Mit einer Mischung aus Angst und Panik lief Legolas durch den dichten Teil des Waldes. Rumils Auskunft half dem Prinzen nicht wirklich weiter, da er nicht wusste, wo genau sich Haldirs Lieblingsplatz befand. Unruhig irrte Legolas weiterhin durch Caras Galathon, doch nirgends fand er eine Spur des lorischen Wächters. Seine Gedanken drehten sich immer wieder um die Möglichkeit, dass Haldir so tief verletzt war, dass er sich etwas antun könnte. Obwohl er Haldir immer für stark befand, hatte er nun auch seine Schwäche blicken lassen und eingesehen, dass die Stärke nur eine Maske des Elben war…eine Maske, an der er selbst wahrscheinlich eine große Mitschuld trug.
Mit jeder verstreichenden Minute wurde der Prinz des Waldlandreiches nervöser und im Stillen verfluchte er sich für seine Reaktion oder besser gesagt seine Flucht. Wie musste sich Haldir dabei gefühlt haben. Endlich nahm er sich ein Herz und sprach über seine tiefen Gefühle und dann rannte er einfach davon. Das muss doch wie ein Schlag ins Gesicht gewesen sein. „Verdammt Legolas….man hat dir immer beigebracht erst zu denken und dann zu handeln. Warum klappt es auf dieser ganzen Reise und nur hier im Angesicht Haldirs nicht. Du wirst bestimmt ein guter König werden mit solchen kopflosen Reaktionen." Leise warf er sich das selbst vor und schüttelte den Kopf.

Ein leises Rascheln holte ihn aus seinen Gedanken und er sah Orophin zwischen Bäumen hervortreten. ‚Das nenn ich einen Glücksfall…er weiß bestimmt, wohin ich mich wenden soll.' Lächelnd ging der Prinz dem lorischen Elb entgegen und wollte sein Anliegen loswerden. Doch Sekunden später sah er den wütenden Ausdruck in Orophins Gesicht. Legolas sah ein, dass es keine wirklich gute Idee war, den aufgebrachten Bogenschützen nach seinem Bruder zu fragen und wollte sich gerade umwenden, als Orophin ihn gegen den nächsten Baum stieß. Die Finger des lorischen Elben schlossen sich eisern um seine Handgelenke und er wurde gewaltsam festgehalten. „Ist Dir eigentlich klar, WAS Du Haldir angetan hast?" Seine Stimme war kalt und in seinen Augen stand purer Hass.
Legolas reagierte für einen Augenblick nicht auf diese Frage und schluckte schwer. Er musste die Situation erklären, egal ob die Faust Orophins auf sein Gesicht treffen würde.

„Hast Du mir nichts zu sagen Prinz?" Das letzte Wort hatte der lorische Elb gerade zu herausgespuckt. Der Angesprochene schluckte schwer und entschloss sich für den Versuch, das Ganze zu erklären. „Ich war verwirrt Orophin…..ich wusste nicht, dass er, ich…" Er wurde grob von dem lorischen Elben unterbrochen. „Immer nur Du Du Du Du Du…ist das alles, was Dich interessiert? Diesmal geht es nicht nur um Dich, verwöhntes Prinzlein. Haldir hat Dich geliebt, all die Jahre. Und nun will mir eure Hoheit erzählen, Du hättest es nicht bemerkt? Wie blind ist der Prinz von Düsterwald eigentlich?" Orophin hatte sich nun wirklich in Rage geredet. „Ich…." Legolas suchte nach Worten und besann sich schließlich wieder auf die Frage, die er stellen wollte, bevor er mit der Wut des anderen Elben konfrontiert wurde. „Eigentlich war ich auf der Suche nach Haldir. Aber es ist, als ob ihn dieser verdammte Wald verschluckt hätte." Trotz der nicht gerade netten Worte für Lorien, lockerte Orophin den Griff, da er die leichte Verzweiflung in der Stimme des Elbenprinzen vernahm.

„Und warum suchst Du ihn Legolas?" Misstrauen sprach nicht nur aus der Stimme des lorischen Wächters, sondern auch aus seinem Blick, mit dem er den blonden Prinzen aufmerksam musterte. „Ich suche ihn, alles andere kann euch egal sein," zischte Legolas mit gefährlich leiser Stimme. Sekunden später bereute er es schon wieder, da der Griff um seine Handgelenke wieder schmerzhaft fest wurde. „Oh doch, dass geht mich sehr wohl etwas an, Herr Grünblatt. Schließlich musste ich Haldir trösten, ihm zur Seite stehen, wenn er Kummer hatte und ich musste hilflos mit ansehen, wie er sich nach Dir verzehrte. Niemand schien mehr sein Interesse zu erregen und ich habe miterlebt, wie er sich immer mehr zurückzog in Pflichterfüllung und Verantwortung. Meinst Du nicht, dass ich verdammt noch mal genug mit ihm gelitten habe, um nun zu erfahren, was Du von ihm willst?"

Legolas schwieg für einen Augenblick und fixierte den andere Elben aus zusammengekniffenen Augen. „Was ich Haldir zu sagen habe, dass ist auch nur für seine Ohren bestimmt. Ihr könntet die Herrin des Goldenen Waldes sein und ich würde es euch nicht sagen. Wenn er eure Neugierde selbst stillt, soll es mir Recht sein. Aber bevor ich nicht mit ihm geredet habe, hört ihr kein Wort." Langsam reagierte Legolas nicht nur genervt, sondern auch aggressiv, denn ihm lief die Zeit davon. Er musste Haldir finden, bevor dieser etwas Unüberlegtes tat. Für einen Moment dachte Orophin nach und fluchte dann leise, bevor er Legolas aus seinem Griff entließ. „DU bist es eigentlich nicht wert, dass ich mir die Hände schmutzig mache. Richte Dich nach Westen, Haldir ist am Waldrand. Aber Du wirst ihn nur finden, wenn Du es wirklich willst. Falls Du Dein kaltes Schwert noch tiefer in seine Wunde bohren willst, dann sei gewarnt. Wer meinem Bruder weh tut, der wird von mir keine Gnade erwarten." Mit diesen Worten verschwand der lorische Elb zwischen den Bäumen und ließ Legolas einfach stehen. Er verstand nicht ganz, warum Orophin SO auf ihn reagierte, schließlich hatte er dem Bruder Haldirs nichts getan.