*Und hier ist das nächste Kapitel. Ja, ich weiß, es hat zu lange gedauert und dieses Mal ist es meine (Jennas) Schuld. Sorry, aber schneller ging's wirklich nicht. Vielen Dank an Renawitch für ihr Review. Du hast uns die Hoffnung wiedergegeben, dass es noch Leute gibt die unsere Geschichte lesen. An alle anderen: Wir brauchen euer Feedback! Ihr habt es geschafft – wir sind jetzt reviewsüchtig und in den letzten Wochen fast eingegangen. Also, bitte, bitte, wenn ihr die Geschichte lest, schreibt uns auch. *

10. Kapitel

Es war kalt geworden, nachdem die letzten Strahlen der Sonne am Horizont verschwunden waren und obwohl Pippin den Südländern dankbar für ihre erste länger anhaltende Pause und das wärmende Feuer war, das sie entzündet hatten, wuchs sein Gram gegen sie mit jeder Stunde, die er gezwungen war, in ihrer Gesellschaft zu verbringen. Sein Magen knurrte, da die spärlichen Mahlzeiten, die sie ab und zu einnahmen, nie lange vorhielten und er noch an den Essensrhythmus seines Volkes gewöhnt war. Außerdem wurde er von Gedanken an ihre ungewisse und wahrscheinlich gefährliche und schreckliche Zukunft geplagt. Er verstand nicht, was die Südländer mit dieser Entführung bezweckten, und da sie ihn selten lange mit Legolas sprechen ließen, konnte er sich mit dem Elben nicht darüber austauschen. Und leider richtete sich sein Gram nun langsam auch gegen seinen Freund, da Pippin das Gefühl hatte, dass dieser mehr wusste als er selbst. Weshalb hatte er wohl sonst ihre Fluchtpläne zurückgestellt und den besten Moment zur Flucht ungenutzt verstreichen lassen? Er verfolgte irgendeinen neuen Plan, in den er Pippin noch nicht einweihen konnte oder wollte.

Der Hobbit starrte missmutig ins Feuer und zog die wärmende Wolldecke, die ihm einer der Haradrim gegeben hatte, enger um seine Schultern. Netterweise hatten sie ihm die Fesseln abgenommen, da seine Hände vor Kälte ganz blau geworden waren und sie ihn wohl nicht als ernstzunehmende Gefahr ansahen. Er sah, wie schon viele Male zuvor, zu Legolas hinüber, der sich an einen der Felsen, die sie umgaben, gelehnt hatte und scheinbar abwesend in das knisternde Feuer starrte. Pippin war sich jedoch sicher, dass der Elb jede Regung, die um ihn herum vorging, wahrnahm. Er hatte noch nie erlebt, dass Legolas vollkommen abschaltete, während sie sich noch in einer bedrohlichen Lage befanden. Der Elb war durch und durch ein vorausschauender Krieger – es lag in seiner Natur, die Kontrolle über alles zu behalten, soweit es ihm möglich war.

Die Südländer waren sich seit des Vorfalles im Gebirge von Mordor, wohl klar darüber, welche Gefahr von Legolas ausging, war er erst von seinen Fesseln befreit; so hatten sie seine Hände sorgsam zusammengebunden und ließen ihn kaum noch aus den Augen. Umso verwunderter war Pippin, als ihm bewusst wurde, dass dieses Mal er selbst Mittelpunkt der Aufmerksamkeit beider Haradrim war. Sie warfen ihm und schließlich auch Legolas eigenartige Blicke zu und tuschelten miteinander. Als sie gar nicht mehr damit aufhören wollten, rutschte Pippin ein verärgertes „Was ist?!" heraus.

Die beiden Südländer verstummten sofort und auch Legolas wandte sich ihm zu, mit einem warnenden Ausdruck in den Augen.

„Du frierst an den Händen, aber läufst auf bloßen Füßen", sagte Akimo nach einem Moment des Schweigens. „Du hast während unserer ganzen Reise nicht einmal nach Schuhen verlangt."

