Hallo ihr Lieben – die letzten drei Kapitel sind da. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!

(Achtung Anna: DER TISCH kommt noch mal vor! °ggg°)

Kapitel 24

Die nächsten Tage empfand Hermine als äußerst anstrengend.

Severus und Minerva feindeten sich zwar nicht offen an, wenn sie sich beim Essen oder im Lehrerzimmer begegneten – sie sprachen vielmehr überhaupt nicht miteinander – aber dieses eisige Schweigen war belastender als jedes bissige Wort es hätte sein können.

Allerdings war Hermines Beziehung zu Severus um einiges intensiver geworden – es war deutlich zu spüren, das auch er sich nun sehr bewusst auf sie einließ, was ihr unendlich gut tat.

Da ihr klar war, dass dies hauptsächlich auf die offene Auseinandersetzung mit den schmerzlichen Bürden der Vergangenheit zurückzuführen war, wollte Hermine unbedingt erreichen, dass auch ihre Freundin Minerva sich der unangenehmen Wahrheit stellte, und auf diese Weise ihren Seelenfrieden fand.

Diese wich jedoch jeder Bemühung Hermines, mit ihr zu sprechen, mit verschlossener Mine und verdächtig feucht schimmernden Augen aus.

Seit Hermine ihr mitgeteilt hatte, dass weder sie noch Severus ihre Beziehung zu beenden gedachten, dass im Gegenteil jetzt viele Zweifel beseitigt wären, hatte Minerva den Kontakt zu ihr auf das schulisch notwendige Minimum reduziert.

Aber Hermine wäre nicht sie selbst gewesen, hätte sie sich so leicht von ihrem Vorhaben abbringen lassen.

Am Wochenende, auf einem langen Spaziergang durch die, in die warmen Farben des Herbstes getauchten Highlands, sprach sie Snape auf die Sache an.

„Severus – wenn du wüsstest, das mich etwas belastet", sagte sie beiläufig, aber mit verdächtig einschmeichelnder Stimme, „dann würdest du doch sicher versuchen mir zu helfen, nicht war?"

„Warum nur lässt mich diese kleine, harmlose Bemerkung unwillkürlich erschauern", sagte Snape.

„Würdest du nun versuchen, mich zu unterstützen, oder nicht?", fragte Hermine beharrlich.

„Was willst du?", fragte Snape spöttisch.

„Ich mache mir Sorgen um Minerva", sagte Hermine.

Snapes Miene verdüsterte sich schlagartig.

„Sie lässt mich einfach nicht mehr an sich heran", fuhr Hermine fort. „Ich würde so gerne noch mal mit ihr reden, sie beruhigen, ihr erklären, wie die Dinge liegen – aber sie flüchtet regelrecht vor mir. Könntest du nicht vielleicht...?", fügte sie zaghaft hinzu.

„Nein - das kann ich nicht Hermine!", sagte Snape barsch. „Das würde umgehend wieder in einem Desaster enden – und damit wäre nun wirklich niemandem geholfen."

„Aber du könntest es doch wenigstens versuchen, damit sie weiß, das du gewillt bist, euren Streit ein für alle Mal zu begraben", beharrte Hermine.

„Ich werde mich nicht anbiedern bei dieser hysterischen Giftspritze", faucht Snape. „Das kannst du vergessen!"

„Ich könnte dabeibleiben, um zu verhindern, dass euer Gespräch eskaliert", bot Hermine an, gänzlich unbeeindruckt, von seinem bissigen Ton.

Snape sah sie fassungslos an.

„Hermine...", sagte er schließlich in dem überfreundlichen Tonfall, mit dem man Poppy des öfteren zu geistig verwirrten Patienten sprechen hörte, „...deinen jugendlichen Optimismus in allen Ehren, aber ich befürchte, das würde nicht funktionieren – oder hast du schon mal eine Maus zwei kampflustige Katzen in Schach halten sehen."

„Ich bin keine Maus!", sagte Hermine entrüstet.

„Nein – natürlich nicht!", sagte Snape beschwichtigend und legte den Arm um sie. „Das war doch nur ein bildhafter Versuch, dir das Aggressionspotential, das du da steuern willst vor Augen zu führen, ...mein Mäuschen."

„Sei nicht so herablassend, du alter Stinkstiefel", fauchte Hermine beleidigt, und versuchte, seinen Arm abzuschütteln.

„Im Ernst, Hermine, wie stellst du dir das vor?", sagte Snape, und zog sie näher an sich, „hast du das etwa in deinen Muggel-Psycho-Kursen gelernt, wie man so eine konfliktgeladene Situation kontrolliert - zwischen zwei Menschen, die sich hassen...? Glaub mir - Minerva verwandelt sich in eine rasende Wildsau, ehe du auch nur einen Satz von Freud zitieren kannst."

„Ich glaube eher, dass du derjenige wärst, der sich zuerst verwandelt – in was für ein Ungeheuer auch immer", sagte Hermine bissig.

„Auch das liegt durchaus im Bereich des Möglichen", räumte Snape ein.

„Severus – das ist mir wirklich wichtig", sagte Hermine bittend. „Siehst du denn wirklich keinen Weg, mir zu helfen?"

„Doch – ich könnte damit aufhören Minerva jedes Mal, wenn ich sie sehe, die Pest an den Hals zu wünschen", sagte Snape mitfühlend. „Wäre dir damit gedient?"

„Wenn du nicht auf der Stelle damit aufhörst, dich über mich lustig zu machen, könnte es sein, dass ich sehr, sehr böse werde", sagte Hermine drohend.

„Habe ich schon einmal erwähnt, wie aufregend du aussieht, wenn du so richtig wütend bist", sagte Snape versonnen, und wich geschickt aus, als sie nach ihm schlug.

„Weißt du was...", fauchte Hermine, „ich werde Albus bitten, euch beide zu einem Gespräch zu beordern, bei dem auch ich anwesend sein kann. Er wird euch zwei unartigen Miezekätzchen sicher in den Griff bekommen – was meinst du...?"

„Das ist doch nicht dein Ernst?", sagte Snape alarmiert.

„Ach – würdest du mir das etwa übel nehmen?", säuselte Hermine.

„Darauf kannst du wetten!", sagte Snape finster.

„Und was würdest du dann tun?", fragte Hermine provozierend. „Vielleicht Migräne vortäuschen, wenn ich mit dir schlafen will?"

„Es ist wirklich unglaublich, wie frech du in letzter Zeit geworden bist", sagte Snape mit drohendem Gesichtsausdruck. „Ich würde sagen, es ist an der Zeit, dass ich dich mal so richtig übers Knie lege."

