Endlich, ich habe es geschafft! Tut mir Leid, dass das mit dem neuen Kapitel so lange gedauert hat, aber nachdem die Schule wieder angefangen hat, sank die Schreibmotivation leider ein bisschen.

In Zukunft werde ich mich aber bemühen, ein bisschen schneller weiterzuschreiben.

Was die Reviews angeht, erstmal viiielen Dank für diese vielen Kommentare zu meiner Geschichte! Hat mich sehr gefreut.

Femeryal – Ich hoffe das „bald" werde ich in Zukunft etwas kürzer definieren können (;

Ewjena – Ich habe Band 5 als Grundlage genommen, weil ich dadurch viel mehr Möglichkeiten beim Schreiben habe… Ab Band 6 hat man einfach schon viel zu viele Informationen, wie die Sache mit Lord Voldemort weitergehen wird.

Tifferny Tonks – Danke! (: Ich hoffe auch der Fortgang der Story gefällt dir.

Felher – Jep, Band 5 als Grundlage schien mir einfach auch am sinnvollsten. Das mit der Rechtschreibung ist mir wirklich ein sehr großes Anliegen, ich werde mich auch weiterhin bemühen (; Was das Kapitel-Posten angeht… so hoffe ich, das künftig im Abstand von 1-2 Wochen zu schaffen. In den Schulferien geht es auf jeden Fall eindeutig schneller!

Ginns – Ich schreibe, ich schreibe (;

Imobilus – Vielen Dank für den Tipp! (; Freut mich, dass dir die Story gefällt!

Fawkes-90 – Hoffe es war schnell genug (;

Na dann… wünsche ich mal viel Spaß beim Weiterlesen! Alle Arten von Kritik sind übrigens auch weiterhin willkommen. (;

Kapitel 2

Die nächsten Tage verliefen sehr ruhig. Der Wetterbericht, den Onkel Vernon und Tante Petunia auch weiterhin so wie jeden Tag verfolgten, kündigte keine Veränderung der Temperaturen an. Die Baustelle um die Ecke produzierte weiter Lärm, und auch der Gummigestank wollte nicht weichen.

Nach dem intensiven Gespräch mit den Dursleys hatte sich im Inneren des Ligusterwegs Nr. 4 jedoch etwas verändert. Zum einen war es das Verhalten von Harrys Onkel, der nun wieder dazu übergegangen war, seinen Neffen vollständig zu ignorieren. Ganz im Gegensatz zu seiner Frau, die, auch wenn sie zuerst nicht mehr gewagt hatte, Harry in die Augen zu blicken, nun ganz normal und respektvoll mit ihm umging. Tatsächlich hatte sie ihn seitdem kein einziges Mal mehr angefaucht. Es war, als wären sie zu dem stillen Einverständnis gekommen, sich das Leben so leicht wie möglich zu machen.

Nur eines an ihrem Verhalten beunruhigte Harry. Es war die Taubheit, die sie vortäuschte, wenn er versuchte, das Gespräch auf ihre Vergangenheit zu lenken. Offenbar dachte sie, schon genug preisgegeben zu haben.

Eine weitere Veränderung spielte sich aber auch in Harry ab. Wo er die letzten Tage und Wochen auf seinem Bett gelegen hatte, hin und hergerissen zwischen Trauer um Sirius und Wut auf Bellatrix Lestrange, beunruhigt von dem Inhalt der Prophezeiung, die Dumbledore ihm eröffnet hatte, so saß er jetzt an seinem Schreibtisch, das goldene Medaillon in der Hand, in der Hoffnung, das Krankenhaus würde anrufen, um zu sagen, was mit Nicholas Fetch geschehen war.

Natürlich hatte er Sirius Tod nicht vergessen, und immer noch plagten ihn Selbstvorwürfe und Albträume. Doch nun, da er erfahren hatte, dass es jemanden gab, der seiner Mutter vor vielen Jahren sehr nahe gestanden hatte, erhoffte er es sich, mehr über die Vergangenheit seiner Eltern herauszufinden. Auch die Rätsel, die sich um diesen Mann und seinen Zustand aufgegeben hatten, galt es zu lösen, was für Harry ein willkommenes Mittel zur Ablenkung war.

