*Wow, EVELLON!! Als wir heute morgen einen Blick auf unsere Seite warfen, dachten wir ‚WAAAAAAAAAS??' Gestern hatte uns unser lieber Account nämlich ganz viele neue Reviews angesagt, die wir nie bekommen haben und heute, tadaaaa sind sie da! Auch an Dich also tausend Dank! ;o) Keine Angst; Legolas und Pippin tauchen wieder auf. Liest du dieses Kapitel, auch wenn ich Dir sage, dass sie erst im nächsten wieder dabei sein werden? - Und da Jenna eindeutig die Fleißigere beim Abtippen ist, werden wir wohl das nächste Kapitel auch bald hochladen können. Und bevor diese A/N länger als die eigentliche Story wird: all unseren Reviewern noch mal ein riesiges Dankeschön und viel Spaß beim Lesen.*
7.Kapitel
T'erash – Asruk war einer der schönsten Orte Haradwaiths. Ein großer, blühender Wald erstreckte sich am Fuße des riesigen zerklüfteten Berges Asruk, der so hoch in den Himmel reichte, dass seine Spitze stets von Wolken verhüllt war. Ein mächtiger Wasserfall ergoss sich aus seiner Mitte und stürzte hinab in einen ebenso mächtigen Fluss, der das Land mit seinem kristallenem Wasser speiste und die Wiesen, die sich über die unbewaldete Ebene Kirashrak erstreckten, in den schönsten Farben erblühen ließ.
Dies war ein heiliges Land, unberührt von den zerstörerischen Händen der Holzfäller und Bauern. Hier verbrachte man seine Zeit nur damit zu beten, in sich zu gehen, sein Leben zu überdenken und den Göttern zu huldigen. Die Menschen kamen und gingen, aber es gab auch einige, die für immer blieben, denn hier war die Geburtsstätte der Priesterinnen und Priester, der Heiler und Schamanen. Hier empfingen sie ihre Aufgaben, hier wurden sie ausgebildet und von Priestern und Göttern unterwiesen, um dann eines Tages selbst den Göttern dienen zu können. Nicht jeder von ihnen fühlte sich berufen, nicht jeder kam freiwillig. Doch sobald in einem Menschen eine Fähigkeit entdeckt wurde, die übersinnlicher Natur war, wurde er hierher gebracht, ob er wollte oder nicht. Und es gab einige wenige, die selbst hier, vor den Augen der Götter, versuchten ihrer Berufung zu entkommen.
Bariak stieß einen tiefen Seufzer aus, als er hinab in das blühende Tal sah, das vor ihm lag. Es erfüllte ihn jedes Mal mit großer Trauer, wenn er nach T'erash – Asruk kam, um seine Tochter zu besuchen; nicht weil er sie nicht gerne wiedersah – ganz im Gegenteil, er liebte seine Tochter abgöttisch und es fiel ihm schwer, sie nicht jeden Tag zu besuchen – sondern weil es ihm das Herz zerriss, sie jedes Mal wieder zurücklassen zu müssen. Er wusste genau, dass sie sich hier nicht wohl fühlte. Sie liebte ihre Freiheit einfach zu sehr, als das sie sich leicht in die strengen Regeln und Sitten des Priestertums einfinden konnte. Und nicht nur der Verlust ihrer Freiheit machten der jungen Frau zu schaffen. Noch unerträglicher war es wohl für sie von ihrer großen Familie getrennt zu sein und hier in dieser Isolation zu leben. Aber es war nun einmal nötig gewesen. Die Götter wollten es so und Bariak war froh, dass ihm wenigstens eine seiner Töchter geblieben war.
Neben ihm ertönte ein leises Räuspern und Bariak sah sich ertappt um. Er hatte ganz vergessen, dass ihn an diesem Tage Tiraloes begleitete, der Hohepriester des Königs. Er wollte sich selber ein Bild von den Fortschritten Talizas machen.
„Nun denn... können wir?" fragte der Priester stirnrunzelnd und seine schwarzen Augen sahen ihn eindringlich an.