„Cool – vielleicht kannst du ja dann völlig gelassen zu dem Gespräch bei Albus gehen, wenn du vorher deine Aggressionen an mir ausgelassen hast", sagte Hermine grinsend.

„Du hast einfach keinen Respekt mehr vor mir", sagte Snape erschüttert. „Da hat man nun sieben Jahre lang Granger, die kleine Streberin, eingeschüchtert – und alles war umsonst – das ist so deprimierend!"

„Das tut mir jetzt aber wirklich leid für dich, Severus", sagte Hermine bedauernd. „Überlegst du es dir die Sache mit Minerva noch mal?"

„Wozu soll das gut sein, Hermine?", fragte Snape genervt. „Es würde nichts bringen – glaub es mir!"

„Bitte...!", sagte Hermine.

„Himmel noch mal – was bist du bloß für ein penetrantes kleines Biest", bellte Snape, „na schön – wenn du sie dazu bewegen kannst, noch einmal mit mir zu sprechen, dann bin ich einverstanden. Aber eines sag' ich dir gleich – ich garantiere für gar nichts!"

Nachdem somit die erste Hürde genommen war, machte sich Hermine am selben Abend umgehend daran, Minerva die Pistole auf die Brust zu setzen.

Als auf ihr Klopfen an der Wohnungstür keine Reaktion erfolgte, versuchte Hermine es bei McGonagalls Büro, wo sie ihr Opfer schließlich auch antraf.

„Hallo Minerva – ich darf doch reinkommen...?", sagte Hermine forsch und marschierte ins Zimmer, so das der überraschten Professorin nichts anderes übrig blieb, als betreten zu nicken.

Vor Minervas großem, alten Mahagonischreibtisch blieb Hermine stehen, und strich nachdenklich mit den Fingerspitzen über das dunkle Holz.

„Ein sehr schöner Tisch ist das – hast du den schon länger?", fragte sie beiläufig.

McGonagall nickte und sah sie schweigend und misstrauisch an.

„Stand der vor zwanzig Jahren auch schon hier?", fragte Hermine interessiert.

„Warum fragst du das?", keuchte Minerva.

„Na warum wohl...?", sagte Hermine sanft. „Er hat es mir erzählt."

McGonagall sah fast panisch zur Tür, als würde sie ihre Möglichkeiten zur Flucht abschätzen.

„Rede mit mir, Minerva, bitte!", sagte Hermine eindringlich.

McGonagall krallte die Hände so fest um die Armlehnen ihres Stuhles, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.

„Was hat dir dieser..., dieser..., was hat er dir gesagt?", flüsterte sie kaum hörbar.

Hermine schilderte bedächtig, und ohne Minerva dabei aus den Augen zu lassen, was sie von Severus über den Hergang am Abend des Halloweenfestes gehört hatte.

Sie bemühte sich dabei um einen möglichst neutralen Ton, und beschränkte sich auf die Fakten, ohne auch nur einen Ansatz von moralischer Wertung mit einfließen zu lassen.

Danach sah sie Minerva, die keinen Mucks von sich gegeben hatte abwartend an.

„Entspricht das, was ich eben gesagt habe, auch deiner Erinnerung an jenen Abend", fragte Hermine schließlich vorsichtig.

„Ja...", hauchte Minerva beschämt, mit gesenktem Kopf.

„Meinst du nicht, das es an der Zeit ist, dir diesen Vorfall selbst zu verzeihen?", fragte Hermine.

„Du...verurteilst nicht, was ich getan habe?", fragte Minerva ungläubig.

„Das steht mir doch gar nicht zu", sagte Hermine. „Außerdem ist es nur menschlich, dass man manchmal seinen Gefühlen einfach nachgibt, und sich treiben lässt, auch wenn man hinterher feststellen muss, dass man es lieber nicht hätte tun sollen."

„Aber wenn man mitverantwortlich ist, für den Tod eines anderen Menschen, ist das nicht so einfach wegzustecken", sagte Minerva leise.

„Jeder ist letztendlich für seine Taten selbst verantwortlich", sagte Hermine. „Dass sie ihr Leben einfach so weggeworfen hat, war Isabellas eigene Entscheidung. Severus hat sicher entscheidend mitgewirkt, die Weichen auf ihrem Weg in die falsche Richtung zu stellen, und vielleicht hast auch du ein kleines Stück dazu beigetragen – aber wenn alle Menschen, die jemals von anderen enttäuscht worden sind, sich umgebracht hätten, wäre die Welt nur sehr dünn besiedelt.

„Du hörst dich fast schon an wie Albus", sagte Minerva mit einem müden Lächeln.

„Das nehme ich als Kompliment", sagte Hermine, die das Lächeln herzlich erwiderte.

„Und du hast wirklich ernsthaft vor, mit ihm zusammenzubleiben?", fragte Minerva zögernd.

„Ja! Wenn er mich lässt...", sagte Hermine.

„Ich verstehe das nicht...", sagte Minerva unglücklich, „warum sucht du dir nicht jemand jüngeren, mit einer weniger... schmutzigen Vergangenheit – du hast doch während deines Studiums in Edinburgh sicher jede Menge nette, normale Männer kennen gelernt - warum muss es ausgerechnet er sein?"

„Natürlich habe ich dort solche Männer kennen gelernt", sagte Hermine. „Ich hatte auch einige Beziehungen, die zwar nicht so furchtbar lang gehalten haben, aber durchaus nett und normal waren, solange sie dauerten. Keiner meiner damaligen Partner ist mir dabei jemals so nahe gekommen, wie Severus. Wie soll ich das erklären...? Er berührt eine Seite meines Wesens, von der ich vorher gar nicht wusste, dass sie da ist."

„Aber dir ist doch klar, wer er ist...", sagte Minerva.

„Ja, das ist mir bewusst, und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass mich seine Vergangenheit kalt lässt", sagte Hermine leise, „aber wir leben in der Gegenwart, und er hat sich geändert, das weiß ich genau."

„Schön – er bringt keine Leute mehr um", sagte Minerva bissig, „aber das macht ihn nicht automatisch liebenswert."

„Minerva – das ist ungerecht", sagte Hermine vorwurfsvoll. „Du weißt genauso gut wie ich, das er der dunklen Seite längst abgeschworen hat. Außerdem hat er, vielleicht mehr als jeder von uns, sein Leben auf's Spiel gesetzt, im Kampf gegen Voldemort. Ich denke, er hat genug Buße getan, für die Sünden der Vergangenheit."

