulter oder begegneten ihm zumindest vorsichtiger.
„Harry, die Todesser, das war wirklich dunkle Magie, oder?" fragte Hermine schließlich unsicher.
„Doch, zum Teil. Warum?" fragte Harry völlig unbekümmert.
„HARRY!" rief Ron entrüstet.
„Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Ich bin dazu ausersehen, Voldemort zu töten, das war in der Prophezeiung, die Voldemort im Ministerium gesucht hat. Nach dem ganzen Desaster hat es Dumbledore endlich für nötig befunden, mich darüber aufzuklären. Er kannte die Prophezeiung die ganze Zeit. Und das kann ich nun mal nicht mit einem Stupor."
„Aber...
dann bist du ja auch böse..." sagte Hermine zögerlich.
"Warum?
Dunkel heißt nicht böse, Hermine. Es ist lediglich eine
weitere Art der Magie. Sehr gefährlich, aber nur Magie.
Letztendlich entscheidet der Zweck der Magie ob sie böse ist,
oder nicht. Der Schwebezauber zum Beispiel, gut, oder böse?"
„Gut." sagte Hermine entschieden.
„Und wenn ich dich nun mit einem Schwebezauber hundert Meter in die Luft hebe und dich dann fallen lasse?"
„Ähm..."
„Todesfluch... nein schlechtes Beispiel, der ist wirklich fast böse. Er zehrt an der Seele des Zauberers, der ihn anwendet. Nehmen wir doch mal einen anderen weniger gefährlichen Todesfluch, den Intanso! Er tötet durch eine Überladung des Zentralen Nervensystems. Mann muss nicht töten wollen oder hassen, um ihn auszuführen. Generell würdet ihr denken, er ist böse, aber wenn ich ihn auf einen Acrumantula spreche, der gerade versucht, Hermine zu verspeisen... gut, oder böse?"
„Ähm... ich sehe, was du meinst, Harry. Aber..."
„Ja, ein Aber gibt es. Man muss sich sehr gut unter Kontrolle haben um der Versuchung der Macht und der Sucht, die die dunklen Künste erzeugen können, gewachsen zu sein."
„Das ist es, was diese Sprüche dunkel macht." stellte Hermine fest.
„Exakt."
„So, nun erzähl doch mal, wie es dir ergangen ist. Wir... wir wissen nur, wie du gefoltert wurdest und wie deine Elfe dich gerettet hat. Was ist danach passiert?" fragte Hermine vorsichtig.
„Ich habe einen Bekannten meines Urgroßvaters kennen gelernt. Der hat mich geheilt und mich ausgebildet. Er hat ein paar ... Kontakte. Ich habe mir einen Anwalt genommen und der hat durchgeboxt, dass ich keinen Vormund mehr brauche. Ich bin offiziell volljährig, aber das wisst ihr ja schon. Er hat dafür gesorgt, dass ich mein Erbe antreten konnte, mein gesamtes Erbe und er hat ein Verfahren gegen Umbridge erwirkt. Und wenn Dumbledore noch mal so einen Stunt abzieht, ist er der nächste." sagte Harry drohend.
Ginny sah entsetzt auf, doch Ron brachte sie mit einem Blick zum Schweigen.
„Und jetzt bin ich wieder hier und ich habe endlich eine Familie." schloss Harry lächelnd.
Plötzlich erschien eine Elfe mit einem Brief in der Hand.
„Hey, Tinky." rief Harry sanft und freundlich.
„Tinky hat Sachen von Master Potter gebracht und hier, ein Brief von seiner Missy."
„Danke, Tinky. Geh zurück ins Manor." sagte Harry freundlich.
Sie verneigte sich und verschwand.
„Welche Missy?" fragte Hermine neugierig.
„Keine Ahnung, welche sie nun meint. Lass mich doch mal sehen..."
Er las den Brief emotionslos und warf ihn ins Feuer. Er war natürlich nicht emotionslos, im Gegenteil, er war sehr erfreut, aber er hatte seine ‚Maske' aufgesetzt. Michelle hingegen hatte diesmal zu tun, ein Grinsen zu unterdrücken.
Dann zuckte er mit den Schultern, als er die fragenden Gesichter seiner Freunde sah.
„Was?" fragte er kühl.
„Harry! Spann uns nicht auf die Folter! Hast du jemanden kennen gelernt, oder was?" fragte Ginny aufgebracht.
„Ihr seid entschieden zu neugierig. Also wirklich, denkt doch mal nach. Ich stand an der Schwelle des Todes. Meine Beine waren gebrochen, mein Arm und meine Rippen. Ich war das Ziel multipler Cruciatus- und anderer Flüche. Ich musste mich erholen und dann habe ich gelernt. Wann sollte ich bitte schön jemanden kennen lernen?"
Dann ging er hoch, seine Sachen auspacken.
Hermine nutzte die Gelegenheit und zeigte Michelle das Mädchenquartier. Ginny begleitete sie und beide löcherten sie Michelle mit Fragen, doch sie beantwortete diese gar nicht oder nur ausweichend.
Als er wieder herunter kam, rätselten sie immer noch über ‚Missy'.
„Gebt es auf. Sollte ich wirklich eine Freundin haben, werdet ihr es schon merken, oder? So nun erzählt mal, existiert noch irgendwas von meinen Sachen?"
