Michelle
Nach dem Essen, welches in dem sehr noblen Restaurant wirklich vorzüglich gewesen war, saß ich vor meinem Nachtisch und ich liebte Schokoladeneis über alles. Ich genoß es und Jason sah mir dabei zu. Er hatte mich wirklich überrascht, als er in einem schwarzen legeren Anzug vor mir gestanden hatte. Es stand ihm sehr gut und ich hätte wetten können, dass der Anzug von einem bekannten Londoner Designer stammte. Scheinbar hatte Jason eine Schwäche für Muggelklamotten. Bisher war unsere Unterhaltung nicht über ein paar höfliche Floskeln hinausgegangen. Wahrscheinlich weil wir beide nicht sicher waren, was der andere vorhatte. Mir fiel auf, dass er sein Dessert nicht anrührte und mich nur anstarrte. Da mir nichts besseres einfiel, sprach ich ihn darauf an.
„Hat es einen besonderen Grund, dass du mir zusiehst? Oder versuchst du etwa meine Gedanken zu lesen?"
Jason hatte irgendwann beschlossen auf das Sie zu verzichten und dem hatte ich mich einfach angeschlossen. Mittlerweile dachte ich, dass der Abend zu nichts führen würde… aber selbst wenn, dann hatte ich wenigsten gut gegessen.
„Das würde ich gar nicht erst versuchen. Aber ich finde, es hat etwas sehr erotisches an sich, wenn Frauen ihr Dessert essen…"
Er sah mich anzüglich an und ich schob die mittlerweile leere Eisschale von mir.
„Danke. Jetzt ist mir der Appetit vergangen."
„Na wie gut, dass du schon fertig bist", grinste er und ich musste ebenfalls schmunzeln.
Jetzt konnte ich ihm dabei zusehen, wie er sein Dessert verzehrte.
„Verzeih mir", schob er dann nach, „ich habe wohl meine anerzogenen guten Malfoy Manieren vergessen." Aber er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Was ist mit Lucius?" fragte ich dann geradeheraus. Warum noch länger um den heißen Brei herumreden?
„Was soll mit ihm sein?" Ich merkte, dass er mich durch seine ausweichenden Antworten nur ärgern wollte.
„Sitzt er zu gerade zu Hause und langweilt sich?"
„Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Aber er hat ja scheinbar einen Sohn, also schließe ich daraus, dass er auch eine Frau hat mit der er sich vergnügen kann."
Ich sah Jason skeptisch an.
„Weißt du", meinte er plötzlich grinsend, „das macht doch so keinen Spaß… Ich schlage dir etwas vor: Ich erzähle dir etwas über mich oder was immer du auch wissen willst und im Gegenzug erfahre ich etwas von dir… und Lügen sind nicht erlaubt."
Ich überlegte kurz, aber dann willigte ich ein. Er hatte Recht. Es machte die Sache interessanter und ich konnte fragen, was ich wollte. Daß er das natürlich auch tun konnte, verdrängte ich lieber.
„Okay. Dann bin ich jetzt dran…"
„Moment", unterbrach ich ihn, „ich wollte dir gerade noch etwas interessantes über deinen Bruder erzählen…"
„Ach ja?"
„Dein Bruder hat keine Frau mehr. Seine Frau ist mit einem Muggel abgehauen und will sich scheiden lassen. Für weitere Details musst du natürlich Lucius fragen…"
Jason lachte ungläubig.
„Das hast du dir doch nur ausgedacht. Mit einem Muggel? Das ist ja wohl etwas übertrieben."
Ich warf ihm nur einen vielsagenden Blick zu.
„Jeder in der Zaubererwelt weiß mittlerweile davon. Da kannst du jeden fragen… Also bin ich jetzt wieder dran."
Jason sagte erst mal nichts mehr. Er konnte es irgendwie nicht glauben, dass jemand einen Malfoy verlassen konnte. Das gab ihm zu denken… und er nahm sich vor mal ein ernstes Wörtchen mit seinem Bruder zu reden. Wie konnte er so etwas nur verheimlichen?
„Okay", meinte ich dann, „ich will etwas über dein Verhältnis zu deinem Bruder hören."
Jason dachte kurz nach. Mittlerweile hatte er gezahlt und wir gingen nebeneinander her die Straße entlang. Eigentlich hätten wir apparieren können, aber das hätte unser Spielchen vorschnell beendet.
„Mein Bruder und ich haben sehr unterschiedliche Vorstellungen über das Leben eines Zauberers."
Als er schwieg, stichelte ich.
„Geht's nicht noch allgemeiner?"