„Schon gut – ich hab's kapiert!", sagte Minerva. „Trotzdem ist er ein ganz mieser, arroganter, ungerechter..."

„Ich liebe ihn!", sagte Hermine schlicht.

„Das ist ...schrecklich!", sagte Minerva resigniert.

„Meinst du, du könntest trotzdem mit mir befreundet sein?", fragte Hermine.

„Natürlich!", sagte Minerva rasch. „...das heißt – wenn du mich noch als Freundin willst."

„Klar will ich!", sagte Hermine schlicht, und reichte der Älteren über den Tisch hinweg die Hand, die diese dankbar drückte.

„Dann wirst du dich aber auch wieder mit Severus vertragen müssen", fuhr Hermine fort, „denn die Art, wie ihr augenblicklich mit einander umgeht, ist unerträglich."

Minerva rümpfte angewidert die Nase.

„Du meinst... ich muss mit ihm reden?", sagte sie unwillig.

„Ja – genau das meine ich", sagte Hermine.

„Er ist vielleicht gar nicht dazu bereit...", meinte Minerva ausweichend.

„Natürlich will er nicht. Er ist genauso stur wie du, aber er wird es tun – genau wie du - mir zuliebe!", sagte Hermine energisch.

„In Ordnung", sagte Minerva ergeben. „Wann und wo?"

„Am besten kommst du gleich mit mir in den Kerker", sagte Hermine geschäftig.

„Was...? In seine Privaträume?", sagte Minerva entsetzt. „Da war ich noch nie!"

„Ja und? Wo ist das Problem? Es ist ganz gemütlich dort, und es steht auch kein Sarg im Schlafzimmer – ich schwöre es dir", sagte Hermine grinsend.

Als Hermine mit Minerva im Schlepptau bei Snapes Wohnung angekommen war, öffnete sie die Tür mit einem Schlenker ihres Zauberstabes, gedanklich auf das Passwort konzentriert, das er ihr kürzlich anvertraut hatte.

„Severus?", rief sie, als sie die Wohnung betraten, wobei Minerva sich neugierig umsah.

„Ich bin hier", drang seine Stimme aus der Küche. „Und warst du erfolgreich bei Frau Professor Oberwichtig?"

„Ja – und ich habe sie gleich mitgebracht!", rief Hermine.

„Scheiße!", hörte man ihn leise fluchen.

Die Küchentür ging auf und Snape kam heraus, lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen und sah die beiden Frauen kritisch an.

„Mann kann dir wirklich das ein oder andere vorwerfen, Hermine, aber unnötig Zeit vertrödeln ist nicht dein Ding", murmelte er. „Minerva – welch unerwarteter Glanz in meiner armseligen Behausung", fuhr er, an die ziemlich biestig dreinblickende McGonagall gewandt fort.

„Professor Oberwichtig kann auch wieder gehen, wenn's gerade nicht genehm ist", fauchte diese.

„Noch genehmer wird's kaum werden", sagte Snape. „Nehmen sie doch bitte Platz Gnädigste."

„Herzlichen Dank – zu gütig von ihnen", sagte Minerva ölig, und ließ sich auf einem der Sessel nieder.

„Wie wär's, wenn du deinem Gast, und auch mir, etwas zu trinken anbietest?", sagte Hermine, als Snape von sich aus keine Anstalten machte, sich in Richtung Gastfreundschaft zu betätigen.

„Aber natürlich – wie nachlässig von mir", sagte Snape. „Was darf's denn sein – Tee, Kaffee, Wein, Salzsäure, oder vielleicht ein hübsches, schnell wirkendes Gift?"

„Severus...!", sagte Hermine warnend. „Möchtest du ein Glas Wein, Minerva, oder lieber etwas anderes?"

„Wein!", sagte Minerva barsch. „Aber es wär' mir lieb, wenn er erst hier, vor meinen Augen entkorkt wird!"

„Diese Welt ist voller misstrauischer Menschen...", murmelte Snape, bevor er in der Küche verschwand, und gleich darauf mit einer Flasche Wein und drei Gläsern zurückkehrte.

Als sie schließlich jeder ein volles Glas vor sich stehen hatten, machte sich zunächst peinliches Schweigen breit, das alsbald von Snapes Katze unterbrochen wurde, die durch das geöffnete Fenster hereingeschlüpft war. Laut maunzend begrüßte sie ihren Mitbewohner.

„Na, Katze – warst du MÄUSE jagen", sagte Snape mit einem anzüglichen Seitenblick auf Hermine.

Hermine blitzte ihn wütend an und griff nach ihrem Weinglas.

Auch Snape hob sein Glas und nickte ihr leicht amüsiert zu. „Auf dich, Hermine - die hartnäckigste Frau unter der Sonne."

„Severus, ich bin auf Hermines Wunsch hier", ergriff Minerva schließlich das Wort. „Sie hält es für unangebracht, dass wir nicht mehr miteinander reden. Ich bin durchaus geneigt, diesem Wunsch zu entsprechen, und wieder auf einem normalen, kollegialen Niveau mit ihnen zu verkehren."

„Das ist so überaus freundlich von ihnen, Minerva - ich bin wirklich gerührt", sagte Snape, mit vor Sarkasmus triefender Stimme.

„STOP!", rief Hermine, als sie sah, dass Minerva zu einer entsprechenden Antwort ansetzte.

„Erstens – würdest du bitte aufhören, dich so zickig aufzuführen, Severus!", sagte sie energisch. „Minerva hat immerhin den Anfang gemacht – du musst es ihr nicht noch erschweren!"

„Und zweitens finde ich", fuhr sie fort, „dass ihr euch, nachdem wir unter uns sind, und in Anbetracht der... Umstände, ruhig mit Du anreden könnt, solange ihr die Attribute Bastard und Miststück weglasst."

Minerva räusperte sich verlegen, und Severus sah sie missmutig und äußerst zweifelnd an.

„Da richte ich mich ganz nach den Wünschen meiner stellvertretenden Chefin, die mir an Jahren, Weisheit, und hoffentlich auch an Güte, weitaus überlegen ist", sagte er schließlich süffisant.

„Darauf kannst du wetten", sagte Minerva bissig.

„So – nachdem diese Kleinigkeit geklärt zu sein scheint, könntest du uns vielleicht mitteilen, was du von Minervas Vorschlag hältst", sagte Hermine und sah Snape erwartungsvoll an.

„Wie war noch mal der Vorschlag?", sagte Snape nachdenklich.

„Severus...!", sagte Hermine streng.

