Leise fluchend stand Snape am Samstag nachmittag vor seinem geöffneten Kleiderschrank.
Was genau verstand dieses verflixte Weib unter legerer Muggelkleidung?
Er kam nicht oft in die Verlegenheit, sich über solche Dinge den Kopf zerbrechen zu müssen, denn die Kleidungsstücke die er gewöhnlich trug, unterschieden sich höchstens in der Anzahl der Knöpfe, glichen sich aber ansonsten wie ein Ei dem anderen.
Bei seinen Ausflügen in die Muggelwelt, die er von Zeit zu Zeit unternahm, hatte er die jeweilige Verkleidung immer rein intuitiv ausgewählt.
Er hätte natürlich Hermines Angebot annehmen können, und sich von ihr beraten lassen – aber dann hätte er auch seine eigene Unsicherheit eingestehen müssen, und das war nun wirklich das Letzte, worauf er scharf war.
So schwierig konnte das doch wirklich nicht sein! Man musste die Sache nur logisch angehen.
Mal sehen – Berghütte: kalt, windig, urig, derb – also auf keinen Fall uncool fröstelnd oder overdressed erscheinen.
Ergo: Jeans (blau-verwaschen – sehr leger!), T-Shirt (weiß – wegen der Abwechslung!), Pullover (dunkelgrün – sehr Slytherin!), Jackett – nein! – Lederjacke (wenigstens die in schwarz!). Noch ein paar Sachen zum wechseln – fertig!
Zufrieden betrachtete Snape den Haufen auf seinem Bett, auf das er die ausgewählten Kleidungsstücke geworfen hatte.
Als er sich umgezogen hatte ging er in seinem Schrank auf die Suche nach ein paar Wanderschuhen.
Apropos Wandern – ob Claire wohl wirklich Bergstiefel mit einem Röckchen kombinieren würde – eine der wenigen wirklich interessanten Fragen, die dieser Wochenendausflug aufwarf.
Egal – selbst wenn sie einen Kartoffelsack tragen würde – allein die Anwesenheit einer weiteren nicht teilgehirnamputierten Gesprächspartnerin, neben Hermine, war ein Lichtblick.
Dies führte seine Gedanken wieder in eine unangenehme Richtung – nämlich zu den anderen Gästen, die vermutlich dort anwesend sein würden.
Verflucht – warum hatte er nur so schnell nachgegeben!
Wütend knallte er die Schranktür zu.
Das nächste mal würde er sich nicht so ohne weiteres von dieser hartnäckigen Besserwisserin einwickeln lassen.
Hermine eilte den Flur zu ihrer Wohnung hinunter.
Sie hatte ihren Hund bei William, dem Hausmeister abgegeben und dann noch bei der gerade eben zurückgekehrten McGonagall einen Bericht über die letzten fünf Tage abgeliefert.
Minerva hatte über jede klitzekleine Begebenheit die Gryffindor betraf, so haarklein Bescheid wissen wollen, dass die Unterredung wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen hatte, als ursprünglich von Hermine eingeplant.
Darum war sie jetzt zu spät dran!
Sie hatte mit Severus vereinbart, dass sie sich um sechs Uhr in ihrer Wohnung treffen würden. Jetzt war es fast zwanzig Minuten nach sechs – und Severus hasste Unpünktlichkeit.
Er würde toben – und das war ein denkbar schlechter Auftakt für ihren gemeinsamen Wochenendtrip!
Als sie schließlich keuchend in die Wohnung stürmte saß Snape mit übereinandergeschlagenen Beinen in einem der Sessel und trommelte genervt mit den Fingern auf die Armlehne.
„Zwanzig Minuten, Granger!", knurrte er, sowie er ihrer ansichtig wurde.
„Es tut mir leid, Severus, ich wurde aufgehalten", sagte Hermine schnaufend.
„Du hast dich aufhalten lassen!", sagte Snape streng.
„Schön, dann eben das!", sagte Hermine. „Können wir los?"
„Ach – JETZT hast du es plötzlich eilig?", maulte Snape.
„Komm schon – hör' auf zu zicken – wir sind eh schon zu spät!", sagte Hermine zappelig.
„Richtig – wir sind zu spät, weil DU dich hast aufhalten lassen – deswegen brauchst du jetzt MICH nicht hetzen!", schnarrte Snape. „Außerdem hat diese Verspätung doch auch ein Gutes – die Bagage hat nun sicher schon ausreichend Zeit gefunden, sich über uns das Maul zu zerreißen!", fügte er gehässig hinzu.
„Dazu haben sie momentan noch überhaupt keinen Anlass", seufzte Hermine und verdrehte die Augen.
„Was soll das heißen?", fragte Snape scharf. „Du hast uns doch angekündigt...?"
Hermine gestand ihm, welche Antwort sie Harry hatte zukommen lassen.
„Hervorragend, Hermine!", sagte Snape wütend. „Du scheinst wirklich auf explosive Auftritte zu stehen!"
„In Anbetracht deiner Laune würde ich mal sagen – das Ganze wäre so oder so explosionsgefährdet", meine Hermine. „Nachdem du jetzt so richtig schön geladen bist – können wir gehen? Dann kannst du, nachdem du mich nun ausreichend beschimpft hast, gleich bei meinen Freunden weitermachen."
„Das ist das erste vernünftige Wort, dass ich an diesem Abend von dir höre", sagte Snape und schob sie zur Wohnungstür.