„Ja, Remus hat deinen Umhang und die Karte. Der Rest wurde durch die Dursleys zerstört."
Harry hatte Michelle natürlich alles über besagte Gegenstände erzählt. So wunderte sie sich nicht.
„Hmm... ich hätte sie doch noch etwas foltern sollen." sagte Harry grimmig.
„Harry?" fragte Hermine besorgt.
„Was? Sie haben bekommen, was sie verdient haben." sagte er eisig.
„Hast... hast du sie umgebracht?" fragte Hermine zögernd.
„Nein. Warum sollte ich das tun?" fragte Harry sachlich, „Das wäre eine viel zu leichte Strafe gewesen. Ich habe Vernon in der Firma ruiniert, Petunia meine Erinnerungen an die Folter eingepflanzt und dann Vernon gezwungen, Dudley das mit einem Baseballschläger anzutun, was Dudley mir angetan hat. Außerdem bin ich kein Mörder. Ich mag gezwungen sein zu richten, aber wenn, dann richte ich angemessen." sagte er und dachte an George MacNair.
Seine Freunde sahen ihn entsetzt an und rückten wie unter Zwang ein Stück zurück.
„Wer ist im Quidditch-Team?" fragte er dann freundlicher.
„Ginny ist Sucher..." sagte Ron unsicher.
„Ok. Ich habe sowieso keine Zeit zum Spielen. Du kannst meinen Besen für die Spiele nehmen, wenn du willst, solange ich ihn in der Freizeit benutzen kann." sagte Harry locker.
„Deal!" sagte sie, „Ron ist übrigens Kapitän. Was... was hast du für einen Besen? Ich meine... dein Feuerblitz..."
„ACCIO BESEN!" rief er mit Zauberstab.
Sekunden später schoss der MkII in den Gemeinschaftsraum.
„Ein Feuerblitz MkII? Wow. Und ich darf ihn wirklich...?"
„Jep. Ich will ja, dass wir gewinnen." sagte Harry grinsend.
Er ignorierte Ron's neidischen Blick, „Warum leihst du ihn mir nicht?" grummelte Ron, „Schließlich bin ich dein bester Freund"
„Ist das so?" fragte Harry und genoss, wie Ron's Gesicht an Farbe verlor. Zwei Mädchen fiel das auf, Hermine und natürlich Michelle, die über Ron bescheid wusste. Hermine speicherte die Information für später.
„Aber ein Hüter braucht keinen Top-Rennbesen. Der Sucher braucht den schnellsten Besen im Feld. Ist doch logisch." sagte Harry cool.
Den nächsten Tag verbrachte Harry ebenfalls mit seinen Freunden. Sie flogen etwas über das Quidditchfeld und sie besuchten Hagrid. Der war natürlich auch total happy, dass Harry wieder da war und empfing ihn mit einer stürmischen Umarmung. Auch Michelle wurde freundlich von dem Halbriesen begrüßt.
„Hagrid, hasst du schon Harrys Phönix gesehen?" fragte Ron.
„Du... du hast einen Phönix?" fragte Hagrid.
„Ja, er ist mein Vertrauter, genau wie mein Greif."
„Harry, man kann nicht zwei Vertraute haben." erklärte Hermine kategorisch.
„Wenn du meinst." sagte Harry etwas genervt während Michelle lachte.
„Kann ich ihn mal sehen?" fragte Hagrid.
„Den Greif oder den Phönix?"
„Beide!" sagte Hagrid aufgeregt.
„Warum nicht, mal sehen, ob sie herkommen. MELA!"
Kurz darauf erschien der schwarze Phönix und landete auf Harrys Schulter.
„Das ist ja ein schwarzer Phönix! Die wurden schon seit Hunderten von Jahren nicht mehr gesehen. Obwohl es Gerüchte gibt, dass Grindelwald einer gefolgt sein soll." rief Hagrid.
„Sind Phönixe nicht im Allgemeinen Kreaturen des Lichts? Gilt das auch für schwarze Phönixe?" fragte Harry interessiert.
„Ja, alle Phönixe sind Kreaturen des Guten, auch Greifen." erklärte Hagrid.
Dann wandte sich Harry an seinen Phönix, „Und du, Mela? Kanntest du meinen Urgroßvater?"
Hermine, Ron und Hagrid wurden blass.
Der Phönix trillerte zustimmend.
„Damit dürfte aus dem Gerücht wohl eine Tatsache geworden sein, Hagrid. Nur stellt sich nun für mich die Frage, ob mein Urgroßvater wirklich böse gewesen ist." sagte Harry sachlich während er seinen Phönix streichelte.
„Mela, flieg zu Grypus und hol ihn her. Hagrid möchte ihn kennen lernen."
Der Phönix verschwand und eine halbe Stunde später kündigte das tiefe Brüllen die Ankunft des Greifen an.
Sie gingen vor die Hütte und Gryphus landete sanft. Sein Maul war etwas blutverschmiert.
Hermine zuckte erschrocken zurück und wurde leichenblass.
Harry ging jedoch furchtlos auf ihn zu und tätschelte ihm das Haupt und Michelle, die ihn schon kannte, tat es Harry gleich.
