Natasha
Man hatte uns nicht in den Wald gebracht, sondern wieder in eine Zelle. Doch diesmal hatte man uns die Augenbinde nicht abgenommen und uns zusätzlich noch die Hände und Beine gebunden.
„Daddy?"
„Ja, meine Kleine?"
„Ich habe Angst."
„Die habe ich auch. Aber wir werden hier schon irgendwie wieder rauskommen."
Ich hörte wie mein Vater über den Boden zu mir rutschte, dann spürte ich seine Schulter an meiner und ließ meinen Kopf gegen seine Brust sinken.
Mittlerweile wusste ich, dass wir beide alleine waren. Was mit Lucius geschehen war, wollte ich mir gar nicht vorstellen. Aber vielleicht hatte er ja fliehen können.
Ich hasste es nichts sehen zu können. Die Augenbinde machte mich wahnsinnig und vollkommen hilflos.
„Sag mal, Tasha, hast du dir das mit Malfoy eigentlich gut überlegt?"
„Och Dad, kannst du bitte damit aufhören?"
„Ich meine ja nur, immerhin ist sein Ruf nicht gerade der beste."
„Vertrau mir einfach, okay? Ich weiß schon was ich tue. Zugegeben, am Anfang war er nicht besonders nett zu mir, aber seit wir zusammen sind... er würde nie zulassen, dass mir oder seinem Sohn..."
„Er hat einen Sohn?"
„... etwas passiert", brachte ich meinen Satz zu Ende. „Und ja, er hat einen Sohn."
„Oh, Tasha!"
„Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst und er dich wahrscheinlich genauso wenig. Aber ich liebe ihn trotzdem!"
„Mag ja sein", räumte Dad ein. „Ich will nur nicht, dass er dir weh tut. Und mir gefällt es einfach nicht, dich einem Mann zu überlassen, der für seine Skrupellosigkeit und Hinterhältigkeit bekannt ist. Deine Mutter sagte damals immer zu mir, sie würde einem Malfoy noch nicht einmal so weit trauen, wie sie ihn werfen könnte."
„Dad, mittlerweile kenne ich Lucius Ruf zu genüge. Aber er hat wegen mir die Seiten gewechselt."
„Womit er wahrscheinlich wieder irgendetwas bezweckt hat."
„Na schön, ich kann dich nicht überzeugen", seufzte ich.
„Solange du nur glücklich bist...", gab er zurück und machte sich nicht die Mühe seinen zweiflerischen Tonfall zu verbergen.
„Shh", unterbrach ich ihn. „Hörst du das auch?"
„Was?"
„Die Stimmen. Das klingt, als würde da jemand streiten."
Ich versuchte mich irgendwie zu orientieren und rutschte an der Wand entlang, bis ich die Tür gefunden hatte. Dann legte ich ein Ohr an die Tür und lauschte angestrengt. Es war doch erstaunlich, wie scharf die anderen Sinne auf einmal waren, wenn man eines Sinnes beraubt war.
Die Stimmen kamen näher und mein Herz machte einen kleinen Satz, als ich eine davon erkannte.
Es war Michelles.
Michelle
Voll ins Schwarze, dachte ich, als ich erkannte, wen ich vor mir hatte. Voldemort stand mit dem Rücken zu mir und sprach mit zwei Todessern. Na ja, also eigentlich gab er ihnen wütende Befehle.
„Ihr sucht wohl Lucius und Draco, was?"
Voldemort schnellte herum und die beiden Todesser sahen mich überrascht an. Dann wollten sie sich in Bewegung setzen und zogen ihre Zauberstäbe, aber Voldemort gebot ihnen mit einer Geste nichts zu tun und sie blieben stehen.
Ich hatte meinen Zauberstab erst gar nicht gezogen und Voldemort ebenso wenig. Er wusste wohl warum ich hier war.
„Ah, Michelle, ich habe dich schon erwartet. Hast du endlich gelernt deine Kräfte sinnvoll einzusetzen? Sehr schön. Aber es enttäuscht mich schon, dass Lucius nicht persönlich kommt, um seine Muggelschlampe zu retten. Aber wahrscheinlich ist er doch eher froh, seine eigene Haut gerettet zu haben. Verräter sind eben Feiglinge."
Die zwei Todesser lachten pflichtbewusst, aber man merkte, dass ihnen die ganze Situation nicht geheuer war.
„Oh er wäre schon mitgekommen… Aber ich habe ihm lieber davon abgeraten. Ich denke, dass ist eine Familienangelegenheit. Und außerdem findet er den Weg hierher nicht mehr."
Voldemort ließ sich auf die Plauderei ein. Er wusste, dass es ansonsten schwer werden würde mich zu besiegen. Mir hingegen war klar, dass ich zuerst den Dämon vernichten musste, bevor ich mich auf ein Duell mit ihm einlassen konnte.
„Und Michelle, bietest du mir etwas an für die beiden Muggel? Vielleicht die Anoriel? Ihr habt sicher keine Zeit verschwendet sie zu holen, nicht wahr?" Seine Stimme glich einem gelangweilten Schnarren.
„Sofern sie noch leben, habe ich vielleicht etwas, was dich interessieren könnte…"
Er schnaubte.