Als sich drei Tage nach den mysteriösen Ereignissen immer noch kein Krankenhaus gemeldet hatte, wurde Harry noch unruhiger als zuvor. Er bereute es, den Mann so schnell den Muggeln ausgeliefert zu haben, vor allem jetzt, wo er so viele Fragen an ihn hatte.

Doch immer wenn das Telefon klingelte, und die Hoffnung erneut in ihm aufflammte, begrüßte Onkel Vernon schließlich einen Geschäftspartner am anderen Ende der Leitung und warf Harry böse Blicke zu, da er sich schon wieder außerhalb seines Zimmers befand. Es schien, als hätten diese Ereignisse nur als kleine Abwechslung von dem sonst so trostlosen Leben bei den Dursleys dienen sollen…

Harry schreckte hoch. Nachdem er die letzten Tage davon verschont geblieben war, hatte er gerade erneut Sirius Tod durchlebt, seinen Fall durch den Vorhang in der Mysteriumsabteilung, das grausame Lachen seiner Cousine…

Doch jetzt, wo er wach war, bemerkte er, dass es etwas anderes gewesen sein musste, das ihn geweckt hatte. Mit großen Augen blickte er sich in seinem Zimmer um.

Alles war in ein warmes, goldenes Licht getaucht, und über seinem Schreibtisch schien etwas in der Luft zu schweben. Verstört und hellwach stand Harry auf, um es genauer sehen zu können.

Tatsächlich schwebte dort etwas, allerdings war es kein Gegenstand. Es war mehr eine Art Projektion in der Luft, durchsichtig und nicht greifbar. Bei genauerem Hinsehen erkannte Harry, dass es sich um eine Art Zeichen handeln musste, von dem all das goldene Licht ausging. Es sah aus wie das Siegel einer Familie: Ein in sich verschlungenes M, umgeben von einem Blütenkranz.

Harry bemerkte, wie sich in seinem Bauch ein Kribbeln ausbreitete, wie immer, wenn er das Gefühl hatte, dass etwas Besonderes und Wichtiges geschah, und dies hier war zweifelsohne eins von diesen Ereignissen. Endlich schien etwas zu geschehen.

Gewaltsam riss er sich von diesem wunderschönen und beruhigenden Anblick los, um herauszufinden, woher die Projektion stammte. Langsam sah er sich in dem in Gold getauchten Raum um. Alles sah so aus wie immer, sein Bett war zerwühlt, der Nachttisch unter Schulbüchern begraben, sein Koffer stand halb offen auf dem Boden, der bedeckt war mit Kleidungsstücken, Büchern und leeren Schokofrosch-Packungen.

Sein Blick fiel auf den etwas ordentlicheren Schreibtisch, und augenblicklich wurde ihm klar, was dieses Schauspiel erzeugt hatte. Dort lag es, zwischen Stiften und Zaubertrankzutaten. Das halb aufgeklappte Medaillon, das Harry in den letzten Tagen unzählige Male geöffnet, angestarrt, und wieder geschlossen hatte. Es schien, als führe ein dünner, kaum sichtbarer Lichtstrahl aus seinem Inneren hinauf zu dem Zeichen, das all das goldene Licht verstrahlte.

Ohne zu Zögern griff Harry nach dem Schmuckstück, was er jedoch augenblicklich wieder bereute. Kaum hatte er es berührt, klappte es zu. Die goldene Lichtquelle verschwand und er stand im Dunkeln. Mühsam tastete er sich an seine Nachttischlampe heran und knipste sie schließlich, nachdem er den sowieso schon wackeligen Bücherstapel daneben holpernd zu Fall gebracht hatte, an.

Sein Zimmer sah aus wie immer. Das Medaillon lag auf seinem Schreibtisch wie eh und je, doch keine Spur mehr von dem goldenen Licht. Harry war kurz davor loszufluchen über seine Dummheit und griff ärgerlich nach der geschlossenen Brosche. Wieder betrachtete er sie von allen Seiten, doch diesmal fiel ihm unwillkürlich eine Prägung in der Rückseite auf. Er hatte sie schon bei vorherigen Inspektionen gesehen, ihr allerdings keine Bedeutung zugemessen. Doch jetzt erkannte er ihn wieder, den Blumenkranz, der ein in sich verschlungenes M umringte. Was war das nur für ein Zeichen?