„Wir haben dich wohl beim Jagen gestört. Sorry!" sagte Harry zu dem Greifen.
Hagrid verneigte sich vor dem Greifen und Gryphus akzeptierte die Verneigung. Begeistert kam Hagrid auf den Greifen zu.
Auch er tätschelte ihn, „Na du bist mal ein Prachtexemplar. Grypus heißt du? Ein schöner Name. Wo hast du ihn gefunden?"
„Ich habe ihn und Melanurus aus den Klauen von ein paar Acrumantulas befreit. Er war verletzt und mit Melas Hilfe habe ich ihn geheilt. Dafür hat er sich mir angeschlossen."
Ron starrte ihn an und wurde kreideweiß.
Gryphus schnaubte verächtlich.
„Ja schon gut, es waren mehr als nur ein paar... ein paar hundert, oder so." sagte Harry und rollte mit den Augen.
„Guter Junge. Acrumantulas? Ich wusste nicht, dass es außer Aragogs noch andere Kolonien gibt."
„Es gibt noch andere magische Wälder." sagte Harry salomonisch.
Harry und Michelle flogen zum Spaß aller noch einige Runden mit dem Greifen und als er landete, fragte Hagrid ihn: „Meinst du, ich könnte mir ihn mal zum Unterricht ausleihen?"
Harry sah den Greifen fragend an und dieser sah fragend zurück.
„Kümmerst du dich gut um ihn, versorgst ihn mit frischem Fleisch, am besten noch lebend?" fragte Harry Hagrid.
„Na klar doch!"
Harry sah den Greifen fragend an und der schnaubte zustimmend und trottete zu Hagrid.
„Also schön, so ist er wenigstens in meiner Nähe. Der Greif ist aber auf freiwilliger Basis hier, Hagrid, solange es ihm gefällt. Er wird nicht angekettet. Er wird freiwillig in deinem Pferch bleiben, damit die Schüler nicht zu nahe an ihn herangehen und evtl. im Wald selbst mal jagen gehen. Achte bitte darauf, dass die Schüler ihm nicht krumm kommen, ich möchte nicht, dass er wie Seidenschnabel endet."
„Versprochen, Harry."
Harry verabschiedete sich von dem Greifen und ging mit seiner Schwester, Ron und Hermine ins Schloss.
„Das war lieb von dir, Harry." sagte Hermine strahlend.
Harry hob nur eine Augenbraue und sagte kühl: „Lieb? Ich bin nicht lieb, nicht mehr."
Hermine schluckte und sah Ron fragend an, der zuckte nur mit den Schultern.
Am Abend saßen sie zusammen in ihrer Ecke und Ginny hatte sich zu ihnen gesellt. Hermine hatte sich an Ron gelehnt und las ein Buch. Ron unterhielt sich mit Ginny über Quidditch und Harry studierte mit Michelle die Karte der Rumtreiber. Plötzlich leuchteten seine Augen auf und er hob den Kopf. Er faltete die Karte zusammen und stand auf.
„Ich muss noch mal weg. Mir ist grad was eingefallen." sagte er und ging in Richtung seiner Unterkunft. Michelle sah ihm grinsend hinterher.
„Wohin?" fragte Ginny neugierig, doch er reagierte nicht und auch Michelle ignorierte sie und behielt sein Vorhaben für sich.
Im Schlafsaal sah er sich um, doch die anderen Jungs waren nicht da. So steckte er die Karte ein, verwandelte sich und flog durch das offene Fenster in die Nacht hinaus.
„Wo ist er hin?" fragte Ron fünf Minuten später.
„Gehen wir doch mal nachsehen." schlug Hermine vor und klappte ihr Buch zu.
Zu dritt gingen sie in den Schlafsaal der Sechstklässler, doch sie fanden Harry nicht.
Michelle, die wusste, was passiert war, machte sich natürlich nicht die Mühe, ihnen zu folgen. Sie überlegte sich lieber den ersten Streich, den sie spielen konnten.
„Was? Wo ist er? Hat er den Umhang benutzt?" fragte Ron.
„Nein, das Portrait hat sich nicht geöffnet." sagte Hermine, doch Ron war bereits dabei, Harrys Koffer zu öffnen.
Als er das Schloss aufschnippte, traf ihn ein Zauber und sein Gesicht färbte sich blau.
Er
merkte das nicht und wühlte nach dem Umhang.
"Er ist noch
hier." stellte Ron fest und sah in die überraschten Gesichter
seiner Freundin und seiner Schwester.
„Ähm... Ron... dein Gesicht."
Er sprang auf und rannte zum Spiegel.
„Oh Shit! … POTTER!" rief er wütend.
Hermine speicherte auch diesen Ausbruch, versuchte jedoch, den Zauber zu brechen, doch nach zwanzig Minuten gab sie auf.
„Es tut mir leid, Ron. Ich kann keinen Gegenzauber finden. Was immer er auch gemacht hat, es ist genial."
Ron wurde langsam stinkig und so konnte er nicht zurück in den Gemeinschaftsraum gehen.
Derweil saß Blaise auf dem Astronomieturm und sah sehnsüchtig in den Sternenhimmel.