„Ich war ja noch nicht fertig", verteidigte er sich grinsend. „Lucius hält sich lieber im Hintergrund und wartet ab, was passiert. Ich bin eben eher jemand, der selbst aktiv wird. Das war schon immer so. In Hogwarts war ich der Kapitän der Quidditch-Mannschaft von Slytherin… und Lucius hat mit unserem Geld auf die Spiele gewettet. Er hätte sich nie selbst auf einen Besen gesetzt. Das wäre unter seiner Würde gewesen… er übertreibt das wohl manchmal ein bisschen. Und jetzt will ich wissen in welchem Haus du in Hogwarts warst."
Ich verzog mein Gesicht, weil ich wusste, dass ihn das bestimmt freuen würde.
„In Slytherin", antwortete ich so beiläufig wie möglich, aber er lachte triumphierend.
„Du warst in Slytherin? Das kann ich mir kaum vorstellen."
„Alle in meiner Familie waren dort…und ich bilde da keine Ausnahme."
„Dann hast du vielleicht doch eine dunkle Seite."
Wir standen mittlerweile vor meiner Haustür und er lehnte sich mir entgegen.
„Die hab ich ganz bestimmt, aber sie ist gut versteckt."
Jason seufzte.
„Wie schade. Aber eine Frage hab ich noch: Was hat es mit Star Wars auf sich? Natasha und du, ihr habt beide daraus zitiert…"
Ich musste grinsen.
„Ach, das ist eine Reihe von Filmen. Da gibt es auch eine dunkle Seite und die Jedi-Ritter, das sind die Guten. Es sind Science-Fiction Filme, aber ziemlich cool."
„Das mit der dunklen Seite hört sich gut an. Die Filme scheinen ja doch sehr interessant zu sein"
„Die dunkle Seite wird aber am Ende vernichtet", meinte ich trocken und Jason änderte seine Meinung wieder.
„Blöde Filme!" Aber er musste dabei grinsen und ich lachte.
„Aber einer der wirklich Bösen, wird am Ende noch zum Guten bekehrt", fuhr ich vielsagend fort und er wusste, worauf ich anspielte.
„Das ist sehr unrealistisch." Er beugte sich vor um mich zu küssen, aber ich wich ihm aus.
„Ich befolge strikt die goldenen Regeln von „Sex and the City"", erklärte ich. „Also kein Küssen und erst Recht kein Sex beim ersten Date."
Jason grinste anzüglich.
„Als ob ich solche Hintergedanken gehabt hätte… aber wie wäre es, wenn wir Morgen noch mal ausgehen? Das wäre dann ja unser zweites Date…"
Zum Glück hatte ich eine hervorragende Ausrede.
„Tut mir leid, aber die nächsten Wochen bin ich nicht in der Stadt. Wir reisen Morgen nach Hogwarts. Dumbledore hat die halbe Zaubererwelt eingeladen um die Entscheidung über die Quidditch-Hausmeisterschaft zu sehen."
Er sah mich überrascht an.
„Davon hat Lucius ja gar nichts erzählt. Dabei hat er auch einen Sohn in Hogwarts…"
„Genau wie die Sache mit seiner Frau", warf ich ein, aber Jason fand das nicht so amüsant.
„Als ich in Hogwarts war, habe ich das Turnier für unsere Schule gewonnen."
Ich musste schmunzeln. Jetzt wollte er doch nur angeben.
„Ach ja?" meinte ich. „Ich bin in meinem letzten Jahr auch angetreten und habe für Hogwarts gewonnen."
Er sah mich skeptisch an, aber nickte dann anerkennend.
„Das hätte ich mir eigentlich denken können."
„Warum du und nicht Lucius?" fragte ich unverblümt und Jason war darüber wohl überrascht.
„Wie schon gesagt: Er hält sich lieber im Hintergrund und macht sich nicht die Finger schmutzig… außerdem bin ich einfach besser…"
Ich musste lachen.
„Ich wette, er behauptet genau das Gleiche von sich."
„Jetzt wohl nicht mehr… ohne Zauberstab…" Jason grinste fies und plötzlich hörte ich ein Poltern in der Wohnung.
Ich öffnete die Tür und fand Natasha, die sich an der Couch festhielt. Als sie mich sah, stand sie schnell wieder auf.
„Nichts passiert. Ich bin nur gestolpert."
Mißtrauisch sah ich sie an. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht und dann sah ich die leere Flasche auf dem Couchtisch.
„Hey, du hast meinen Xuxu getrunken? Den hatte ich für Notfälle aufbewahrt."
