*Und wieder einmal ist es so weit: dank der großartigen Jenna könnt Ihr jetzt das nächste Kapitel lesen. Ich selbst bin momentan rein H-mäßig ein ziemlich faules Stück und ohne Jenna wäre die Story in tausend Jahren nicht upgedatet worden ;o) RENAWITCH (ist Haldir nicht klasse? ‚the dwarf breathed so loud we could have shot him in the dark' seuuufz!), ELANOR8 (nicht vom Stuhl fallen;o) ), ELVELLON (hihi), PAULA196 (na ja, auch Hobbits gehen mit der Zeit, hehe) und GUESSWHO (schließlich hat Jenna die geheime Bedeutung von d.o.b. herausgefunden, lol) : tausend Dank für Eure tollen Reviews – wir hatten schon Angst, man würde uns unsere Langsamkeit derart übel nehmen, dass man uns mit Nichtachtung straft – puuuh! ;o)*

Kapitel 12

Es hatte am Nachmittag begonnen zu schneien und bis zum Abend lag der Schnee im Gebirge so hoch, dass es nicht möglich war weiterzuziehen, ohne Gefahr zu laufen durch einen unbeabsichtigten Fehltritt schlimm zu verunglücken. Als die Dunkelheit einbrach, beschlossen sie alle einstimmig in einer breiten Nische in der Felswand ein Lager aufzuschlagen und erst am nächsten Morgen weiterzugehen. Ihnen allen war klar, dass sie damit viel Zeit verloren, aber es gab wieder einmal keine andere Möglichkeit und der Gedanke daran, dass die Südländer durch den Verlust ihres Pferdes nun auch wahrscheinlich langsamer vorankommen würden, verhinderte, dass ihre Stimmung allzu trübsinnig wurde.

  Nachdem sie eine ausgiebige Mahlzeit eingenommen hatten, fühlte sich Merry schon ein wenig besser, optimistischer, mutiger. Er kuschelte sich in seine warme Decke und lehnte sich gegen eines der schweren Gepäckstücke, dessen Last Boromir hatte schleppen müssen. Sein Blick wanderte in den dunklen Himmel, dessen zuvor dichte Wolkendecke an einigen Stellen aufriss und die Sicht auf ein paar leuchtende Sterne hoch über ihm freigab. Nur noch vereinzelnd fanden die Schneeflocken ihren Weg hinunter zur Erde.

  Haldir hatte gesagt, der nächste Tag würde wärmer werden und dann würde auch der Schnee wieder schmelzen und sie konnten ihren Weg ohne weitere Probleme fortsetzen. Der Elb hatte vorgeschlagen allein weiterzugehen um ein wenig auszukundschaften, wie weit sie noch von ihren Freunden entfernt waren, aber Aragorn hatte es abgelehnt. Er war der Meinung, dass es gefährlich war sich in der Nacht voneinander zu trennen, denn die Nacht gehörte den gräulichen Kreaturen Mordors. Sie brauchten einander um sich dieser zu erwehren, falls sie tatsächlich angegriffen wurden. Und obwohl Merry es nicht erwarten konnte, zu erfahren wie es ihren Freunden ging und wo sie waren, war er doch beruhigt gewesen, als der Elb Aragorn zugestimmt und sich in Merrys Nähe niedergelassen hatte. Mit einem Elbenkrieger in der Nähe würde er gewiss besser schlafen können.

  Merrys Blick wanderte zu dem kleinen Feuer, das sie gemacht hatten und schon bei dessen Anblick wurde ihm gleich ein wenig wärmer. Es war in Mordor erstaunlich kalt – kaum vorzustellen, dass einmal ein Feuer speiender Berg das Land fast unerträglich erwärmt hatte, als Sauron hier sein Unwesen getrieben hatte. Sauron... ein Zittern lief durch Merrys Körper und dieses Mal war nicht die Kälte, die sie umgab, daran Schuld. Der Gedanke an ihren einst so mächtigen Gegner verursachte immer noch ein unangenehmes Gefühl in seiner Magengrube. Vielleicht zog der Geist Saurons tatsächlich noch durch Mordor und versuchte jeden Eindringling so zu Tode zu ängstigen, dass er sich von der nächsten Klippe warf. Das würde erklären, warum er am Vormittag fast abgestürzt war. Vielleicht war er ja nicht nur einfach tollpatschig gewesen.