„Heute ist euer Glückstag. Sie leben noch. Noch! Denn wenn mir nicht gefällt, was du zu sagen hast, wird sich das ganz schnell ändern. Allerdings weiß ich, dass du sehr gut in solchen Spielchen bist und das Leben deiner Freundin sicher nicht opfern wirst. Mitleid ist eine Schwäche, Michelle!"
„Na dann sei froh, dass ich mit dir keins haben werde!"
„Ich brauche kein Mitleid, Michelle… denn ich habe Macht. Die Macht zu töten… wann immer ich will… wen auch immer ich will. Du ahnst ja gar nicht wie befreiend das ist. Findest du es nicht ermüdend, ständig deine Freunde beschützen zu müssen? Oder noch schlimmer: Ist das nicht furchtbar langweilig? Die mächtigste Hexe dieser Welt… und was macht sie? Muss Babysitter spielen."
„Ich will sie sehen!" Verlangte ich und Voldemort gab den beiden Todessern einen Wink. Sie verschwanden um Natasha und ihren Vater zu holen.
„Sag mir Michelle: Wie geht es Jason… und Edward?"
„Du langweilst mich." Gab ich gedehnt zurück. Er versuchte weiter mich zu reizen.
„Du kannst ihnen ausrichten, dass wir nicht eher ruhen werden, bis sie einen langsamen schmerzhaften Tod gestorben sind. So wie es für Verräter üblich ist. Und Severus kannst du ausrichten, dass er auf der Todesliste ein paar Plätze nach unten gerückt ist. Jetzt steht Lucius auf dem ersten Platz… oder sagen wir: Er teilt sich diesen Platz mit seinem Bruder. Danach folgt Edward und dann erst Severus. Er hat also von den vier Freunden noch am längsten zu Leben…"
„Ich bin nicht dein Bote. Wenn du ihnen etwas ausrichten willst, schick eine Eule…"
Voldemort verzog sein Gesicht, als Natasha und ihr Vater hereingebracht wurden. Verachtung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Ich tat so, als würde ich ignorieren, wie schlecht sie aussahen. Wahrscheinlich noch schlimmer als ich, nachdem ich Voldemort entkommen war. Denn ich war magisch. Mein Körper hatte gewisse Selbstheilungskräfte über die Natasha und ihr Vater nicht im geringsten verfügten. Außerdem hatte ich Zauber und Flüche gekannt um mich wenigstens ein bisschen zu schützen, während Tasha und ihr Vater Voldemorts Folter völlig schutzlos ausgeliefert waren.
„Da sind sie ja, dein Muggelabschaum." Voldemorts Stimme triefte vor Hohn. „Und so weit ich sehen kann auch noch relativ unversehrt. Jedenfalls fehlen ihnen keine Körperteile und sie sind vollständig."
Tasha sah ihn mit großen Augen an.
„Ja ja", erklärte er, „dein kleines Muggelhirn mag sich das nicht vorstellen können, aber es ist schon öfter passiert, dass bei der Folter Körperteile unserer Gefangenen einfach verschwunden sind und nie mehr gesehen wurden. Ihr könnt euch also glücklich schätzen…"
„Glücklich?" Schnaubte Tasha und ich rief sie zur Vernunft.
„Tasha! Halt deinen Mund!" Ich wusste, dass Voldemort nicht zögern würde, sie hier auf der Stelle mit Avada Kedavra zu töten. Er hatte nämlich ja immer noch ihren Vater und ich war schon froh, dass unsere Verhandlungen sich auf beide bezogen.
„Ja, hör auf Michelle und halt deinen Mund, dreckiger Muggel!" Stimmte Voldemort mir zu und gab einem der Todesser einen Wink. Dieser schlug Natasha ins Gesicht und sie ging zu Boden.
Mir blieb nichts anderes übrig als unbeteiligt zuzusehen und ich merkte, dass Tasha mich wütend ansah. Sie konnte nicht verstehen, warum ich nicht eingriff. Hätte ich aber Schwäche gezeigt, indem ich etwas anderes getan hätte, als zu verhandeln, wären wir alle verloren gewesen. Um uns zu retten, musste meine ganze Aufmerksamkeit Voldemort gelten.
„Und? Was hast du mir anzubieten? Für die Anoriel lass ich sie gehen…" Schnarrte Voldemort.
„Nein, ich habe die Anoriel nicht", gab ich selbstsicher zurück. Er schnaubte.
„Aber ich habe etwas, dass für dich viel wertvoller ist. Ich weiß, wie sehr du diesen haben möchtest…"
Ich deutete auf meinen Ärmel und das ich meinen Zauberstab ziehen würde. Die Todesser spannten sich an und richteten sofort ihre Zauberstäbe auf mich. Voldemort bedeutete ihnen aber, dass es in Ordnung ist und ich langte in meinen Ärmel. Als ich Salazar Slytherins Zauberstab hervorholte, sah ich Gier in Voldemorts Augen aufblitzen. Er konnte nicht verbergen, wie sehr er nach diesem Zauberstab verlangte.
„Ich denke, du weißt, was das ist." Voldemort nickte und sah den Stab schon fast ehrfürchtig an.
„Ich überlasse ihn dir… wenn ich Tasha und ihren Vater mitnehmen kann."
