Diese Geschichte habe ich für einen kleinen Wettbewerb, den ein paar Freunde und ich regelmäßig veranstalten, geschrieben. Vorgabe war das Thema „abgedroschene Worte".
Disclaimer: Keiner der hier verwendeten Charaktere gehört mir, sondern sie sind das Eigentum von JKR. Ich habe sie mir lediglich ausgeliehen und verdiene auch kein Geld damit.
Die Geschichte spielt im 5. Band.
Das Kompliment
„Ich
kann noch immer nicht glauben, dass sie so etwas wie dich zur
Vertrauensschülerin gemacht haben, Schlammblut!", hetzte Draco
Malfoy. Doch Hermione Granger, der diese verbale Attacke gegolten
hatte, zuckte noch nicht einmal, sondern las seelenruhig in ihrem
Buch weiter.
Das Schuljahr war erst wenige Wochen alt, doch schon
in der kurzen Zeit hatte es Dolores Umbridge, die diesjährige
Professorin für Verteidigung gegen die dunkeln Künste,
geschafft Malfoy den Rang des Feindes No. 1 in Hermiones Weltbild
abzulaufen. Allein schon deswegen empfand sie die Sticheleien des
blonden Slytherin fast schon als angenehme Abwechselung. Außerdem
hatte er dieses Schimpfwort in den vergangenen drei Jahren so häufig
verwendet, dass es in Hermiones Ohren jegliche Bedeutung verloren
hatte. Nur ihre beiden besten Freunde, Ron Weasley und Harry Potter,
sprangen darauf noch mit schöner Regelmäßigkeit an.
Aber das lag wohl eher daran, dass die beiden eh jede Gelegenheit
wahrnahmen um sich mit Malfoy anzulegen.
Wie dem auch sei, im
Moment war keine von ihren Freunden hier, denn Ron und Harry hatten
jetzt Wahrsagen, während sie selbst mit etwa 15 anderen Schülern
auf Professor Futhark, den Lehrer für Alte Runen, wartete. Und
so machte sich Hermione erst gar nicht die Mühe zu
reagieren.
Doch so schnell gab ein Draco Malfoy nicht auf.
„Bestimmt gab es vom Ministerium einen Erlass, wonach man
Schlammblüter nicht diskriminieren darf und wo für alle
Bereiche eine Schlammblutquote gefordert wird. Und nur weil du das
einzige Gryffindor-Schlammblut in unserem Jahrgang bist, mussten sei
dich nehmen. Granger, das Quotenschlammblut!" Noch nicht einmal das
Eintreten des Lehrers hatte Dracos Redefluss stoppen können,
sondern ihn lediglich dazu gebracht die Stimme etwas zu senken. Da er
aber direkt hinter Hermione Granger saß, konnte er sicher sein,
dass sie ihn dennoch hören würde.
Und tatsächlich,
als Professor Futhark ihre Aufsätze über die Bedeutung der
Rune Eiwaz für den Text, der in der vergangenen Woche behandelt
worden war, einsammelte, wandte sich das Gryffindor-Mädchen mit
einem liebenswürdigen Lächeln zu ihm um. „Ich an deiner
Stelle würde erst denken und dann reden, Malfoy. Denn der
Blödsinn, den du gerade von dir gegeben hast, bedeutet nichts
anderes, als dass entweder du oder die liebe Parkinson ein, wie du so
schön sagtest, Schlammblut ist."
Das entlockte Blaise
Zabini, dem einzigen Slytherin, der außer Malfoy Alte Runen
belegt hatte, ein Grinsen, wofür er prompt von Draco mit einem
vernichtenden Blick gestraft wurde.
„Du weißt genau, dass
es in Slytherin keine Schlammblüter gibt" zischte Malfoy zu
Granger.
„Oh je, ihr Ärmsten", erwiderte Hermione mit
mitleidigem Spott. „Und da hat sich also der gute Dumbledore
gedacht: wenn schon kein vollwertiges Schlammblut, dann nehmen wir
eben die zwei Slytherin, die einem Schlammblut am nähesten
kommen."
„Meine Familie kann auf mehr als zwanzig Generationen
von Reinblütern zurückblicken!", entgegnete Draco
aufgebracht. „Die Malfoys sind eine der ältesten und
angesehensten Zaubererfamilien."
„Tja, das muss ein herber
Schlag für dich sein, zu erkennen, dass du mit deinen mehr als
zwanzig Reinblüter-Generationen der schlammblütigste
Slytherin in unserem Jahrgang bist. Wer weiß, vielleicht
bekommst du ja sogar eine Auszeichnung als Slytherin-Schlammblut des
Jahres..."