„Das war ein Notfall", meinte sie nuschelnd. „Ich habe mich zu Tode gelangweilt."
„Gut, dass du den Weinkeller nicht entdeckt hast."
„Du hast einen Weinkeller?" Natasha sah sich suchend um. „Wo denn?"
„Das werde ich dir garantiert erst mal nicht verraten."
„Ich kann ja suchen", grinste sie und ich sah mich genervt um.
„Na toll… und warum ist es hier so staubig?"
Natasha deutete auf den Kamin.
„Was ist Flohpulver?"
Ich seufzte. Das würde wohl noch eine lange Nacht werden. Als ich mich umdrehte, sah ich Jason locker und grinsend in der Tür lehnen.
„Nette Wohnung", meinte er, „aber du solltest besser auf deine Muggelfreundin aufpassen."
Natasha, besoffen wie sie war, wollte sich das nicht mehr bieten lassen. Sie stolperte auf Jason zu und musste sich an ihm festhalten.
„Nenn mich nicht Muggel!" fuhr sie ihn an und ich wollte sie von ihm wegziehen. Er verzog nur angewidert das Gesicht.
„Faß meinen Anzug nicht an, Muggel, der ist wertvoller als dein Leben…"
Ich warf ihm einen bösen Blick zu.
„Ich gehe dann wohl lieber", beschloß er. „Vielleicht sehen wir uns ja dann in Hogwarts."
Er warf noch einen vernichtenden Blick auf Natasha und von mir verabschiedete er sich mit einem charmanten Lächeln.
Ich verstand nicht, wie er auf der einen Seite so anziehend und charmant sein konnte, aber auf der anderen wieder so unglaublich gehässig und arrogant.
„Okay", meinte ich zu Natasha und setzte sie auf die Couch. Mit einem kurzen Zauberspruch machte ich sie wieder halbwegs nüchtern und während ich sie fragte, was passiert war, zauberte ich noch schnell den Dreck weg.
„Malfoy war hier… der andere… der ist irgendwie durch den Kamin gekommen und hat was von Flohpulver oder so erzählt. Sag mal, kannst du auch was gegen die Kopfschmerzen machen?"
Ich sah sie skeptisch an.
„Hmm, ich glaube ich sollte erst mal ein paar Flüche sprechen um fremde Leute hier fernzuhalten. Bislang hatte ich so etwas nicht gebraucht. Da kamen nicht einfach irgendwelche Leute unangemeldet über das Flohnetzwerk."
„Flohnetzwerk? Was ist das denn jetzt schon wieder?"
„Wenn Zauberer nicht apparieren können oder wollen, reisen sie mit Flohpulver durch den Kamin", erklärte ich.
„So wie Santa Clause?"
„Ja, so ähnlich. Die Kamine der Zauberer sind miteinander verbunden und wenn du irgendwo hin willst, nimmst du eine Hand voll Flohpulver, steigst in den Kamin, nennst dein Ziel und ab geht's. Aber das wirst du Morgen schon selbst erleben…"
„Ach ja?" Natasha sah mich argwöhnisch an.
„Ja. Ich hatte ganz vergessen, dass wir Morgen nach Hogwarts müssen. Dort findet die Entscheidung über die Quidditch-Hausmeisterschaft statt. Aber das erkläre ich dir Morgen. Jetzt sollten wir erst mal schlafen."
Natasha stimmte mir zu und die Nacht kam mir viel zu kurz vor, als wir fertig angezogen und mit gepackten Sachen vor dem Kamin standen.
„Jetzt siehst du halbwegs wie ein richtiger Zauberer aus", kommentierte Natasha meine Kleidung.
„Na ja, man muß sich ja auch ein bisschen anpassen…"
Ich trug zwar wieder Jeans und normale Muggelklamotten, aber auch einen Reiseumhang.
„Das verstehe ich nicht", meinte sie. „Du trägst Jeans, High-Heels und einen Pulli, der mehr zeigt als verdeckt und dann diesen schwarzen Umhang mit einem komischen Zeichen drauf. Was ist das überhaupt? Eine silberne Schlange auf grünem Grund?"
Ich nickte.
„Das ist das Zeichen meines Hauses in Hogwarts. Es gibt vier. Ravenclaw, Hufflepuff, Gryffindor und Slytherin. Ich war in Slytherin und es ist nicht schlecht Farbe zu bekennen. So weiß man gleich wenigstens, wer wohin gehört."
„Hat Moody nicht gesagt, dass so gut wie alle Anhänger Voldemorts aus Slytherin kommen?"