Angestrengt durchsuchte er sein Gedächtnis, doch er konnte sich einfach nicht erinnern, es schon einmal gesehen zu haben.

Seufzend konzentrierte er sich wieder auf das Medaillon. Es war halb offen gewesen, als es dieses Licht verstrahlt hatte. Die letzte Möglichkeit, etwas herauszufinden, bestand also darin, es zu öffnen.

Entschlossen griff Harry nach seinem Zauberstab und umklammerte ihn fest. Mit der anderen Hand klappte er die Brosche auf.

Sofort schoss ihm gleißend helles Licht entgegen, stärker noch, als er die Sonne jemals empfunden hatte, und gab Harry das Gefühl, blind zu sein. Verzweifelt drückte er die Augenlider zusammen und wollte das Medaillon fallen lassen, doch es war, als würde seine Hand von ihm kontrolliert, denn sie klammerte sich weiter um das Schmuckstück.

Dann spürte Harry das bekannte Ziehen hinter seinem Bauchnabel, und folgerte daraus entsetzt, dass die Brosche zu einem Portschlüssel geworden sein musste. Im Gegensatz zu der Reise mit einem Portschlüssel kam es ihm hier jedoch so vor, als würde er nicht von dem Gegenstand durch einen Farbenwirbel gezogen, sondern vielmehr durch ihn hindurch gesogen, als bilde das Innere des Medaillons eine Art Tor zu dem, was ihn dahinter erwartete.

Einen Moment lang war ihm, als würde der goldene Wirbel um ihn herum ewig anhalten. Schließlich nahm er jedoch wahr, wie sich vor ihm eine Öffnung auftat, die im Gegensatz zu dem blendenden Licht düster wirkte, und wenige Augenblicke später spürte er auch schon wieder festen Boden unter den Füßen, verlor sofort das Gleichgewicht, und kam schmerzhaft, mit dem Kinn nach vorne, auf dreckigem Steinboden auf. Mit einem dumpfen ‚Klonk' fiel neben ihm die Brosche zu Boden.

„Wer sind sie? Was wollen sie von mir?", drang plötzlich eine hastig sprechende und verängstigt klingende Stimme an sein Ohr. Mit zusammengekniffenen Augen und einem mulmigen Gefühl im Bauch rappelte Harry sich langsam auf. Seine Brille hatte wieder einmal einen Sprung abbekommen, und so wollte er, ganz nach alter Gewohnheit, den Zauberstab heben um das Missgeschick zu beseitigen. Plötzlich hielt er jedoch inne, als ihm bewusst wurde, dass die Schule noch nicht begonnen hatte, und er demnach noch nicht zaubern durfte.

Er fluchte innerlich. Es sah so aus, als müsste er den Rest seiner Ferien mit zerbrochener Brille auf der Nase verbringen.

Soweit es ging, wandte er seinen Blick nun dem zu, der gesprochen hatte, den Zauberstab erhoben; bereit, ihn im Notfall doch zu benutzen. Es war sehr düster im Raum, und er konnte im ersten Moment nur einen am Boden liegenden Schatten erkennen.

Als sich seine Augen jedoch an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er, wen er vor sich hatte.

„Nicholas Fetch!", brach es erstaunt aus ihm heraus. Sein Gegenüber schwieg, und eine unangenehme Stille breitete sich im Raum aus. Schließlich schien er sich mit zitternder Stimme zu einer Erwiderung durchzuringen: „Wer… was… woher kennen sie meinen Namen?"

Harry konnte die Angst des Mannes förmlich spüren. Was war hier geschehen? Und wo zum Teufel waren sie? Dieser Raum schien das Gegenteil eines steril-weißen Krankenhaussaales darzustellen. Das dunstige Licht, das durch ein sehr kleines, vergittertes Fenster hereinkam, erhellte den Raum gerade so weit, dass man schemenhaft seine Einrichtung wahrnehmen konnte.