  Andererseits schien er tatsächlich der Einzige zu sein, der sich noch vor Sauron fürchtete. Boromir lehnte mit verschränkten Armen vor der Brust an einem Felsen, den Kopf im Nacken und die Augen geschlossen, so als wolle er tatsächlich versuchen zu schlafen, Haldir versuchte mit eine paar dürren Zweigen, die er irgendwo aufgetrieben hatte, das Feuer am Leben zu erhalten, während Éomer und Aragorn beieinander saßen und sich leise unterhielten – anscheinend nicht über allzu ernste Themen, denn ab und zu tönte ein leises Lachen von ihnen herüber. Merrys Blick blieb an Salia hängen, die mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen am Ausgang der Felsnische lehnte und vor sich hin grübelte. Irgendetwas schien die junge Frau so sehr zu beschäftigen, dass sie in einer Art konzentrierter Starre gefangen war, den Blick nach innen gekehrt und keiner Regung fähig.

  Erst nach einer Weile schien sie zu bemerken, dass Merry sie neugierig ansah und hob den Blick um fragend die Stirn zu runzeln. „Was ist?" fragte sie irritiert.

  „N.. nichts", stotterte Merry verlegen. „Ich hab' mich nur gefragt, warum du dich nicht setzt und dich ein wenig ausruhst."

  „Ich bin ausgeruht", erwiderte Salia mit einem halben Lächeln, kam aber nun doch zu ihm hinüber und ließ sich neben ihm auf einer Decke nieder.

  „Wirklich?" Merry konnte es kaum glauben.

  Sie nickte. „Ich bin ganz andere Strapazen gewöhnt. Und sieh dir Aragorn an, er macht auch nicht gerade den Eindruck, als sei er furchtbar erschöpft. Ich brauche nicht mehr Ruhe als er." Sie griff nach einem ledernen Beutel in ihrer Nähe, in dem sich Wasser befand und trank einen Schluck.

 Merry sah sie zögernd an – dann sprach er schließlich aus, was ihm seit ihrer ersten Begegnung auf der Zunge brannte. „Wo... woher kennst du eigentlich Aragorn?"

  Salia dachte einen Augenblick nach und im ersten Moment rechnete Merry fest damit eine Abfuhr zu bekommen, doch dann schlich sich ein kleines, mildes Lächeln auf die Lippen der jungen Frau. „Wir sind uns vor einigen Jahren in Ithilien begegnet. Er war mit ein paar Waldläufern unterwegs und jagte eine Horde von Orks, die ein Dorf in der Nähe des Sarn Gebirs überfallen hatte. Und wie es das Schicksal so wollte, waren es gerade diese Orks, die mich und ein paar Freunde überfielen. Er eilte uns sozusagen ungewollt zur Hilfe."

  „Ungewollt?" wiederholte Merry irritiert.

  „Nunja, ich weiß nicht, ob er Menschen wie uns normalerweise gerne hilft", erwiderte Salia nachdenklich.

  „Wieso nicht? Ich meine, dir sieht man nicht unbedingt sofort an, dass du eine Haradrim bist", meinte Merry und musterte sie kurz. Gut, sie besaß rabenschwarzes Haar und einen dunklen Teint, aber sie kleidete sich wie die Menschen in Gondor und auch dort gab es dunkelhaarige Menschen.

  „Das meine ich nicht", erklärte Salia. „Ich glaube nicht, dass er Probleme damit hat, was ich bin, sondern eher damit, was ich tu oder besser gesagt, was ich damals tat."