Pippin zuckte die Schultern. „Ich brauche keine Schuhe. Meine Füße sind immer warm."

„Das wird wohl an den Haaren liegen, die deine Füße schmücken", setzte der Haradrim mit einem eigenartigen Grinsen hinzu. „Ist das eurem ganzen Volke zu eigen?"

Pippin holte Luft um zu antworten, doch Legolas kam ihm zuvor. „Nur den Kindern", antwortete der Elb mit einem Lächeln. „Sie fallen aus, wenn sie erwachsen werden – und dann müssen auch sie Schuhe tragen."

Pippin musste sich anstrengen, um seine Verwunderung nicht nach außen dringen zu lassen, denn er wusste, dass Elben nur sehr ungern logen und es also einen guten Grund geben musste, der seinen Freund solchen Unsinn erzählen ließ.

Der misstrauische Blick des Haradrim ruhte nun auf Legolas. „Wahrscheinlich werdet ihr euch dann auch ähnlicher sehen", fuhr er fort. „Ich dachte nämlich alle Rohirrim hätten goldenes Haar."

Rohirrim? Pippins Augen wurden so groß, dass sie fast aus den Höhlen zu quellen schienen. Was war das nun für ein Unsinn?

„Das sind nur Gerüchte", erwiderte Legolas gelassen. „Wir sind ein sehr vielfältiges Volk."

„Mit Lockenköpfen?" hakte Akimo zweifelnd nach.

„Das ist nur Babyflaum – das wächst raus", erwiderte der Elb und Pippin konnte nun doch nicht mehr verhindern, das sein Mund sich staunend öffnete.

„Und du willst mir sicher auch erzählen, dass ihr miteinander verwandt seid, warum sonst, sollte sich ein Krieger mit einem Kind herumschlagen, dass ihn wohl eher belastet als hilfreich ist."

„Er ist mein Neffe und Cousin des Königs von Gondor", brachte Legolas mit solcher Überzeugung hervor, dass Pippin es fast selber glaubte. „Mir kommt die Aufgabe zu ihn auszubilden."

„Soso", erwiderte Akimo völlig unbeeindruckt. „Und ihr sollt ihn sicherlich auch beschützen."

„Mit meinem Leben", gab Legolas zurück und sah ihm direkt in die Augen. „Und es wird nicht leicht sein, mich zu töten, ohne dabei selbst zu sterben."

Ein eigenartiges Gefühl kroch langsam Pippins Rücken hinauf und griff auf Herz und Magen über – das Gefühl der Erkenntnis. Er begriff plötzlich, worum es ging. Sie kamen momentan nur schlecht und sehr langsam voran und hatten noch nicht einmal den Poros erreicht, der auf der Hälfte der Strecke von Mordor lag. Die Gefahr doch noch von möglichen Verfolgern eingeholt zu werden, war groß. Die Südländer versuchten nun den Wert ihrer Beute einzuschätzen und wollten unnötigen Ballast loswerden - unnötigen Ballast, wie ihn; denn ein Hobbit war für die Haradrim wohl kaum von Bedeutung. Besser war es wohl, ein menschliches Kind zu sein – ein menschliches Kind aus der Königsfamilie.

Legolas und der Haradrim starrten sich noch immer wortlos in die Augen und Pippin konnte die Anspannung, unter der die beiden Männer standen, fast körperlich spüren. Irgendetwas musste jetzt passieren, sonst sprangen sie sich noch gegenseitig an die Kehle.

Pippin räusperte sich nervös und das Herz schlug ihm dabei bis zum Hals. „Werden wir hier nächtigen oder gehen wir gleich weiter? Ich meine, ich muss nicht unbedingt schlafen. Ich fühle mich sehr gut und meinetwegen können wir ruhig noch ein schnelleres Tempo einlegen. Das macht mir gar nichts. Ich habe schon anstrengendere Märsche durchgemacht..." Er verstummte, weil Akimo ihn stirnrunzelnd ansah.

„Wir haben die Pause nicht wegen dir eingelegt", brummte er. „Wir warten auf jemanden."