Während sie nebeneinander den Weg zum Schlosstor entlang gingen, musterte Hermine - ihrer Meinung nach unauffällig - ihren Begleiter.
„Passt alles? Leger genug?", sagte Snape verdrießlich.
„Aber ja – du siehst gut aus!", versicherte Hermine.
„Und ich?", fügte sie zaghaft hinzu, als er keine Reaktion zeigte.
„Was ich?", knurrte Snape.
„Wie sehe ich aus?", fragte Hermine gereizt.
„Lass mich mal schauen...", sagte Snape, und bedachte sie mit einem boshaften Seitenblick, „...zerzauste Haare, gehetzter Blick, außer Atem – ich würde sagen, du siehst aus, wie jemand der sich zwanzig Minuten verspätet hat..."
„Vielen, herzlichen Dank, Severus!", sagte Hermine beleidigt.
„...und natürlich, wie immer, ganz bezaubernd – mein MÄUSCHEN!", fuhr Snape amüsiert fort.
„Nenn mich ja nicht Mäuschen, wenn wir dort sind!", fauchte Hermine.
„Nein, Mäuschen, mach ich nicht!", sagte Snape.
Sie apparierten unweit des äußerst malerisch gelegenen Hauses – das die Ausmaße einer Berghütte nicht ganz so sehr überschritt, wie Hermine angenommen hatte – an der Stelle, die Harry in seiner Einladung beschrieben hatte.
Als sie auf den Eingang zugingen, griff Hermine nach Snapes Hand, und hielt ihn kurz zurück.
„Danke, das du mitgekommen bist!", sagte sie leise.
Er nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Auf in den Kampf!", sagte er, bevor sie die Treppen zur Tür hinaufstiegen.
Bereits im Flur trafen sie auf den Hausherren, der gerade dabei war, zwei andere Gäste, die Hermine nicht kannte, in das angrenzende Zimmer zu schicken, aus dem schon laute, party-typische Geräusche zu hören waren.
Als Harry Snape bemerkte riss er kurz erstaunt die Augen auf, bevor ein breites Grinsen sein Gesicht überzog.
„Da brat' mir doch einer ´nen Storch!", sagte er feixend, während er auf Hermine zukam, die er mit einer herzlichen Umarmung begrüßte. „Er ist es also tatsächlich – wir haben schon Wetten abgeschlossen, wen du mitbringen wirst."
„Und – hast du gewonnen, Potter?", fragte Snape säuerlich.
„Jep!", sagte Harry fröhlich. „Herzlich willkommen, Snape – und das meine ich ehrlich! Ich befürchte allerdings, dass nicht alle meiner Gäste da mit mir einer Meinung sind."
„Welche Überraschung!", sagte Snape gelangweilt.
„So, geht rein – die warten schon alle ganz gespannt", sagte Harry und wies auf den Durchgang zum nächsten Zimmer.
Das erste, was Hermine wahrnahm, als sie den Raum betraten, war die unverwechselbare rückwärtige Ansicht von Claire, die ihre hüftlange, blonde Mähne wie immer offen trug, und deren Füße tatsächlich in Bergstiefeln steckten.
Zu Hermines heimlicher Beruhigung hatte sie jedoch auf den kurzen Rock ausnahmsweise verzichtet.
Claires Beine wurden von einer, für ihre Verhältnisse geradezu züchtigen - zwar figurbetonenden aber nicht hautengen - Wildlederhose umhüllt.
Auch ihre Arme waren völlig bedeckt, von den trompetenartig geformten Ärmeln einer weißen Bluse.
Als Claire sich jedoch umdrehte, und strahlend auf sie zukam, verflüchtigte sich Hermines Beruhigung auf der Stelle - und obwohl sie sich noch vor Kurzem vollauf zufrieden von ihrem Schlafzimmerspiegel verabschiedet hatte, fühlte sie sich nun, in Jeans und Pullover, schlagartig wie eine graue Maus.
Claires Bluse steckte in einem edel bestickten, dunkelbraunen Brokat-Mieder, das ihren Busen derart unanständig zur Schau stellte, dass man gar nicht anders konnte, als ihn anzustarren.
„Hermine und Severus! Wie schön, dass ihr da seid!", sagte Claire gewohnt rauchig und unverschämt sexy.
Sie umarmte zuerst Hermine und dann Snape – wobei die zweite Umarmung deutlich länger ausfiel.
„Claire – sie werden immer schöner!", sagte Snape zur Begrüßung, mit – nach Hermines Meinung – erheblich zu viel Samt in der Stimme, aber immerhin schaffte er es, den Blick nicht allzu lange bei Claires Dekolleté verweilen zu lassen.
Gleich darauf durchdrang eine schrille Stimme den Raum.
„Leck mich am Arsch – ER IST ES!", schrie Tonks. „Schau Remus – Hermine hat wirklich Severus mitgebracht. Ätsch-Bätsch, Ron – ich hab gewonnen! Richt' schon mal die Kohle her!"
Tonks kam mit einem breiten, glücklichen Lächeln auf Snape und Hermine zu.
Sie wirkte mit ihrer wilden Stachelschwein-Mähne (heute in kräftigem Pink mit schwarzen Strähnchen an der Stirn und an den Schläfen) und mit ihren punkigen Klamotten etwas fehl am Platz, in dieser Umgebung - wie ein Paradiesvogel, der sich verflogen hatte.