An dieser Stelle wurden sie von Professor Futhark
unterbrochen, der sie zur Aufmerksamkeit ermante. Hastig wandten sich
beide der Überlieferung, die es zu übersetzen galt,
zu.
Der Rest der Stunde verlief ohne weiteren Zwischenfall,
doch bereits zwei Stunden später, in Pflege magischer Geschöpfe,
stichelte Draco Malfoy erneut. Und dieses Mal hatte er noch
Unterstützung in Form von Pansy Parkinson und dem restlichen
Fanclub. Kaum hatte der blonde Slytherin Hermione und ihre Freunde
gesichtet, fing er an zu singen:
„Granger das
Schlammblut,
Glaubt sie wäre ach so gut!
Granger, das
Schlammblut,
Glaubt sie wäre ach so gut!"
Begeistert
stimmten die übrigen Slytherin ein, und Pansy, der dieses kleine
Liedchen offenbar besonders gut gefiel dichtete fröhlich
weiter:
„Glaubt sie wäre ach so klug,
Ist doch alles Lug
und Trug.
Vertrauensschül'rin wurd sie bloß,
Weil
sie saß auf Dumbies Schoß!"
Das war ganz schön
starker Tobak! Entsetzt hielten die anderen Gryffindor die Luft an,
und Hermione spürte, dass Harry und Ron kurz davor waren zu
explodieren. Da aber jeden Moment Professor Raue-Pritsche auftauchen
konnte, war ein offener Streit mit Malfoy und seinen Freunden so
ziemlich das letzte, das sie riskieren sollten. Und so legte Hermione
beschwichtigend ihre Hand auf Rons Arm. „Nicht, das ist es nicht
wert. Aber", fügte sie etwas lauter und mit einem
herablassenden Lächeln hinzu, „immerhin wissen wir jetzt wie
Parkinson zu ihrem Abzeichen gekommen ist!"
Das entlockte den
übrigen Gryffndor ein leises Lachen, und Pansy Parkinson hüllte
sich in ein beleidigtes Schweigen.
Professor Raue-Pritsche
bereitete jeglicher weiteren Stichelei ein Ende, und präsentierte
stattdessen der Klasse ein weiteres Geschöpf, das gute Chancen
hatte bei den ZAG-Prüfungen dran zu kommen. Während sich
alle mit ihren Streelern, giftigen Reisenschnecken, die jede Stunde
ihre Farbe wechselten, beschäftigten, hörte Hermione zwar
noch dann und wann gesummte Fetzen von Draco Malfoy, die verdächtig
nach „Granger, das Schlammblut", klangen, doch sie ignorierte es
einfach mit einem Lächeln.
Allmählich wurmte es Draco,
dass seine Sticheleien an Granger einfach abzuprallen schienen.
Warum, zum Henker, machten ihr seine Beleidigungen nichts mehr aus?
Hatte es doch Zeiten gegeben, wo das ganz anders gewesen war... So
aber macht das doch gar keinen Spaß!
Am selben
Nachmittag stand noch Arithmantik auf dem Stundenplan, und wie es der
Zufall wollte, hatten Draco Malfoy und Hermione Granger auch dieses
Fach gemeinsam. Und wieder wählte Draco seinen Platz so, dass er
ganz in Hermiones Nähe saß. Vielleicht gelang es ihm ja in
dieser Stunde ihr eine Reaktion abzutrotzen.
„Nachdem wir uns in
den vergangenen beiden Jahren mit den Grundlagen der Arithmantik
beschäftigt, und diese in den letzten Wochen noch einmal
wiederholt haben, wenden wir uns nun dem Hauptschwerpunkt für
dieses Jahr zu. Der Verknüpfung von den Erkenntnissen, die sie
aus ihren Berechnungen erhalten haben, mit dem Gebiet der Zauberei.",
begann Professor Vektor den Unterricht. Aufmerksam hörte
Hermione zu, wusste sie doch, dass sie sich nun dem schwierigsten
Teil von Arithmantik zuwandten. Und allein deswegen war sie froh,
dass Professor Vektor, anders als ihre Kollegen, dem ZAG-Stoff erst
eine Wiederholung der Grundlagen vorangestellt hatte.
