Samstag, 3. Dezember
Als sie aufwachte, war es bereits 15.30 Uhr.
„Mein Gott, solange hab ich schon ewig nicht mehr geschlafen", stellte Sara fest. Sie ging in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine an, bevor sie unter der Dusche verschwand.
Sie sang wieder Adeste Fideles und lächelte. Diesmal steht kein Grissom im Türrahmen, dachte sie sich. Schade eigentlich, Gil Grissom war immer noch der Mann, der ihr Herz besaß. Und er wusste es nicht mal.
Frisch geduscht und mit Koffein bewaffnet ging Sara zu ihrem CD Regal.
Sie wusste, da war irgendwo eine CD. Ihre Eltern hatten sie immer gehört, wenn es auf Weihnachten zuging. Aber sie wusste nicht mehr, was es war. „Hölle", dachte sie "ich muss unbedingt ein System in diese CD Sammlung bringen". Nach einer Weile zog sie eine CD raus, die musste es sein. Sie nahm Grissoms CD aus dem Player und legte die Neue rein. Die war es! Das Weihnachtsoratorium von K.H.Graun. Saras Augen wurden feucht, sie erinnerte sich an damals, ihr Vater lebte noch.
Zu der Zeit war noch alles in Ordnung. Keine Anzeichen für den Alkoholismus ihres Vaters. Der Weihnachtsbaum wurde im Hause Sidle immer erst am Morgen des Heiligen Abend geschmückt. Die Eltern machten das. Sara und ihr Bruder durften erst zur Bescherung den Baum und die Geschenke im Wohnzimmer sehen.
Sie machte die CD aus und packte sie in das Päckchen, was sie noch von Grissom hatte. Auf das Kärtchen schrieb sie „S".
Sie war wieder mal die Erste im Büro. Grissoms Bürotür stand auf. Vom Chef aber keine Spur. Sara legte die CD gut sichtbar auf seinen Tisch und ging an die Arbeit.
Es war wieder nicht viel los. Ein Einbruch, den Nick mit Greg bearbeitete, Warrick hatte einen Diebstahl im Casino und Cath hatte schon mal vorab ein paar Tage Urlaub um Geschenke zu besorgen. Sara wunderte sich, nachdem sie ihren Papierkram erledigt hatte, stellte sie fest, dass sie die ganze Nacht noch nichts von Grissom gesehen oder gehört hatte. Als sie nach der Schicht an Grissoms Büro vorbei ging, waren wieder alle Lichter aus.
Die Jungs gingen an ihr vorbei und verabschiedeten sich, Greg hatte wieder seine lustige Weihnachtsmannmütze auf, und ging mit einem „HoHoHo" zur Tür raus.
Als Sara zu ihrem Auto ging, stand Grissom davor. „Hey Grissom, danke für die klasse Aufnahme" sagte Sara und lächelte ihn an.
„Das kann ich nur erwidern" sagte Grissom, „Danke für die wunderschöne Graun Aufnahme, wo hast du die denn her? Es ist eine sehr seltene Aufnahme."
„Umpf, die hatte ich in meinem Regal stehen. Ich kann sie mir nicht anhören. Zu viele Erinnerungen" sagte Sara und merkte, dass sie wieder Tränen in die Augen bekam. Grissom merkte es auch. Er ging noch einen Schritt auf Sara zu und legte seinen Arm auf ihre Schulter.
„Komm Sara, wir gehen noch zusammen Frühstücken. Dann kannst du mir, natürlich nur wenn du möchtest, die Geschichte dieser CD erzählen."
Sara nickte und sie gingen wieder in das kleine Bistro, wo sie schon neulich waren. Grissom wusste von Saras Vergangenheit, dass ihre Mutter ihren Vater umgebracht hatte, weil er im Vollrausch immer die Familie terrorisierte. Er wusste auch, dass Sara in einer Pflegefamilie aufgewachsen ist, nachdem ihre Mutter ins Gefängnis gekommen ist. Sie erzählte, dass sie in der Pflegefamilie nie Weihnachten gefeiert haben aus Glaubensgründen. Überhaupt, in dieser neuen Familie wurde nie irgendwas gefeiert.
Grissom hatte das Gefühl sein Herz würde explodieren, als Sara von ihm von damals erzählte. Er erzählte ihr nun von seiner weniger schönen Kindheit.
Sein Vater hatte die Familie verlassen, als er fünf Jahre war, kurz vor Weihnachten. Seit dem wurde auch in der Familie Grissom Weihnachten nicht mehr gefeiert. Gil merkte den Kloß in seinem Hals und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
„Wir sind beide ein Fall für den Psychiater" sagte Sara.
Grissom nickte und musste lächeln. Vor der Tür vom Bistro verabschiedeten sie sich von einander.
„Wir sehen uns morgen Sara. Versuch zu schlafen! Versprichst du mir das?"
„Ja, das verspreche ich dir Griss, bis morgen." Grissom hatte das Bedürfnis, Sara noch in den Arm zu nehmen. Er traute sich aber nicht so richtig, also lächelte er sie nur an, und Sara lächelte zurück.
Zuhause angekommen, wanderte Grissom in seiner Wohnung auf und ab, er konnte nicht schlafen, seine Gedanken kreisten als um Sara.
Er legte die CD in den Player. „Gott, es ist so wunderschöne Musik", dachte er. Grissom schnappte sich das Telefon. Er musste mit irgendwem reden, aber mit wem? Und aus dem Unterbewusstsein heraus wählte er die Nummer von Brass.
„Ja, wer ist da?" kam eine verschlafene Stimme vom anderen Ende der Leitung.
„O Gott Jim, habe ich dich geweckt?"
„Gil, bist du das?"
„Ja, oh Jim, das tut mir leid! Aber ich brauche dringend jemand, mit dem ich reden kann! Aber, wir können auch morgen…"
„Quatsch, Gil Grissom! Ich bin dein Freund, egal zu welcher Uhrzeit. Was gibt es denn so wichtiges?"
„Sara" sagte Grissom. Vom anderen Ende kam nur ein „Ach was". Gil erzählte Jim von dem letzten Tagen im Labor. Er wusste ja schon lange, sehr lange um genau zu sein, dass er was für Sara empfand, aber die letzten Tage,
„Ich weiß nicht, wie ich dir das Beschreiben soll Jim"
„Gil, lass mich raten. Du kannst nicht mehr schlafen, nicht mehr essen, deine Gedanken sind als bei Sara, du hast so ein komisches grummeln im Bauch, wenn du sie siehst…" „Woher weißt du das alles Jim?" Jim Bass musste lachen, „Alter Freund, du bist verliebt, und die Symptome sind immer ähnlich, glaub mir. Aber mal ehrlich Gil, du hast schon seit Jahren ein Auge auf Sara geworfen. Das ist ein offenes Geheimnis. Was ist passiert, das du jetzt aus dir raus kommst?"
„Weihnachten" sagte Grissom nur, „Danke Jim! Und entschuldige noch mal, dass ich dich geweckt habe. Ich weiß zwar noch nicht so recht wie, aber es soll das schönste Weihnachtsfest für Sara werden, was sie je erlebt hat."