Es war ein sehr kleiner Raum, der offenbar im Keller liegen musste; darauf deuteten jedenfalls die modrigen, feuchten Steinwände sowie der dreckige, mit Moos überzogene Boden hin. Im Schatten eines schweren Holzregals, dessen leere Ablagen morsch und sehr instabil wirkten, stand ein umgekippter Stuhl, dem ein Bein zu fehlen schien. Außer diesen zwei Möbelstücken lagen nur noch mehrere staubige Decken in einer Ecke.

Beunruhigt wandte Harry seinen durch den Sprung in seiner Brille leicht gestörten Blick wieder Nicholas Fetch zu.

„Ich weiß nicht, ob sie sich an mich erinnern", fing er an. „Vor ein paar Tagen erschienen sie plötzlich bei uns, also meinen Verwandten und mir, und baten uns um Hilfe. Kurz darauf sind sie allerdings in Ohnmacht gefallen, und mir blieb nichts anderes möglich, als den Krankenwagen zu rufen."

Harry hielt kurz inne, um auf eine Reaktion seines Gegenübers zu warten. Dieser schein jedoch nicht im Stande etwas zu sagen, und so sprach er weiter.

„Ich will ihnen nichts tun, ich weiß selbst nicht wie ich hier her gekommen bin. Alles was ich weiß ist, dass… -" Er stockte. Ihm fiel ein, dass er das Medaillon ohne das Wissen des Mannes behalten hatte. Es schien ihm klüger, es erst einmal nicht zu erwähnen. „… dass ich plötzlich hier war. Es schien, als hätte mich… irgendetwas gerufen."

Erneut blickte er erwartungsvoll auf die schwachen Umrisse der Person vor ihm. Diesmal schien er seine Stimme wiederzufinden.

„Ohnmächtig? Vor ein paar Tagen?", krächzte er.

„Ähm, ja", bestätigte Harry. „Plötzlich lagen sie im Flur meiner Tante und meines Onkels. Da ich mich nicht mit Mug… - mit Medizin auskenne, musste ich schließlich Hilfe holen."

„Aber.. das kann nicht sein", murmelte Nicholas Fetch mit seiner kratzigen Stimme. „Ich war nie in einem Krankenhaus – ganz im Gegenteil. Ich bin vor ein paar Stunden hier aufgewacht. Das ist alles, woran ich mich bisher erinnern kann. Und an die Stimmen, die ich vorhin von draußen gehört habe."

Harry konnte schwach erkennen, dass er in Richtung des Fensters nickte. Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf, und er fragte sich, was um Himmels Willen hier geschehen war.

Soweit er sich als zurechnungsfähig ansehen konnte, und er hoffte dies tun zu können, dann erinnerte er sich eindeutig daran, dass dieser Mann vor ein paar Tagen mit dem Krankenwagen abtransportiert worden war. Warum befand er sich jetzt aber plötzlich hier, in einem Kellerloch, das unmissverständlich an eine Gefängniszelle erinnerte?

Selbst wenn er ohnmächtig gewesen war, so konnte sich Harry doch kaum vorstellen, dass ihn jemand aus dem Krankenhaus entführt haben sollte, geschweige denn konnte.

Außer… - und jetzt spürte er ein nervöses Kribbeln im Nacken – … außer es waren Zauberer gewesen, die ihn hierher gebracht hatten, und Harry fiel nur eine Art von Zauberern ein, die jemanden an einem solchen Ort einsperren würde: Todesser.

Aber warum?

Er spürte, dass sein Gegenüber ihn die ganze Zeit beunruhigt gemustert hatte, offenbar noch immer nicht sicher, ob er ihm vertrauen konnte.

Schließlich entschloss sich Harry für den direkten Weg: „Mr. Fetch, hatten sie schon einmal Kontakt mit einem… einem Zauberer?"

„Z-zauberer? Aber, ich bitte sie", antwortete der Angesprochene einige Sekunden später mit dünner Stimme, die eindeutig aussagte, dass ihm dieses Wort mehr sagte, als er zugeben wollte.

