Kapitel 3 – Familienangelegenheiten

Nun war Dezideria also wieder da gelandet, wo sie eigentlich nie wieder hin gewollt hatte. Doch Grübeln wollte sie im Moment nicht, aber ein ungutes Gefühl beschlich sie und so beschloss sie, auf der Hut zu sein. Einige Augenblicke lang hielt sie die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf ihre Atmung, ein und aus, ein und aus. Es dauerte nicht lang, da spürte sie, wie das Schwindelgefühl nachließ und die Kopfschmerzen verschwanden.

Das Mädchen öffnete langsam die Augen und setzte sich nun vorsichtiger auf. Es funktionierte. So stand sie auf und machte sich auf den Weg ins Badezimmer unter die Dusche.

Als sie wieder herauskam, sah sie ihren Vater im Sessel am Fenster sitzen. Er hatte sie bemerkt, dass wusste sie, dennoch schwieg er. Leise kehrte das Mädchen zum Bett zurück und kuschelte sich wieder unter die Decke.

Eine Weile blieb es still.

„Du hast mich vor allen lächerlich gemacht!"

Seine Stimme war gefährlich leise.

„Du hast meine Stellung beim Lord gefährdet, weil ich deine Flucht nicht verhindern konnte. Du hast dadurch den Namen der Malfroys ins Lächerliche gezogen!"

Wieder war es still. Nun setzte sie sich auf, zog ihre Beine an, umfasste sie mit ihren Armen und legte den Kopf auf die Knie.

„Aber nach allem, was passiert ist, habe ich das wohl verdient!"

Sie horchte auf.

„Ich habe viel falsch gemacht, Fehler begangen, die ich hätte vermeiden müssen! ... Wir haben den Überfall deinetwegen gemacht, um dich zurückzuholen und ich hätte damit rechnen müssen, dass ich dich finden würde. Ich weiß, dass es nichts wieder gut macht, was geschehen ist, ist geschehen.!"

Er stand auf und kam mit langsamen Bewegungen zum Bett. Dezideria zuckte zusammen und wollte aus dem Bett springen, doch er schüttelte mit dem Kopf und blieb neben ihr stehen. Mit einem Schlenker seines Zauberstabes bewegte sich der Sessel vom Fenster zum Bett und er setzte sich wieder hinein.

Vorsichtig schaute sie ihren Vater an und erschrak. Er schien in den wenigen Tagen um Jahre gealtert zu sein. Er erwiderte ihren Blick müde.

„Du hasst mich, stimmts?"

Lange sah sie ihm in die Augen, wandte sich dann ab und schüttelte leicht mit dem Kopf.

„Das solltest du aber!"

Wieder dieselbe Kopfbewegung. Verwirrt schaute er sie an.

„Du hast Angst?"

„Nein!"

„Dezideria, du bist meine Tochter und auch wenn du es nicht glaubst, ich möchte gern wissen, was dir durch den Kopf geht, ich möchte wissen, was du vorhast, was du fühlst, um weitere Fehler zu vermeiden. Ich weiß, dass ich als gefühllos gelte. Ich zeige sie nicht, weil es in unseren Kreisen als Schwäche gilt, vielleicht war es dieses Mal ein Fehler. Ich weiß natürlich, wie schwer es dir fällt, Männer zu berühren, auch wenn es nur die Hand ist. Ich habe damals nicht darüber nachgedacht. Es tut mir aufrichtig leid. In unseren Kreisen sind Respekt und Disziplin wichtiger."

Er verstummte und schaute seine Tochter an, diese erwiderte seinen Blick, senkte dann wieder ihren Kopf auf ihre Knie.

„Narzissa hat dir mächtig zugesetzt, habe ich recht?"

Sie hörte ihn leise lachen und verwundert sah sie ihn an.

„Ist das so offensichtlich?"

„Sieht so aus.!"

Nachdenklich betrachtete Lucius sie. Ihre Körperhaltung rührte etwas in ihm und er geriet in Versuchung, sie in den Arm zu nehmen und beschützen zu wollen. Doch so schnell dieses warme Gefühl ihn überflutete, so schnell war es auch schon wieder verschwunden.

„Es tut mir leid, dass ich dir durch meine Flucht Schwierigkeiten gemacht habe."

Unverwandt blickte er sie an und wartete.

„Es ist nur so, dass ... es für mich einfach zu viel wurde, alles passierte so schnell und ich wollte einfach nur weg, weit weg, um in Ruhe über alles nachzudenken, alles zu verarbeiten, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Ich hasse dich nicht, vielleicht habe ich das am Anfang getan und ganz bestimmt nach dem Überfall, aber sie haben mir schon beizeiten gesagt, wie Todesser vorgehen, was bei solchen Überfällen passiert und um ehrlich zu sein, ich war überrascht, denn gefoltert habt ihr niemanden - ... außer mich."

Die letzten beiden Worte waren nur geflüstert. Lucius schluckte, hob die Hand, wollte ihr tröstend übers Haar streichen, ließ sie jedoch wieder sinken.

Er schwieg, fühlte, dass sie noch nicht fertig war.

„Eigentlich bin ich dir dankbar, dankbar dafür, dass du mich aus der Hölle befreit hast, auch wenn ich ehrlich gestehen muss, dass ich dankbarer gewesen wäre, wenn diese eine Sache nicht passiert wäre. Ich respektiere dich, weil du mein Vater bist und vielleicht wäre ich sogar von allein zurückgekommen, nicht so schnell, aber die Möglichkeit hätte bestanden ... ich habe ja nun niemanden weiter, außer dir."