  Merry sah sie mit großen Augen an und ehe es ihm bewusst  wurde, fragte er schon: „Und was war das?"

  „Oh", sagte sie gedehnt, „ Dinge die man meistens nur Leuten zutraut die einäugig und krumm in dunklen Gassen herumschleichen." Sie grinste. „Schmuggel, Mord, Diebstahl..."

  Der Hobbit blinzelte sie verwirrt an und stieß schließlich ein kleines, ungläubiges Lachen aus. „Du machst Witze."

  „Damals habe ich ein Paar illegale Waren nach Minas Tirith einführen wollen", fuhr sie ungerührt fort. „Die Orks haben leider fast alles geplündert – aber ich denke, Aragorn hat trotzdem begriffen, womit ich mir meinen Lebensunterhalt verdiente."

  „M.. Mord?" wiederholte Merry verängstigt.

  „Du solltest das nicht so eng sehen", meinte Salia schlicht. „Ich meine, wenn man es genau nimmt, sitzt du hier mit einer ganzen Gruppe von Mördern. Vielleicht bist du sogar selbst einer - oder warst du noch nie in einen Kampf verwickelt?"

  „Doch schon, aber..."

  „Und? Hast du dabei jemanden getötet?"

  „Ja, aber das waren meine Feinde!"

  „Glaubst du, ich würde meine Freunde umbringen?"

  Darauf wusste Merry nichts mehr zu erwidern. Er kannte Salia zwar noch nicht sehr lange, aber so etwas würde er ihr ganz gewiss nicht zutrauen. Dennoch bereitete ihm dieses Thema so viel Unbehagen, dass er beschloss, es ganz einfach zu wechseln.

  „Aragorn und du, ihr seid also nach diesem Vorfall Freunde geworden, ja?"

  „Na ja, mehr oder minder", gab die junge Frau schulterzuckend zu. „Das Schicksal wollte es irgendwie, dass wir uns danach noch öfter über den Weg liefen und schließlich sind wir eine Zeit lang sogar zusammen durch die Lande gestreift. Wir hatten denselben Weg und es war damals einfach sicherer. Und irgendwie hat sich dadurch eine Freundschaft zwischen uns entwickelt."

  „War das noch vor Saurons Wiederauferstehung?" erkundigte sich Merry.

  Sie nickte. „Als der Feind stärker wurde, haben wir uns kaum noch gesehen und schließlich aus den Augen verloren. Erst nach dem Ringkrieg, haben wir uns wieder ein paar Mal gesehen, hatten aber kaum Zeit füreinander."

  „Und die ganze Zeit hast du in Gondor gelebt?"

  Ein erneutes Nicken war die Antwort.

  „Wieso? Ich meine, deine Heimat ist doch Haradwaith, oder?"

  Salias Miene versteinerte sich und ihr Blick verlor plötzlich jegliche Wärme. „Nein", sagte sie mit kühlem Unterton. „Meine Heimat ist Gondor! Man ist nicht unbedingt dort Zuhause, wo man geboren ist."

  Dieses Mal war es an Merry nur zu nicken. Er spürte ganz genau, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte und verkniff es sich mühsam weiterzubohren. Manchmal war Neugierde nahezu eine Plage.

  „Vielleicht sollte ich jetzt lieber versuchen zu schlafen", sagte er schnell und bemühte sich möglichst überzeugend zu gähnen. „Es wird morgen bestimmt wieder ein anstrengender Tag."

  „Das wird er", stimmte Salia ihm zu und schenkte ihm doch noch ein Lächeln. Dann stand sie auf.

  „Und was willst du jetzt noch machen?" fragte Merry verwundert, während er sich in eine bequeme Schlafposition brachte. Er fühlte sich tatsächlich gleich viel schläfriger.

  „Ich übernehme die erste Wache", erklärte sie und ergriff ihr Schwert. „Schlafen kann ich auch später." Damit trat sie wieder an den Ausgang der Felsnische und lehnte sich an die Wand.

