Vielen Dank an meine beiden Reviewer. Ich hoffe, dass neue Kapitel entspricht Euren Erwartungen und ihr schreibt mir ein paar Reviews liebguck

Kapitel 2

Gleich einem Sonnenstrahl, der durch eine dichte Wolkendecke bricht, kam James Potter am Seeufer aus dem Gebüsch gestolpert. Er wollte gerade seinen Zauberstab zücken, als es ihm einfiel, einmal den Blick von seinen nagelneuen Turnschuhen zu nehmen und auf die Szenerie zu lenken, die sich vor ihm auftat.

Dort, im wogenden Schilfgras bewegten sich zwei Gestalten, die eine blond, muskulös und gutaussehend, die andere schwarzhaarig, hager und hässlich. Fassungslos registrierte James Severus Snape und eine weitere Person, deren Gesicht er nicht sehen konnte; sie lagen aufeinander und rollten laut keuchend am Ufer entlang.

„Wirst du wohl jetzt …"

„Nein, oh bitte, geh weg von mir …" Snape, der unten lag, schien völlig außer Atem zu sein – was auch kein Wunder war, wie James sinnierte. Immerhin war Snape einen ganzen Kopf kleiner und wog vielleicht halb so viel, wie Lucius Malfoy. Die beiden schienen so miteinander beschäftigt, dass James zunächst einen Augenblick wertvoller Zeit geschenkt bekam, um darüber nachzudenken, was es nun zu tun galt. Malfoy hielt Snapes Faust umklammert, welche ihrerseits einen Gegenstand festhielt, der James von weiten an einen Gänsekiel erinnerte. Aber konnte das sein?

Ekel stieg in ihm hoch, als er feststellte, dass Snapes Umhang hochgerutscht war und einen bleichen Oberschenkel sowie ein überaus knochiges Knie enthüllte. Er hatte viel über die Malfoys gehört, aber dass sie sich tatsächlich aufs Schulgelände schlichen, um sich dort an wehrlosen Jungen zu vergreifen … sein Herz schien für einen Sprung auszusetzen. Auch er hatte Snape sicherlich nicht immer besonders nett behandelt, allerdings konnte man wohl kaum behaupten, dass Snape, der kleine, schleimige Schwarzmagier, es nicht verdient gehabt hätte. Immerhin hatte James desöfteren gesehen, wie er seine Sprüche an wehrlosen Erst- und Zweitklässlern ausprobierte – aber das hier, das war etwas völlig anderes. Und ähnlich wie damals, als er ihn vor dem Werwolf gerettet hatte, zückte James seinen Zauberstab und beschloss, Severus Snape zur Hilfe zu eilen.

„Tu es jetzt endlich, verdammt!", rief Malfoy und riss noch stärker an Snapes Arm. Da wurde er plötzlich James gewahr, der seinen Zauberstab auf ihn richtete und „Ratzeputz" rief. Noch in der gleichen Sekunde ließ Malfoy von Snape ab und griff sich mit beiden Händen an den Hals. Es gelang ihm noch, sich wieder hochzurappeln, bevor er schließlich begann, rosarote Seifenblasen zu spucken. Während er eine Spur aus Seifenschaum hinter sich herzog, versuchte er zu laufen, so schnell ihn seine Beine trugen. James setzte hinter ihm her, stoppte jedoch, als er erkannt, dass Malfoy in den Wald hineingelaufen war. Er trug wie gesagt neue Turnschuhe und eine neue Robe – und Lucius Malfoy war ihm sicherlich nicht wichtig genug, um seine Kleidung allzu sehr in Unordnung zu bringen.

Die wenigen Meter, die er gelaufen war, hatten sein schwarzes Haar in Unordnung gebracht und er strich sich befriedigt durch die so entstandene Sturmfrisur. Er war versucht, sich für eine Weile im Spiegel der Wasseroberfläche zu beobachten, entschied sich jedoch schließlich dagegen und wandte sich Snape zu, der sich inzwischen ebenfalls hochgerappelt und seine Robe so weit möglich glatt gestrichen hatte. James bemerkte, dass er tatsächlich einen Gänsekiel in der einen und einen Bogen Pergament in der anderen Hand hielt, welches er schnell in die Tasche stopfte, als er James näher kommen sah.