Plötzlich sah sie einen schwarzen Schemen auf sich zu kommen und direkt vor ihr landete ein wunderschöner schwarzer Adler. Sekunden später hatte er sich in Harry zurück verwandelt.
„Potter! Dabei etwas anzugeben?" schnappte sie kühl.
Harry grinste diebisch, „Relax, Ice. Es ist keiner hier, ich habe die Karte gecheckt."
Sie seufzte erleichtert und rief begeistert „Storm!".
Sie fielen sich in die Arme und küssten sich.
„Hi, ich freu mich auch, dich zu sehen." sagte Harry strahlend.
„Du hast mir gefehlt." sagte sie leise und schaute ihm tief in die Augen.
„Nach einem Tag schon?" fragte Harry lächelnd, was ihm einen Hieb auf den Arm einbrachte.
„Ja. Außerdem habe ich mir Sorgen gemacht. Was ist denn nun passiert?"
Harry erzählte ihr die Geschichte und Blaise wurde grimmig, doch am Ende war sie erleichtert.
„Das war keine gute Idee, Tinky einen Brief mitzugeben, Blaise." sagte Harry, doch er klang eher amüsiert, als verärgert.
„Nicht? Wieso?"
„Weil sie ihn mir mit den Worten übergeben hat: ‚Tinky hat einen Brief von seiner Missy, Master Potter!' und das vor meinen Freunden."
„Oh." sagte Blaise beschämt, doch dann wurde ihr Ton herausfordernd, „Und was ist daran so schlimm?"
„Gar nichts, ich musste mir nur was einfallen lassen, um sie in die Irre zu führen. Weißt du, ich schäme mich nicht für dich und ich würde meinen Freunden gern sagen, dass wir ein Paar sind. Doch so lange es sich verheimlichen lässt, nutzen wir die Vorteile, oder?"
„Ja." sagte Blaise und küsste ihn wieder.
„Hier, das ist übrigens die Karte, die ich letztens meinte. Sie zeigt auch unsere Namen wenn ich in meiner Animagusform bin." sagte Harry und zeigte ihr die Karte der Rumtreiber.
„Die Karte der Marauder... wow. Erzählst du mir nun, woher du sie kennst?"
„Die Rumtreiber? Ich weiß wer sie waren und ich habe alle vier zumindest mal gesehen."
„Nein! Wer waren sie?"
„Mein Dad war Krone, ein Hirschanimagus, Sirius Black war Tatze, Tja und Moony, das ist unser Hogwarts-eigener Werwolf und Wurmschwanz, diese Ratte ist Pettigrew. Er hat meine Eltern verraten." sagte Harry grimmig.
„Ich wusste ja, dass du über sie Bescheid wusstest, doch dass du so enge Verbindungen zu ihnen hast. Wow. Aber nun ist mir klar, warum du immer in Schwierigkeiten gerätst, das liegt im Blut." fügte sie grinsend hinzu.
„Wir werden auch unseren Spaß haben. Doch nun zum ernsten Thema. Wo wollen wir trainieren?" sagte sie dann.
„Wir? Du willst mitmachen? Cool. Da wir auch dunkle Magie üben wollen und diese im Schloss registriert wird, bleibt uns nur die Kammer des Schreckens."
„Das ist eine gute Idee! Die wollte ich schon immer mal sehen."
„Müssen wir nur noch die Reste des Basilisken beseitigen. Hmm... vielleicht ist ja Snape etwas freundlicher zu mir, wenn ich ihm die verwertbaren Teile für seine Zutaten schenke."
„Warum nicht?" Sie küssten sich noch eine Weile und genossen den Sternenhimmel, bevor Harry eine halbe Stunde später mit ihr durch das Schloss zurückschlich. Die Karte leistete ihnen dabei wertvolle Dienste und rein zufällig hörte Harry das Passwort der Slytherins mit, als er Blaise dort ablieferte.
Als er in den Gemeinschaftsraum kam, erwarteten ihn zwei grimmige Mädchen, namentlich Hermine und Ginny sowie seine amüsierte Schwester.
„Was ist?" fragte er ahnungslos.
„Du hast Ron verhext!" warf ihm Ginny böse vor.
„Ich? Ich habe heute noch niemanden verhext." sagte Harry genervt.
Sie griffen ihn an den Armen und zogen ihn in den Schlafsaal. Dean und Neville kamen ihnen gerade entgegen.
Ron war allein drinnen und als Harry ihn sah, verdunkelte sich sein Gesichtsausdruck und seine Augen verhärteten sich. Die Mädchen traten instinktiv einen Schritt zurück und sahen sich unsicher an. Auch Ron zuckte zusammen, als er den wütenden Blick von Harry sah.
„Ach, ich habe dich verhext, ja? Für mich sieht es eher so aus, als hätte sich jemand ohne meine Erlaubnis an meinen Sachen vergriffen." sagte Harry mit eiskalter Stimme.
„Aber... aber ich bin doch dein bester Freund." stammelte Ron.
„Und das gibt dir das Recht, an meine Sachen zu gehen?"
Ron schluckte und wurde blass... soweit das mit einem blauen Gesicht ging.
„Harry... bitte beruhige dich." sagte Hermine flehend, „Du... du hast ja recht. Es tut uns auch leid."