Pippin blinzelte irritiert zu ihm hinüber. „Auf andere Orks?"

Der Haradrim stieß ein herablassendes Lachen aus, doch Pippin war zu verängstigt um sich darüber zu ärgern. „Eure Kinder scheinen auf jeden Fall noch naiver zu sein als die unseren", wandte Akimo sich wieder an Legolas und der Elb antwortete ihm nur mit einem milden Lächeln, während Pippin darüber nachgrübelte, welch grausige Gestalt wohl demnächst zu ihnen stoßen würde. Denn Menschen konnten sich in Mordor ja wohl kaum angesiedelt haben. Oder es war ein weiterer Trupp von Südländern, der seinen Kameraden zur Hilfe gesandt wurde. Dann verschlechterten sich ihre Möglichkeiten zur Flucht allerdings immens. Doch woher sollten die Südländer in Haradwaith überhaupt wissen, dass ihre Kameraden in der Ferne ihre Hilfe brauchten?

„Was ist?" hörte Pippin plötzlich Akimo angespannt fragen und sah wieder zu ihm hinüber. Der Blick des Südländers wiederum war auf Legolas gerichtet, der konzentriert in die Dunkelheit hinter ihm starrte. Im nächsten Augenblick weiteten sich die Augen des Elben. „Trolle!" stieß er hervor und sprang behände auf die Füße. Auch die beiden Südländer erhoben sich irritiert.

„Wo.. woher.." fing Akimo an, verstummte aber sofort, da nun auch alle anderen ein leichtes Vibrieren unter ihren Füßen verspüren konnten; ein Vibrieren, dass nur schwere Schritte riesiger Geschöpfe auf hartem Felsboden auslösen konnten.

„Habt ihr auf die gewartet?!" stieß Pippin entsetzt hervor, während er dicht an Legolas herantrat, der irgendetwas mit den Augen in den Felsen in ihrer Nähe zu suchen schien.

Die Südländer reagierten nicht auf ihn. Panik hatte sie gepackt, während sie hektisch versuchten, das Nötigste ihrer Sachen zusammenzupacken und sich mit ihren Waffen auszurüsten.

„Wir müssen da rauf!" rief Legolas plötzlich und wies mit seinen gebundenen Händen auf eine Felsspalte nicht weit von ihnen entfernt. Akimo folgte seinem Blick und nickte flüchtig. Dann packte er Pippin grob an der Schulter und schob ihn vorwärts. Der Südländer brauchte ihn nicht weiter zu Eile anzutreiben, denn das laute Grollen, das im nächsten Moment ganz in ihrer Nähe ertönte, versetzte ihm solch einen Schrecken, dass er so schnell über die Felsen kletterte, das Akimo Mühe hatte, ihm zu folgen.

„Er muss das Pferd laufen lassen!" hörte Pippin Legolas rufen, während er mit rasselnden Lungen, die steile Felswand erklomm. Dann hörte er Akimo etwas schreien, das in dem lauten Brüllen der Trolle unterging. Pippin verlor vor Schreck den Halt am Felsen und rutschte wieder ein Stück hinab. Mit rasendem Herzschlag rappelte er sich wieder auf und versuchte erneut sich an Felsvorsprüngen und Rissen im Felsen hochzuziehen, während die unheimlichen Geräusche immer näher kamen. Erst als Pippin die rettende Felsspalte erreicht hatte, wagte er es stehen zu bleiben und sich umzudrehen. Was er sah, ließ ihn entsetzt den Atem anhalten. Drei riesige Trolle bahnten sich den steilen Weg zu ihrem Lagerplatz hinab und brachten dabei Felsen und Geröll in Bewegung, das krachend hinter ihnen den Hang hinunterstürzte. Sie schienen vor Hunger fast durchzudrehen, denn sie behinderten einander, drängelten und schlugen sich, vor lauter Angst nichts von den zweibeinigen Leckerbissen abzubekommen, die wie kleine Ameisen die Felswand heraufkrabbelten, während das Packpferd im wilden Galopp den Pfad in die Ebenen Modors hinabstürzte. Akimo hatte auf halber Strecke inne gehalten, um auf seinen Freund und Legolas zu warten und ihnen mit Pfeil und Bogen Deckung zu geben. Und es schien wirklich knapp zu werden, denn einer der Trolle hatte sich nach vorn gekämpft und stürzte grollend und vor Vorfreude sabbernd auf die Felswand zu, seinen gierigen Blick starr auf den Elben gerichtet, der als letzter den Hang erklomm.