„Ach ja – normales, kollegiales Verhalten und so weiter...", sagte Snape, „das lässt sich machen – kein Problem."

„Tatsächlich...? Davon war die letzten zwanzig Jahre aber reichlich wenig zu merken", sagte Minerva spitz.

„Siehst du – sie boykottiert mich!", sagte Snape aufgebracht zu Hermine, während er anklagend mit dem Finger auf Minerva zeigte.

„Willst du etwa ernsthaft behaupten, du hättest dich in der Vergangenheit auch nur einmal ernsthaft bemüht mit mir auszukommen", fauchte Minerva.

„Na ja - einmal schon...", sagte Snape boshaft.

„Das muss ich mir nicht anhören!", keifte Minerva und sprang auf.

„Schon gut – ich nehm's zurück!", rief Snape, nachdem auch Hermine ihn empört ansah, und hob entschuldigend die Hände. „Das war wirklich unpassend – TUT MIR LEID!"

„Du bist und bleibst ein mieser, hinterhältiger...", sagte Minerva mit zornig zusammengekniffenen Augen.

„MINERVA – BITTE...!", unterbrach Hermine sie flehend.

McGonagall setzte sich zögernd zurück in ihren Sessel, während sie ihren Widersacher wütend anfunkelte, dessen ganze Haltung eindeutig Abwehr ausdrückte.

„Auch du bist mir die ganzen Jahre nicht unbedingt entgegengekommen", sagte Snape schließlich etwas ruhiger.

„Ich hatte nie den Eindruck, dass du darauf gesteigerten Wert legen würdest", sagte Minerva kalt.

„Da hast du wahrscheinlich sogar recht", sagte Snape, „Denn dann hätte ich ja niemanden mehr zum Streiten gehabt, und das hat nun mal mit dir am meisten Spaß gemacht – das muss ich zugeben. Du warst immer eine würdige Gegnerin."

„Ich muss sofort zu meinem Kalender", sagte Minerva verblüfft. „Ein Kompliment von Severus, dem Schrecklichen – das ich das noch erleben darf...!"

„Du hast unsere Dispute doch größtenteils auch genossen – gib es zu!", sagte Snape.

„Na schön, Severus – mit niemandem lässt sich's so phantastisch streiten wie mit dir - zufrieden?" seufzte Minerva.

„Klingt gut!", sagte Snape zufrieden.

„Im Grunde genommen finde ich dich meistens gar nicht sooo schlimm", sagte Minerva.

„Das beruhigt mich ungemein", sagte Snape.

„Hin und wieder finde ich dich sogar fast nett...", sagte Minerva zögerlich.

Snape zog überrascht die Augenbrauen hoch.

„...so nach ein bis zwei Flaschen Wein – meistens", ergänzte sie boshaft grinsend.

„In vino veritas", sagte Snape und zuckte die Schultern.

„Falls aber im Wein doch nicht die Wahrheit liegen sollte, und du Hermine unglücklich machst, ziehe ich dir das Fell über die Ohren", sagte Minerva plötzlich ohne Vorwarnung.

„Geht das jetzt schon wieder los", knurrte Snape.

„Und weil wir gerade dabei sind...", sagte Minerva drohend, „wenn du meinen Gryffindors was antust, während der paar Tage, die ich nicht da bin, mach ich dir ebenfalls die Hölle heiß."

„Ich werde deine Lämmchen schon nicht fressen", maulte Snape, „außerdem werden sie ja von Hermine beschützt – da kann ihnen doch kaum was passieren."

„Du wirst ihm doch auf die Finger schauen, Hermine", fragte Minerva kritisch.

„Ich glaube kaum, dass das nötig sein wird", sagte Hermine belustigt.

„Ha! Das ich nicht lache! Dieser Kerl nützt doch jede Gelegenheit, um meine armen Kleinen in die Pfanne zu hauen", sagte Minerva giftig, „während er seine Nachwuchs-Kriminellen aus Slytherin natürlich verhätschelt und hütet, wie eine Glucke ihre Küken."

„Sie ist einfach ein böses Weib, da hilft alles schön daherreden nichts...", sagte Snape kopfschüttelnd zu Hermine.

„Schön, dass ihr euch wieder vertragt!", sagte Hermine lächelnd.

Minerva reiste am Sonntag Abend ab – nicht ohne Hermine vorher noch mal alle Instruktionen, die sie für notwendig erachtete, zum wiederholten Male genauestens zu erläutern.

Bereits am Montag morgen hatte Hermine ihren ersten Einsatz als stellvertretende Hauslehrerin von Gryffindor.

Auf dem Weg zum Frühstück stieß sie auf einig Erstklässler, die im Kreis um zwei ihrer Kameraden herumstanden und sie allem Anschein nach mit anfeuernden Rufen dabei unterstützten, sich gegenseitig verprügeln.

„Geht zur Seite!", rief Hermine scharf, und bahnte sich ihren Weg zu den beiden Kampfhähnen. „Sofort aufhören!", schrie sie die Kinder an, die sie jedoch in ihrer Rage zuerst gar nicht wahrnahmen.

In Ermangelung anderer Ideen packte sie den oberen der Schüler am Kragen und zog ihn unsanft von dem anderen weg.

Als sie sich den Bengel genauer ansah, stellte sie mit Erstaunen fest, dass es ein Mädchen war.

Clarissa Savage, eine zierliche aber äußerst zähe kleine Slytherin versuchte noch ein paar gezielte Tritte zu platzieren, als sie von ihrem Opfer getrennt wurde.

Erst als Hermine sie nochmals auf's Schärfste ermahnte, gab sie Ruhe, und starrte den am Boden liegenden Jungen nur noch mit zornfunkelnden Augen an.

Peter Farrington, ein Gryffindor, sah wesentlich ramponierter aus, als seine Gegnerin. Sein Umhang war am Kragen zerrissen, er blutete ziemlich heftig aus der Nase, und zudem schien er einen Schlag auf's Auge bekommen zu haben, das tränte und langsam zuzuschwellen begann.

„Was soll das? Wieso prügelt ihr euch?", schnauzte Hermine die beiden an, wobei sie Clarissa, als die vermeintlich aggressivere wesentlich länger taxierte.

„Die verrückte Ziege hat mich plötzlich angegriffen", sagte Peter weinerlich und versuchte das Blut, das ihm aus der Nase lief, mit dem Ärmel wegzuwischen.

„Dieser blöde Arsch hat sich über meine Frisur lustig gemacht", fauchte Clarissa, deren kurz geschnittenes braunes Haar widerborstig und igelig vom Kopf abstand, „das muss ich mir nicht gefallen lassen!"