  Merry sah sie noch einen Moment durch halbgeschlossene Lider an, dann fielen ihm die Augen endgültig zu.

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Die Wolken hatten sich erneut vor Mond und Sterne geschoben und hüllten das Schattengebirge in eine bleierne Schwärze. Die Felsen hoben sich nur durch den weißen Schnee, der auf ihnen lag, von dem nachtschwarzen Himmel ab und ihre scharfkantigen Gipfel griffen wir Krallen einer riesigen Pranke in die dunkelgraue Wolkendecke. Nebelschwaden zogen sich wie eine zähe Masse durch die zerklüftete Landschaft und belegten jedes Wesen mit einer süßen, unwiderstehlichen Schläfrigkeit.

  Es war eine gute Stunde, um Dinge zu tun, die niemand sonst bemerken sollte – eine gute Stunde, um sich endlich wieder frei zu fühlen.

  Salia sog die süßliche, schwere Nachtluft tief in ihre Lungen ein, während sie den Blick auf den steilen Pfad nach unten richtete, der sich vor ihr auftat. Es war nicht einfach gewesen, sich unbemerkt von dem Lager zu entfernen, weil dieser verdammte Elb sie einfach nicht aus den Augen hatte lassen wollen. Doch schließlich hatte auch er nicht mehr der Wirkung des Schlafmittels widerstehen können, das sie in das Abendmahl der anderen gemixt hatte. Sie würden nichts von all dem bemerken und, wenn sie am Morgen wieder aufwachten, wunderbar ausgeruht und vielleicht etwas verlegen sein, weil sie ihre Schicht verschlafen hatten.

  Nun war sie frei – frei, das zu tun, was sie schon seit geraumer Zeit geplant hatte. Und es gab keine bessere Gelegenheit dafür, als diese. Sie musste sich beeilen, wenn ihr Plan aufgehen sollte, schließlich musste sie wieder im Lager sein, wenn die anderen aufwachten. Sie lief noch ein paar Schritte den Pfad hinunter und blieb dann schließlich stehen, um das Brett, das sie die ganze Zeit bei sich getragen hatte, auf den schneebedeckten Boden zu legen und mit einem Fuß in die darauf befestigte lederne Lasche zu schlüpfen.

  „Na, dann mal los", sprach sie sich selbst zu, brachte sich auf dem Brett in Position und stieß sich ab. Sie legte rasch an Geschwindigkeit zu und schlidderte nun im halsbrecherischen Tempo den Hang hinunter. Der Wind pfiff in ihren Ohren, während sie mit eleganten Bewegungen  hervorstehende Felsen umschiffte oder eine Abkürzung einen noch steileren Abhang hinunter einschlug. ‚Endlich frei!' hämmerte es in ihrem Kopf. ‚Endlich frei!'

  Und dann sah sie es: ein kleines Licht weit unter ihr. Also hatte sie sich nicht geirrt – sie waren wirklich sehr nah – gefährlich nah.

  Sie brachte das Brett mit einer raschen Bewegung zum stehen, so das der Schnee in einer hohen Fontäne zur Seite wegspritzte und betrachtete den steilen Hang, der hinunter zu dem Licht führte. Steil war gar kein Ausdruck. Das Gefälle war so stark, dass nicht viel fehlte, um es senkrecht zu nennen. Eine Herausforderung, die sie leicht ein paar gebrochene Knochen kosten konnte, wenn nicht sogar ihr Leben.

  Salia zuckte kurz die Schultern und stieß sich ab...

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Legolas fuhr herum. Irgendetwas regte sich dort in der kalten Dunkelheit des Schattengebirges – etwas, das sich ihnen im raschen Tempo näherte.

  „W...was?" stotterte Kiato heiser, der vor wenigen Minuten trotz seines Wachdienstes in einen leichten Schlummer gefallen war.