„Ja, Zauberer. Menschen, die magische Fähigkeiten haben, einen Zauberstab benutzen. Hatten sie jemals etwas mit einem Zauberer oder einer Hexe zu tun?"

Harry bohrte seinen Blick nun so gut es ging in die Augen des verängstigten Mannes, der eindeutig mit den Nerven am Ende war.

Schnell senkte dieser den Blick, um den Blickkontakt zu durchbrechen.

Dann erhob er leise die Stimme: „Ja, ich hatte etwas mit e-einer Hexe zu tun. Aber das ist eine Ewigkeit her. Ich war damals noch ein Kind."

Entgeistert starrte Harry ihn an. „Und sie selbst? Ich meine… sind sie selbst ein Zauberer?"

Kaum hatte er diese Frage gestellt, erschien sie ihm total lächerlich, und er wusste die Antwort, bevor sie wenige Augenblicke später erklang.

„Nein. Nein, ich hatte nie etwas damit zu tun."

Harry schwieg benommen. Es schien ihm zwecklos, weiter ergründen zu wollen, wie der Mann im Haus der Dursleys aufgetaucht sein konnte, denn er schien sich an keines der Ereignisse zu erinnern.

Viel mehr interessierte ihn aber auch die Tatsache, dass Nicholas Fetch seine Kindheit genannt hatte, und mit der Hexe, und beim Gedanken daran spürte Harry die Aufregung in sich auflodern, zweifellos seine Mutter gemeint haben musste.

„Wer war diese Hexe?", fragte er geradeheraus und mit angehaltenem Atem.

Nicholas Fetch schien sich kurz dagegen zu sträuben, weitere Informationen zu geben, doch im nächsten Moment begann er auch schon zu sprechen.

„Ihr Name war Lily, Lily Evans", erzählte er, während er sich langsam aufrichtete und gegen die modrige Wand lehnte. „Ihre Familie wohnte damals im selben Reihenhaus wie meine, in einer Neubausiedlung in Great Whinging – das liegt in Surrey", ergänzte er, und Harry nickte ihm zu, um zu zeigen, dass er wusste, welcher Ort gemeint war. Zum Sprechen fühlte er sich gerade nicht im Stande, da die Aufregung darüber, plötzlich Informationen über die Kindheit seiner Mutter zu bekommen, ihn lähmte.

„Nun, wir kannten uns seit unserer Geburt, und waren demnach sehr gute Freunde. Sie hatte auch eine Schwester, Petunia Evans… allerdings hatte ich mit ihr nie auf derselben Ebene zu tun, wie mit Lily", führte Nicholas Fetch weiter aus. „Lily und ich, wir waren damals mehr als nur Freunde, wir waren wie Bruder und Schwester… ja, ich denke das Wort Seelenverwandtschaft schien damals ganz gut zu passen."

Er lächelte, während er weiter in Erinnerungen zu schwelgen schien. Harry hörte mit offenem Mund zu.

"Du musst wissen, dass Lily einer dieser Menschen war, die keine Feinde haben. Jeder der sie kannte, schien sie zu lieben. Ich will mich unter ihren Bekannten nicht hervortun, aber ich glaube, dass ich schon eine besondere Stellung in ihrem Leben eingenommen habe.

Das klingt jetzt vielleicht komisch", lenkte er ein, „denn wir waren damals schließlich noch Kinder. Aber obwohl es schon so lange her ist, erinnere ich mich an jedes Detail."

Als Harry noch immer nichts zu erwidern zu haben schien, fuhr Nicholas fort, sämtliche Gründe, die ihn zuvor am Sprechen gehindert haben konnten, zurücklassend.

„Wir besuchten zusammen den Kindergarten und die Grundschule. Von Lily ging immer ganz automatisch eine Aura aus, die bei Anderen Bewunderung hervorrief. Ich muss zugeben, dass ich das damals immer sehr genossen habe, denn ich war zweifelsohne ihr bester Freund. Auch wenn ich es mir nie wirklich eingestanden habe, so hatte ich doch hin und wieder das Gefühl, dass sie mehr war, als nur ‚normal'." Er seufzte, und plötzlich wirkte er sehr müde und erschöpft.