Voldemort lachte auf.
„Das ist gut. Du weißt wirklich, wie man diese Spielchen spielt. Und du wusstest, dass ich diesem Angebot kaum widerstehen kann, nicht wahr?"
Ich versuchte zu grinsen.
„Es ist ein ehrliches Angebot."
Er nickte.
„Gut. Du kannst sie haben. Werde glücklich mit ihnen. Jedenfalls die kurze Zeit, die ihr noch haben werdet…"
„Aber Michelle", ging Tasha dazwischen, „du hast selbst gesagt, dass man dunklen Zauberern nicht trauen kann…"
„Halt dich da raus, Tasha! Das hier ist anders!" Fuhr ich sie an. Irgendwie hatte sie ein Talent dafür, sich immer in den falschen Augenblicken einzumischen.
Voldemort nickte amüsiert. Ich hielt den Zauberstab hoch und legte ihn einen Meter vor mir auf den Boden.
„Ich lege ihn hierhin und die beiden kommen jetzt zu mir." Dann zog ich aus meinem anderen Ärmel meinen eigenen Zauberstab und Voldemort gab seinen Todessern einen Wink. Diese schubsten Tasha und ihren Vater in meine Richtung. Voldemort hätte sie nie selbst angefasst.
Sofort griff ich nach den beiden und apparierte zurück in die Küche von Hogwarts.
Mit großen Augen wurden wir begrüßt und Lucius stürzte sich sofort auf Tasha. Er umarmte sie heftig und Molly kümmerte sich um Tashas Vater, der völlig verwirrt war. Auch alle anderen in der Küche konnten eine Erklärung kaum abwarten, aber zuerst schnauzte Tasha mich an.
„Sag mal spinnst du? Wieso hast du mich vor Voldemort so zur Sau gemacht und nicht eingegriffen?"
„Mach mal halblang, Tasha. Dadurch habe ich uns allen das Leben gerettet. Ich konnte keine Schwäche zeigen, sondern hätte er nicht gezögert dich umzubringen… oder eher gesagt uns alle. Er durfte mich nicht einschätzen können…"
„Und wieso hast du ihm einen Zauberstab gegeben und er lässt uns einfach so frei?"
„Moment mal", fuhr nun Eddie dazwischen, „du hast ihm doch wohl nicht Salazar Slytherins Zauberstab gegeben…?"
Bei der Erwähnung dieses Namens hing ein Gemurmel durch die Küche und ich nickte.
„Doch. Aber keine Panik. Der Zauberstab weiß, zu wem er gehört…" Grinste ich dann.
Natasha
Sofort begannen alle wild durcheinander zu reden. Lucius hatte mich immer noch im Arm und schimpfte wie ein Rohrspatz.
„Wie konntest du ihm nur den Zauberstab überlassen? Jetzt sind wir erst recht verloren!"
„Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du sowieso keine Ahnung hast", wurde er von Jason angefahren. „Michelle weiß schon was sie tut."
Seine Stimme war zwar fest, doch konnte ich auch in seinem Blick leise Zweifel erkennen.
Seufzend vergrub ich mein Gesicht an Lucius Brust und zog mir seinen Umhang über den Kopf. Ich hatte die Schnauze gehörig voll und mein Bedarf an Abenteuern war für die nächsten tausend Jahre gedeckt.
Die Diskussionen gingen noch eine Weile weiter, bis Dumbledore dazwischen ging.
Beleidigt darüber, dass ihm keiner Beachtung schenkte, hatte sich Lucius mit mir zusammen in eine Ecke verzogen.
„Was ist eigentlich passiert?" wollte ich von ihm wissen. „Warum warst du plötzlich nicht mehr da?"
„V-v-v..."
„Voldemort?" schlug ich vor.
„Ja, genau der. Er hatte sich für mich etwas besonderes ausgedacht. Er war wohl der Meinung, dass ein Verräter ein Verräter bleibt und hat sich erhofft, dass ich euch hintergehe, wenn er mir nur ein unwiderstehliches Angebot macht."
„Und was für ein Angebot war das?"
Lucius deutete auf seinen Sohn. „Sein Leben, wenn ich mache, was V-v-v-voldemort..." Er stockte kurz. Wahrscheinlich war er überrascht, dass er Voldemorts Name plötzlich aussprechen konnte, ohne dass es ihn große Überwindung kostete.
„Also, wenn ich mache, was er von mir verlangt."
Er stand auf und winkte Draco zu sich.
„Laß dir den Rest von ihm erzählen." Damit gesellte er sich wieder zu den anderen.
„Ich verstehe nicht, wie ihr alle so gelassen sein könnt. Wir stehen wieder da, wo wir vor ein paar Tagen waren. Der Dämon ist immer noch nicht besiegt und Voldemort hat sogar den Zauberstab von Slytherin", brachte Lucius die Situation auf den Punkt.
„Wir können im Moment nichts anderes tun, als abwarten", erklärte Dumbledore ihm. „Wir wissen nicht, wo der Dämon ist. Deshalb müssen wir warten, bis er sich zeigt."
„Aber dann ist es doch schon längst zu spät." Mein Vater war aufgesprungen und stemmte wütend die Hände auf den Tisch.