„Kannst du nicht den Fluch von ihm nehmen... bitte." flehte Ginny.
Harry grummelte wütend und hob den Fluch mit einem Wink seines Zauberstabes auf.
„Danke, Mann." sagte Ron erleichtert.
„Das nächste Mal..." sagte Harry drohend, „Erweitere ich die Schutzzauber mit einem Schmerzfluch, nur damit ihr gewarnt seid."
„Aber... das ist illegal!" sagte Ron.
„Und Diebstahl nicht?" konterte Harry.
„Wir wollten ja nur wissen, ob du mit dem Umhang an uns vorbeigeschlichen bist." grummelte Ron.
„Hat sich das Portrait geöffnet?" fragte Harry kalt.
Hermine warf Ron ‚Ich habs ja gesagt!'-Blick zu und schüttelte den Kopf.
„Aber wie...?" fragte Hermine nun neugierig.
„Das werde ich euch nicht verraten. Ihr könnt es selbst herausfinden, mal abgesehen, dass es euch nichts angeht, wo ich wann bin." sagte Harry kühl.
„Du hast dich verändert, Harry. Du bist so kalt und abweisend geworden." seufzte Hermine.
„Wenn ihr das durchgemacht hättet, was ich erlebt habe und von allen Seiten Verrat, Lüge und Bedrohung auf euch einwirken, hättet ihr euch auch verändert. Ich habe nur gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen und mich in die Lage versetzt, mich zu verteidigen. Und es sind Sachen in meinem Koffer, von denen ich nicht möchte, dass sie irgendjemand sieht und das gilt auch und insbesondere für euch."
Dann scheuchte er die beiden Mädchen aus dem Raum und ging ins Bett.
Am nächsten Morgen erschienen die fünf zusammen zum Frühstück und die Wogen hatten sich zumindest etwas geglättet, obwohl Ron sichtlich distanzierter war als früher.
„Hey, wir müssen zu Zaubertränke." sagte Harry nach einer Weile und stand auf. Sie waren diesen Morgen etwas spät dran.
Wie zufällig streifte sein Blick dabei den von Blaise und ein unmerkliches Lächeln umspielte seine Lippen. Das Funkeln ihrer Augen zeigte ihm, dass sie es registriert hatte.
Sie hatten kaum noch Zeit, als Hermine mit Harry und Michelle zu Zaubertränke ging, Ron hatte es nicht geschafft in den Kurs zu kommen.
„Was meinst du, wie Snape reagiert, wenn du nun in seinem Kurs aufschlägst und dann noch mit Michelle?" fragte Hermine.
„Oh, er ist sicher angepisst, aber ich habe noch etwas für ihn." sagte Harry salomonisch.
Plötzlich wurden sie von hinten gepackt, doch durch unzählige Trainingsstunden mit Ignatius und Manfred waren Harrys Reflexe geschärft. Noch aus der Drehung heraus landete Harry seinen Ellbogen mitten in Malfoys Gesicht, der aus der Nase blutend nach hinten taumelte.
Einen Faustschlag später, war auch Hermine von Crabbe befreit und Goyle lag auf dem Boden und hielt sich seine Familienjuwelen, dank Michelle.
„Wolltet ihr was?" fragte Harry cool.
„DU! Du hast meinen Vater ermordet!"
„Ermordet ist so ein grässliches Wort, Draco. Eigentlich habe ich nur verhindert, dass er mich ermordet, wie du es so schön formulierst. Er hat gerade den Todesfluch auf mich gesprochen, zum zweiten Male. Ich war nur etwas schneller und das klassifiziert den Abgang deines Vaters wohl als Notwehr, oder?"
Malfoy zog seinen Zauberstab und schleuderte einen Fluch auf Harry, doch der blockte ihn cool mit einem weißen Schild.
Doch Goyle nutzte die Gelegenheit, um ihm seinen Zauberstab aus der Hand zu schlagen, er rollte Malfoy direkt vor die Füße. Goyle ging dafür blutend und bewusstlos zu Boden. Harry hatte ihm eine schnelle Folge von Schlägen und Tritten verpasst, anschließend zog er Hermine und Michelle schützend hinter sich, auch sie hatten inzwischen ihre Zauberstäbe gezogen.
Harry blieb cool, als Malfoy seinen Stab aufhob und musterte.
„Ein niedliches Stück und so verziert." triezte Malfoy.
„Der ist eine Nummer zu groß für dich, Malfoy." sagte Harry warnend.
„Ist er das, ja? Du glaubst doch nicht etwa, du bist stärker als ich."
„Nein." sagte Harry kühl, „...Ich weiß es."
„Dass ich nicht lache. Sehen wir doch mal, wie dein Zauberstab bei mir funktioniert... AMIPTEUS!" rief Malfoy und Harry riss Hermine und Michelle mit sich zu Boden, als ein weit gefächerter völlig unkontrollierter blauer Strahl über sie hinwegschoss und weiträumig die Wände beschädigte. Dann hörten sie Malfoy schreien.
Fasziniert beobachtete Harry, wie dunkelrotes Feuer von seinem Zauberstab über Malfoys Arm wanderte.
„Was ist hier los?" hörten sie plötzlich Snapes Stimme.