  „Da kommt etwas auf uns zu", erklärte Legolas schnell und versuchte es angestrengt mit den Augen zu erfassen. „Und zwar sehr schnell."

  War es ein Mensch? Unmöglich – zu schnell für einen Menschen. Es hatte menschliche Formen, aber die Bewegungen...

  Kiato zog sein Schwert. „Wo?"

  Im nächsten Moment war auch Akimo auf den Beinen und stellte sich kampfbereit zu seinem Kameraden.

  „Was ist denn los?", hörte Legolas Pippin mit schlaftrunkener Stimme murmeln. „Bitte nicht schon wieder Trolle..."

  „Nein..." Verblüffung stahl sich auf das Gesicht des Elben. „Es ist tatsächlich ein Mensch."

  „Hier? In Mordor?" hakte Akimo ungläubig nach. „Hat er uns gesehen?"

  „Sie", verbesserte Legolas und war über seine Aussage genauso erstaunt wie die Haradrim. „Ich denke, sie hat unser Feuer gesehen."

  „Sie? Eine Frau?" fragte Akimo überrascht.

  „Eine Frau?" echote Pippin, der wohl schon mit ihrer Rettung durch einen ihrer Freunde gerechnet hatte. „Warum denn eine Frau?"

  „Und sie ist bewaffnet", setzte Legolas nachdenklich hinzu.

  „Aber was will sie von uns?"

  „Fragt sie selbst; sie ist gleich da."

  „Gleich?"

  Irgendwie wurde Legolas das Gefühl nicht los, dass plötzlich alle irgendetwas mit ihren Ohren hatten. Er hasste es, alles, was er sagte, noch einmal erklären zu müssen. Also schwieg er dieses Mal demonstrativ. Die junge Frau war nun wirklich schon fast bei ihnen und alles würde sich von selbst aufklären.

  Schnee spritzte ihnen entgegen, als die Fremde auf dem eigenartigen Brett unter den Füßen zum stehen kam und die beiden Haradrim hoben drohend ihre Schwerter, jedoch nur für einen Augenblick. Im nächsten Moment weiteten sich die Augen Akimos und er ließ das Schwert wieder sinken.

  „Salia?!" stieß er ungläubig hervor und in seine Augen stand ein Mischung aus Freude und Angst geschrieben.

  „Ihr seid doch die gottverdammtesten, hirnlosesten Idioten, die ich je in meinem Leben gesehen habe!" fuhr die junge Frau ihn sogleich auf Harad an. „Habt ihr euer Gehirn auf dem Basar verkauft, bevor ihr nach Gondor aufgebrochen seid?"

  „Es ist nicht unsere Schuld, dass der Plan fehlgeschlagen ist!" ging Akimo sofort in Abwehrposition, während Kiato sich noch nicht von seinem Schock erholt hatte und Salia mit offenem Mund anstarrte. „Ich habe ihn nicht gemacht! Er war einfach nicht gut genug!"

  „Es war doch allen klar, dass er schief gehen konnte", knurrte Salia, „deswegen gab es ja einen Plan B!! Und eine genauere Beschreibung von König Éomer hätte ich euch gar nicht geben können! Stattdessen entführt ihr einen... einen..." Sie warf einen misstrauischen Blick auf Legolas, der sich zu Pippin gesellt hatte, und fuhr dann gedämpft fort: „... einen Elben!"

  „Einen Elben?!" rief Akimo entsetzt. „Heilige Götter!" Er starrte Legolas entsetzt an. Der runzelte nur fragend die Stirn, so als hätte er kein einziges Wort verstanden.

  „Das erklärt so ziemlich alles", setzte er leiser hinzu.

  „Wieso?" erkundigte sich Kiato irritiert. „Was ist ein Elb?"

  „Ein Dämon", erwiderte Akimo fast verängstigt. „Ich wusste nicht, dass sie wirklich existieren, aber es scheint so."