„Ich war dabei, als dieses Ding meinen besten Spieler getötet hat. Und es kann doch nicht angehen, dass wir warten, bis es wieder tötet!"
„Dabei hat es doch genau den Richtigen erwischt", meinte Lucius leise zu seinem Bruder. Aber nicht leise genug, denn Chuck sah wütend zu ihm herüber.
Jason betrachtete verwundert seinen Bruder. „Wieso?"
Lucius antwortete nicht, sondern erwiderte gelassen Chucks Blick.
„Ah, verstehe, ein Nebenbuhler", grinste Jason und knuffte seinen Bruder in die Seite.
„Kannst du das bitte lassen?" beschwerte dieser sich. „Wir sind keine fünf mehr."
„Also, was habt ihr vor?" nahm Chuck den Faden wieder auf. „Ihr seid Zauberer, erledigt dieses Ding gefälligst. Ihr habt mir schon meine Frau genommen und ich werde nicht zulassen, dass meiner Tochter auch noch etwas zustößt." Dabei sah er drohend in Richtung Lucius.
„Du bist nicht der einzige, der sich um Tasha Sorgen macht", gab Lucius zurück.
„Sorgen? Du willst mir doch nicht weis machen, dass du dir Sorgen machst. Dazu ist so jemand wie du doch gar nicht fähig, Malfoy!"
Lucius sprang wütend auf, rauschte um den Tisch herum und packte Chuck am Kragen.
„Sag du mir nicht, wozu ich fähig bin", zischte er.
Ärgerlich schüttelte Chuck Lucius Hand ab, dann brachte er sein Gesicht ganz nah an das des Zauberers heran.
„Eins sag ich dir. Erfahre ich, dass du meine Tochter nur benutzt oder ihr sonst in irgendeiner Form weh tust, dann mache ich dich fertig!"
„Versuch es, Muggel und du wirst es bereuen!" Lucius Stimme war gefährlich leise und in seinen Augen blitzte es zornig auf.
Doch Chuck ließ sich davon nicht beeindrucken. „Wir werden ja sehen, wer hier was noch bereuen wird, Malfoy." Damit wandte er sich ab und setzte sich betont langsam wieder auf seinen Platz.
„Oh, Brüderchen", grinste Jason, als auch Lucius sich wieder gesetzt hatte. „Verscherz es dir nicht mit deinem zukünftigen Schwiegervater. Er scheint dich ja nicht besonders zu mögen. Keine guten Voraussetzungen, wenn du irgendwann um die Hand seiner Tochter anhältst."
„Jason, halte einfach deine Klappe."
„Chuck", meinte Dumbledore beschwichtigend. „Ihre Frau wusste worauf sie sich einlässt. Sie kannte Voldemort und auch das Risiko, dass mit der Bewachung der Anoriel verbunden war. Und was Ihre Tochter betrifft. Sie ist hier sicher."
„Können Sie mir das versprechen?" fragte Chuck müde und plötzlich sah man ihm wieder die Strapazen der letzten Tage an. Sein Gesicht war bleich und eingefallen, ein dunkler Bartschatten zeichnete sich darauf ab und seine Augen blickten müde in die Runde.
„Sie können es nicht", seufzte er, als niemand seine Frage beantwortete und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
Draco und ich hatten das Ganze beobachtet und ich atmete auf, als der gefährliche Moment vorbei war. Ich kannte meinen Vater, manchmal konnte er unberechenbar sein und er war nicht unbedingt ein Schwächling. In seiner Jugend spielte er selbst erfolgreich Fußball und auch jetzt trainierte er öfter mit seinen Jungs zusammen.
Und für Lucius galt das gleiche. Zwar reichte er an die körperliche Fitness von meinem Vater nicht heran, doch machte er dieses Defizit mit seinem Zauberstab wieder wett. Und ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er ihn ohne zu zögern benutzen würde.
Ich seufzte. Das konnte ja noch heiter werden.
Die Versammlung wurde jäh unterbrochen, als die Küchentür aufflog und drei zerzauste und arg mitgenommene Zentauren hereingedonnert kamen.
Unwillkürlich fuhr ich zusammen und drückte mich tiefer in die Ecke. Die letzte Begegnung mit diesen Wesen war mir noch lebhaft vor Augen.
Schwer atmend blieben die Zentauren stehen, ihre Flanken glänzten vor Schweiß und ihre langen seidigen Schweife peitschten nervös hin und her.
Den einen erkannte ich sogar. Es war Bane.
Bane brauchte ein paar Sekunden, um wieder zu Atem zu kommen. Dann ging er langsam zum Kopfende des Tisches und blieb vor Dumbledore stehen, in seinen Augen glühte es vor Zorn.
„Ich habe es Magorian schon immer gesagt, dass euch Zweibeinern nicht zu trauen ist. Aber dieser Narr wollte nicht auf mich hören und jetzt hat er den Preis dafür bezahlt, dass er Euch vertraut hat, Zauberer."
„Was ist geschehen?" Dumbledore ignorierte den beißenden Ton des Zentauren.
„Ihr habt die Frechheit zu fragen, was geschehen ist?" Bane tänzelte unruhig auf der Stelle. „Ihr wisst es doch selbst am besten!"
Dumbledore sah ihn streng an und Bane wich einen Schritt zurück.
