*Und die Dankesrede richtet sich diesmal an HONEY und TASSAYA! Mit Freuden vernahmen wir Eure Lobesworte und die Röte schoss uns ins Gesicht – hach, wie geschwollen ;o)  Im Ernst, tausend Dank an Euch beide. Eigentlich wollten wir heute auch mal gleich zwei neue Kapitel hochladen, aber das letzte muss noch mal überarbeitet werden. Sorry. Wir hoffen, dass Ihr uns das verzeihen könnt ;o)*

6.Kapitel

Es war ein schmerzhaftes Hämmern in seinem Schädel, das Pippin aus seiner Ohnmacht erwachen ließ. Ganz langsam öffnete er die Augen in der Erwartung von grellem Licht geblendete zu werden, doch dem war nicht so. Dunkelheit umgab ihn, eine Dunkelheit in der kaum etwas zu erkennen war. Vielleicht war er ja tot. Der Kerl hatte ihn erwürgt und nun befand er sich im Nichts. Pippin schüttelte über sich selbst den Kopf. Er konnte nicht tot sein. Dieses Nichts war eindeutig zu schmerzhaft um ein Nichts zu sein und es rumpelte zu laut. Er hatte es vorher gar nicht bemerkt, aber die Finsternis, in der er sich befand, bewegte sich tatsächlich vorwärts. Er wurde verschleppt! Pippin wollte sich entsetzt aufrichten, doch er musste erneut eine böse Überraschung erleben: Seine Hände waren ihm auf den Rücken gefesselt worden und auch seine Beine schienen zusammengebunden zu sein. Übelkeit drängte in ihm hoch. Es war wirklich erschreckend seinem Schicksal so ausgeliefert zu sein und er konnte sich nicht erklären, was das alles sollte. Was brachte es den Südländern wohl einen Hobbit zu entführen? Das war doch blanker Irrsinn! Aber wer wusste schon – vielleicht war er nur als ein kleiner Imbiss auf dem langen Weg nach Hause gedacht. Er stieß eine kleinen Seufzer aus und erschrak aufs Heftigste, als er eine Bewegung ganz in seiner Nähe wahrnahm.

  „Bist du endlich aufgewacht?" vernahm er eine sanfte Männerstimme, die ihm eigenartigerweise ziemlich bekannt vorkam. „Ich dachte schon, du verweilst im Reich der Träume, bis wir am Ziel unserer Reise angekommen sind."

  „Le... Legolas?" hauchte Pippin ungläubig und Erleichterung durchströmte ihn mit solcher Macht, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Glücklicherweise war es dunkel genug, dass der Elb es nicht sehen konnte – so hoffte er zumindest. „Ich... ich dachte schon du seiest tot", setzte er hinzu.

  „Das waren nur Betäubungspfeile", ertönte Legolas Stimme aus der Dunkelheit. „Ich muss zugeben, dass ich nicht allzu lange vor dir wach wurde."

  Pippin nahm erneut eine Bewegung war und nur wenig später rutschte der Elb auf den Knien zu ihm hinüber. Ihr fahrendes Gefängnis war wohl nicht groß genug, als dass er sich vollends hätte aufrichten können. Doch es wunderte Pippin schon genug, dass Legolas keine Fesseln mehr besaß und sich sogleich daran machte, ihn ebenfalls von den rauen Stricken zu erlösen. Er musste sich mit irgendeinem Trick selbst befreit haben.

  „Ich verstehe das alles nicht", sagte Pippin leise, als er sich aufgerichtet hatte und die schmerzenden Handgelenke rieb um die Blutzirkulation wieder anzuregen. „Warum nehmen die uns mit, anstatt uns zu töten?"

  „Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt", erwiderte Legolas und tastete mit seinen Händen die Decke ab. „Und ich habe leider noch keine Antwort darauf finden können."

  „Dann streng dich mal an!" gab Pippin zurück und konnte trotz der Dunkelheit erkennen, dass der Elb schmunzelte.

  „Auf jeden Fall glaube ich jetzt zu wissen, womit wir transportiert werden", sagte er nach einer Weile des Schweigens zwischen ihnen, in denen er weiter die Wände ihres Gefährts erkundet hatte.

  „Ja", brummte Pippin wenig erfreut, „ für mich sieht das aus wie 'ne Leichenkiste." Er wartete darauf, dass Legolas anfing zu lachen oder etwas Gegenteiliges erwiderte, aber der Elb sah ihn nur mit hochgezogenen Brauen an.