„POTTER! WAS HABEN SIE GETAN?"
„Ich? Gar nichts. Malfoy hat mir mit Goyles Hilfe meinen Zauberstab entwendet und wollte mich mit dem AMIPTEUS-Fluch belegen. Ich hatte ihn gewarnt, dass mein Zauberstab für ihn eine Nummer zu groß wäre. Das Resultat sehen sie ja, Professor." sagte Harry cool und hob seinen Zauberstab auf, den Malfoy inzwischen fallen gelassen hatte.
Malfoy kniete wimmernd am Boden. Der rechte Ärmel seiner Robe war vollkommen weggebrannt und sein Arm war eine einzige Brandwunde.
Crabbe und Goyle hatten sich aufgerappelt und Snape befahl ihnen, Malfoy in die Krankenstation zu bringen.
„Zeigen sie mir ihren Zauberstab, Potter!"
„Mister!" sagte Harry.
„Bitte?" fragte Snape überrascht.
„Das heißt Mister Potter, Professor."
Snape sah ihn wütend an und setzte zu einer Tirade an, „Du wagst es..." doch weiter kam er nicht, denn nun wurde es Harry etwas zu bunt.
Wieder trat Hermine hinter ihm einen Schritt zurück, als ihn wieder die dunkle Aura der Macht umgab. Mit leiser aber schneidender Stimme sagte Harry: „Sie werden nicht noch einmal den Namen meiner Familie in den Dreck ziehen, Professor. Die Konsequenzen wären nicht angenehm, das verspreche ich ihnen."
Snape musterte ihn überrascht, „Würden sie mir bitte ihren Zauberstab geben, Mister Potter. Ich möchte nur einen Blick darauf werfen."
„Selbstverständlich, Professor."
Snapes Augen weiteten sich überrascht und er schluckte, als er das verschnörkelte ‚S' am unteren Ende sah. Er reichte ihn Harry zurück.
„Der ... der ist von Meister Satorius?"
„So ist es."
„Oh, Malfoy, du bist so ein Idiot." murmelte Snape leise.
„Das haben sie gesagt, Professor." sagte Harry emotionslos, drehte sich um und zog Hermine und seine Schwester in den Klassenraum.
Eine Minute später trat Snape ein, ein zufriedenes Grinsen im Gesicht.
„Begrüßen
wir doch alle unseren lange vermissten Schüler MISTER Potter
wieder und die noch länger vermisste Miss Potter. Ich fürchte
jedoch, sie können leider nicht an dem Kurs teilnehmen, da sie
die Tränke nicht gebraut haben und demnach zu weit
hinterherhinken."
Harry griff in seine Tasche und hielt einen
Ständer mit sechs Reagenzgläsern mit unterschiedlich
gefärbten Flüssigkeiten in der Hand und brachte sie nach
vorn zu Snape.
„Ach und wie soll ich wissen, dass sie die nicht einfach gekauft haben?"
„Reicht ihnen mein Wort nicht?" fragte Harry warnend.
„Nein." sagte Snape den Ton ignorierend.
„Ich hatte sie gewarnt, Professor. Einen Moment bitte, ich habe noch eine Referenz unseres Mentors."
Er holte einen Brief aus seiner Tasche und überreichte ihn Snape.
Als Snape das Siegel sah, schluckte er schwer und öffnete den Brief.
Sehr geehrter Professor Snape,
Ich versichere Ihnen hiermit, dass meine Schützlinge, Harry und Michelle Potter, die Ihnen überreichten Tränke und Elixire selbst und eigenverantwortlich im vorgegebenen Zeitrahmen gebraut haben. Dass sie diesen Brief lesen, kann jedoch nur bedeuten, dass sie das Wort eines Potters und damit eines Nachfahren meines guten Freundes Abraham nicht für wert erachten.
In dem Fall hat mich mein Schützling umgehend davon zu benachrichtigen. Ich hätte eigentlich mehr aus dem früher ehrenwerten Hause Snape erwartet, doch die alten Werte scheinen an ihnen verloren zu sein und das Haus der Snapes befindet sich wohl auf dem selben absteigenden Ast wie das Haus Malfoy.
Grüße
Ignatius Abraxas
Meister der dunklen Künste
Als er den Brief gelesen hatte, ging er in Flammen auf.
„Verzeihen sie meine Unverfrorenheit Mister Potter. Ich wusste ja nicht, wer ihr Mentor war. Können wir das nicht vergessen?" stammelte Snape.
„Dass sie meinem Wort nicht vertraut haben, Professor, hängt ja nicht mit der Identität meines Mentors zusammen, oder? Außerdem würde ich Ignatius nie eine Bitte abschlagen, denn schließlich war er der einzige bisher, der mich mit dem Respekt behandelte, den ich verdiene. Ich bin mir über den Inhalt des Briefes natürlich im Klaren und ich WERDE Ignatius über ihr Verhalten informieren, Professor." sagte Harry mit stahlharter Stimme.
„Ich werde mit dem Direktor über ihren Mentor reden müssen." drohte Snape, doch es war nur halbherzig.