„Magorian ist tot und das ist allein Eure Schuld. Hättest du den Dämon nicht erweckt..." Er vollendete den Satz nicht und spießte Michelle mit seinen Blicken auf.
Michelle wollte schon etwas erwidern, doch Dumbledore hob eine Hand und sie klappte den Mund wieder zu.
„Bane, Ihr solltet nicht über etwas urteilen, von dem Ihr nur unzureichende Kenntnis habt."
Der schwarze Zentaur schnaubte wütend. „Mir reicht es, dass ich weiß, dass Magorian tot ist und das es Eure Schuld ist, Zauberer. Wir hätten uns niemals mit euch einlassen dürfen."
„Warum seid Ihr hier, Bane?"
„Das fragt Ihr noch. Ich bin hier um Magorian zu rächen."
„Dann räch dich auch an dem Richtigen", fuhr Jason aufgebracht dazwischen.
Auf einen unauffälligen Wink von Bane, machten die beiden anderen Zentauren einen Satz über den Tisch und Jason sah sich zwei scharfen Pfeilspitzen gegenüber.
Als er seinen Zauberstab ziehen wollte, knirschten die Sehnen gefährlich.
„Bane", ging Dumbledore scharf dazwischen. „Ich gestatte nicht, dass Ihr einen meiner Leute bedrohen lasst. Entweder Ihr hört Euch die ganze Geschichte an oder Ihr geht."
Bane dachte einen Moment darüber nach, dann nickte er langsam. Seine beiden Leibwächter zogen sich zurück und nahmen an beiden Seiten der Tür Aufstellung.
Draco und ich waren neugierig näher gekommen. Wir wollten auf keinen Fall verpassen, was Dumbledore zu erzählen hatte.
Der alte Zauberer fasste die Geschichte kurz zusammen. Er erklärte, dass Michelle von Voldemort gezwungen worden war den Dämon zu erwecken und dass auch nur sie dazu fähig sei, ihn wieder zu verbannen.
„Dann soll sie es tun", verlangte Bane. „Bevor der Dämon unser ganzes Volk auslöscht."
„Könnten wir nicht zusammen arbeiten?" schlug Dad vor und handelte sich missbilligende Blicke seitens der Zentauren und den Malfoys ein.
„Wir mit euch?" Bane schüttelte sich und tat so, als hätte Dad ihn gefragt ob er ihn heiraten wolle. „Niemals!"
„Gut", meinte Sirius daraufhin. „Dann seht zu, wie ihr mit dem Dämon alleine fertig werdet." Er zwinkerte meinem Vater zu und dieser nickte unmerklich.
„Er ist doch in eurem Wald, oder?" setzte Dad noch eins drauf und ich konnte sehen, dass sich Bane mit einem Mal gar nicht mehr so wohl in seiner Haut fühlte.
Dad stand auf und in seine Augen trat ein Ausdruck, den ich nur zu gut kannte. So sah er immer aus, wenn er mit einem seiner Spieler sprach... nach einem Platzverweis.
„So wie ich das sehe, haben wir einen gemeinsamen Gegner. Und diesen Gegner können wir nur besiegen, wenn wir zusammen spielen, als Team. Sieh es doch mal sportlich, Junge. Wenn wir zusammen spielen, dann kannst du dich für deinen Kollegen rächen und ihr habt wieder euren Wald für euch. Und wir brauchen auch keine Angst davor haben, dass uns irgendein durchgeknallter Zauberer ans Leder will."
„Und wie hast du dir dieses Zusammenspiel vorgestellt, Zweibeiner?"
„Also, wir spielen mit einer Spitze. Michelle. Sie muss das Tor schießen. Unsere Zauberer spielen in der Verteidigung. Sie müssen unseren Stürmer von den gegnerischen Spielern schützen. Du und deine Leute, ihr spielt zunächst im Mittelfeld. Daß heißt ihr müsst uns in eine optimale Stellung bringen, aus der wir angreifen können. Klar soweit?"
Bane sah Dad nur verständnislos an und ich musste ein Lachen unterdrücken.
„Dad?" Ich trat an seine Seite. „Ich glaube ein Zentaur versteht nicht viel vom Fußball."
Ich wandte mich an Bane. „Was mein Vater sagen will ist folgendes. Michelle muss den Dämon erledigen, damit sie das tun kann, müssen wir sie vor Voldemorts Schergen abschirmen. Ihr müsst uns durch den Wald führen, weil wir uns dort nicht auskennen."
„Kein schlechter Plan." Sirius klopfte meinem Vater anerkennend auf die Schulter.
„Für einen Muggel ganz okay", ließ sich Lucius vernehmen.
„Mir gefällt das ganze immer noch nicht." Bane sah unschlüssig von einem zum anderen.
„Ich finde, wir sollten es tun", bekamen wir unerwartete Stützenhilfe.
Einer der anderen beiden Zentauren war neben mich getreten, sein weißes Fell glänzte wie frisch gefallener Schnee.
„Gorion, schweig!" wies Bane ihn scharf zurecht, doch Gorion dachte nicht daran zu schweigen.