  „Nein!" stieß Pippin entsetzt hervor. „Das ist nicht dein Ernst!" Er starrte seinen Freund auffordernd an. Der Elb musste jetzt sagen, dass das nicht wahr war, doch wieder kam nichts von seiner Seite. „Ein... Leichenwagen?!!" keuchte Pippin fassungslos und sah sich angewidert um.

  „Das ist die ungefährlichste Art, um etwas zu transportieren, das nicht gesehen werden soll", erklärte Legolas. „Die Wagen sind mit Brettern vernagelt, um einer Seuchengefahr aus dem Weg zu gehen und niemand wird gerne hier nachsehen, ob etwas geschmuggelt wird."

  „Aber hier riecht es nicht nach... nach... du weißt schon."

  „Vielleicht ist der Wagen ganz neu", schlug der Elb vor, „oder man hat ihn nie wirklich zum Transport von Toten verwendet."

  „Oder er ist nur gut ausgewaschen worden", setzte Pippin mit einem Schaudern hinzu und sah sich angewidert um. Als er sich wieder umwandte, musste er feststellen, dass sich der Elb wieder daran gemacht hatte ihr Gefängnis weiter zu erkunden und erneut halbwegs von der Dunkelheit verschluckt wurde. Er schluckte schwer. Es war vielleicht albern, aber irgendwie fühlte er sich wohler, wenn er seinen Freund sehen konnte. Pippin tastete sich langsam voran und plötzlich schloss sich seine Hand um irgendetwas Längliches, Hartes mit abgerundeten Ecken und er hoffte inständig, dass es kein menschlicher Knochen war. Bei diesem Gedanken warf er den Gegenstand entsetzt von sich.

  „Aua", bemerkte Legolas aus der Dunkelheit trocken.

  „Was war das?" stieß Pippin angeekelt hervor.

  „Das fragst du jetzt?" gab der Elb amüsiert zurück. „Das hätte auch ein Dolch sein können."

  „Ups", Pippin für sich mit der Hand vor den Mund. „War's aber nicht, oder?" Der Elb antwortete nicht. „Oder?" fragte  Pippin. Keine Reaktion. „Legolas?" Im nächsten Moment flog er durch die Gegend und krachte unsanft gegen das Holz.

  „Verfluchte Steine!" knurrte der Elb. „Alles in Ordnung mit dir?"

  Der Hobbit stieß einige Flüche aus, woraus Legolas schloss, dass es ihm gut ging. „Meine Güte, was glaubst du, wie lange wir noch hier drinnen hocken müssen?" fragte Pippin entnervt.

  „Das ist schwer vorherzusagen", erwiderte Legolas. „Aber ich denke, spätestens wenn wir in die südlichen Gebirge kommen, müssen sie sich etwas anderes einfallen lassen."

  „Du... du meinst, sie verschleppen uns in den Süden?" brachte Pippin entgeistert hervor. Sprachlose Stille folgte seinen Worten.

  „Nein", kam es einen Augenblick später von Legolas, „ sie drehen nur einmal kurz eine Runde um die Stadtmauern von Minas Tirith und setzten uns dann wieder im Festsaal ab."

  Pippin blinzelte ein paar Mal irritiert und konnte nur mit knapper Mühe ein verblüfftes „Wirklich?" unterdrücken. Sein Mundwerk war meist schneller als seine Gedanken und es war schwer es im Zaum zu halten. Stattdessen sagte er: „Ich dachte, sie lassen uns vielleicht früher wieder gehen."

  Er sah eine Bewegung in der Dunkelheit, die wie ein Kopfschütteln aussah. „Das wäre dumm. Sollten sie tatsächlich vorhaben, uns freizulassen, werden sie das gewiss nicht in Gondor tun."

  „Was meinst du mit ‚sollten sie es vorhaben'?" fragte Pippin mit Unbehagen. „Sie brauchen uns doch nur, um sicher aus Gondor herauszukommen, oder? Wofür sollten sie uns sonst brauchen?"

  „Ich frage mich, ob sie es nicht viel leichter gehabt hätten, wenn sie uns nicht mitgenommen hätten", erwiderte Legolas nachdenklich. „Wahrscheinlich hätte sie niemand weiter verfolgt und sie wären viel schneller gewesen. Außerdem verstehe ich nicht, warum sie ausgerechnet uns mitgenommen haben. Wir sind erfahrene Kämpfer und könnten ihnen erhebliche Schwierigkeiten machen."