„Tun sie das! Ich werde mich jedoch nicht dazu äußern und ohne, dass sie den Brief haben, fehlen ihnen die Beweise. Und nebenbei interessiert es mich herzlich wenig, was der Direktor über meinen Mentor denkt. Er wurde nie für irgendetwas belangt." erwiderte Harry nebensächlich, als würde er über das Wetter reden.
„Bitte, setzen sie sich." sagte Snape geschlagen und ließ sich schwer in seinen Stuhl fallen.
Dann sah er auf, „Dieses Schuljahr werden wir in Paaren arbeiten. Po... Mr. Potter, sie können bei G... Miss Granger sitzen bleiben. Miss Potter, bitte setzen sie sich zu Miss Zabini. Sie wird ihnen sicher helfen können, den Stoff nachzuholen. Die Paare bleiben für das gesamte Schuljahr gleich und gelten zudem für alle Hausaufgaben, Aufsätze und Forschungsarbeiten. Das Rezept für heute steht an der Tafel. Los!"
Harry holte sich die Zutaten und begann sie systematisch vorzubereiten. Michelle setzte sich zu Zabini, die sie kühl musterte, genau wie Michelle es mit ihr machte.
„Was stand in dem Brief?" fragte Hermine leise.
„Nur, dass mein Mentor enttäuscht ist, dass ich gezwungen war, ihm diesen Brief zu geben."
„Und was ist daran so schlimm?"
„Nun, mein Mentor steht seid einiger Zeit im Dienste des Hauses Potter und ich nehme an, Snape kennt ihn und sein Unmut auf sich zu ziehen, war wohl nicht die beste Idee."
„Wieso? Wer ist denn dein Mentor?"
„Ignatius Abraxas."
„Der letzte offizielle Meister der dunklen Künste." flüsterte Hermine, schluckte schwer und schnitt sich prompt in den Finger.
Harry schüttelte den Kopf und heilte den Schnitt mit seinem Zauberstab.
„Danke." murmelte sie erschüttert.
Nach einer Weile seufzte sie: „Die Rechte Hand Grindelwalds. Da hätte ich an Snapes Stelle auch Angst."
Die Slytherins flüsterten die ganze Zeit aufgeregt über das anormale Verhalten Snapes gegenüber Potter und als Snape das mitbekam, fingen sich die Slytherins gleich eine Strafe ein. Das brachte die überraschte Schlangenbrut effektiv zum Schweigen... nur Blaise hatte sich ruhig verhalten. Sie arbeitete kompetent wenn auch distanziert mit Michelle zusammen. Diese musterte ihren Bruder die ganze Zeit amüsiert. Sie hatte schnell festgestellt, dass er nicht im geringsten dem Bild entsprach, dass MacNair ihr indoktriniert hatte, doch in Hogwarts übertraf er wieder einmal ihre Vorstellungen und sie genoss es sichtlich, genau wie Blaise, wenn sie es jedoch unauffälliger hinter ihrer Maske als Ice-Queen tat. Zugleich war Michelle stolz darauf, seine Schwester zu sein, etwas, das sie vor einem Jahr noch nicht mal im Traum gedacht hätte.
Sie verließen nach der Stunde den Klassenraum als Trio, das heißt, Harry, Michelle und Hermine und trafen kurz darauf auf Ron.
„Na, wie war Snape?" fragte dieser grinsend.
„Wir haben ihn unter Kontrolle." sagte Harry cool, „Er lässt mich sogar das ganze Jahr mit Hermine zusammenarbeiten. Er hat Paare festgelegt."
„Krass. Und Michelle?" fragte er fast zu freundlich, was Hermine erneut zu einem Stirnrunzeln veranlasste.
„Ich arbeite mit Blaise zusammen." Sagte sie lässig.
„Zabini? Einer Slytherin? Dieser Bastard." Fauchte Ron.
Michelle zuckte nur mit den Schultern, „Hätte schlimmer kommen können. Blaise ist distanziert, aber cool."
Ron grinste, „Sie ist ja auch die Ice-Queen."
„Wie auch immer. Sie hat mir nichts getan und sie versteht was von Tränken. Ich finde sie in Ordnung." sagte Michelle.
„Wie kannst du nur?" blaffte Ron.
Harry grollte und Ron kauerte unter seinem intensiven Blick, „Ich warne dich nur einmal, Ron. Lass meine Schwester in Ruhe! Außerdem hat sie recht, Zabini hat uns nie etwas getan. Sie hat nie mit Malfoy und seinen Idioten auf uns rumgehackt. Also, wenn du Vorurteile gegen alle Slytherins hast, dein Problem. Ich für meinen Teil erfahre erst einmal etwas über Leute, bevor ich mir eine Meinung über sie bilde. Denk daran, was der Hut im vorletzten Jahr gesagt hat, nur gemeinsam sind wir stark. Wenn Michelle mit ihr das ganze Jahr zusammen arbeiten muss, fein. Wenn sie sich anfreunden, habe ich kein Problem damit. Ich habe oder hätte generell nur ein Problem mit bestimmten Leuten und das sind die Leute, die meine Schwester angreifen und mir ist es egal, aus welchem Haus sie kommen, Ron!"
Ron starrte ihn ungläubig an, „Aber sie ist eine Slytherin!"
Harry sah ihn nur vorwurfsvoll an, „Und? Es gibt auch Verräter in anderen Häusern, selbst in Gryffindor. Du solltest das doch am besten wissen."