„Die
Arithmantik erlaubt uns nicht nur die Persönlichkeit eines
Menschen besser einzuschätzen und die sich daraus ergebenden
Konsequenzen für sein Handeln, die Arithmantik erlaubt uns auch,
wenn wir sie verstehen und richtig anwenden, zu erkennen, welche
Zauber wann und für welche Person am gefährlichsten, am
leichtesten zu lernen, am stärksten in ihrem Schutz, etc. sind.
Dabei spielen nicht nur die Zahlen der Zauber selbst eine Rolle,
sondern auch ihr Schwierigkeitsgrad und ihre Wirkung."
Eifrig
sog Hermione die Worte der Professorin auf und ihre Feder huschte so
schnell über das Pergament, dass es Draco, der sie beobachtete,
wunderte, dass die Feder noch nicht vor Anstrengung qualmte.
„So
kann ein Schutzzauber, der als Charakterzahl eine 3 hat, durch den
Anwender unter bestimmten Umständen durchaus zu einer 2 oder 4
werden. Dies kann dann geschehen, wenn...", und die
Arithmantik-Hexe wandte sich der Tafel zu und schrieb die Regeln für
Zahlenänderungen an.
Aus war es fürs erste mit Dracos
Plan Hermione zu ärgern. Denn wenn es ein Fach gab, wo er
aufpassen musste, und vor allem mitschreiben, zumindest den
Tafelanschrieb, dann Arithmantik. Leider aber gestaltete sich das bei
Professor Vektor immer ein wenig schwierig, denn anders als etwa sein
Hauslehrer Snape, hatte Professor Vektor eine regelrechte Sauklaue.
Wenn man nicht mitbekam, was sie sagte, während sie anschrieb,
war man aufgeschmissen. Und genau vor diesem Problem stand Draco
jetzt. Denn er hatte sich ganz darauf konzentriert, wie er Granger
vielleicht eins reinwürgen konnte. Und nun starrte er hilflos
auf das Gekritzel an der Tafel. Es half nichts. "Hey,
Schlammblut! Was steht da an der Tafel?"
Hermione grinste.
Das hatte er nun davon, dass er sich schräg hinter sie gesetzt
hatte, statt wie üblich möglichst viel Raum zwischen sie
beide zu bringen. Gespielt schockiert hielt sie sich die Hände
vor die Brust. "Das ich das noch erleben darf", spottete
sie. "Draco Malfoy bittet mich um Hilfe. Ich glaube, das
verkraften ich und mein schlammiges Blut nicht." Und sie tat als
würde sie ohnmächtig.
Leider erweckte dies die
Aufmerksamkeit von Professor Vektor. "Was geht hier vor sich?
Miss Granger, warum sitzen sie so seltsam in ihrer Bank?"
"Es
ist nichts, Professor, gar nichts", beeilte sich Hermione zu
sagen und setzte sich wieder aufrecht hin. "Mr. Malfoy hat mir
lediglich ein Kompliment gemacht."
"Was soll ich bitte
gemacht haben?", zischte Draco, kaum dass sich die Hexe wieder
der Tafel zugewandt hatte.
"Mir ein Kompliment",
erwiderte Hermione liebenswürdig. "Denn nichts anderes
kannst du meinen, wenn du mich Schlammblut nennst."
"Wie
bitte?" Vorsichtig untersuchte Draco sein Ohr. Vielleicht hatte
sich ja ein kleiner Klumpen Erde, von Kräuterkunde, das er zuvor
gehabt hatte, in den Gehörgang verirrt. Denn anders konnte er
sich nicht erklären, was er da gerade verstanden hatte. Er
sollte Granger mit der Beleidigung "Schlammblut" ein
Kompliment gemacht haben? "Ich wusste ja schon immer, dass ihr
in Gryffindor leicht bescheuert seid, aber dass ihr so meschugge
seid, hätte ich jetzt nicht erwartet."
"Nein, es
ist mein Ernst. Denn was anderes als meine Überlegenheit in
allen Schulfächern dir gegenüber, bringst du damit zum
Ausdruck?" Abwartend sah sie ihn an.
"Was heißt
hier in allen Fächern überlegen? Du bist so ziemlich die
schlechteste Hexe wenn es um das fliegen auf einem Besen geht",
erinnerte Malfoy Hermione an das erste Schuljahr.
"Das mag
sein. Aber das war in der ersten Klasse. Und damals hast du mich auch
noch nicht Schlammblut genannt. Das kam erst ein Jahr später,
als wir keine Flugstunden mehr hatten. Also, wenn du mir nicht
weiterhin dauernd Komplimente machen möchtest, würde ich
lieber aufpassen, was ich so von mir gebe..."