„Alles okay?", fragte James, der in diesem Augenblick ehrlich besorgt klang.

„Verzieh dich", zischte Snape und wollte sich gerade davonmachen, doch James war so geistesgegenwärtig, ihn an der Schulter zu packen und zu sich herumzudrehen.

„Hey", sagte er, wobei seine Stimme leise und mitfühlend klang. „Ich hab gesehen, was passiert ist. Ich weiß – ich meine, ich habe darüber gelesen und es ist sicherlich sehr schwer für dich …"

„Was hast du gelesen?", unterbrach Snape ihn scharf.

„Naja, du weißt schon. Über Männer, die …"

„Was für Männer?"

„Männer eben,…" James schluckte. Er wollte Snape nach diesem schrecklichen Erlebnis nicht noch weiter aufwühlen. „Männer, die andere Männer …"

Langsam schien auch Snape zu dämmern, wovon James eigentlich sprach. Für einen Moment schien es, als husche ein erleichterter Schatten über sein Gesicht. Doch der Eindruck war ebenso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war.

„Willst du, dass ich dich zu Madam Pomfrey bringe?", fragte James vorsichtig, denn wie gesagt hatte er gelesen, dass beim Umgang mit Opfern derartiger Übergriffe äußerste Vorsicht angesagt war.

„Hab ich dir nicht vorhin gesagt, du sollst dich verziehen?" Damit hatte James gerechnet. Natürlich würde Snape Widerstand leisten, doch er wusste genau, dass er in diesem Augenblick seine Hilfe brauchte, und sollte er sich auch noch so sehr dagegen wehren!

„Ich werde nicht gehen, bevor ich nicht absolut überzeugt bin, dass du okay bist", sagte er und fasste Snape vorsichtig an den Schultern. Der versuchte natürlich, ihn abzuschütteln, und bald lagen sie ebenso ringend im Schilfgras, wie zuvor Snape und Malfoy.

„Wirst du wohl mitkommen!", keuchte James, der Snape mit seinem gesamten Gewicht zu Boden drückte.

„Hab …", hechelte Snape. „Ich …dir … nicht … gesagt … du …. sollst abhauen?"

„Ich werde nicht gehen, bevor …" In diesem Augenblick hob James den Kopf und sein Herz hätte beinahe erneut für einen Schlag ausgesetzt. Dort, am Waldrand, stand Lily Evans mit vor Schreck geweiteten Augen. Als sei ein knallrümpfiger Kröter direkt vor seinen nagelneuen Turnschuhen explodiert, ließ James von Snape ab und sagte: „Evans … es ist nicht das, wonach … ich meine …"

„Ich habe davon gelesen", flüsterte Lily, in deren Augen deutlich zu lesen stand, wie sehr sie der Anblick der beiden Jungen im Schilfgras verstört haben musste. „Männer … die mit anderen Männern …." Weiter kam sie nicht, denn alle Farbe wich ihr aus den sonst so rosigen Wangen und sie sank mit einem beinahe theatralisch anmutenden Seufzer zu Boden.

„Lily!", rief James aus, sprang auf seine Füße und stürzte zu dem zusammengesunkenen Körper des ohnmächtigen Mädchens. Diese Chance nutzte indes Snape, der sich ebenfalls hochrappelte und so schnell im Wald verschwand, wie ihn seine spinnenartigen Beine tragen konnten.

James sah ihn nicht; in diesem Augenblick hatte er nur Augen für Lily. Er kniete sich neben sie und gönnte sich den Luxus, sie für einige Sekunden zu betrachten. Sie war atemberaubend schön, wie sie so dalag. Er berührte ihr Haar, welches unglaublich weich und seidig war, ihre Wange, die sich anfühlte, als gehöre sie zu einem Baby … nein, beschloss er, er würde sich niemals an ihr satt sehen können. Sie war das schönste Wesen, das jemals auf Erden gewandelt war – und nichts wünschte er sich mehr, als diese Fee, dieses überirdisch schöne Märchenwesen sein Eigen nennen zu dürfen.

Sanft hob er sie hoch und verschwand mit ihr im Dickicht, um sie ins Schloss zu tragen.

To be continued …