„Magorian ist schon tot, willst du, dass noch mehr von uns sterben? Wir allein, können gar nichts gegen Voldemort und seinen Dämon ausrichten. Und ich spreche hier jetzt nicht nur für mich, sondern für unser Volk. Wenn dir so wenig an der Zukunft unseres Volkes liegt, Bane, dann bist du ein schlechter Anführer."
„Schön", knurrte Bane. „Bist du auch seiner Meinung, Raist?"
Der dritte Zentaur nickte nur.
„Also, Bane?" Dumbledore war aufgestanden und neben Bane getreten.
Bane stampfte mit seinem rechten Vorderhuf auf den Boden. „Schön", sagte er noch einmal. „Wir spielen mit."
Michelle
Die Diskussion war dennoch noch nicht beendet, denn nun fingen die Zentauren an mit Tashas Vater, Lucius, Jason, Edward und Sirius über eine geeignete Taktik zu diskutieren. Das Ganze hörte sich verdammt verrückt an, da Chuck ständig Fußball-Vergleiche anbrachte und die Zauberer bald dazu übergingen alles mit Quidditch-Ausdrücken zu beschreiben. Für Chuck war ich also ein Stürmer und für die Zauberer der Sucher, der das Spiel entscheiden würde. Nur die Zentauren schienen bei dem ganzen Taktik Gequatsche kaum etwas zu verstehen und schnaubten nur immer wieder zwischendurch. Total verrückt das Ganze.
Also zog ich mich in eine Ecke zurück, um meinen Zauberstab oder eher gesagt Slytherins Zauberstab zurückzuholen. Ich schloss die Augen und begann mit der komplizierten Beschwörungsformel, dabei hielt ich meinen eigenen Zauberstab auf meinen Handflächen liegend vor mich.
„Hey, was machst du da? Wieder eine von deinen Extratouren?" unterbrach Jason mich plötzlich. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Er war wohl immer noch sauer auf mich.
„Hol mir Slytherins Stab zurück."
„Und wie, wenn ich fragen darf?"
„Das erfordert einen komplizierten Zauber und eine noch kompliziertere Beschwörungsformel."
„Willst du damit sagen, dass du den Zauberstab selbst verhext hast?" Sirius sah mich ungläubig an. „Ich dachte, so etwas ist unmöglich. Andererseits hast du in letzter Zeit viele Dinge getan, die eigentlich unmöglich sein sollten."
Ich zuckte nur mit den Schultern.
„So ungefähr."
„Aber ich dachte, einen Zauberstab selbst kann man nicht verhexen."
„Salazar Slytherin hat für seinen Zauberstab einen speziellen Zauber entwickelt… und ich hoffe, er funktioniert."
Jason war immer noch skeptisch und führte noch etwas anderes an.
„Moment mal. Wieso lassen wir Voldemort nicht einfach Slytherins Zauberstab benutzen? Ihr beide", dabei deutete er auf Eddie und mich, „habt doch gesagt, dass jeder der ihn benutzt stirbt oder durchdreht oder so ähnlich. Na ja, also alle bis auf Michelle."
Er sah zu mir herüber und knurrte dann leise: „Obwohl ich mir bei ihr da auch nicht mehr so sicher bin…" Keiner außer mir hatte das hören können und deswegen sah ich Jason nur giftig an.
„Das hab ich gehört", zischte ich ihm zu und setzte dann zu einer Erklärung an.
„Erstens besteht immer noch die Möglichkeit, dass er mit diesem Zauberstab großen Schaden anrichtet in der Zeit, in der er ihn benutzen kann und zweitens könnte es ja vielleicht sein, dass der Zauberstab Voldemort nicht umbringen oder verrückt machen kann. Vielleicht kann man jemanden, der schon verrückt ist ja gar nicht mehr verrückt machen…"
Das klang für alle einleuchtend, sogar für Jason und Dumbledore kam mir auch noch zur Hilfe.
„Ich denke, wir sollten Michelle jetzt erst mal in Ruhe lassen." Sein Vorschlag klang mehr nach einem Befehl und die anderen wandten sich anderen Dingen zu, über die sie diskutieren konnten.
Leise hörte ich, wie Tasha Lucius nach einem bestimmten Todesser fragte und warum dieser ihn verprügelt hatte. Lucius antwortete nur widerwillig und dann bekam ich noch mit, dass plötzlich darüber diskutiert wurde, wie viele Todesser eigentlich zu besiegen wären. Die einzigen, die dazu überhaupt etwas Sinnvolles beitragen konnten, waren die vier ehemaligen Todesser Lucius, Eddie, Jason und Snape und die widersprachen auch ganz schnell den Gerüchten, dass es tausende wären.
„Außer", führte Jason mit einem breiten Grinsen an, „der dunkle Lord hat einen Werbespot gesendet und freie Mitgliedschaft ohne Beiträge versprochen, um neue Anhänger zu werben."
Lucius verdrehte die Augen.
„Kannst du denn nie ernst sein?"
In diesem Augenblick materialisierte langsam Slytherins Zauberstab neben meinem auf meiner Handfläche. Ich nickte mir selbst zu. Na bitte, es hatte funktioniert. Mit den zwei Stäben in der Hand mischte ich mich nun auch in die Diskussion ein.