Bariak nickte nur und gab seinem Pferd die Zügel hin. Der schöne, schwarze Hengst sprang bereitwillig in den Galopp und preschte furchtlos den steilen Hügel hinunter. Bariak bemerkte mit einem schadenfrohen Grinsen, dass der Priester einige Probleme hatte, ihm hinterher zu kommen, vergaß ihn aber bald wieder. Die kleinen Hütten am Fuße des Berges rückten rasch näher und bald schon erkannte er die kunstvollen Eingänge, die neben dem riesigen Tempeleingang in den Berg eingelassen waren. Sie führten in kleine Kemenaten, die den Priesterschülern als Gebets- und Lernstätten dienten. Manchmal mussten die Schüler tagelang darin ausharren, ohne etwas zu essen oder zu schlafen.
Ein kalter Schauer rann über Bariaks Rücken. Ganz gleich, wie schön dieser Ort war, er mochte ihn nicht – das hatte er noch nie. Es war nicht so, dass er nicht an die Götter glaubte, aber er war ein wenig kritischer als die meisten seines Volkes. Er war, wie auch seine Kinder, ein sehr freiheitsliebender Mann und ein fanatischer Glaube beraubte die Menschen seiner Meinung nach ihrer Freiheit. Dennoch wagte er es nicht, sich gegen die Priester oder gar die Götter aufzulehnen, um seine Tochter aus ihrem Elend zu befreien. Es war nun mal ihre Bestimmung hier zu sein und bald schon würde man sie ja auch wieder nach Hause lassen.
Vor dem großen mit Ornamenten geschmückten Tempeleingang hielt Bariak sein Pferd an und glitt geschmeidig aus dem Sattel. Es dauerte nicht lange und Deliaru, der oberste Priester T'erash Asruks, ein glatzköpfiger, gebrechlicher, alter Mann, kam die Treppe hinab, um ihn zu begrüßen. Als er an ihn herantrat, hatte sich auch endlich Tiraloes bei ihm eingefunden und stieg schnaufend vom Pferd.
Bariak legte seine Hand ans Herz und verneigte sich leicht. Deliaru erwiderte seinen Gruß und nachdem sich auch die beiden Priester förmlich gegrüßt hatten, wagte es Bariak endlich zu sprechen. „Wie geht es ihr?" fragte er und konnte nicht verhindern, dass große Sorge aus seiner Stimme sprach.
Zu seiner Überraschung erschien ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen des Priesters. „Ich denke, sie hat nun begriffen, dass sie berufen ist. Sie tut alles, was man ihr sagt und sogar mehr. Sie hat sich vor drei Tagen in eine der Kemenaten zurückgezogen und betet dort seither. Nur ab und zu lässt sie sich etwas zu trinken von einer Dienerin bringen."
„Meine Tochter betet seit drei Tagen?!" wiederholte Bariak ungläubig.
Der Priester nickte immer noch selig lächelnd. „Sie ist ein Vorbild für alle anderen Schüler."
„Wo ist die Kemenate?" fragte Tiraloes aufgebracht. Anscheinend war Bariak nicht der einzige, dem diese Geschichte eigenartig vorkam.
Der Priester sah ihn irritiert an, jetzt nur noch ein halbes Lächeln halten könnend. „Dort drüben", sagte er und wies auf einen der Eingänge zu ihrer linken Seite, die über in den Berg eingelassene, schmale Steintreppen zu erreichen waren.
Bariak setzte sich fast gleichzeitig mit Tiraloes in Bewegung. Doch er war als gut trainierter Krieger schneller und geschickter als der etwas pummelige Priester in seinen wallenden, schweren Kleidern. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er vorsichtig die Tür der Kemenate öffnete und hineinspähte. Im Inneren brannten zwei Kerzen, die den kleinen Raum nur spärlich beleuchteten. Eine Gestalt, gehüllt in ein dunkles Gewand, kniete vor einem kleinen, schlichten Altar und wiegte sich ins Gebet vertieft hin und her. Ihr Murmeln war nur sehr leise zu vernehmen und sie saß mit dem Rücken zu ihm, so dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte; doch irgendetwas an dieser Person sagte Bariak, dass dies nicht seine Tochter sein konnte.
„Ist... sie da?!" keuchte Tiraloes, ihm ins Ohr, als hinter ihm am Eingang erschien.