  Pippin richtete sich voller Stolz auf, weil Legolas ihn als Kämpfer bezeichnet hatte, mit dem Erfolg, dass er mit dem Kopf gegen die Decke stieß. Ein besonders intelligenter Krieger schien er ja nicht zu sein; aber Krieger hin Krieger her, er brauchte nur solange tapfer zu sein, bis man ihre Dienste nicht mehr benötigte – obwohl das wohl nach der Aussage seines Freundes nicht so bald sein würde.

  „Ich weiß nicht", überlegte der Elb immer noch, „ irgendetwas ist uns bei dieser Sache entgangen."

  „Vielleicht erhoffen sie sich ja durch uns noch einmal an Aragorn heranzukommen", half Pippin ihm.

  „Dann müssten sie wissen, dass wir sehr enge Freunde von ihm sind", erwiderte der Elb, „aber das bezweifle ich. Wir sind viel zu selten im Schloss von Minas Tirith, als daß Außenstehende wissen könnten, wie die Freunde des Königs genau aussehen."

  „Und wenn andere uns beschrieben haben..."

  „Ihr ursprünglicher Plan war Aragorn zu töten oder zu entführen – warum sollte ihr Ersatzplan auf einen Elben und einen Hobbit zurückgreifen? Das macht einfach keinen Sinn."

  Pippin runzelte verwirrt die Stirn. „Sie wollten Aragorn entführen?"

  „Vielleicht", lenkte Legolas ein. „Für einen Anschlag waren eindeutig zu viele Krieger beteiligt. Ich glaube, sie sollten nur genug Verwirrung stiften, um den König möglichst schnell und unauffällig verschwinden zu lasse – und zwar in diesem Wagen hier. Sie waren eindeutig auf eine Entführung vorbereitet und wir waren bestimmt nicht das Ziel."

  „Aber wir sind auch keine Geiseln, die man normalerweise schnell wieder laufen lässt," versuchte Pippin angestrengt dem Elben zu folgen.

  „Nein", gab Legolas ruhig zurück. „Irgendetwas ist hier schief gelaufen und ich bin mir nicht sicher, ob das unseren Entführern bewusst ist."

  „Aber was werden sie mit uns machen, wenn ihnen - " begann Pippin, wurde aber von einem lauten Knacken unter ihnen unterbrochen. Im nächsten Augenblick ging ein heftiger Ruck durch den Wagen, der sie beide in eine Ecke schleuderte, sodass Pippin unsanft auf Legolas landete. Aufgeregte Stimmern drangen durch das Holz des Wagens und näherten sich ihrem dunklen Gefängnis, das nun in eine ziemliche Schräglage geraten war.

  „Ein Radbruch?" flüsterte Pippin und rutschte vorsichtig von Legolas herunter.

  „Ich vermute sogar einen Achsenbruch", gab der Elb ebenso leise zurück und lauschte angespannt. Pippin tat es ihm nach, doch die Männer draußen unterhielten sich in einer ihm fremden Sprache, so dass er keine wirklichen Erkenntnisse aus dem ziehen konnte, was sie sagten. Aber immerhin fiel ihm auf, dass es nur zwei waren. Zu seinem Erstaunen nickte der Elb jedoch.  „Ich hatte recht. Sie werden uns jeden Moment hier herausholen."

  „Du verstehst ihre Sprache?" fragte Pippin beeindruckt.

  „Ein wenig", gab Legolas zu und sah angespannt auf eine der Wände, in der er wohl so etwas wie eine Tür vermuten musste. „Man hat mir fast alle uns bekannten Sprachen beigebracht, als ich noch sehr jung war. – Hör zu, wenn sie die Tür öffnen, verhalte dich ruhig und tu, was sie dir sagen. Wir sollten uns diese Leute und die Umgebung erst einmal ansehen, bevor wir einen Fluchtversuch wagen."

  Pippin nickte hastig und fast im selben Augenblick vernahmen sie, wie die Tür entriegelt wurde und sich knarrend öffnete. Es war nicht viel Licht, das in den Wagen fiel, aber es genügte, um zwei dunkle Gestalten vor dem sternenklaren Himmel auszumachen, in deren langen Krummsäbeln sich das Mondlicht brach. Einer von ihnen sagte etwas und machte eine ungeduldige auffordernde Bewegung. Er schien damit gerechnet zu haben, dass sie sich von ihren Fesseln befreit hatten, und wartete nun nervös darauf, dass sie aus dem Wagen kletterten. Legolas nickte Pippin beruhigend zu und half ihm den doch recht steilen und rutschigen Boden des Wagens zu überwinden. Sobald er den Ausgang erreicht hatte, wurde der Hobbit grob an den Armen gepackt und herausgehoben. Einer der beiden Männer fesselte ihm sofort wieder die Hände vor dem Bauch, während der andere die Tür wieder schloss. Pippin fiel sofort auf, dass die Südländer andere Kleider trugen, als bei ihrem Angriff im Thronsaal. Sie trugen die schlichte Kleidung und die weiten Kapuzenmäntel der Waldläufer von Gondor und er fragte sich, wie sie wohl an diese gekommen waren. Irgendjemand aus Gondor musste seine dreckigen Hände mit im Spiel haben.