  Salia stieß ein verärgertes Lachen aus. „Ein Dämon... abgesehen von den spitzen Ohren und ihrem arroganten Auftreten unterscheiden sie sich nicht sonderlich von uns Menschen. Spitze Ohren! Meine Güte, wo habt ihr nur eure Augen?!"

  „Du hast gesagt, er ist blond und groß und wird gewiss mit ‚eure Hoheit' angesprochen", erwiderte Kiato verärgert. „Und das trifft alles auf ihn zu. Und das mit den Ohren... na ja, das haben wir nicht sofort bemerkt – und außerdem ist es ja durchaus möglich, dass die Menschen in Rohan anders aussehen, als alle anderen, schließlich sehen wir ja auch anders aus."

  „Und wo ist der Bart?!" fuhr Salia ihn an. „Hä?!"

  „Bart?" wiederholte Kiato irritiert.

  „Ich habe gesagt, er hat einen Bart!"

  Kiato sah unsicher zu Akimo hinüber, der einen tiefen Seufzer von sich gab.

  „Gut, wir haben einen Fehler gemacht, in der Reihe von Fehlern, die alle anderen gemacht haben", meinte Akimo. „Und? Was willst du jetzt tun? Uns umbringen? Wenn ich mich recht erinnere, wolltest du doch mit der ganzen Sache nichts weiter zu tun haben, bis du in O'sharam bist."

  „Ach, du kannst dich tatsächlich an etwas erinnern, was ich gesagt hae?" gab Salia mit einem falschen Lächeln zurück und ihre Stimme troff vor Sarkasmus als sie sich vorbeugte, um ihm die Wange zu tätscheln. „Guter Junge. - Es gibt da nur ein kleines Problem: Ich gehöre jetzt zu euren Jägern."

  Akimo runzelte irritiert die Stirn. „Was meinst du damit?"

  „Glücklicherweise sind der Elb und dieser Hobbit..."

  „Hobbit?"

  „... sehr enge Freunde von König Elessar. Und er würde alles geben, um sie zu retten."

  „Er hat dir den Auftrag gegeben, nach uns zu suchen?!" entfuhr es Akimo erstaunt.

  „Nein, er hat mir den Auftrag gegeben ihn und ein paar Freunde nach Haradwaith zu führen und zwar auf dem Weg, den ihr möglicherweise gegangen seid."

  „Moment", mischte sich Kiato erfreut ein, „ heißt das, König Elessar folgt uns freiwillig nach Haradwaith?"

  Sie nickte grimmig. „Du solltest nicht zu optimistisch sein."

  „Wieso?" lachte Kiato. „Ich meine, das ist es doch, was wir wollten – wir wollten König Elessar nach Haradwaith bringen. Dort wird es ein Leichtes sein ihn zu überwältigen und unser Plan geht doch noch auf! Das ist sogar noch besser als der erste Plan. Wenn wir ihn in unserer Gewalt hätten, würden uns wahrscheinlich ganze Armeen verfolgen. So brauchen wir nur ihn und seine Freunde in unsere Heimat locken."

  Salia lachte mit ihm, doch klang es ziemlich aufgesetzt. „Ja – aber momentan sieht es  nicht so aus, als ob ihr überhaupt bis dorthin kommt!"

  Kiato stutze. „Wer sollte das verhindern? Wir haben unsere Gefangenen unter Kontrolle."

  Akimo stöhnte genervt auf. „Kiato! Salia ist hier in unserem Lager!"

  „Und?"

  „Sie führt Elessar hinter uns her!"

  Kiato starrte seinen Freund noch einen Moment stirnrunzelnd an, dann weiteten sich seine Augen mit der plötzlichen Erkenntnis. „Heilige Götter! Wie nah sind sie?"

  „Zu nah", brummte Salia. „Und sie sind euch allein zahlenmäßig überlegen."

  „Kannst du sie nicht auf eine falsche Spur locken?" erkundigte sich Akimo zögernd.