Wieder wurde Ron unnatürlich blass und Hermine registrierte es wiederum und wurde langsam neugierig. Was spielte sich hier ab?
Sie räusperte sich, „Harry hat recht. Wir kennen sie kaum. Sie hält sich ziemlich im Hintergrund. Auf jeden Fall ist sie ziemlich intelligent, zweite oder dritte in allen Klassen. Warten wir doch mal ab, wie sie sich gibt. Wir, d.h. Harry und ich werden sicher oft genug mit ihr und Michelle bei Aufgaben zusammenarbeiten."
Sie gingen weiter zum Klassenraum für Verteidigung.
Als sie eintraten, begrüßten sie Remus freundlich.
Dieser strahlte die Potter-Zwillinge an, „Michelle, Harry! Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, euch beide zu sehen."
In seinen Augen stand noch immer die Schuld, dass er Harry nicht hatte helfen können, als er gefoltert wurde. Harry sah das und rollte mit den Augen.
„Moony, Relax! Du konntest nichts tun und es ist schon ein Jahr her. Hast du deinen Block entfernen lassen?"
Remus nickte grimmig, „Habe ich. Flitwick war so frei. Ich habe Dumbledore bereits meine Meinung gesagt. Ich habe ihm gesagt, dass ich aus dem Orden austreten werde, jedoch hat er mir gedroht, mich zu feuern, wenn das Schuljahr um ist."
Harry strich sich nachdenklich über das Kinn während Michelle rief: „Dieser Bastard!"
„Michelle!" rief Hermine entsetzt.
„Na ist doch wahr!" verteidigte sich Michelle.
„Remus, du kannst nicht austreten! Sie kämpfen für die richtige Sache!" flehte Hermine.
„Das mag sein, aber mit den falschen Methoden, Hermine." sagte Harry ernst, „Moony, ich glaube nicht, dass er dich feuern kann, denn die Schulräte haben auch noch was dazu zu sagen. Und selbst wenn, Sirius hat dir doch genug Geld hinterlassen. Du bist nicht länger auf Dumbledore angewiesen. Ich kenne jemanden, der noch besser mit Tränken ist als Snape und der dir gern den Wolfsbane-Trank braut, wenn ich ihn darum bitte. Und wenn du dennoch arbeiten willst, kann ich dir auch einen Job versprechen. Lass dich nur nicht von Dumbledore erpressen, Moony."
Remus
sah ihn mit wachsendem Respekt an, „Meinst du das alles ernst? Mir
geht es hauptsächlich um den Trank, aber ein Job wäre mir
auch wichtig. Und ich möchte nicht aufhören, gegen das Böse
zu kämpfen, nur nicht mehr unter der Kontrolle von
Dumbledore."
"Moony, Marauder-Ehrenwort, ich meine es ernst.
Und wenn du mit mir befreundet bist, kämpfst du automatisch
gegen Voldemort."
„Danke, Harry. Damit steht meine Entscheidung, ich muss es allerdings mit Tonks besprechen."
„Es ist also ernst?" fragte Harry grinsend.
Remus nickte mit funkelnden Augen.
„Sag ihr, sie brauch sich um ihren Job keine Sorgen machen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie ihn verliert, Dumbledore ist nicht das Ministerium und selbst wenn, auch ihr kann ich einen Job besorgen."
„Danke, wir kommen darauf zurück."
Harry nickte und setzte sich neben Michelle während sich Hermine und Ron vor sie setzten.
„Bist du jetzt größenwahnsinnig?" blaffte Ron, „Du kannst doch nicht Leute vom Orden abwerben. Und überhaupt, wie willst du ihm, geschweige denn Tonks einen Job verschaffen? Und wer außer Snape soll den Trank brauen? Du hörst dich bald so an wie Malfoy."
Harry runzelte finster die Stirn, „Sorry, Ron. Aber ich denke, es ist besser, wenn Dumbledore nichts von meinen Absichten erfährt."
„Wir sind deine Freunde, Harry!" beschwerte sich Ron weinerlich.
„Und deine Eltern und Brüder sind im Orden." konterte Harry, „Außerdem ist es nicht wichtig für euch."
„Wie du willst!" schnappte Ron, „Aber dann erwarte nicht, dass wir alle Geheimnisse mit dir teilen!"
„Sprich für dich selbst, Ron!" sagte Hermine, sie hatte erkannt, dass hier ein versteckter Konflikt am entstehen war, der über eine normale Streiterei weit hinaus ging, aber sie hatte Harry einmal im Stich gelassen, sie würde es nicht wieder tun, „Harry ist mein Freund und ich werde ihm helfen, wo ich nur kann. Jeder hat ein Recht, auf seine Privatsphäre und nachdem, wie Direktor Dumbledore ihn und Michelle behandelt hat, kann ich ihn verstehen."
„Danke, Hermine. Und Ron, darf ich dich an den Sommer vor dem fünften Jahr erinnern? Da hast du mir NICHTS gesagt. Also wirf mir nicht deine eigenen Aktionen vor."
Ron verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich um.
Hermine warf Harry einen entschuldigenden Blick zu, den Harry mit einem Lächeln erwiderte.