„Ganz meine Meinung!", sagte eine dunkle, seidige Stimme.

Die Gruppe der Schüler teilte sich so schnell, wie das rote Meer vor Moses, um Professor Snape durchzulassen.

„Ach du findest es also in Ordnung, wenn deine Schülerin jemandem, der eine Bemerkung über ihr Äußeres fallen lässt, gleich die Nase einschlägt?", sagte Hermine aufgebracht.

„Wen hat's denn erwischt?", sagte Snape neugierig, ohne auf die Frage näher einzugehen. „Farrington – der ist ja zwei Köpfe größer als du, Clarissa – Respekt!"", fügte er spöttisch hinzu.

„Fehlt bloß noch, dass du ihr Punkte dafür gibst", faucht Hermine.

„Gute Idee...", sagte Snape, „und ihm könnte ich ein paar abziehen", fügte er hinzu, und nickte mit dem Kopf zu dem verdattert dreinschauenden Jungen, der immer noch auf dem Boden saß, „dafür, dass er sich von einem Mädchen verprügeln hat lassen."

„Severus...!", zischte Hermine.

„Mal sehn – was ist dir denn Schlimmes passiert, Ferrington...", sagte Snape ungerührt und nahm den blutenden Peter genauer in Augenschein.

„Er muss auf die Krankenstation", sagte Hermine erbost, „das siehst du doch."

„Ach was – dafür musst du Poppy nicht bemühen!", sagte Snape und zog seinen Zauberstab.

Peter gab einen entsetzten Laut von sich und rutschte mit ängstlich aufgerissenen Augen ein Stück nach hinten.

Snape vollführte ein paar elegante Schlenker mit dem Zauberstab und murmelte dabei Unverständliches.

Nach wenigen Sekunden war das Blut auf Peters Gesicht verschwunden, das getroffene Auge war wieder genauso groß, wie das gesunde, und der Riss im Umhang hatte sich geschlossen.

„Sieht aus wie neu!", sagte Snape zufrieden. „Gehen wir frühstücken, Hermine?"

„Und du bist der Meinung, das war's jetzt?", fragte Hermine mit wütend zusammengekniffenen Augen.

„Oh – das hatte ich ganz vergessen...", sagte Snape mit spöttischem Lächeln, „...vor mir steht ja Ihre Majestät, die stellvertretende Hauslehrerin des überaus noblen Hauses Gryffindor. Meine Verehrung!" Er machte eine angedeutete Verbeugung.

„Hör auf!" zischte Hermine leise. „Danke, das du Peter behandelt hast, aber ich denke nicht, das die Sache damit abgetan ist", fügte sie energisch hinzu.

„Du bestehst auf einer Bestrafung...?", sagte Snape nachdenklich, „Lass mich überlegen... Streckbank? ...Daumenschrauben? ...Auspeitschen? ...Nein – das hat Dumbledore alles verboten. Ich denke es wird reichen, wenn er ein bis zwei Kilo Schnecken entschleimt."

„ER?", rief Hermine empört.

„Na, er hat sich doch über ihre Haare lustig gemacht – so was tut man schließlich nicht!", sagte Snape pikiert und schüttelte den Kopf.

Hermine funkelte ihn wütend an und holte tief Luft – überlegte es sich jedoch dann anders, und wandte sich den Schülern zu.

„Clarissa – du lieferst bis Morgen einen Aufsatz bei mir ab, in dem du mir die Gründe erläuterst, warum jemand untragbar für die Gesellschaft ist, der bei jeder Kleinigkeit rohe Gewalt gegen seine Mitmenschen einsetzt", sagte sie streng, „nicht unter einem halben Meter Pergament, das Ganze."

Clarissa schaute sie äußerst widerspenstig an – aber nachdem ihr auch ein Blick zu Snape nichts als zwei fragend hochgezogene Augenbrauen beschert hatte, wagte sie nicht, zu widersprechen.

„Peter...", fuhr Hermine fort, „du schreibst einen eben so langen Aufsatz über das Thema: Warum man einen Menschen nicht nur nach seinem Äußeren beurteilen sollte, und erst recht keine blöden Bemerkungen darüber machen darf."

„Ja, Professor Granger!", sagte Peter verlegen.

„So – und jetzt entschuldigt ihr euch beieinander und gebt euch die Hand", verlangte Hermine.

Widerwillig murmelten die beiden Kontrahenten eine Entschuldigung und reichten sich die Hände.

„Aber zerquetsch ihm dabei nicht die Finger, Clarissa", sagte Snape mit einem boshaften Grinsen, was ihm einen äußerst gereizten Blick von Hermine einbrachte.

„Geht jetzt rein zum Frühstück!", bellte sie die Kinder an, die sich umgehend aus dem Staub machten.

„Das war ja wohl das Allerletzte!", schnaubte Hermine wütend, als sie schließlich alleine mit Snape dastand.

„Du vertrittst Minerva wirklich ausgezeichnet", feixte Snape.

„Dafür werde ich mich rächen, Severus", knurrte Hermine, „wart's nur ab!"

„Und das ausgerechnet heute – wo ich doch Migräne habe", sagte Snape anklagend.

Als sie kurz darauf beim Frühstück saßen, wurde Hermine von ihren Racheplänen abgelenkt, durch Hedwig, Harrys Eule, die ihr einen Brief überbrachte.

Hermine stand in regelmäßigem Briefkontakt mir ihrem alten Freund - aber da sie selbst dabei etwa neunzig Prozent der Korrespondenz bestritt, freute sie sich sehr über jeden Brief, den sie von ihm erhielt.

Neugierig öffnete sie den Umschlag.

Er enthielt eine Einladung, zur kurzfristig anberaumten Einweihungsparty einer Berghütte – wie Hermine Claire kannte, hatte diese Hütte sicher Ähnlichkeit mit einem mittleren Landsitz – die Harry und Claire kürzlich erworben hatten.

Die Feier würde am nächsten Wochenende stattfinden, und die Gäste waren eingeladen, dort auch zu übernachten.

...du kannst auch gerne jemanden mitbringen, Mienchen, wenn's da jemand zum Mitbringen gibt! stand in großen Buchstaben am Ende des Briefes.

Hermine sah nachdenklich zu Severus hinüber, der ihren Blick lächelnd erwiderte.

„Wie geht's denn unserem Helden?", fragte er und wies auf den Brief.

„Was...? Ach so... gut geht's ihm!", sagte Hermine zerstreut. „Claire und er haben sich eine Hütte in den Bergen zugelegt."