„An dem Tag, als ich die Bescheinigung für meine Aufnahme an der Audley Middle School bekam, änderte sich plötzlich alles. Da es für mich ganz klar war, dass wir weiterhin auf dieselbe Schule gehen würden, bin ich sie natürlich sofort besuchen gegangen. Sie wirkte aber sehr bedrückt… und als ich dann auf die Schule zu sprechen kam, sagte sie gar nichts mehr und meinte ich solle gehen. Zuerst dachte ich, sie hat den Brief noch nicht bekommen und befürchtet, dass sie nicht aufgenommen wurde. Als sie aber auch die nächsten paar Wochen nicht mehr mit mir reden wollte, wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich denken sollte. Folglich verbrachte ich meine Sommerferien zum größten Teil allein, denn außer Lilly, und das war eine sehr schmerzliche Erkenntnis, hatte ich keine Freunde."

An diesem Punkt schien Nicholas Fetch seine Bereitwilligkeit zu Reden plötzlich wieder zu verlieren. Nachdem er einige Minuten schweigend ins Leere gestarrt hatte, schien er wieder zu realisieren, wo er sich befand und blickte zu Harry auf.

„Ich habe das noch nie jemandem erzählt", begann er dann wieder stockend, „aber als wir uns nach den Sommerferien verabschiedeten, und sie ohne Erklärung verschwand, sahen wir uns nicht das letzte Mal. Drei Jahre später an Weihnachten kam sie bei mir vorbei. Ich hatte zu dem Zeitpunkt immer noch kaum neue Freunde, und verbrachte meine Ferien demnach allein in meinem Zimmer. Ich weiß noch genau, wie es damals klopfte... und dann stand sie plötzlich vor mir. Mit ihren strahlend grünen Augen. Schöner als je zuvor. Es war alles wie früher. Es schien, als wären die letzten drei Jahre nur ein böser Traum gewesen. Es war ein tolles Gefühl, und ich wünschte mir damals, der Tag wäre nie zu Ende gegangen."

Ein wehmütiges Lächeln huschte über Nicholas' Gesicht.

„Aber schließlich verabschiedete sie sich doch wieder von mir. Es war das erste Mal, dass sie etwas anderes ausstrahlte als Freude und Glück. Ich hatte damals das Gefühl, dass irgendetwas sie beunruhigte. Irgendetwas machte ihr Angst. Zum Abschied gab sie mir ein Geschenk. Sie meinte, falls ich irgendwann mal ihre Hilfe brauchen sollte... dann sollte ich es benutzen. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen."

Mit diesen Worten beendete Harrys Gegenüber seine Erzählung und schwieg. Harry schluckte, nicht sicher, wie er reagieren sollte. Die Offenheit des Mannes beeindruckte ihn, offenbar schien er diese Geschichte schon seit Ewigkeiten loswerden wollen, aber vor allem war er überwältigt von der Vielzahl an Informationen, die er gerade über die Vergangenheit seiner Mutter bekommen hatte. Verlegen räusperte er sich und öffnete langsam den Mund.

„Sie… sie war ihnen wohl sehr wichtig", brachte er stockend hervor.

„Sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Der einzige Grund, jeden Morgen aufzustehen, und zu hoffen, ihr endlich wieder über den Weg zu laufen. Ein Jahr nach unserem letzten Treffen zogen ihre Eltern mit Petunia um... wir hatten kaum mehr Kontakt. Und selbst wenn… ich glaube nicht, dass ich dadurch Lilly noch einmal gesehen hätte."

Betreten blickte Harry zu Boden. Er wusste nicht, ob er sagen sollte, wie nah er selbst Lilly Evans war. Schließlich entschied er sich, dem Mann gegenüber genauso offen zu sein, wie dieser es gewesen war.

„Ich… kannte Lilly Evans", sagte er leise.

Nicholas hob langsam seinen Kopf und blickte Harry an. „Du kanntest sie?", fragte er, und Harry konnte Hoffnung in seiner Stimme mitschwingen hören.

„Ja, ich kannte sie. Allerdings nicht annähernd so gut wie Sie."