  Sie schüttelte den Kopf. „Unmöglich. Sie haben einen Elb dabei. Es ist fast so gut wie unmöglich einen Elben zu täuschen. Das kann mir vielleicht einmal gelingen, aber nicht noch einmal. Außerdem ist Elessar selbst ein ziemlich guter Spurenleser. Nein, ihr müsst so schnell wie möglich verschwinden."

  „Und wie? Wir können uns wohl schwerlich in Luft auflösen", erwiderte Akimo.

  „Doch, das könnt ihr." Salia griff unter ihre Weste und zog ein zusammengerolltes Stück Leder hervor. Gefolgt von den beiden Haradrim trat sie an einen niedrigen Felsen und breitete es darauf aus. „Das hier ist der Poros." Sie wies auf eine darauf eingezeichnete Linie. „Ihr müsst ihm folgen und zwar bis zu dem Felsen, der ein wenig Ähnlichkeit mit dem Kopf eines Ebers hat. Hier." Sie wies auf einen weitern Punkt auf der Karte. Dort findet ihr einen schmalen Schacht. Steckt euch ein paar Fackeln an, damit ihr etwas sehen könnt. Der Gang führt unter dem Gebirge hindurch bis ins Niemandsland. Wenn ihr dann den Tenath überquert, seid ihr in Sicherheit."

  Akimo nickte erleichtert und auch Kiato schien sich wieder zu entspannen. „Woher hast du die Karte?" fragte er interessiert.

  „Das ist doch egal", knurrte Salia. „Hauptsache, ihr verschwindet so schnell wie möglich aus unserem Blickfeld. Ach, und noch etwas... euer Pferd kommt den Poros entlang. Ihr müsstet ihm eigentlich auf dem Weg zum Schacht finden. Der Gang ist groß genug um es mitzunehmen und vielleicht seid ihr wieder etwas schneller, wenn ihr das Gepäck nicht schleppen müsst." Sie warf wieder einen Blick auf Legolas, der noch im rechten Moment zur Seite sah, um nicht zu verraten, dass er ihrer Planung gespannt gefolgt war. Dennoch hatte er ihr Misstrauen geweckt, denn sie fuhr fort: „Und was den Elben angeht – seid vorsichtig. Er ist zwar kein Dämon, aber er hat Fähigkeiten, die unsere weit übertreffen. Er sieht und hört alles, auch Dinge, die normalerweise vielleicht gar nicht wahrzunehmen sind."

  „Aber er versteht doch nicht unsere Sprache", warf Kiato beunruhigt ein.

  „Ich hoffe nicht", erwiderte Salia und schenkte Legolas einen weiteren finsteren Blick. „Aber ich bin mir da nicht so sicher. Seid einfach nur vorsichtig. Es wäre nicht gut, wenn der Köder entkommt, bevor wir Haradwaith erreicht haben."

  Die beiden Südländer nickten einvernehmlich.

  „Und was wirst du jetzt tun?" erkundigte sich Akimo bei Salia.

  „Ich werde versuchen für euch soviel Zeit zu schinden, wie möglich", erwiderte sie mit einem verärgerten Schnauben. „Und eines sag' ich euch, wenn ich euch noch einmal sehe, bevor wir in Haradwaith sind, bringe ich euch eigenhändig um!"

  Die beiden Männer wussten darauf nichts mehr zu erwidern – und es war auch besser so, denn irgendwie wurde Legolas das Gefühl nicht los, dass die junge Frau wirklich meinte, was sie sagte.

*Ich kann's mir einfach nicht verkneifen, sorry: dieses Antiksnowboarden ist keine Anspielung auf Legolas' Schildskating in LOTR. Das hatte ich bereits im Kopf, lange bevor auch nur ein Mini Trailer zu sehen war. (wütend grummelnd) Das ist genauso wie in diesem beschissenen FD2, wo sie meine tolle Szene mit dem Pfahl (Lucy: "das interessiert hier keinen!") – okay :o(  lol*