„Über die Todesser würde ich mir weniger Gedanken machen… jedenfalls solange der Dämon noch da ist. Außerdem sollten wir jetzt schnell handeln, denn Voldemort wird sicher nicht sehr erfreut darüber sein, dass ich ihn reingelegt habe. Ich hoffe, ihr habt schon eine gute Taktik ausgearbeitet." Die beiden Zentauren schnauften und Dumbledore fasste noch mal den Plan zusammen.
Voldemort
Zur gleichen Zeit betrachtete Voldemort in seinem Versteck ehrfurchtsvoll Salazar Slytherins Zauberstab. Wie lange schon hatte er nach diesem verlangt und nun war er endlich sein. Endlich. Und endlich konnte er anfangen damit… Plötzlich dematerialisierte der Zauberstab vor seinen Augen und kein noch so schnell hinterher geschickter Fluch, brachte ihn wieder zurück.
Voldemort heulte wütend auf und sofort kamen ein paar Todesser zu ihm gelaufen.
„Dieses hinterhältige Biest! Wie konnte sie nur! Wie konnte sie mich so reinlegen?"
„Wer?" fragte einer der mutigeren Todesser und zuckte zurück als Voldemort völlig haßerfüllt nur einen Namen sagte:
„Michelle!"
Während er Michelle mit den schlimmsten Beschimpfungen belegte, die ihm einfielen, entstand aus seiner Wut heraus ein neuer, zwar sehr riskanter, aber nicht hoffnungsloser Plan.
„Sammelt alle Leute!" Befahl er dann. „Wir werden Hogwarts angreifen."
„Und wie kommen wir dort rein? Dumbledore…"
Voldemort brachte den Todesser mit einem Wink zum Schweigen. Dann stahl sich eingehässiges, kaltes Lächeln in sein Gesicht.
„Wenn ich mich nicht täusche, sind die Kamine immer noch an das Flohnetzwerk angeschlossen…"
Michelle
Wir wollten uns gerade auf den Weg in den Wald machen, als plötzlich atemlos die restlichen noch verbliebenen Schüler in die Küche stürzten.
„In der ganzen Schule wimmelt von Todessern!" rief Fred außer Atem.
„Wie sind die hier rein gekommen?" fragte Sirius entsetzt und George sah ihn verwirrt an.
„Woher sollen wir das wissen? Wir sind doch nur arme Schüler und können von Glück reden, dass wir uns mit Harrys Tarnumhang und ein paar unserer Zauberscherze hierher durchschlagen konnten ohne entdeckt zu werden."
„Scheint so, als wäre unsere Taktik über den Haufen geworfen worden", meinte Moody nun.
„Ja. Und in den Wald müssen wir wohl auch nicht mehr um den Dämon zu vernichten", schloss Tonks sich im an.
„Sieht so aus, als müssten wir uns schnell etwas neues einfallen lassen", meinte ich und schnappte mir die Anoriel.
Dumbledore wirkte ebenfalls geschockt, aber gewann schnell seine Fassung zurück.
„Als erstes sollten wir die hier rausbringen, die uns sowieso nicht helfen können und in Gefahr sind."
Damit meinte er eindeutig die Muggel und die Schüler.
Natasha
„Hey", empörte ich mich. „So haben wir aber nicht gewettet. Ich lasse mich doch jetzt nicht aufs Abstellgleis schicken!"
„Tasha hat Recht. Wir lassen uns doch nicht einfach so ausbooten", kam mir Dad zu Hilfe. „Wir stecken sowieso schon zu tief drin."
„Und ich habe geschworen, dass ich Tasha und Draco nicht mehr aus den Augen lasse", mischte Lucius sich ein. „Die beiden bleiben bei mir."
„Ich kann schon auf mich alleine aufpassen, Vater", protestierte Draco. „Außerdem kann ich mich ganz gut wehren, im Gegensatz zu ihr."
Widerwillig ließ Lucius Draco gehen. „Aber dann nimm den wenigstens mit!" Er warf ihm seinen Tarnumhang zu.
Draco grinste und winkte noch einmal, dann verschwand er zusammen mit Fred und George aus der Küche.
„Aber sie bleibt hier."
Dumbledore winkte resigniert ab. „Macht doch was ihr wollt, aber macht es schnell."
„Ich könnte mit den Zentauren Verstärkung holen", bot Dad sich an. „Und ich überlasse dir meine Tochter, Malfoy. Sollte ihr auch nur ein Haar gekrümmt werden, dann..." Er ließ offen, was dann passieren würde, doch verstand Lucius ihn auch so.
„Das ist eine gute Idee", stimmte ihm Gorion zu. Er ließ Dad aufsitzen und sprengte, gefolgt von Bane und Raist nach draußen.
„Also gut, Leute. Auf geht's! Todesser jagen!" Sirius sprang auf, zog seinen Zauberstab und stürmte hinter den Zentauren her.
Lucius fasste mich bei den Schultern und sah mich eindringlich an.
„Tasha, du wirst immer in der Nähe von Jason, Michelle oder mir bleiben. Keine Einzelaktionen, verstanden?"
„Klar Boss, verstanden." Ich verdrehte die Augen, was dachte er denn, was ich vorhabe? Bestimmt nicht alleine gegen den Dämon antreten.
Lucius sah mich noch einmal durchdringend an, dann wandte er sich um und folgte seinem Bruder nach draußen.