Sie umarmte und küsste Hermine stürmisch um gleich darauf Snape um den Hals zu fallen.
„Mensch, Sev - echt krass, das mit dir und Hermine!", sagte sie grinsend.
„Krass ist wahrscheinlich das richtige Wort dafür...", murmelte Snape belustigt.
„Na Hermine...", quietschte Tonks fröhlich, während sie Hermine ein paar mal schwungvoll den Ellenbogen in die Rippen rammte, und einen anzüglichen Blick Richtung Snape warf, „...hab ich dir zu viel versprochen...?"
Hermine lief rosa an.
„Du benimmst dich wieder mal unpassend, Nymphadora!", sagte Snape beiläufig.
Nachdem, dank Tonks Aktion, alle die Neuankömmlinge bemerkt hatten, wurden Hermine und Snape nun von allen Seiten begrüßt – von denen, die Snape aus ihrer eigenen Schulzeit kannten, mit deutlicher Zurückhaltung, von den anderen mit unverhohlener Neugier.
Ron wurde regelrecht von Harry herangeschleift, um guten Tag zu sagen. Er verzog angewidert das Gesicht, als er Snape erblickte – dieser wiederum sah seinen ehemaligen Schüler ungefähr so freundlich an, wie die Schlange das Kaninchen.
Nachdem Ron auch Hermine äußerst knapp und wenig herzlich begrüßt hatte, verzog er sich schnellstens wieder.
Hermine war erleichtert, dass auch ihre Studienkollegin, und Claires beste Freundin Gina mit ihrem Mann Frank unter den Gästen waren, die sich beide freuten Severus wiederzusehen, und offensichtlich keinen Anstoß an ihrer Beziehung nahmen.
In Laufe der nächsten Stunde mischten Hermine und Snape sich zunächst gemeinsam, nach kurzer Zeit aber – nachdem Hermine hauptsächlich mit ihren alten Schulkameraden reden wollte, worauf Snape absolut keinen Wert legte - auch getrennt unter die Leute.
Hermine beobachtete mit Erleichterung, dass ihr unfreiwilliger Begleiter sich nach anfänglicher Zurückhaltung relativ gut zu unterhalten schien – hauptsächlich mit Tonks, aber auch mit Remus, Gina und Frank, mit ein paar Leuten, die sie selber nicht kannte, einmal sogar mit Fred und George Weasley und natürlich – scheinbar unvermeidlich – mit Claire.
Als sie sich später am Abend alle zum Essen setzten, und Hermine optimistisch dem weiteren Verlauf der Feier entgegensah, wurde sie unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückbefördert.
Harry, der in sehr aufgekratzter Stimmung war - was daran liegen mochte, dass er mit den Spielern seiner Quidditch-Manschaft schon ziemlich gebechert hatte - wandte sich quer über den Tisch an Snape.
„Was uns alle brennend interessieren würde, Snape...", sagte er unverschämt grinsend, „...wie hast du es eigentlich geschafft, unser Herminchen herumzukriegen?"
Die übrigen Gäste spitzten aufmerksam die Ohren.
„Das war ganz leicht, Potter...", sagte Snape, „...Hermine hat sich aus alter Gewohnheit ständig gemeldet, sowie sie mich gesehen hat – du weißt schon – dieses extreme Handheben, bei dem sie sich fast das Schultergelenk auskegelt, inklusive dem dazugehörigen, nervtötenden Zappeln. Irgendwann konnte ich es nicht mehr mit ansehen, und habe sie drangenommen, und was soll ich dir sagen - ab da war sie mir verfallen. Hör' auf mich zu treten, Hermine!"
Harry lachte herzhaft, aber Ron warf seinem verhassten ehemaligen Lehrer einen bitterbösen Blick zu, zumal auch Hermine über den Scherz auf ihre Kosten nicht wirklich amüsiert zu sein schien.
„Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum eine kluge Frau wie Hermine sich freiwillig mit einem wie ihnen einlassen sollte", sagte Ron schneidend.
Die übrigen Tischgespräche verstummten nun vollends.
„Ja, erstaunlich, nicht war...?", sagte Snape seidig. „Vor allem, wo sie doch so ein Prachtexemplar wie sie zurückgewiesen hat!"
Rons Gesicht nahm die Farbe seiner Haare an, was zu Teil auf Snapes Anspielung zurückzuführen war, aber auch darauf das seine Freundin Rosie ihn empört, und mit verdächtig feuchten Augen anstarrte.
„Ron...?", sagte sie mit zitternder Stimme.
„Ups – sollte ich etwa indiskret gewesen sein?", sagte Snape an Rosie gewandt. „Ich dachte, nachdem sie auch in Hogwarts waren, wenn auch ein paar Jahrgänge unter ihrem Freund, wüssten sie darüber Bescheid. Es war so offensichtlich - die Schleimspur, die Weasley damals hinter Hermine hergezogen hat, war eigentlich nicht zu übersehen."
„Was haben sie mit Hermine angestellt, um sie rumzukriegen?", schnaubte Ron wütend. „Haben sie ihr irgendeinen giftigen Zaubertrank verabreicht, ihr einen Fluch auferlegt, oder sind sie in ihr Gedächtnis eingedrungen?"