„Legolas!" brüllte Pippin entsetzt und wollte schon wieder zu seinem Freund hinunterklettern, um ihm irgendwie zu helfen; doch der Elb schüttelte nur den Kopf und holte mit wenigen eleganten Sprüngen Kiato ein, der erheblich größere Probleme hatte auf dem felsigen Untergrund vorwärts zu kommen. Der Troll schrie wütend auf, da er seine Beute schon entkommen sah, und rammte seine Faust voller Frust in die Felswand, die unter dem mächtigen Schlag erbebte. Ein anderer Troll drängte an ihm vorbei und begann hinter ihrer Beute herzuklettern. Sein massiger Körper war zwar schwer und plump, doch als Wesen, das in den Bergen geboren war, war auch er ein erstaunlich geschickter Kletterer und verringerte rasch den Abstand zwischen sich und den Menschen. Akimo schrie aufgebracht seinen Freund an, um ihn wohl zu größerer Eile anzutreiben, doch das nutzte nichts, denn die Stärke und Größe des Trolls bescherte ihm einen immensen Vorteil. Der erste Pfeil schnellte von Akimos Bogensehne und traf den Troll in einen seiner mächtigen Oberarme. Das Geschöpf schrie schmerzerfüllt auf, um dann nur mit noch größerer Wut seinen Weg fortzusetzen und auch die anderen Trolle fühlten sich nun animiert ihren Kameraden zu unterstützen und folgten ihm brüllend den Berg hinauf. Bald schon fehlte nur noch eine Armlänge zwischen dem vordersten Troll und Kiato, obwohl er und Legolas sich nur wenige Meter unter der Felsspalte befanden, vor der jetzt auch Akimo hockte und den Troll weiter unter Beschuss nahm. Die Pfeile verursachten dem Monster Schmerzen, aber sie waren nicht wirklich effektiv. Pippin wusste aus Erfahrung wie schwierig es war einen Troll zu töten – ihre lederne Haut war einfach zu dick.

Schon holte die Pranke des Trolls aus, um Kiato an den Beinen zu packen – Pippin dachte gar nicht weiter nach, sondern ergriff wie aus einem Reflex heraus einen schweren Stein in seiner Nähe und schleuderte ihn auf den Troll, als dessen derbe Finger nur noch wenige Zentimeter von dem laut schreienden Südländer entfernt waren. Er traf das Untier direkt ins Gesicht, das aufjaulend sein Gleichgewicht verlor und in die nachfolgenden Trolle stürzte, sie mit sich reißend. Für einen Moment war Pippin selbst von der Effektivität seiner Tat überrascht, dann sammelte er sich wieder und schrie laut: „Nun macht schon, bevor die sich wieder aufrappeln!"

Akimo, der ihm am nächsten war, kletterte zu ihm hinüber und schob ihn vorwärts auf die dunkle Felsspalte zu. „Du zuerst", brummte er, machte aber keine Anstalten selber hineinzusteigen. Wahrscheinlich wollte er zur Sicherheit auf seinen Freund und Legolas warten, um ihnen erneut den Rücken freizuhalten, falls die Trolle sich schneller von ihrem Schrecken erholten, als sie annahmen.