„Wenn wir gleich auf andere Zauberer treffen, solltest du diesen Namen lieber nicht erwähnen oder du- weißt- schon- wer sagen… und ja, sie sind fast alle aus Slytherin. Aber das ist eine lange Geschichte."
Natasha wollte mehr wissen, aber ich vertröstete sie auf später.
„So. Jetzt müssen wir erst mal nach Hogwarts kommen. Unseren anderen Kram hab ich schon vorgeschickt und nun müssen wir hinterher. Ich mach es dir vor, okay, und wenn du nicht nachkommst, komm ich zurück."
Natasha nickte nur stumm und starrte den Kamin an, als ob er etwas Böses in sich verbarg. Sie hatte wohl doch etwas Angst.
Um sie ihr zu nehmen, trat ich in den Kamin und nahm eine handvoll Flohpulver aus der Schale die daneben hing. Ich rief: Hogwarts, warf das Flohpulver und kurz danach fand ich mich in der großen Eingangshalle von Hogwarts wieder. Hier liefen schon eine Menge bekannte Leute rum und einige grüßten mich sofort.
Es dauerte nicht lange und dann trat auch Natasha aus dem Kamin. Ich war doch etwas erleichtert und sie sah ziemlich gestresst aus.
„Ach du meine Güte!" stotterte sie los. „Das war ja abgefahren." Aber bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich eine Stimme hinter uns.
„Hallo Michelle!"
Ich drehte mich um und erkannte die gesamte Weasley Familie, sowie Harry Potter und Hermine Granger.
„Hallo Molly, hallo Arthur! Und hallo alle anderen! Das hier ist Natasha. Sie ist mit mir hier."
Die Weasleys stellten sich und ihre Kinder selbst vor. Da war die jüngste Tochter Ginny, der etwas ältere Ron, der zusammen mit Harry und Hermine in einem Jahrgang war, sowie die Zwillinge Fred und George, die nur noch zwei Jahre Hogwarts vor sich hatten.
Natasha wirkte erleichtert darüber endlich mal nette, freundliche Zauberer kennenzulernen und ich musste schmunzeln.
„Habt ihr schon gehört, dass Hogwarts nächstes Jahr Gastgeber für das Trimagische Turnier sein wird? Ich bin gespannt, wer dann für Hogwarts in das Turnier startet", meinte dann Arthur aufgeregt und ich grinste.
„Ihr hofft doch bestimmt auf einen Gryffindor…"
Arthur und Molly nickten und die Kinder stimmten lautstark zu.
Erst jetzt fiel Natasha auf, dass alle außer Michelle das Gleiche Symbol auf ihren Umhängen trugen. Es war ein Löwe und ihre Farben waren rot und gelb.
„Gehört ihr zu einem anderem… äh Haus?" fragte sie dann und wieder wurde genickt.
„Das sind alles Gryffindors", meinte ich ironisch und fing mir ein paar böse Blicke ein, die aber nicht so gemeint waren.
„Und was ist dieses Trimagische Turnier?" Wollte sie dann wissen und Arthur sprang ein.
„Da treten die besten Schüler der Zaubererschulen gegeneinander an. Es ist ein Wettbewerb. Das war toll damals, als du den Pokal für Hogwarts gewonnen hast", wandte er sich dann an mich, aber ich winkte ab.
„Das war auch verdammt anstrengend und umsonst mach ich mir doch nicht so ne Arbeit…"
Die anderen lachten.
„Du hast da auch schon mal mitgemacht?" wunderte sich Natasha und ich nickte nur.
„Und wie sieht's eigentlich mit der Quidditch-Hausmeisterschaft dieses Jahr aus? Macht Slytherin das Rennen?" fragte ich nun und die Gryffindor-Schüler schnaubten verächtlich.
„Nicht, wenn wir da noch ein Wörtchen mitzureden haben", gab Fred grinsend zurück.
Ich wusste, dass er und George, sowie Harry und Ron in der Gryffindor-Mannschaft waren.
„Was ist denn Quidditch jetzt schon wieder?" Natasha war langsam genervt davon, dass sie rein gar nichts verstand.
„Ist sie ein…?" begann Fred, aber Natasha kam ihm zuvor.
„Ja, ich bin ein Muggel und habe von nichts Ahnung." Sie seufzte.
„Quidditch ist ein Zauberersport. Man spielt ihn auf Besen mit verschiedenen Bällen", meinte Hermine freundlich. „Meine Eltern sind auch Muggel und haben erst nichts von all dem hier verstanden, aber das legt sich. Wenn sie wollen, erkläre ich ihnen gerne mal die Regeln… oder sie sehen sich mit uns mal das Training an."