„Es war überhaupt nicht nötig mich herumzukriegen, wie ihr es so schön nennt", sagte Hermine schnell, bevor Snape etwas antworten konnte, denn dessen Miene verhieß absolut nichts Gutes.
„Soll das etwa heißen, DU hast es darauf angelegt?", fragte Ron, dessen Stimme sich fast überschlug.
„Respekt! Wie sind sie mit ihrem minimalen Verstand nur so schnell zu dieser Schlussfolgerung gelangt, Weasley?", fragte Snape bissig.
„Warum, Hermine?", fragte Ron in einem sehr verzweifelt klingenden Ton.
„Passen sie lieber auf ihren Freund auf, Rosalie", sagte Snape, „ich fürchte, er schleimt sich schon wieder ran."
Rosie sprang auf und stürzte weinend aus dem Zimmer.
Ron sah unschlüssig zwischen ihr und Hermine hin und her.
„Nun lauf ihr schon nach, du Idiot", rief Hermine aufgebracht.
„Danke, Severus, das hast du ganz toll hingekriegt", fauchte Hermine, nachdem Ron das Zimmer ebenfalls verlassen hatte.
„Gern geschehen!", sagte Snape kalt. „Wenn der Hornochse nicht bald seinen vorlauten Mund hält, werde ich es noch besser hinkriegen!"
„Es ist eben nicht leicht für Ron, sich an den Gedanken zu gewöhnen", verteidigte Hermine ihren Freund, „ dass wir beide..."
„Hast du keine Augen im Kopf, Hermine?", sagte Snape barsch. „Er wird sich nie daran gewöhnen, weil er dich selber will."
„Unsinn!", unterbrach ihn Hermine. „Wir sind nur Freunde."
Snape verdrehte genervt die Augen.
„Es stimmt schon, was er da sagt", bemerkte Harry, „Ron ist immer noch in dich verliebt, Hermine – er hat die Idee, dass ihr doch noch eines Tages zusammenkommen könntet, nie aufgegeben."
„WAS?", rief Hermine. "Warum hat mir das keiner gesagt?"
„Wir dachten, du weißt davon!", sagte Claire. „Ron erzählt wirklich jedem, der unvorsichtig ist, sich in seiner Nähe aufzuhalten, wenn er einen über den Durst getrunken hat, dass du die Liebe seines Lebens bist."
„Red' nicht so über meinen Bruder", mischte Ginny sich zornig ein.
„Ich glaub' dir gern, dass du dafür Verständnis hast, Ginny", entgegnete Claire, „du hast ja selbst genügend Erfahrungen mit solchen Dingen", fügte sie mit einem deutlichen Blick auf Harry hinzu.
Ginny zog es vor hierauf nichts zu erwidern.
„Ich glaub' das einfach nicht...", stöhnte Hermine.
„Weißt du – es war wirklich kein Geheimnis", sagte Luna Loovegood verträumt, „jeder konnte die Schwingungen spüren..."
„Manchmal sieht man einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht", sagte Gina beschwichtigend.
„Sieh es einfach als Chance!", sagte Snape.
„Was für eine Chance?", fragte Hermine verwirrt.
„Deine Optionen neu zu überdenken!", sagte Snape emotionslos.
„Ach – halt doch die Klappe, Severus!", fauchte Hermine wütend.
Alle, die Snape kannten, starrten sprachlos und erschrocken zu ihr herüber - Neville Longbottom schnappte entsetzt nach Luft.
Snape sah Hermine nur schweigend an, aber sein Gesichtsausdruck signalisierte deutlich Gefahr.
Hermine warf einen halbamüsierten Blick in die Runde. „Er wird mich nicht umbringen", sagte sie, „...zumindest nicht gleich", fügte sie hinzu, nachdem sie sich wieder Snape zugewandt hatte.
„Du bist so mutig, Hermine!", hauchte Neville atemlos.
„Habe ich eigentlich in letzter Zeit wieder mal ein Gastspiel in ihren Albträumen gegeben, Longbottom?", fragte Snape, ohne die Augen von Hermine abzuwenden.
„N...nein, Professor Snape", flüsterte Neville.
„Wenn sie wollen, dass das so bleibt...", sagte Snape kalt, und warf einen kurzen schau-weg-sonst-bist-du-tot-Blick über den Tisch, der auch prompt wirkte, „sollten sie sich etwas mehr zurückhalten."
Er bohrte seine schwarzen Augen wieder in Hermines bernsteinfarbene.
„Ich soll also die Klappe halten, ja?", sagte er in seinem gefährlichsten Samt-Ton.
„Es tut mir leid - du weißt genau, dass das nicht wörtlich gemeint war", sagte Hermine beschwichtigend. „Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich deinen Vorschlag, bezüglich meiner Optionen, äußerst unpassend und überflüssig fand."
„Wow, Hermine – du kannst ja genauso geschraubt daherreden wie er", rief Tonks, „ihr passt wirklich gut zusammen!"
„Da hörst du's!", sagte Hermine leise mit dem Ansatz eines Lächelns.
„Schön...", sagte Snape, nachdem er sie noch eine Weile schweigend und abschätzend gemustert hatte, „...wenn du dir absolut sicher bist, das Weasley keine Alternative darstellt, dann solltest du ihm das auch möglichst bald und möglichst deutlich mitteilen - denn wenn er mir weiter auf die Nerven geht, könnte es böse für ihn enden."