Pippin atmete tief durch und schob sich in die Dunkelheit des Felsens. Selbst wenn sich hier irgendetwas verbarg, es konnte nicht schlimmer sein als drei tobende Trolle, die sie fressen wollten. Mit zittrigen Fingern tastete er sich vorwärts entlang einer der Innenwände. Soweit er es erahnen konnte, war die Höhle groß genug, um ihnen allen Schutz zu gewähren und der Eingang war zu klein, als das die Trolle hineinkriechen konnten. Legolas hatte ihnen ein gutes Versteck gesucht. Pippin ging weiter, bis seine andere Hand nicht mehr ins Leere griff und drängte sich schließlich mit klopfendem Herzen in die hinterste Ecke der Höhle. Der Lärm draußen schwoll wieder an, also versuchten die Trolle wohl erneut den Berg zu erklimmen. Sie waren wirklich zähe Burschen, das musste man ihnen schon lassen.

Erst als Legolas im Eingang der Höhle erschien und zu ihm hinüber kam, wagte es Pippin erleichtert auszuatmen. Der Elb ging neben ihm in die Knie. „Wir müssen reden", raunte er ihm leise zu, brach aber sofort wieder ab, als auch die beiden Südländer in den Schutz der Höhle kletterten. Pippin konnte nur ihre Umrisse ausmachen, aber seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit, so dass er fast schon die Konturen von Legolas Gesicht neben sich erkennen konnte. Der Elb schien immer noch angespannt, doch Pippin vermutete, dass dies nicht mehr mit den näher rückenden Trollen zusammenhing, sondern eher mit seinem Drang sich mit ihm auszutauschen.

Ein lautes Schnaufen vor dem Höhleneingang ließ alle, bis auf Legolas, heftig zusammenzucken und im nächsten Moment erschien das breite Maul eines Troll vor der Felsspalte. Kurz darauf lugte ein gelbes Auge ins Höhleninnere. Laute Schnuppergeräusche folgten, ebenso wie gelegentliche verärgerte Grunzer.

„Sie haben uns verwechselt", raunte Legolas Pippin zwischen den tierischen Lauten der Trolle zu. „Sie hielten mich für Éomer und dich für ein menschliches Kind, als sie uns mitnahmen."

Pippin nickte angespannt und verfolgte mit angstgeweiteten Augen, wie immer wieder verschiedene sabbernde Mäuler vor dem Höhleneingang erschienen, hineinschnupperten, sich gegenseitig wegdrängten und dann wütend die Zähne fletschten. Die beiden Südländer hatten ihre Krummsäbel gezogen und pressten sich nicht weit vom Eingang entfernt an die kalte Felswand.

„Wir sollten versuchen sie in diesem Glauben zu lassen", flüsterte der Elb weiter, „obwohl das nicht sehr leicht sein wird."

Nun wandte sich Pippin doch seinem Freund zu. „Sie haben gemerkt, das wir nicht aussehen wie gewöhnliche Menschen", sagte er im Flüsterton. Legolas nickte. „Sie sind sich nicht mehr so sicher."

„Aber warum versuchen wir nicht zu fliehen?" erkundigte sich Pippin leise und sah wieder vorsichtig zu den Südländern hinüber, die angespannt das Vorgehen vor der Höhle beobachteten, soweit es ihnen von ihrem Standpunkt aus möglich war. Er war sich sicher, dass der Krach draußen es ihnen so gut wie unmöglich machte, zu hören, was sie hier hinten besprachen, denn es schien fast so als wäre unter den Trollen ein Kampf ausgebrochen. Der Boden bebte und kleine Gesteinsbröckchen rieselten von der Höhlendecke, während das Brüllen draußen immer wütender wurde. Doch Pippin hatte keine Angst mehr – die Ruhe, die von Legolas ausging, strahlte auf ihn über.

„Ich glaube, dass es von großer Wichtigkeit ist herauszufinden, warum die Haradrim Aragorn oder Éomer entführen wollten", beantwortete der Elb seine Frage, „und wer dahinter steckt."

„Und du meinst, das kannst du?" fragte Pippin staunend.

„Nun zumindest habe ich den Vorteil, dass sie nicht wissen, dass ich ihre Sprache verstehe," erklärte Legolas. „Ich kann also ungehindert ihren Gesprächen folgen. Vielleicht haben wir Glück und sie geben uns unfreiwillig die Informationen, die wir brauchen."