„Wo ist sie? Woher kennst du sie?", fragte der Mann weiter, während seine Augen sich weiter in Harrys bohrten.

„Sie war meine Mutter."

Einen Moment lang starrten sie sich einfach nur an.

„Sie… war?", entgegnete Nicholas dann mit rauer Stimme.

„Sie ist gestorben, vor 15 Jahren. Ich war damals ein Jahr alt, demnach erinnere ich mich kaum an sie", begann Harry, doch Nicholas unterbrach ihn.

„Gestorben? Nein! Nein, sie kann nicht…". Mit geweiteten Augen blickte er zu Harry auf. „Als ich vor ein paar Tagen ohnmächtig wurde, da habe ich sie gesehen! Sie… sie stand vor mir und lächelte mich an. Das kann kein Traum gewesen sein!"

"Mr. Fetch!", versuchte Harry den aufgewühlten Mann zu beruhigen. „Mr. Fetch, bitte hören Sie mir zu. Meine Mutter ist seit 15 Jahren tot. Sie müssen das geträumt haben, denn Sie…-"

„Ihre Augen!", entfuhr es dem Angesprochenen, „Ich habe ihre Augen gesehen, als stünde sie vor mir!"

Doch plötzlich hielt er inne und starrte Harry an. „Du hast ihre Augen", murmelte er leise, und sackte erschöpft in sich zusammen.

Beunruhigt sah Harry zu dem völlig verstörten Mann.

„Ja, ich habe ihre Augen", sagte er dann langsam. „Bitte Mr. Fetch, sie müssen mir glauben, dass es keinen Menschen gibt, der sich mehr wünschen würde, ihren Tod ungeschehen zu machen. Ich weiß kaum etwas über sie – das was sie mir gerade erzählt haben, ist wohl das meiste, das ich jemals über sie erfahren habe."

Langsam ging er in die Knie und hob das zu Boden gefallene Medaillon auf.

„Ich muss mich bei ihnen entschuldigen", fuhr er dann fort, das ungewöhnlich warme Metall fest mit der Hand umschlossen. „Ich bin nicht einfach hier aufgetaucht. Ich bin mit einem Gegenstand hierher gekommen, von dem ich fürchte, dass ich ihn ohne zu fragen an mich genommen habe."

Vorsichtig streckte er die Hand aus. Einen Moment lang starrte Nicholas das Schmuckstück an, dann griff er schnell danach und drückte es sich an die Brust. In seinen Augen bildeten sich Tränen.

„Und ich dachte schon, ich hätte es verloren", murmelte er, das Medaillon weiterhin fest an sich gepresst.

„War das das Geschenk, das meine Mutter ihnen damals gegeben hat?", fragte Harry vorsichtig, obwohl er die Antwort schon kannte.

Nicholas Fetch nickte gedankenverloren, den Kopf gesenkt.

„Es tut mir Leid, dass ich es einfach genommen habe. Ich musste nur irgendetwas tun, also versuchte ich, irgendwie herauszufinden, wer sie sind."

„Nicht doch", antwortet der Mann mit erstickter Stimme. „Du… du musst dich nicht entschuldigen. Ich danke dir, dass du es mir wiedergebracht hast. Ich wüsste nicht, wie ich ohne es weiterleben sol…-"

Ein ohrenbetäubender Knall unterbrach den aufgelösten Mann. Er schien von draußen zu kommen, und wie gelähmt konnte Harry durch das Fenster mehrere Menschen in Umhängen erkennen, die plötzlich aufgetaucht waren. Mit stockendem Atem und krampfhaft umklammertem Zauberstab stand er da, während Nicholas Fetch mit weit aufgerissenen Augen ebenfalls zum Fenster empor starrte.

„Es scheint, als wäre der Muggel endlich wieder bei Bewusstsein", konnte Harry die abfällige Bemerkung eines Mannes mit dunkler, kratziger Stimme hören, woraufhin eine zweite, gehässige Frauenstimme, die Harry zu seinem Grauen sehr bekannt vorkam, antwortete:

„Und seltsamerweise habe ich das Gefühl, er ist nicht allein!"


Es bleibt spannend (;