Bariak antwortete nicht. Stattdessen trat er in die Kammer auf die am Boden kauernde Gestalt zu. „Taliza?" fragte er vorsichtig und die Gestalt erstarrte in ihrer Bewegung; doch sie wagte es nicht sich zu ihm umzudrehen.
Bariak beugte sich zu ihr hinab, streckte seine Hand vor und zog die Kapuze, die ihr Gesicht ein wenig verbarg, zur Seite. Zwei große, braune Augen sahen ihn ängstlich an und nur wenige Sekunden später fing die junge Frau leise an zu wimmern und warf sich ihm vor die Füße.
„Sie ist fort!" stieß Tiraloes entsetzt aus. Bariak nickte nur und wandte sein Gesicht schnell von ihm ab. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln und er konnte nicht verhindern, dass der Stolz ein wenig seine Brust schwellen ließ. Taliza war nun mal ein richtiges Wüstenkind, in Freiheit geboren und aufgewachsen – jemand, der seine Familie und die Natur, die ihn umgab über alles liebte. So jemanden konnte man nicht einfach einsperren. Wer war schon in der Lage den Wind der Wüste einzufangen?
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Sie war genervt – extrem genervt. Heute war einfach nicht ihr Tag. Eigentlich waren die letzten Tage auch nicht ‚ihre' gewesen, genaugenommen die ganze letzte Woche nicht.
Der Topf, mit dem sie herumhantierte, entglitt ihren Händen und fiel scheppernd zu Boden. Sie konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite springen, damit sich die heiße Soße nicht auf ihre Stiefel ergoss. Fluchend trat sie nach dem Topf, mit dem Erfolg, dass nun mehrere rote Flecken ihre Hose zierten. Ein Schwall lauter, unverständlicher Verwünschungen folgte, während sie versuchte die Sauerei zu beseitigen. Und wo blieb überhaupt der verfluchte Junge mit den Kräutern, die sie noch so dringend benötigte? Vor einer halben Ewigkeit hatte sie in losgeschickt. Vermutlich hatte er ein paar Freunde getroffen und spielte nun mit ihnen Murmeln oder Ähnliches. Andererseits benötigte sie jetzt keine weiteren Zutaten mehr, denn schließlich gab es nichts mehr, in das sie sie hätte hineintun können. Gut, blieb die Küche heute eben kalt. Brot war schließlich auch gesund.
Mit einem Seufzer weichte sie ihre Hose in einem mit Seifenwasser gefüllten Eimer ein und griff nach einer neuen. Sie hatte gerade den Bund zugeschnürt, als es an der Tür pochte. Eigentlich hämmerte es eher. Automatisch griff ihre Hand nach einem kurzen Schwert, das an der Wand lehnte. Vermutlich war es nur Dixo, dem doch noch eingefallen war, wo er wohnte, aber Vorsicht war besser als Nachsicht und irgendetwas sagte ihr, dass es nicht der Junge war.
„Merry, das ist unhöf - " hörte sie eine laute Stimme und im nächsten Moment stürmte ein Kind zur Tür herein, das sich auf den zweiten Blick als Halbling entpuppte.
„Wo bringen sie Pippin hin??" fragte er laut, wurde jedoch sofort wieder ein Stück zurückgezogen. Der große, blonde Mann neben ihm warf ihm kopfschüttelnd einen mahnenden Blick zu.
„Éomer", sagte Salia überrascht. Ein seltsamer, undefinierbarer Ausdruck überflog ihr Gesicht, dann breitete sich ein warmes Lächeln darauf aus. „Und du hast ein paar Freunde mitgebracht..."
Sie schloss ihn in die Arme und betrachtete nacheinander seine Begleiter. Dann erstarrte sie. Eine weitere Person war im Türrahmen erschienen; ein großer, breitschultriger Mann mit sanften, blauen Augen. „Aragorn..." Einen Moment lang starrte sie ihn einfach nur wortlos an; ihr Gesicht spiegelte keinerlei Empfindungen wieder.
„Ihr kennt euch?" mischte sich Merry ein und auch Éomer runzelte überrascht die Stirn."