„Das werde ich tun!", sagte Hermine mit Nachdruck.
Rosie erschien nach einer Weile wieder am Tisch, mit verheulten Augen, aber einigermaßen gefasst. Sie nahm neben Ginny Platz, die leise und beruhigend auf sie einredete.
Nachdem das Essen weitgehend beendet war, und die Gäste begannen, sich wieder im ganzen Haus zu verteilen, ging Hermine zu Rons Freundin hinüber, und setzte sich neben sie.
„Rosie – es tut mir sehr leid, was da vorhin passiert ist!", begann sie zögernd.
Rosie sah sie nur anklagend an.
„Ich möchte, dass du weißt, dass ich nie etwas mit Ron hatte", fuhr Hermine fort, „und auch nicht beabsichtige, jemals etwas mit ihm zu haben, außer einer ganz normalen, kameradschaftlichen Freundschaft."
„Dein ..., Professor Snape hat da vorhin aber etwas anderes angedeutet", sagte Rosie zittrig.
„Er hat lediglich angedeutet, dass Ron gegen Ende unserer Schulzeit die Sache etwas anders gesehen hat", sagte Hermine, „und das war auch tatsächlich so, aber ich versichere dir, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich habe Ron das damals auch offen und ehrlich gesagt - aber wie ich gerade erst erfahren habe, scheinbar nicht deutlich genug."
„Er ist völlig von der Rolle, weil du mit diesem... Scheusal zusammen bist", wisperte Rosie.
„Severus ist kein Scheusal, und es geht Ron einen feuchten...", flüsterte Hermine erbost, besann sich jedoch eines Besseren, als sie Rosies verzweifeltes Gesicht sah. „Ich werde mit ihm reden – okay? Und ich werde ihm noch mal eindringlich klar machen, das ich für Hirngespinste seinerseits, absolut nicht zur Verfügung stehe."
„Okay...", sagte Rosie zaghaft und wie es schien, halbwegs beruhigt.
„Dann wird' ich mal losziehen, und ihn suchen", sagte Hermine und stand auf.
„Hermine...?", hielt Rosie sie zurück. „Darf ich dich noch was fragen...?"
„Ja – klar!", sagte Hermine überrascht.
„Was findest du nur an diesem grausamen, zynischen Mann...?", sagte Rosie leise, mit Blick auf Snape, der gerade zusammen mit Tonks und Lupin das Zimmer verließ.
„Er ist nicht nur das, was du siehst", sagte Hermine kühl, „aber den Rest würden die meisten auch dann nicht sehen, wenn sie direkt davor stehen – oder besser gesagt – nicht sehen wollen", fügte sie hinzu, bevor sie sich umdrehte und ging.
Sie fand Ron schließlich auf der hinteren Terrasse, aber er war nicht allein, wie sie gehofft hatte. Um ihn herum standen, Harry, Ginny, Luna und Neville – die ganze alte Hogwarts-Crew.
Als Hermine hinzutrat verstummte das Gespräch, und ihr wurde schmerzlich bewusst, dass sie scheinbar zur Außenseiterin geworden war.
„Sie mal einer an – hast du dich mal kurz von deinem Stecher losreißen können, Hermine?", fragte Ron anklagend.
„Hör' auf solchen Mist zu quatschen, Ron!", sagte Hermine scharf.
„Schau Hermine – es ist nicht so ganz leicht für uns, dich zu verstehen", sagte Harry versöhnlich, „keiner von uns hat auch nur einen blassen Schimmer, wie es möglich ist, das du ausgerechnet unserem alten Erzfeind verfallen bist."
„Es ist ja nicht nur, weil er so viel älter ist als du", sagte Ginny, „sondern eher weil er..., na ja,...er ist eben... Snape..."
„Ein sadistischer Widerling!", schnaubte Ron.
„Unheimlich...", ergänzte Luna.
„Furchteinflössend...", sagte Neville nervös.
„Wir machen uns einfach Sorgen um dich", sagte Harry aufrichtig, „die einen nur ein bisschen, andere wiederum zu viel...", fügte er mit Blick auf Ron hinzu.
„Der ist doch bestimmt pervers!", knurrte Ron, der mittlerweile scheinbar versucht hatte, seinen Kummer mit Alkohol zu kompensieren. „Ich wage es kaum, mir vorzustellen, was das Schwein mit dir macht – ich meine im..., ...du-weißt-schon-wo..."
„Erstens, kannst du dir das wahrscheinlich tatsächlich nicht vorstellen", sagte Hermine mit zornbebender Stimme, „zweitens, sollst du dir das, verdammt noch mal, auch gar nicht vorstellen, weil es dich nämlich absolut überhaupt nichts angeht! Und drittens - falls es dich wirklich interessiert – das, was du-weißt-schon-wo stattfindet, und mitunter übrigens auch an anderen Orten, ist so phantastisch, dass ich nie mehr irgendetwas anderes will."
Die anderen starrten sie sprachlos an, nur auf Harrys Gesicht erschien ein verständnisvolles Grinsen.
„Ich glaube, Ron hat nur befürchtet, das Snape, nachdem er ja als Lehrer deutlich sadistische Anwandlungen zeigte, auch in diesem du-weißt-schon-Bereich eventuell einen..., na ja...", sagte Harry lächelnd, „nennen wir es mal ...einen Hang zur Dominanz haben könnte."
„Und wenn es so wäre...?", fragte Hermine herausfordernd.