 Erst als Pippin ordentlich gefesselt war, durfte auch Legolas aus dem Wagen klettern. Auch ihm band man sogleich sorgsam die Hände. Einer der Südländer holte das Pferd, das vorher den Wagen gezogen hatte, und belud es mit ihrem Gepäck, während der andere die längeren Enden ihrer Fesseln zusammenknotete, so dass sie beide mit einem Seil hinter sich her führen konnten. Es dauerte nicht lange und sie setzten ihren Weg ins Nirgendwo nun zu Fuß fort.

  „Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sich unsere Lage nicht gerade verbessert hat", raunte Pippin seinem Freund zu, während er versuchte bei dem Tempo, das die Männer vorlegten, nicht zu stolpern.

  „Wenigstens sehen wir jetzt, wohin sie uns führen", gab Legolas mit einem kleinen Lächeln zurück.

  „Ach, ja?" Pippin sah sich stirnrunzelnd um. „Und wo sind wir?"

  Der Elb ließ seine scharfen Augen über das hügelige Gelände schweifen. „Ich würde sagen, wir befinden uns am südlichen Rand der Emyn Arne", flüsterte Legolas, „und bewegen uns direkt auf die Ausläufer des Schattengebirges zu."

  „Mordor!" entfuhr es Pippin entsetzt. „Sie bringen uns nach Mordor?!"

  Der Südländer, der sie hinter sich her führte, drehte sich bei diesem Ausruf ruckartig um und sah sie böse an. Pippin setzte einen besonders unschuldigen Blick auf und blinzelte ihm freundlich zu – mit Erfolg. Der Haradrim wandte sich wieder von ihnen ab und setzte seinen Weg fort.

  „Du sagtest doch, sie würden uns in den Süden bringen", wisperte Pippin Legolas zu.

  „Das glaube ich auch weiterhin", gab der Elb zurück. „Aber an ihrer Stelle würde ich auch so schnell und unauffällig wie möglich aus Gondor verschwinden – und der schnellste Weg hinaus führt zunächst nach Mordor."

  Pippin schluckte schwer. Mitten in die Heimat der Orks hineingeführt zu werden, unbewaffnet und gefesselt, war das Schlimmste, was er sich im Moment vorstellen konnte. Und dort waren nur zwei nicht besonders vertrauenserweckende Krieger, die sie beschützen konnten - wenn sie das überhaupt wollten. Pippin war sich fast sicher, dass diese beiden nicht ihr Leben riskieren würden, wenn eine Horde Orks über sie herfiel. Nun gut, es war nicht allzu wahrscheinlich, dass sie vielen Orks begegnen würden. Nach Saurons Fall hatten sich die meisten von ihnen weit ins Innere des Landes zurückgezogen und einige Truppen von Waldläufern „reinigten" ab und an die Ränder Mordors von herumstrolchenden Orkgruppen; dennoch erfüllte der Gedanke bald dieses Land betreten zu müssen Pippin mit lähmender Angst. Er verspürte nicht die geringste Lust auf ein Abenteuer dieser Art und so sehr er auch Legolas' Kriegerqualitäten vertraute, er vermisste seinen Freund Merry schmerzlicher denn je. Mit ihm an seiner Seite fühlte er sich einfach wohler,... mutiger,... vollständiger. Und er war sich sicher, dass es Merry genauso erging.

  Pippin seufzte erneut, doch dieses Mal klang es ein wenig hoffnungsvoller als zuvor. Merry. Merry würde gewiss schon nach ihm suchen, zusammen mit ihren anderen treuen Freunden. Und wenn sie Glück hatten, würden sie sie finden – bevor sie die Grenze zu Mordor erreichten. An diese Hoffnung klammerte er sich, während die dunklen Schatten der Berge, die sich gegen den Nachthimmel abzeichneten, immer näher rückten.