Natasha nickte ihr dankbar zu und sah dann mich an.
„Ihr fliegt auf Besen durch die Gegend? Das ist aber ziemlich klischeehaft, meinst du nicht?"
„Ja", stimmte ich ihr schulterzuckend zu, „ich finde Besen fliegen auch ehrlich gesagt nicht so toll. Aber Quidditch ist bei Zauberern so beliebt wie Fußball bei euch. Es gibt verschiedene Ligen und auch Weltmeisterschaften."
„Irre!" meinte Natasha nur und dann kamen plötzlich Jason und Lucius in die Eingangshalle.
„Auftritt der Malfoys!" schnaubte Fred verächtlich und George traute seinen Augen kaum.
„Hat Malfoy sich verdoppelt oder was?"
„Nein", seufzte ich. „Das ist sein Zwillingsbruder."
„Woher weißt du das?" fragte Molly, aber ich hatte keine Lust ihr das alles zu erklären.
„Ist ne lange Geschichte. Ich denke, ich werde eh bei unserem nächsten Meeting davon berichten." Wir warfen uns verschwörerische Blicke zu und Arthur und Molly nickten stumm.
„Wo wird Natasha eigentlich schlafen?" Kam dann die nächste Frage und für mich war es klar.
„Sie schläft bei mir."
Molly sah mich entsetzt an.
„In Slytherin?" Dann wandte sie sich an Natasha. „Entschuldigen sie, wenn ich das so sage, aber die Slytherins sind nicht gerade für ihre Gastfreundlichkeit gegenüber Muggeln bekannt."
„Hey!" Warf ich entrüstet ein und Molly korrigierte sich schnell.
„Anwesende natürlich ausgeschlossen…"
„Das ist kein Problem", meinte ich dann. „Sie ist schließlich mit mir hier und die werden sich hüten sich mit mir anzulegen."
„Sie könnte natürlich auch bei uns Gryffindors unterkommen", schlug Arthur vor, aber Natasha lehnte dankend ab.
„Das ist sehr freundlich von ihnen, aber ich kenne dort ja niemand und da möchte ich ehrlich gesagt lieber bei Michelle bleiben."
„Das verstehen wir natürlich", gaben Molly und Arthur zu, aber mir kam da noch eine Idee.
„Fred, George… habt ihr noch einen eurer Fake-Zauberstäbe?"
Die beiden sahen sich verschwörerisch an und dann zog Fred einen aus seiner Tasche.
„Ich hab euch doch verboten, so etwas mit nach Hogwarts zu nehmen!" Schimpfte Molly los und Fred und George grinsten nur.
„Die beiden haben ihr Talent dafür entdeckt, wundervolle Zauberscherzartikel zu erfinden", erklärte ich Natasha und beruhigte dann Molly.
„Laß sie doch. Ich finde die Sachen, die sie entwickeln richtig gut. Es zeugt von viel Kreativität."
„Wenn
sie nur auch so kreativ im Unterricht wären…"
Knurrte
Molly weiter, aber Fred verteidigte sich.
„Das sind wir… nur die Lehrer wissen das nicht zu würdigen…"
Ich musste grinsen und nahm den Zauberstab in die Hand. Als ich mit ihm eine Zaubererhandbewegung machte, verwandelte er sich plötzlich in ein gackerndes Gummihuhn.
„Klasse!" Lachte ich. „Was wollt ihr dafür haben?"
„Du willst sie doch nicht dafür bezahlen?" Empörte sich Molly und sah mich böse an.
„Laß nur", meinte George. „Von dir würden wir sowieso kein Geld verlangen, Michelle. Du bist schließlich die Einzige, die unsere Werke zu würdigen weiß. Nimm ihn als Geschenk."
„Dann danke ich euch."
Ich verwandelte den Stab zurück und er sah einem normalen Zauberstab wieder täuschend ähnlich. Dann reichte ich ihn Natasha.
„Hier. Das ist deine Tarnung."
Sie sah mich verdutzt an.
„Und wenn er sich wieder verwandelt? Dann flieg ich doch auf."
„Du bist unmagisch. Da kann er sich nicht verwandeln", beruhigte ich sie und dann wurde es auch schon für uns alle Zeit uns für das Abendessen umzuziehen.
Ich führte Natasha zu den Kerkern, wo die Slytherins ihren Eingang hatten. Vor einem großen Portrait blieb ich stehen.
„Ah, Miß DeWiltshire, welch eine Freude sie wieder hier begrüßen zu dürfen", sprach der Mann auf der Leinwand zu uns.