„Salia." Aragorn machte einen Schritt auf sie zu, dann blieb er einen Augenblick lang unschlüssig stehen, bis er sie schließlich in seine Arme zog. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dich so bald wiederzusehen", flüsterte er so leise, dass nur sie es verstehen konnte. „Aber ich bin froh, dass ich mich geirrt habe."
„Und wo ist nun Pippin?" verlangte Merry ungeduldig zu erfahren.
„Ich dachte mir schon, dass das kein reiner Freundschaftsbesuch ist", sagte Salia. „Was ist passiert?"
„Diese verfluchte Südländer haben - " begann der Hobbit wütend, doch ein zorniger Blick von Éomer brachte ihn zum Schweigen. Stattdessen berichtete er selbst in knappen Worten, was geschehen war.
Sie hörte aufmerksam zu, dann runzelte sie die Stirn. „Und wer ist dieser Legolas?"
„Er ist ein sehr guter Freund von uns", begann Aragorn langsam und Salia machte eine ungeduldige Handbewegung, da ihr diese Information nicht zu reichen schien.
„Ein Elbenprinz - "
„Ein – Elbenprinz??" Sie starrte irritiert ins Leere, dann sah sie erst Haldir und anschließend Éomer nachdenklich an. „Was sollte jemand von uns mit einem Elbenprinzen und einem Halbling wollen?!"
„Das haben wir uns auch gefragt. Ich hatte gehofft du wüsstest irgendetwas."
Sie zuckte bedauernd die Schultern. „Ich habe meine Kontakte nach Haradwaith schon lange abgebrochen. Ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung. Aber ich nehme an, dass sie in den Süden gehen werden. Wäre die einzige logische Schlussfolgerung. Vermutlich werden sie den alten Schmugglerweg über das Schattengebirge nehmen, sich dann am Rande Mordors durchschlagen, im südlichen Teil wieder über die Berge und dann durchs Niemandsland nach Haradwaith... Nur warum machen sie es sich so schwer, indem sie sich mit Geiseln belasten?" Sie biss sich nachdenklich auf die Unterlippe.
„Dass ihr alle von diesem Mordor – Gedanken so angetan seid", beschwerte sich Merry.
Sie zuckte die Schultern. „Wenn du solch einen Anschlag verübst und fast dabei erwischt wirst, rennst du dann zur Vordertür raus und durchquerst Feindesland oder schleichst du dich zur Hintertür hinaus?"
„Mordor ist Feindesland!" betonte er. Der Gedanke, dass Legolas und Pippin da durchmussten, behagte ihm überhaupt nicht und er hatte immer noch einen winzigen Funken der unsinnigen Hoffnung, dass sie vielleicht einen anderen Weg genommen hatten.
„Ja", erwiderte Salia, „aber in Mordor interessiert sich niemand für das, was sie getan haben." Sie sah wieder zu Éomer hinüber. „Und jetzt wollt ihr natürlich, dass ich mit euch die Verfolgung aufnehme", fuhr sie dann fort, „weil ihr der Ansicht seid, eine Südländerin könnte ihr eigenes Volk am besten einschätzen und euch den besten und schnellsten Weg nach und in Haradwaith zeigen."
„Nunja, das wäre wirklich sehr hilfreich", antwortete Éomer. „Wenn du dazu bereit wärst - "
„Aragorn wird dir jeden Preis zahlen, den du willst", fuhr Merry, dem die ganze Unterhaltung offensichtlich schon viel zu lange dauerte, dazwischen.
„Merry, nicht!" mahnte ihn Aragorn, der nur zu gut um die Wirkung dieser Worte auf Salia wusste, doch es war bereits zu spät.
„Natürlich", höhnte sie und wie immer, wenn sie wütend wurde und schneller sprach, brach ihr südländischer Akzent durch, den sie ansonsten gut zu unterdrücken wusste. „Wie konnte ich auch erwarten, dass jemand aus euren Breiten nicht dieses dumme Feindbild hat: du musst einem Haradrim nur genug zahlen, dann verrät er alles, was ihm heilig ist, das Leben seiner eigenen Familie kann ihm nicht soviel wert sein, als dass man es nicht mit Gold aufwiegen könnte!"