„Also doch!", sagte Ron grimmig.
„Wirke ich auf dich in irgendeiner Weise devot oder gar erniedrigt – verhalte ich mich auch nur ansatzweise unterwürfig, du Narr?", herrschte Hermine ihn an.
„Nein..., das nun nicht gerade...", stammelte Ron verdattert.
„Was zum Teufel lässt dich dann daran zweifeln, dass ich, selbst wenn da ein Hang zur Dominanz wäre, nicht damit fertig werden könnte?", fragte Hermine rebellisch.
„Äh...", sagte Ron.
„Und außerdem - wer sagt dir, dass ich das nicht vielleicht ganz interessant finden würde?", bohrte Hermine weiter.
„Ich kann mir das bei dir einfach nicht vorstellen", sagte Ron beleidigt.
„Vielleicht mangelt es dir einfach an Phantasie", sagte Hermine schnippisch.
„Und sonst...?", fragte Ginny ungeduldig. „Außer du-weißt-schon-was-und-wo-auch-immer – was ist es sonst noch, das dich ausgerechnet zu Snape hinzieht?"
„Wie erkläre ich das am besten...", sagte Hermine und sah unschlüssig in die gespannten Gesichter ihrer Freunde. „Zuerst habe ich, nach meiner Rückkehr nach Hogwarts, wie früher, eher Angst vor ihm gehabt, und vor seinen bissigen Bemerkungen. Dann habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass ich mich gerne in seiner Nähe aufhalte. Es ist einfach nie langweilig, mit Severus. Er hat dem, was ich sage, immer etwas entgegen zu setzten. Selbst wenn wir miteinander streiten - und das haben wir wirklich oft getan, seit ich wieder in Hogwarts bin – lässt er sich immer auf mich ein. Er ist nie gleichgültig. Es war sehr schwierig, näher an ihn heranzukommen, und es hat verdammt lange gedauert - aber als es mir gelungen war, habe ich mehr vorgefunden, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Kurz gesagt – Severus fordert mich – sowohl intellektuell, als auch emotional."
Hermine machte eine Pause, aber niemand sagte etwas zu ihrem leidenschaftlichen Plädoyer.
„Ich liebe ihn nun mal", fuhr sie fort, „und ich erwarte nicht, dass ihr das versteht, oder dass ihr euch darüber freut – aber ich erwarte, dass ihr es akzeptiert."
„Aber klar, Hermine, das tun wir doch", sagte Harry beschwichtigend.
Die anderen nickten zustimmend - mit Ausnahme von Ron, der immer noch einen äußerst verbiesterten Gesichtsausdruck zur Schau stellte.
„Ron...", sagte Hermine, und trat auf ihn zu", ...was immer du auch in mir gesehen hast – es war nur eine Illusion." Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und sah ihn erst an. „Ich bin deine Freundin – und das wird auch immer so bleiben – aber mehr nicht!", sagte sie leise.
Ron entgegnete nichts, brachte aber so etwas wie ein Nicken zustande.
Sie standen eine Weile schweigend beieinander, als Lupin um die Ecke geschlendert kam.
„Hey – was tut ihr denn alle hier draußen?", sagte er überrascht.
Als er Rons Miene sah, warf er ihm einen verständnisvollen Blick zu.
„Ist manchmal schwer zu verstehen, was in so einer Frau vorgeht", sagte er lächelnd. „Ich verstehe auch nicht, was Hermine mit Severus will – und ich bin viel älter als du – ich sehe aber, dass es ihr ernst damit ist, und dass es auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint."
„Ja...", seufzte Ron. „Schon klar..."
„Ach übrigens – dein unfreundlicher Freund war gerade gemein zu mir", sagte Lupin stirnrunzelnd zu Hermine. „Er bekommt im Moment eine Führung durchs Haus, von der Hausherrin persönlich. Als ich mich anschließen wollte, hat er gesagt, ich solle mich trollen, und den Mond anheulen."
Hermine sah beunruhigt, und Harry ziemlich verärgert aus.
„Vielleicht interessiert sich die Fledermaus ja auch für Claires Innenleben", sagte Ron boshaft.
„Dazu wird er kaum Gelegenheit haben", sagte Lupin grinsend, „ich habe den beiden Tonks auf den Hals gehetzt, und die lässt sich nicht so leicht abwimmeln, von Severus."
„Gute Idee!", sagte Harry erleichtert.
Hermine allerdings war insgeheim nicht so ganz seiner Meinung.
Der Gedanke, dass Severus allein mit den beiden Frauen im Haus unterwegs war, auf die sie eifersüchtig war, behagte ihr ganz und gar nicht.
Tonks würde zwar kaum versuchen, ihre Affäre mit ihm fortzusetzen – nun, wo sie wusste, dass er mit Hermine zusammen war – andererseits war sie aber auch äußerst impulsiv.
Und Claire, die Severus, wie er selber zugab, ziemlich umwerfend fand, war mit Sicherheit nicht gerade die Zurückhaltendste, und eigentlich traute ihr Hermine so gut wie alles zu.
Das einzig Beruhigende war tatsächlich, dass die beiden Frauen sich im Notfall gegenseitig ausbremsen würden.
Als Lupin und seine ehemaligen Schüler gesammelt wieder in die Hütte gingen, sahen sie Tonks mit einigen Quidditch-Spielern an der Bar stehen.