„In den Bergen...", sagte Snape verwundert, „...Claire in Bergschuhen – das wär' mal was anderes."

„Ach - wenn sie dazu einen kurzen Rock trägt, wird's schon gehen!", sagte Hermine giftig, und kehrte dann aufgrund seines amüsierten Grinsens, vorübergehend zu ihren Racheplänen zurück.

Während des Vormittags überlegte Hermine, was wohl die günstigste Taktik wäre, Severus dazu zu bringen, sie am Wochenende zu der Party bei Harry zu begleiten – denn wenn sie nicht alles täuschte, würde er dies zunächst vehement verweigern.

Sie verwarf die Idee, ihn direkt darauf anzusprechen, denn das sofortige Nein, das daraus resultieren würde, wäre dann eventuell nicht mehr so leicht abzubiegen.

In einer Freistunde, kurz vor der Mittagspause, setzte sie sich in ihr Büro und schrieb einen langen, diplomatischen Brief, in dem sie ihn bat, sie zu der Feier zu begleiten, und ihm ausführlichst die vielen verschiedenen Gründe erläuterte, warum sie ihn gerne dabeihaben würde.

Als sie ihre Ausführungen noch einmal probehalber durchlas, war sie sehr zufrieden mit sich, und halbwegs zuversichtlich, dass er sich überzeugen lassen würde.

Sie rollte das Pergament sorgfältig zusammen und steckte es, bevor sie zum Essen hinaufging, an seine Türklinke – nachdem sie es mit den üblichen Zugriffsberechtigungszaubern versehen hatte.

Am Nachmittag, nach der letzten Unterrichtsstunde, schaute Hermine zunächst im Gryffindorturm nach dem Rechten, und suchte gleich danach ihre Privaträume auf.

Als sie unter der Klinke ihrer Wohnungstür eine Pergamentrolle stecken sah, machte ihr Herz einen aufgeregten Hüpfer. War das schon die Antwort, auf ihren Brief?

Ihre Miene verdüsterte sich, als sie das Ding herauszog, um die zu Tür öffnen – sie hätte schwören können, dass das Pergament sie angeknurrt hatte.

Ungeduldig entrollte sie das Papier, nachdem sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte.

Es stand nur ein einziges Wort in der Mitte des Blattes: - N E I N ! - in Großbuchstaben und mit einem großen Ausrufezeichen, das ein Loch anstelle des Punktes hatte, da der Schreiber die Feder scheinbar recht wütend in das Papier gebohrt hatte.

Enttäuscht starrte Hermine die rüde Nachricht an, und stieß gleich darauf einen spitzen Schrei aus, denn das Pergament schnappte ein paar mal knurrend nach ihr, bevor es sich mit einem wilden Zischen in eine schwarze Rauchwolke verwandelte, die sich dann langsam in Luft auflöste.

Hermine beschloss, dass es besser wäre, erst etwas Zeit verstreichen zu lassen, bevor sie mit dem Verfasser dieser bissigen Mitteilung in persönlichen Kontakt treten würde, und ließ sich zunächst einmal ein heißes, duftendes Bad einlaufen.

Zusätzlich gönnte sie sich, bereits in der Wanne liegend, eine schöne Tasse starken Kaffee.

Eine gute Stunde später machte sie sich, durchgewärmt, koffeingestärkt und kampfeslustig auf den Weg in den Kerker.

Snape saß in einem Sessel vor dem Kamin und las in einem Buch.

Er blickte nicht auf, als Hermine den Raum betrat.

„Hallo Severus!", sagte sie sanft. „Ich habe deine nette Antwort erhalten, nur – akzeptieren werde ich sie nicht."

„Du hast wohl nicht mehr alle Eulen im Käfig!", bellte Snape los. „Ich soll zu einer Party bei Potter gehen – ich glaube du spinnst – ist dir der Ruhm, den du heute morgen als Hauslehrerin von Gryffindor eingeheimst hast, in den Kopf gestiegen, und hat da irgendwas durcheinandergebracht?"

„Würdest du dich bitte ein bisschen abregen!", sagte Hermine ruhig.

Er gab einen knurrenden, beleidigten Grmpf-Laut von sich und widmete sich demonstrativ wieder seinem Buch.

„Würdest du bitte das Buch zur Seite legen!", sagte Hermine freundlich aber nachdrücklich.

Snape warf das Buch in einen der anderen Sessel, uns starrte sie wütend an.

„Danke!", sagte Hermine, „kann ich nun mit dir reden, oder rastest du gleich wieder aus?"

„Setz dich gefälligst hin, wenn du mit mir reden willst", maulte Snape, „ich mag es nicht, wenn du auf mich herunterschaust, und dann auch noch mit dieser ich-bin-dir-an-Beherrschung-weit-überlegen-Mine."

Lächelnd setzte sich Hermine in den Sessel, der ihm am nächsten stand.

„Besser so?", fragte sie zuvorkommend.

„Erträglicher ist das richtige Wort dafür!", knurrte Snape.

„Schön!", sagte Hermine. „Erklärst du mir jetzt bitte - so ruhig, wie du es zustande bringst – was so schrecklich daran ist, wenn ich dich darum bitte, mich zu einer Feier zu begleiten, zu der ich eingeladen bin – und aufgefordert jemand, der mir eventuell sehr nahe steht mitzubringen."

„Erstens – wieso fragst du mich nicht einfach kurz und bündig, um dir eine ebenso kurze und bündige Antwort abzuholen", polterte Snape, „warum schreibst du stattdessen ein ellenlanges Pamphlet – und verschwendest somit nicht nur deine, sondern auch meine Zeit?"

„Na ja – ich dachte, das wäre der geeignetere Weg, dir meine Argumente zu unterbreiten", erklärte Hermine. „Wenn ich dir früher, im Unterricht, direkte Fragen gestellt habe, hast du mich meistens auflaufen lassen - meine Aufsätze hast du jedoch, nach eigen Aussagen immer mit Wohlwollen gelesen."

Trotz seiner Verärgerung nahm Hermine ein kurzes, amüsiertes Aufblitzen in Snapes Gesicht war.

„Umwerfende Logik – Miss Granger", sagte er spöttisch, „hat nur leider nicht funktioniert – dieses mal."

„Und du wirst mir sicher auch gleich erklären warum", sagte Hermine.