„Und wie lange willst du das machen?" hakte Pippin mit Unbehagen nach. Er verstand ja, dass es für Aragorn von großer Bedeutung war zu erfahren, wer seine Feinde waren, aber er wusste nicht wie lange er es noch aushalten konnte, als Gefangener in ein Land geschleppt zu werden, das er von alleine nie besucht hätte und in dem ihm auch bestimmt niemand freundlich gesinnt war. Und ihre Entführer waren kurz davor herauszufinden, dass er nur ein unbedeutender, kleiner Hobbit war, den sie ganz umsonst mit sich herumschleppten.

„Sei unbesorgt", erwiderte der Elb mit einem Lächeln, „wenn es zu gefährlich wird, werden wir verschwinden."

Pippin wollte noch etwas sagen, doch das Schreien der Südländer ließ ihn herumfahren. Mit einem entsetzen Keuchen, drängte er sich zurück an die Felswand. Die große Pranke eines der Trolle quetschte sich durch den schmalen Höhleneingang. Geröllbrocken lösten sich aus dem massiven Felsen, als Unterarm und Oberarm des Monsters folgten und die Hand hin und her schwenkend versuchte irgendetwas Fressbares zu erfassen.

„Wie jetzt zum Beispiel?!" stieß Pippin entsetzt aus und sah fragend Legolas an, der immer noch ruhig neben ihm saß.

„Sie können uns nichts anhaben. Der Felsen ist zu stark. Gegen Morgengrauen werden sie verschwinden", sagte er so laut, das auch Akimo es hören konnte, der in ihre Nähe zurückgewichen war. „Ihr dürft sie bloß nicht weiter reizen."

„Telaz' ashki!" rief der Südländer seinem Freund zu, der schon seinen Säbel erhoben hatte, um auf den Arm des Ungeheuers einzuhacken. Kiato sah ihn erstaunt an und kam dann zu ihnen hinüber. Die Haradrim wechselten ein paar kurze Worte, dann sah Akimo wieder Legolas an. „Was sind das für Wesen?"

„Höhlentrolle", erklärte der Elb. „Sie scheuen das Tageslicht. Sie werden sich zurückziehen, sobald die Sonne aufgeht. Vielleicht auch schon früher. Trolle sind nie sehr ausdauernd. Wenn sie nicht kämpfen können, verlieren sie schnell die Lust."

Akimo beobachtete misstrauisch wie die Hand weiter in der Höhle herumtastete, immer ungeduldiger werdend, bis sie sich schließlich zurückzog. Pippin wollte schon erleichtert ausatmen, als ein anderer Arm in die Höhle fuhr; doch auch er war nicht lang genug, um bis zu ihnen zu gelangen.

„Gut", sagte Akimo schließlich. „Dann werden wir uns jetzt ausruhen und warten." Er ließ sich in der Nähe von Legolas nieder, wagte es aber nicht seinen Säbel aus der Hand zu legen oder die nun rasch wechselnden Arme der Trolle, die in der Höhle herumtasteten, aus den Augen zu lassen und irgendwie empfand Pippin das als beruhigend. Obwohl er wusste, dass er sich auf Legolas' Aussagen immer verlassen konnte, fühlte er sich doch bei der Vorstellung, dass zwei bewaffnete Männer den Höhleneingang bewachten, erheblich wohler. Er seufzte leise und zog seine Beine an seinen Körper um sie mit den Armen zu umschlingen und seinen Kopf auf die Knie zu stützen. Schlafen würde er in der Kälte dieser Höhle und dem Wissen, dass draußen hungrige Trolle auf ihn warteten, bestimmt nicht können. Dennoch schloss er die Augen. Ein Feuer würden sie hier drinnen nicht machen können, also würde er versuchen sich den Rest dieser Nacht mit wärmenden Gedanken zu befassen – Gedanken an seine Heimat – das blühende Auenland – an eine baldige Flucht, an ein Wiedersehen mit all seinen guten Freunden, und vor allen Dingen an Merry. Ein kleines, zufriedenes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Ja, Merry war ihnen gewiss schon auf den Fersen. Bald schon würden sie sich wiedersehen.