Der Halbling hatte sich etwas verdutzt einige Schritte zurückgezogen. Er war zwar längst nicht mehr so ängstlich wie früher, dennoch war ihm der kurze Abstand zwischen der gereizten jungen Frau und ihrem Schwert doch nicht ganz geheuer. Man hatte ja einiges über diese Südländer gehört. Und was er selbst von ihnen im Kampf gesehen hatte, genügte, um ihm zu versichern, dass ein Stehplatz in Éomers und Aragorns Nähe vielleicht nicht die schlechteste Position in diesem Raum war.
Aragorn legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. „Er ist nur wegen unserer Freunde besorgt, insbesondere wegen Pippin. Die beiden kennen sich ihr Leben lang und Zeiten der Trennung zählen für sie zu den schlimmsten. Ich bin sicher, dass er es nicht so gemeint hat."
Merry nickte heftig zur Bestätigung.
Sie bedachte ihn mit einem abfälligen Blick, dann ging sie zu einem Schrank im hinteren Teil des Hauses und zog ein mittelgroßes Bündel hervor, an dem ein seltsames Holzbrett befestigt war. Sie stopfte noch etwas Brot und Käse hinein, dann griff sie nach ihrer Wasserflasche, füllte sie in einem großen Holzfass, das neben dem Herd stand und forderte die anderen auf, es ihr nachzutun.
„Du hattest wohl nicht vor hier noch länger zu bleiben?" wollte Merry wissen und deutete auf ihr bereits fertiges Gepäck.
„Ist ja nicht so, dass die Stimmung uns gegenüber besonders freundlich wäre", grummelte sie. „Man kann nie wissen, ob man nicht plötzlich ganz schnell verschwinden muss. Wenn die ganze Geschichte hier erst mal bekannt wird, dann - " Sie machte eine unbestimmte Handbewegung.
„Tut mir leid", erwiderte er. „Ich bin froh, dass du uns hilfst. Danke."
Sie murmelte irgendetwas Unverständliches, dann fuhr sie herum, als sie ein Geräusch an der Tür hörte, aber es war nur ein etwa zehnjähriger Junge mit kurzen dunklen Haaren, der dort stand und die Fremden mit offenem Mund anstarrte; das stolz hochgestreckte Bündel mit Kräutern wäre ihm vor Schreck beinahe aus der Hand gefallen. Seine Augen suchten Salia, die sich an den anderen vorbeidrängte, vor ihm in die Hocke ging und ihn in die Arme nahm. Dann fasste sie ihn mit Daumen und Zeigefinger am Kinn und drehte seinen Kopf zu sich, doch anstatt etwas zu sagen, machte sie nur ein paar schnelle Gesten.
„Nein!" fuhr der Junge panisch auf und klammerte sich wieder an sie, aber sie schob ihn entschlossen von sich. Wieder folgten ein paar Handzeichen, während derer Aragorn Haldir einen fragenden Blick zuwarf, der ihm jedoch mit einem leichten Kopfschütteln bedeutete, dass er ebenfalls nichts verstand. Genau wie Legolas beherrschte er zwar einen Großteil der Sprachen und Dialekte Mittelerdes, doch so umfangreich sein Wissen auch war, es hatte seine Grenzen.
Schließlich stand Salia auf, drückte dem Kind noch einen Kuss auf die Wange und schubste es nach draußen. Sie schaute ihm noch einen Moment lang nach, um sicher zu gehen, dass er ihren Anweisungen auch wirklich folgte, bevor sie sich wieder den anderen zuwandte.
„Wer war das?" erkundigte sich Éomer.
„Dixo", erklärte sie. „Er hatte eine böse Ohrenentzündung vor vier Wintern, seitdem ist er taub. Und er weigert sich beständig von den Lippen zu lesen. Ich habe ihn zu seinem Onkel und seiner Tante geschickt. Sie arbeiten auf dem Markt."
„Was ist mit seinen Eltern?" fragte Aragorn, während sie zum Stall aufbrachen, um ihr Pferd zu holen. Ihm war nicht klar, ob er es sich nur einbildete, doch sie schien ein wenig zusammenzuzucken.
„Sie sind tot", sagte sie dann tonlos. „Ein furchtbares Unglück vor einigen Jahren."