„Ja, es ist wahrhaftig schon etwas her." Dann wandte ich mich an Natasha. „Merk dir das Passwort. Ohne das kommst du hier nicht rein."
„Reinblüter", meinte ich dann zu dem Portrait. Es schwang zur Seite und gab uns den Eingang frei.
„Falls dich irgendwann mal einer der Slytherins blöd anmachen sollte, sag einfach, dass du mit mir hier bist", warnte ich Natasha dann und sie schien wirklich etwas eingeschüchtert zu sein. „Mein Name bedeutet hier immer noch Respekt…"
Auf dem Weg zu unserem Zimmer lief uns plötzlich Jason über den Weg.
„Welch eine Überraschung!" Meinte er grinsend, aber sah dann Natasha und bedachte sie mit einem feindlichen Blick.
„Und was macht sie hier?"
„Sie ist mit mir hier." Gab ich nur zurück, denn ich hatte keine Lust darüber zu diskutieren.
„Sie ist ein Muggel", stichelte er weiter. „Warum bleibt sie nicht bei den muggel-liebenden Gryffindors?"
„Natasha, geh doch schon mal vor", meinte ich und sie nickte stumm. Da unser Raum nicht weit den Gang runter lag, fand sie ihn sofort und verschwand im Zimmer.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Jason.
„Ich hab es dir schon mal gesagt: Laß sie in Ruhe. Du willst dich nicht wirklich mit mir anlegen… glaub mir…"
Aber Jason fand das amüsant.
„Oho, was sind denn das für Töne? Willst du mir drohen? Das ist wirklich süß."
In mir brodelte es und ich musste mich zusammenreißen um ihm nicht an die Gurgel zu gehen.
„Aber mal im Ernst: Sie ist ein Muggel! Die anderen hier werden nicht sehr begeistert davon sein, dass du einen Muggel mit in unser Haus bringst."
„Die anderen müssen das ja auch nicht erfahren.", meinte ich verschwörerisch, aber er grinste hinterhältig.
„Und was glaubst du, sollte mich davon abhalten, sofort rumzugehen und es jedem zu erzählen?"
Da hatte er Recht und mir fiel nur eins ein: Ich musste die Waffen der Frauen einsetzen und setzte ein charmantes Lächeln auf.
„Vielleicht, dass ich dich darum bitte?"
Es schien tatsächlich zu funktionieren und er sah mich einfach nur an. Dann besann er sich.
„Dafür verlange ich aber eine Gegenleistung…"
„Du hast doch noch meinen Zauberstab", gab ich zurück. „Reicht das nicht?"
Und damit drehte ich mich um und ging in unser Zimmer zu Natasha.
Natasha
Ich saß auf dem Bett und fühlte mich ziemlich unwohl. Nur mit Michelle und den Malfoys konfrontiert zu werden war eine Sache, eine andere jedoch von Zauberern nur so umgeben zu sein und das Wissen, der einzige Nichtmagier in einem Umkreis von wer weiß wie vielen Meilen zu sein.
Zum ersten Mal in meinem Leben wünschte ich mich wieder nach Hause. Bislang war alles ein nettes Abenteuer gewesen. In Michelle hatte ich eine neue Freundin gefunden und auch die Winkelgasse hatte einen gewissen Reiz ausgeübt. Zumindest solange ich mit keinen fremden Leuten in Kontakt gekommen war.
Aber dieses Hogwarts übte auf mich eine schwer zudeutende Beklemmung aus. Vielleicht, weil es keinen magischeren Ort gab und ich hier an jeder Ecke mit Zauberern konfrontiert wurde.
Diese rothaarige Familie schien zwar ganz nett zu sein, trotzdem verspürte ich nicht das Bedürfnis mit weiteren Zauberern in Kontakt zu treten.
Durch die Malfoys hatte ich gelernt, dass Muggel anscheinend nicht bei allen Zauberern beliebt waren. Und wenn ich es vorhin richtig verstanden hatte, befand ich mich gerade direkt in der Höhle des Löwen.
Dieses Slytedingsbums schien der muggelfeindlichste Ort auf der Welt zu sein.
Die Tür öffnete sich und Michelle kam herein.
„Puh", meinte sie. „Ich konnte Jason davon abhalten, dass er gleich jedem auf die Nase bindet, dass du ein Muggel bist."
„Darf ich überhaupt hier sein?"
„Hätte ich dich alleine in meiner Wohnung lassen sollen? Außerdem sieht Dumbledore das nicht so eng."
„Wer ist Dumbledore?"