„Weil du nicht ernsthaft erwarten kannst, dass ich mich freiwillig an einen Ort begebe, wo lauter junges Gemüse von Mitte Zwanzig rumhängt", knurrte Snape. „Zu allem Überfluss waren vermutlich die Meisten davon einmal meine Schüler – und ich bin nun mal absolut nicht der Typ für rührende Ehemaligen-Treffen. In der Regel bin ich froh, wenn die Bälger die Schule verlassen, und ich nicht mehr Gefahr laufe, sie wieder zu treffen."

„Ach - so ist das also!", sagte Hermine pikiert.

„Du bist natürlich die große Ausnahme – meine heißgeliebte kleine Streberin!", sagte Snape und verdrehte die Augen.

„Das hoffe ich doch", sagte Hermine lässig. „Sicher werden ein paar deiner ehemaligen Schüler dabei sein, aber auch einige andere Bekannte von Harry", fuhr sie fort. „Er lädt zu seinen Partys immer ein recht gemischtes Volk ein, und bestimmt auch ältere Semester - du brauchst nicht befürchten, dass du dort der Grufti sein würdest."

„GRUFTI?", knurrte Snape.

„Ich meinte natürlich, dass auch andere erwachsene Menschen da sein werden, und nicht nur so junges Gemüse wie ich", sagte Hermine schnippisch.

„Glaub mir, mein Schatz, DICH finde ich wirklich zum anbeißen", sagte Snape in etwas versöhnlicherem Ton, „aber auf den Rest der Potter-Gang habe ich einfach keine Lust."

„Meine Freunde sind also nicht gut genug für dich...?", sagte Hermine.

„Es reicht doch wohl, wenn sie gut genug für dich sind", sagte Snape ungehalten.

„Ich würde dich auch begleiten, wenn du dich mit ein paar guten Kumpels von früher treffen wolltest – gibt es in Askaban eigentlich eine Bar oder so was?", fragte Hermine böse.

„Seit wann schlägst du unter die Gürtellinie, Hermine?", sagte Snape leise aber in einem sehr scharfen Ton.

„Tut mir leid, Severus – das ist mir nur so herausgerutscht", sagte Hermine entschuldigend.

„Dir kann doch außerdem nicht schon wieder danach zumute sein, von allen Seiten angestarrt zu werden", sagte Snape etwas freundlicher.

„Ich würde mich auf jeden Fall lieber mit dir als ohne dich anstarren lassen", sagte Hermine, „denn dass ich meinen Freunden die Sache mit uns nicht verschweigen würde, steht außer Frage."

„Tja - wenn du dein Mitteilungsbedürfnis nicht zügeln kannst, musst du da wohl durch", sagte Snape lax.

„Schön – du hast gewonnen", sagte Hermine resigniert. „Ich werde Harry absagen. Hast du irgendeine Idee, was wir sonst Schönes machen könnten, am Wochenende."

„Wie – wir? Und was soll das heißen – du sagst ihm ab?", fragte Snape ungeduldig. „Das brauchst du doch nicht – geh einfach alleine hin, und die Sache hat sich."

„Nein – das mache ich nicht!", sagte Hermine energisch. „Ich werde Harry einfach schreiben, wie es um uns steht, dass wir aber nicht zu seiner Fete kommen, und warum du das nicht möchtest. Er wird es sicher verstehen – schließlich kennt er dich ja auch ganz gut."

„Was soll der Blödsinn?", knurrte Snape. „Du möchtest dahin – also geh auch. Du musst doch nicht wegen mir darauf verzichten. Wir sind schließlich nicht gezwungen, aneinander zu kleben, wie die Kletten."

„Da hast du natürlich recht", sagte Hermine, „es spricht absolut nichts dagegen, dass wir von Zeit zu Zeit getrennte Wege gehen. Aber diese Einladung ist ein Anlass, zu dem man gewöhnlich als Paar hingeht – alle anderen, die eine feste Beziehung haben, kommen auch mit ihren jeweiligen Partnern – und alleine habe ich einfach keine Lust darauf. Außerdem müsste ich dann erklären, warum du nicht mitgekommen bist. Diese Erklärung wiederum würde meine Freunde in der Annahme bestärken, dass du ein unausstehlicher Mann bist – und danach steht mir nun mal absolut nicht der Sinn."

„Du willst mich also erpressen?", fauchte Snape.

„Durchaus nicht!", sagte Hermine. „Aber die Entscheidungen, wo ich wann hingehe, treffe ich immer noch selber. Übrigens brauchst du das Wochenende auch gar nicht mit mir verbringen, wenn du mich als Klette empfindest. Ich kann auch alleine mit deinem kleinen, süßen Namensvetter spazieren gehen – der hat wenigstens keine Vorbehalte, mich zu begleiten – wohin auch immer", fügte sie mit beleidigt gerümpfter Nase hinzu.

Snape sah sie eine Weile schweigend und abschätzend an.

„Hast du noch weitere Argumente auf Lager, oder war's das schon?", fragte er schließlich mit unergründlichem Gesichtsausdruck.

„Claire wird auch da sein", sagte Hermine mit einem zaghaften Lächeln, „und ich würde sagen, es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass sie tatsächlich einen Minirock zu ihren Bergschuhen trägt."

„Hm..., warum hast du denn das nicht gleich gesagt?", meinte Snape sarkastisch. „Das lässt die Sache natürlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Eventuell könnte ich sogar Potter & Co. ertragen – vorausgesetzt der Rock ist kurz genug."

„Heißt das, du kommst mit?", sagte Hermine und strahlte ihn erwartungsvoll an.

„Wenn du tatsächlich so unvernünftig bist, darauf zu bestehen – meinetwegen", sagte Snape nach kurzem Zögern unwirsch.

„Danke, Severus – das bedeutet mir wirklich viel", rief Hermine, sprang auf und fiel ihm um den Hals.

„Schon gut – freu dich nicht zu früh", sagte Snape warnend, „ich werde dir nämlich nicht versprechen, mich in irgendeiner Weise zurückzuhalten – nur für den Fall, das dir das vorschwebt."

„Und was genau heißt das?", sagte Hermine vorsichtig.

„Das heißt, wenn mich einer deiner Kumpels dumm anquatscht, werde ich ihn niederbügeln", sagte Snape barsch.

„Du könntest sie viel mehr schockieren, wenn du nett zu ihnen wärst", schlug Hermine vor.

„Das kannst du vergessen!", sagte Snape.

„Okay!", sagte Hermine grinsend. „Hatte ich eigentlich erwähnt, das wir dort übernachten?"

„Nein – das musst du irgendwie vergessen haben", sagte Snape aufgebracht.