Sie rührte emsig in einem großen Martiniglas, in dem unzählige Oliven schwammen.
„Ich liebe diese Dinger!" rief sie glücklich.
„Hey, Tonks – ich dachte du schaust mit Claire und Severus das Haus an?", fragte Lupin irritiert.
„Das wollt' ich auch, aber Claire hat gesagt, ich soll lieber hier bleiben und was trinken – meine Haarfarbe würde sich mit der Farbe ihrer Möbel beißen", sagte Tonks naserümpfend, „manchmal ganz schön krass - deine Verlobte, Harry!"
„Ja – das ist sie!", sagte Harry leise, der nun wieder ziemlich ärgerlich drein sah.
„Komm mit!", sagte er, und nahm Hermine an der Hand. „Ich zeige dir das Haus."
„Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist", sagte Hermine, während er sie die Treppe hochzog.
„Oh – das glaube ich aber schon", sagte Harry grimmig und stapfte immer weiter nach oben.
„Harry!", rief Hermine, und stemmte sich dagegen.
Endlich blieb er stehen.
„Was zum Teufel denkst du denn, dass sie tun", fragte sie gereizt.
„Ich denke – nein, ich hoffe – dass ich mich umsonst aufrege", sagte Harry, „aber wenn dem nicht so ist, mach ich ihn platt – das schwöre ich dir."
„Wieso bist du denn so sicher, dass wenn da was wäre, es von Severus ausgehen würde, und nicht von deiner Claire?", fragte Hermine spitz.
„Weil sie das nicht tun würde!", fauchte Harry. „Und wenn doch – wozu ist der Kerl denn Professor für Verteidigung."
„Das Fach heißt Verteidigung gegen die dunklen Künste", zischte Hermine, „und nicht ...gegen die Verführungsküste tiefdekolletierter Damen!"
„Soll das etwa heißen, du unterstellst Claire, dass sie den alten Fiesling verführen will?", bellte Harry.
„Immerhin schmeißt sie sich ihm jedes mal, wenn sie ihn trifft, ziemlich vehement um den Hals", sagte Hermine gehässig.
„Und er flirtet völlig ungeniert mit ihr - sogar, wenn du direkt daneben stehst", sagte Harry boshaft, „wie war doch gleich der Spruch zur Begrüßung – sie werden immer schöner – pah! Mit Tonks macht er's übrigens genauso, falls du's noch nicht gemerkt hast."
Hermine setzte sich seufzend auf eine Treppenstufe und ließ den Kopf hängen.
Harry setzte sich neben sie, und legte ihr den Arm um die Schulter.
„Tut mir wirklich leid, Hermine, ich hab's nicht so gemeint", sagte er verlegen.
„Du hast ja recht", sagte Hermine resigniert. „Severus bewundert Claire – er sagt, sie hat Stil. Und mit Tonks ist er schon längere Zeit ...befreundet."
„Na ja – du hast auch recht...", sagte Harry zögernd, „Claire findet, das dein Severus ein äußerst interessanter Mann ist – das betont sie nach meinem Geschmack viel zu sehr."
Hermine ließ den Kopf auf seine Schulter sinken.
Einen Moment lang blieben sie einfach schweigend so sitzen.
Sie erschraken beide fürchterlich, als plötzlich von oben, aus nächster Nähe eine sonore Stimme erklang.
„War das schon alles?", fragte Snape amüsiert, der lässig über das Geländer im zweiten Obergeschoss gelehnt, grinsend zu ihnen heruntersah.
„Bravo, Harry!", sagte Claire spöttisch, die neben ihm lehnte. „Hey - macht doch noch ein bisschen weiter – es war wirklich sehr unterhaltsam!"
„Wie lange steht ihr da schon?", fragte Hermine schrill.
„Lange genug!", sagte Snape kühl. „Ach, Potter - vielleicht solltest du raufkommen und deine Verlobte nach Fingerabdrücken absuchen – damit du weißt, ob du mich platt machen musst."
„Das ist nicht witzig, Severus!", fauchte Hermine hinauf.
„Hinterlässt sich-an-den-Hals-Schmeißen eigentlich auch Spuren?", fragte Claire nachdenklich.
„Nicht bei alten Fieslingen!", antwortete Snape.
„Da hab' ich aber noch mal Glück gehabt!", sagte Claire affektiert.
„Claire...!", sagte Harry zähneknirschend.
Die beiden kamen nun langsam die Treppe zum ersten Stock herunter.
„Du findest also wirklich, ich habe Stil, Severus?", fragte Claire aufreizend.
„Oh ja - ich bewundere deinen Stil - vor allem in Kleidungsfragen", sagte Snape.
„Das finde ich wirklich sehr interessant", flötete Claire.
In der ersten Etage angekommen trafen sie auf Harry und Hermine, die inzwischen die paar Stufen hinaufgestiegen waren.
Hermine, die mit Unbehagen vernommen hatte, dass die beiden mittlerweile schon zum Du übergegangen waren, hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und sah ihnen reichlich wütend entgegen und Harry stand ihr darin in nichts nach.
„So, Potter...", sagte Snape, und baute sich drohend vor ihnen auf, „da hast du deine Braut wieder – völlig unversehrt, ohne Fingerabdrücke, und nur mäßig angeflirtet. Könnt ihr mir jetzt vielleicht mal erklären, was das Affentheater soll?"