„Der Leiter dieser Schule. Du wirst ihn bald kennenlernen."
Ich stöhnte innerlich auf. Noch mehr Zauberer, aber das blieb ja wohl nicht aus, wenn man sich in der Zaubererwelt befand.
„Geht es dir gut?" wollte Michelle wissen und sah mich besorgt an. „Du siehst irgendwie mitgenommen aus."
„Ich denke, ich habe die Flohpulverreise noch nicht ganz verdaut", wich ihr aus. Ich wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, denn anscheinend machte es ihr mächtig Spaß, mich mit ihrer Welt vertraut zu machen. Dass ich viel lieber wieder in meiner wäre, wollte ich ihr nicht unbedingt sagen.
„Kann ich mich hier mal umsehen?" fragte ich somit stattdessen und Michelle strahlte.
„Sicher, aber vergiss das Passwort nicht und pass auf, dass du Jason nicht über den Weg läufst."
Und Lucius, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich hatte ihr letztendlich doch nicht erzählt, was zwischen ihm und mir wirklich vorgefallen war. Ich hatte sie zwar wirklich sehr gern, aber noch vertraute ich ihr nicht hundertprozentig. Eigentlich vertraute ich keinem Zauberer. Ihre Kräfte waren mir immer noch ein wenig suspekt.
Und eine leise innere Stimme flüsterte mir zu, dass es sicher auch in Malfoys Interesse war, wenn ich vorerst nichts erwähnte.
Ich verließ das Zimmer und befand mich nach ein paar Schritten im Gemeinschaftsraum. Auf die Idee, dass ich mich in dem Gebäude nicht zurechtfinden würde, kam ich nicht.
Ich stöhnte auf, als ich sah, dass der Raum nun nicht mehr leer war.
Mehrere Jungen hielten sich darin auf und einer kam mir vage bekannt vor. Im ersten Moment konnte ich ihn nicht einordnen, doch als er sich mir zuwandte und mich unverhohlen musterte erkannte ich seine Augen. Diese Augen hatte ich schon mehrmals gesehen und ich würde sie bestimmt nicht so schnell vergessen.
In der Hoffnung nicht angesprochen zu werden lief ich zur Tür und wollte gerade nach draußen verschwinden, als der Junge mir den Weg vertrat.
„Ich kenne Sie gar nicht. Wer sind Sie?"
„Wüsste nicht was dich das angeht", knurrte ich.
„Wie reden Sie denn mit mir?" Der Junge sah mich hochmütig an, so als erwarte er eine Entschuldigung von mir.
„Ich rede mit dir, wie ich will und jetzt lass mich in Ruhe."
„Erst will ich wissen, wer Sie sind und was Sie hier zu suchen haben."
„Na schön", seufzte ich. „Erstens, mein Name ist Natasha und zweitens, was ich hier zu suchen habe geht dich nichts an."
Ich hoffte der Kerl würde mich endlich in Ruhe lassen, langsam gingen mir die Antworten aus und ich wollte ihm nicht unbedingt auf die Nase binden, dass ich kein bisschen magisch war.
Doch der Junge war hartnäckig.
„Ich will es aber wissen."
„Lass mich einfach in Ruhe, Kleiner", fuhr ich ihn unwirsch an. „Es geht dich einen feuchten Dreck an, was ich hier mache und wer ich bin."
„So was brauche ich mir nicht bieten zu lassen", gab er spitz zurück. „Warten Sie nur, bis Sie meinen Vater kennen lernen."
„Oh, da bin ich aber gespannt." Besser der Vater, als dieser unverschämte Bengel. Mit Erwachsenen kam ich besser klar, als mit Halbwüchsigen.
Der Junge verschwand und kam kurz darauf mit seinem Vater im Schlepptau wieder.
„Tasha?" Malfoy war sichtlich erstaunt mich hier zu sehen.
Die Augen, na klar, ich hätte es eigentlich wissen müssen.
„So schnell sieht man sich wieder. Nach deinem überstürzten Abmarsch von gestern Abend hätte ich das nicht gedacht."
„Tasha", er warf mir einen warnenden Blick zu.
„Ihr kennt euch?"
„Ja, Draco."
„Woher?"
„Aus dem Ministerium", sagte Malfoy schnell und warf mir wieder einen warnenden Blick zu.
Doch Draco schien sich mit der Antwort nicht zufrieden zu geben.
„Aus dem Ministerium? Was machen Sie da?"
„Äh... eigentlich nichts. Wir sind uns nur zufällig über den Weg gelaufen, als ich ein paar Anträge abgeben wollte." Ich musste hier raus und zwar schnell.