„Vergiss nicht genügend zum Anziehen mitzunehmen – äh..., ich meine Muggelkleidung – mehr von der legeren Sorte", sagte Hermine. „Soll ich dich eventuell bei der Auswahl beraten?", fügte sie beiläufig hinzu, in der Hoffnung, einmal einen Blick in seinen Schrank werfen zu können.

„Ich glaube, es wird Zeit das ich dich für heute zum Schweigen bringe, meine neugierige kleines Alleswisserin", raunte Snape, während er sie hochhob und in Richtung Schlafzimmer trug.

Am nächsten Morgen schrieb Hermine ein paar Zeilen für Harry, um noch vor dem Frühstück eine der Schuleulen mit der Nachricht loszuschicken.

Hi Harry,

ich freue mich schon sehr auf das Wochenende – und es gibt jemanden zum Mitbringen, nämlich den Mann, den ich liebe.

Bis bald!

Liebe Grüße, Hermine

Versonnen lächelnd sah Hermine der Eule nach, die in den dunstigen Morgennebeln verschwand.

Als sie auf dem Weg zum Frühstück in der Eingangshalle an den Stundengläsern der vier Häuser vorbeikam, traf sie fast der Schlag – das Gryffindor-Glas war nur noch mit einem kläglichen Rest von Rubinen gefüllt, dabei war sie sicher, dass gestern Mittag noch eine stattliche Menge davon dort gelegen hatte.

Mit großen, wütenden Schritten eilte Hermine in die große Halle, zum Lehrertisch, wo Snape bereits beim Frühstück saß.

„Severus...!", sagte sie, etwas atemlos aber äußerst entrüstet. „Was zum Teufel ist mit Gryffindors Punkten passiert?"

„Oh – habe ich vergessen, dir das zu erzählen?", sagte Snape in beiläufigem Ton.

„Erzähl's mir jetzt!", sagte Hermine und starrte ihn böse an.

„Die gesamte zweite Klasse, deiner Gryffindors ist gestern eine geschlagene Viertelstunde zu spät zu meinem Unterricht erschienen", sagte Snape, den Kopf schüttelnd, über so viel Unverschämtheit, „haben irgendetwas gefaselt, dass Peeves sie aufgehalten hätte..., na ja, du weißt schon – die üblichen Ausreden. Da musste ich leider jedem von ihnen ein paar Punkte abziehen."

„Hast du schon mal in Erwägung gezogen, dass sie die Wahrheit gesagt haben?", fauchte Hermine. „Das wäre schließlich nicht das erste Mal, das Peeves so etwas macht – das weißt du genau."

„Nein – was du nicht sagst!", meinte Snape erstaunt. „Es ist nur so, dass die Ravenclaws, die gleichzeitig Unterricht hatten, alle pünktlich waren. Das würde heißen, dass der Geist nur etwas gegen die Gryffindors hat, und das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen – wo das doch so liebe Kinder sind."

„Womit hast du Peeves bestochen, damit er das tut?", fauchte Hermine.

Snape legte die Hand auf die Brust und sah Hermine befremdet an.

„Ich...?", sagte er erstaunt, wobei seine Mundwinkel jedoch leicht zuckten.

„Könnte es denn sein, Severus", mischte Dumbledore sich ein, der die Unterhaltung aufmerksam verfolgt hatte, „dass du mit Peeves ein paar völlig belanglose Worte gewechselt hast, und er dich vielleicht aus irgendeinem unerfindlichen Grund missverstanden hat."

„Nun ja – wer weiß schon, was in einem Geist vorgeht", sagte Snape, „die haben ja genau genommen nicht mal mehr ein Gehirn – ganz und gar geistlos, eigentlich."

„Was hast du zu ihm gesagt?", fragte Dumbledore lächelnd.

„Lass mich nachdenken...", sagte Snape und legte die Stirn in Falten.

„Severus...!", zischte Hermine warnend.

„Es könnte sein, dass ich erwähnt habe, dass Minerva für eine Woche fort ist", sagte Snape und zuckte die Schultern.

„Und was weiter?", fragte Dumbledore.

„Möglicherweise habe ich auch fallen lassen, dass Hermine stellvertretend die Führung von Gryffindor übernommen hat", meinte Snape nachdenklich, „aber beschwören könnte ich das nicht."

„Du hast diesen Poltergeist auf mich angesetzt?", sagte Hermine erbost.

„Aber nein!", sagte Snape entrüstet. „Ich glaube mich sogar erinnern zu können, dass ich – allerdings mehr zu mir selbst – sogar gesagt habe, dass du noch sehr unerfahren in diesem Amt bist, und eventuell noch Unterstützung brauchst. Vielleicht hat Peeves das ganz unabsichtlich mitgekriegt und wollte dir helfen – Geister sind ja manchmal recht übereifrig in solchen Dingen", sinnierte er. „Höchstwahrscheinlich wollte er deine Schüler zum Unterricht geleiten und hat sich dabei selbst verlaufen. Das kann schon mal vorkommen - er lebt ja schließlich auch erst seit ein paar Jahrhunderten hier im Schloss."

„Wie kannst du es wagen...!", schnaubte Hermine.

„Wie viele Punkte hast du ihnen abgezogen?", fragte Dumbledore.

„Ach ich weiß es gar nicht mehr so genau – es waren aber nicht arg viele", sagte Snape unschuldig.

„Wie viele?", zischte Hermine.

„Ich glaube es waren so ungefähr drei Punkte, pro reizendem Gryffindor-Näschen", sagte Snape vage.

„Nur drei?", sagte Hermine skeptisch.

„Könnte auch sein, dass es fünf waren", sagte Snape und richtete den Blick nachdenklich in die Ferne, „fünf bis sieben..."

„Severus?", sagte Dumbledore schmunzelnd.

„Zehn!", sagte Snape.

„Wollen sie Hermine – oder soll ich...?", sagte Dumbledore lächelnd.

„Oh – bitte Albus, machen sie das", sagte Hermine und sah Snape strafend an, der sich bemühte, ein völlig neutrales Gesicht zu machen, in das sich jedoch unweigerlich die Andeutung eines diabolischen Grinsens gestohlen hatte.

„Hiermit gebe ich jedem Zweitklässler von Gryffindor zehn Punkte zurück", sagte Dumbledore, „denn es ist keine Schande, auf einen Geist hereinzufallen - schon gar nicht, wenn dieser die harmlosen Selbstgespräche eines Professors als Auftrag missverstanden hat."

Durch die geöffneten Flügeltüren der Halle hörte man das Geräusch der Rubine, die in Gryffindors Stundenglas prasselten.