„Komm, wir sollten auch gehen", meinte Michelle und ich folgte ihr aus der Küche.
Wir liefen die langen Gänge von Hogwarts entlang und ich hielt mich hinter Michelle. Ab und zu kamen uns ein paar aufgeregte Schüler entgegen, die von Michelle sofort nach draußen geschickt wurden.
Plötzlich blieb Michelle stehen. „Shh, da vorne ist jemand."
Ich drückte mich neben ihr an die Wand und sah ihr dabei zu, wie sie das Weitguckauge von Fred und George hervorkramte.
„Zwei Todesser", raunte sie mir wenig später zu und verstaute das Auge wieder unter ihrem Umhang.
„Und nun? Wir können doch nicht einfach um die Ecke spazieren."
„Ja, bis ich den einen geschockt habe, hat der andere uns schon erledigt." Michelle zog die Nase kraus und überlegte angestrengt.
„Und was, wenn ich sie ablenke?" schlug ich vorsichtig vor.
„Kommt gar nicht in Frage, viel zu gefährlich."
„Aber dann wären sie von dir abgelenkt und du hättest etwas mehr Zeit, um beide zu erledigen", wandte ich ein. „Oder hast du vielleicht ne bessere Idee?"
„Lucius reißt mir den Kopf ab, wenn ich dich gehen lasse. Und ich habe nicht die geringsten Zweifel, dass er diese Redensart wörtlich nehmen wird."
„Er muss es ja nicht erfahren", grinste ich sie an. „Außerdem hat er mir befohlen immer in der Nähe von einem von euch zu bleiben und keine Einzelaktionen zu starten. Ich bin in deiner Nähe und die Ablenkung ist auch keine Soloaktion, also, wo ist das Problem?"
Michelle grinste zurück. „Na schön, aber sei vorsichtig."
„Immer doch."
Ich wartete, bis Michelle sich in Position gebracht hatte, dann machte ich einen Schritt um die Ecke.
Die beiden Todesser fuhren sofort herum, als sie meine Schritte vernahmen und richteten ihre Zauberstäbe auf mich.
„Hey", rief ich und hob meine Hände. „Ich bin unbewaffnet."
Die beiden musterten mich misstrauisch, machten aber keine Anstalten ihre Stäbe zu senken.
Ich spürte wie mir das Herz bis zum Hals klopfte. Eine falsche Bewegung und ich brauchte mir um den Ausgang des Kampfes gegen Voldemort keine Gedanken mehr zu machen.
„Äh... wie komme ich zum Slytheringemeinschaftsraum?" war das Beste was mir gerade einfiel.
„Gar nicht", gab der eine hämisch grinsend zurück.
„Oh."
Im gleichen Moment zuckte ein blauer Blitz an mir vorbei und einer der beiden Todesser brach zusammen.
Bevor der andere reagieren konnte, war Michelle auch schon aus ihrer Deckung hervorgesprungen und feuerte den nächsten Blitz ab. Auch der zweite Todesser sank geschockt zu Boden.
„Okay", meinte sie. „Zwei weniger."
Sie richtete ihren Zauberstab auf die beiden und ich traute meinen Augen kaum, als die Männer plötzlich begannen zu schweben.
„Ich schicke sie zu Dumbledore", erklärte Michelle und ich starrte mit offenem Mund den beiden Todessern nach, wie sie den Gang entlang schwebten und schließlich um die Ecke verschwanden.
Erst, als Michelle mich am Arm weiterzog, konnte ich mich wieder auf das konzentrieren, was vor uns lag.
Wir liefen weiter, doch begegneten wir keinem Todesser mehr.
In dem verrückten Treppenhaus blieben wir stehen.
„Dort hinauf geht es nach Gryffindor", erklärte Michelle mir. „Man muss aber aufpassen, die Treppen ändern willkürlich ihre Richtungen."
„Oh Gott, wie sollen wir jemals hier durch kommen?" stöhnte ich und drehte mich einmal im Kreis.
Michelle hatte schon einen Fuß auf eine der Treppen gesetzt und bedeutete mir zu folgen, doch mein Blick wurde von etwas aufgefangen, was auf der anderen Seite des Zimmers war.
„Michelle", keuchte ich. „Sieh!"
Michelle sah in die angegebene Richtung und prallte zurück. Ich wusste nicht, was sie dort sah, aber für mich war der Anblick schrecklich.
Dort oben, auf einem der Treppenabsätze, stand mein Vater. Doch er sah grauenvoll aus. Seine Kleidung war zerrissen und blutverschmiert, sein Gesicht war grau und eingefallen und seine Augen starrten leblos zu mir herüber. Aus einer Bauchwunde quollen seine Eingeweide und ich wusste sofort, dass er tot war.
„Daddy", flüsterte ich. „Nein!" Ich wollte zu ihm hin, doch Michelle zerrte mich zurück.
„Das ist nicht dein Vater", sagte sie, als sie begriff, was ich da sah. „Es ist bloß eine Täuschung."
Und wie auf Kommando verwandelte sich das Gesicht meines Vaters in das von Lucius und dann in Michelles und wieder in das meines Vaters.
„Wir müssen hier weg!" rief Michelle und zerrte mich grob mit sich.