„Was denn für Anträge?"
„Draco", wies ihn Malfoy zurecht. „Das geht dich nun wirklich nichts an."
„Ja und ich muss jetzt auch los", fügte ich hinzu und flüchtete nach draußen.
Draußen lehnte ich mich gegen die Wand und musste erst mal durchatmen.
„Geht es Ihnen nicht gut?" vernahm ich eine Stimme.
Ich fuhr herum und konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken.
„Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken."
„Hmhm, ich werd dann mal weiter... gehen..." Etwas steif drehte ich mich um und ging wie in Trance um die nächste Ecke, dann rannte ich wie von Sinnen die Gänge entlang, bis ich nicht mehr konnte.
Außer Atem und von Seitenstichen geplagt blieb ich stehen und lehnte den Kopf gegen die kühle Wand.
Ich ließ mir ja alles gefallen, Zauberer, Kobolde, ja sogar Flohpulver, aber Geister..., nein, dass war jetzt eindeutig zuviel. Denn nichts anderes als einen Geist hatte ich gerade gesehen.
Zugegeben, ein höflicher Geist, aber eben ein Geist.
Langsam bekam ich genug von diesem Abenteuer, ich wollte wieder zurück in mein normales leben und ich verfluchte Malfoy dafür, dass er mich so unsanft da rausgerissen hatte.
Langsam normalisierte sich meine Atmung wieder. Ich stieß mich von der Wand ab und fragte mich durch, nach draußen.
Die verwunderten Blicke, die man mir zuwarf ignorierte ich. Ich wollte einfach nur raus aus diesem Gebäude.
Als ich endlich an der frischen Luft war, fiel das beklemmende Gefühl von mir ab und ich hatte den Eindruck wieder etwas freier atmen zu können.
Schnell entfernte ich mich von Hogwarts, so schnell würde mich niemand mehr in dieses Gebäude bringen.
Ich achtete nicht darauf, wohin ich ging und so sah ich auch nicht das Hindernis, was sich mir in den weg stellte. Prompt lief ich dagegen und riesige Hände hielten mich an der Schulter fest.
„Hoppla", vernahm ich eine sanfte tiefe Stimme. „Immer langsam."
Ich sah hoch, doch erst als ich den Kopf in den Nacken legte, konnte ich das Gesicht des Sprechers erkennen. Zumindest konnte ich das erkennen, was nicht von einem schwarzen Vollbart verdeckt wurde.
Braune Augen sahen mich gutmütig an.
„Wer sind Sie?" fragte ich und hoffte, dass es diesmal kein Zauberer war.
„Hagrid", antwortete der Riese und mich überkam die Ahnung, dass es sich tatsächlich um einen Riesen handelte. „Ich bin der Wildhüter hier."
„Aha. Sind Sie Zauberer?"
„Nein", seufzte er und sah mich traurig an. „Nur Wildhüter. Und wer sind Sie?"
Er hatte etwas Beruhigendes an sich und ehe ich es stoppen konnte, war die ganze Geschichte aus mir herausgesprudelt.
„Und ich gehe da nicht mehr rein", fügte ich zum Schluss noch hinzu.
Hagrid hatte zunächst etwas verwirrt gewirkt, doch jetzt nickte er verständnisvoll.
„Dann kommen Sie mit zu mir, ich lad Sie auf einen Tee ein."
Dankbar nahm ich sein Angebot an.
Hagrid führte mich zu einer kleinen Hütte, die direkt am Wald lag.
Drinnen war es sehr gemütlich.
„Hatten Sie schon mal das Gefühl fehl am Platz zu sein?" fragte ich ihn, während er Wasser aufsetzte.
„Ja, das Gefühl kenne ich gut."
„Immer wenn jemand etwas zu mir sagt, verstehe ich nur Bahnhof", fuhr ich fort. „Ständig passieren irgendwelche Dinge, die mein gesamtes Weltbild auf den Kopf stellen. Ich habe keine Ahnung, was um mich herum vor sich geht. Und wenn ich denke, ich habe es endlich kapiert, werde ich eines besseren belehrt. Die meisten sind zwar nett zu mir, trotzdem habe ich immer das Gefühl nicht willkommen zu sein."
„Es sind nicht alle wie die Malfoys. Die meisten haben kein Problem mit Muggeln."
„Ich weiß", seufzte ich. „Trotzdem... Langsam habe ich genug davon, aber bitte erzählen Sie Michelle nichts davon."
Hagrid versprach es mir und rückte mir eine Tasse Tee in die Hand.