Hermine fühlte sich wieder einmal schlagartig in ihre Schulzeit zurückversetzt, und Harry ging es nicht anders, wie sie nach einem kurzen Seitenblick feststellen konnte.
Es war wie früher, wenn Snape sie bei irgendetwas Verbotenem - wie zum Beispiel nachts auf dem Korridor herumstreichen - erwischt hatte.
Claire stand mit schräg gelegtem Kopf ein kleines Stück daneben und beobachtete die Szene belustigt.
„Ich würde sagen, es zeugt nicht gerade von guten Manieren, jemanden zu belauschen", sagte Hermine und sah Snape herausfordernd an.
„Ihr beide habt so laut euren Schwachsinn abgelassen, dass sich das gar nicht vermeiden ließ", sagte Snape herablassend.
„Außerdem ging es ja schließlich um uns beide – das gab uns ja wohl irgendwie das Recht, zuzuhören, oder?", fügte Claire ziemlich pampig hinzu.
„Ihr habt sowohl Remus als auch Tonks abgewimmelt, als sie sich euch anschließen wollten – das ist doch wohl relativ verdächtig", sagte Harry mit einem zornigen Blick auf Snape.
„Und auch nicht ausgesprochen gastfreundlich!", fügte Hermine giftig an Claire gewandt hinzu.
„Lupin nervt!", sagte Snape barsch.
„Tonks nervt!", sagte Claire gleichzeitig.
„Da scheint ihr euch ja ziemlich einig zu sein", sagte Hermine gehässig.
„Wo ist das Problem, Hermine?", fragte Snape.
„Das Problem ist, das du dich alleine mit Claire verdrückst und...", fauchte Hermine.
„Und was?", sagte Snape grob.
„Und..., und... warum duzt ihr euch eigentlich?", zischte Hermine.
„Warum nicht?", sagte Snape. „Spricht irgendetwas dagegen? Hätten wir dich vorher um Erlaubnis bitten sollen – oder ihn?" Er blickte zu Harry der ihn ansah, als wolle er ihm jeden Moment an die Gurgel gehen.
„Ich warne dich, Snape!", knurrte er.
„Tatsächlich?", sagte Snape emotionslos. „Wovor?"
„Es reicht jetzt!", sagte Claire mit unerwarteter Schärfe, bevor Harry auch nur den Mund aufmachen konnte, um etwas zu erwidern.
„Es mag sein, dass es nicht ganz die feine Art war, uns von den anderen abzusondern", fuhr sie fort, „und dass wir Remus und Tonks abgewimmelt haben, war sicherlich auch nicht besonders nett – aber wir haben uns, während wir hier heraufgegangen sind, lediglich in Ruhe unterhalten, und sonst nichts! Das mit dem Du war mein Vorschlag, und ich versichere dir, Hermine, dass keine unlauteren Absichten dahinterstecken."
„Na ja, ganz so war's ja auch nicht gemeint", sagte Hermine unbehaglich.
„Dann ist es ja gut!", meinte Claire. „Aber das, was ihr beide da auf der Treppe von euch gegeben habt, war ganz schön heftig. Nicht die Spur von Vertrauen vorhanden, so wie's aussieht!"
„Dein Ausschnitt ist nicht gerade vertrauenerweckend!", konterte Hermine bissig.
„Hermine...", sagte Harry beschwichtigend, „jetzt gehst du wirklich zu weit."
„Wenn ich deine Hilfe brauche, Harry, dann sage ich bescheid!", zischte Claire.
„Vielleicht solltest du ihn mal bei der Wahl deiner Klamotten um Hilfe bitten!", sagte Hermine süßlich.
„Vielleicht solltest du MICH mal bei der Wahl DEINER Klamotten um Hilfe bitten", sagte Claire schneidend, „dann bräuchtest du eventuell auch nicht solch große Befürchtungen haben, wenn sich dein Freund mal ein paar Meter von dir weg bewegt."
„Die habe ich auch in der Regel nicht", erwiderte Hermine, „nur wenn sich eine wie du an ihn ranschmeißt."
„Hey – jetzt kriegt euch mal wieder ein", versuchte Harry die beiden einzubremsen, „es gibt doch eigentlich gar keinen Grund, dass ihr so aufeinander losgeht."
„Du hast es kapiert - bemerkenswert!", sagte Snape ironisch.
Die beiden Frauen starrten sich immer noch kampflustig an währenddessen sie Harrys Einwand völlig zu ignorieren schienen.
„Was soll das denn heißen – eine wie ich?", sagte Claire mit gefährlich funkelnden Augen.
„Eine, der es egal ist ob ein Mann, nach dem sie ihre Fänge auswirft, frei ist oder nicht", sagte Hermine provozierend.
„Du hast sie wohl nicht mehr alle!", sagte Claire drohend.
Snape seufzte resigniert und schob sich mit einem äußerst angenervten Blick an Harry und Hermine vorbei, um die Treppe zum Erdgeschoss hinunterzugehen.
„Severus – du kannst doch jetzt nicht einfach gehen!", rief Hermine ihm aufgebracht hinterher.
„Doch, das kann ich!", sagte er, und ging weiter ohne sich umzudrehen.
„Aber ...", schnappte Hermine.
„Das ist mir einfach zu blöd!", sagte Snape, und war gleich darauf aus ihrem Blickfeld verschwunden.