Der Mann spürte einen leichten Luftzug, drehte sich leicht zur Seite und sah, dass die Tür sich geöffnet hatte, sah Narzissa im Rahmen stehen. Leicht schüttelte er mit dem Kopf und deutete ihr an, sich einfach auf den Stuhl am Schreibtisch zu setzen und leise zu sein. Dezideria dagegen tat so, als würde sie es nicht merken, oder aber sie hatte es nicht gemerkt.

„Nach allem was passiert ist, vor allem die Dinge der letzten zwei Jahre, weiß ich, dass ich viel Zeit brauche und ich hoffe, dass ich es irgendwann schaffe, die Dämonen zu vertreiben, dass ich es schaffe, wieder irgend Jemandem vertrauen zu können. Ich habe mich immer nach einer Familie gesehnt, nach Eltern, Geschwistern. Das war mir bisher nicht vergönnt gewesen, auch eigene Kinder möchte ich mal haben, aber ob ich es jemals ertragen kann ..."

Wieder verstummte sie.

„...vielleicht kannst du es nicht verstehen, vielleicht weißt du nicht, wie man sich fühlt, wenn man vergewaltigt wurde, doch du kannst mir glauben, dass Berührungen, vor allem die von Männern, danach nicht zu ertragen sind. Ich kann sie nicht ertragen. Ich bin weggelaufen, weil du etwas wolltest, was ich nicht in der Lage war zu geben und auch noch nicht zu geben bereit bin."

Tränen stiegen in dem Mädchen hoch, sie versuchte sie zurückzuhalten, dennoch bahnten sie sich ihren Weg und liefen ihr über die Wangen. Lucius sah es, schluckte, stand dann auf und verließ den Raum.

Immer stärker flossen die Tränen und Dezideria konnte ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Sie spürte, wie jemand sich zu ihr aufs Bett setzte und wollte abrücken, doch dieser Jemand war schneller und hatte sie bereits fest an sich gezogen. Es dauerte einen Moment bis das Mädchen realisierte, wer es war, doch dann schmiegte sie sich vertrauensvoll an sie und ließ ihren Tränen freien Lauf. Narzissa zog sie noch fester an sich und strich dem Mädchen übers Haar und über ihren Rücken. Sie hatte zwar nicht alles mitbekommen, konnte sich aber vieles zusammenreimen und konnte sich vorstellen, was Dezideria angetan wurde. Eine große Welle der Zuneigung für das Mädchen strömte durch sie und sie schwor sich, alles zu tun, damit Dezideria nicht mehr so viel leiden musste.

Lange Zeit saßen sie da, wie lange, konnte Narzissa nicht sagen, doch es dauerte eine Weile, dann ließ das Schluchzen des Mädchens nach und wenige Momente später merkte sie, dass sich Dezideria in ihren Armen entspannte, wusste, dass sie sich in den Schlaf geweint hatte. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, legte sie das Mädchen zurück ins Bett und deckte sie sorgfältig zu, verließ anschließend den Raum, auf der Suche nach ihrem Mann, den sie im Arbeitszimmer auch fand.

Draco hatte mitbekommen, dass sie Dezideria wohl gefunden und wieder hergebracht hatten. Er wusste nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte, wusste aber, das hatte er bei einem Gespräch zwischen seinen Eltern belauschen können, dass sie wohl älter war als er. Er hatte sich mit Blaise lange darüber unterhalten. Sie war die Erstgeborene und der Lord erlaubte jeder Todesserfamilie nur ein Kind. Er fürchtete, seit dem sie aufgetaucht war, dass jeder Tag sein letzter sein könnte.

Er verspürte den Drang wegzulaufen, wie sie es getan hatte, aber wohin sollte er gehen? Wo war er in Sicherheit? Gab es überhaupt eine Sicherheit?

Er wollte mit seinem Vater darüber reden, aber dieser war in den letzten Tagen ungenießbar gewesen und seine Mutter hatte alle Mühe gehabt, dafür zu sorgen, dass er das Haus nicht in seiner Wut zerstörte.

Sie war also wieder da. Sein Vater war lange bei ihr geblieben und war aber froh, dass er es nicht getan hatte, denn er sah durch einen Türspalt, dass auch seine Mutter in ihr Zimmer gegangen war und wieder kurze Zeit später, dass sein Vater herauskam ... mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

Draco wusste einfach nicht, was er tun sollte und dachte nach. Er war ein Einzelkind und wuchs in einer angesehenen reinblütigen Familie auf, alles was er wollte, bekam er, Geld hatte nie eine Rolle gespielt, doch wie oft hatte er, wenn er allein war, sich vorgestellt, wie es wohl wäre, eine Schwester oder einen Bruder zu haben, so wie die Weasleys. Liebend gern hätte er seinen Besitz dafür hergegeben, um einmal, nur ein einziges Mal, erleben zu dürfen, wie es wäre, wenn da noch jemand wäre.

Weasley, oh ja, wie oft hatte er Ron beneidet und doch war dies etwas, was er nie zugeben würde, das Wiesel hatte etwas, was er haben wollte, aber nie haben konnte.

Er unterbrach diesen Gedanken und kehrte zu Dezideria zurück. Jetzt hatte er, was er wollte, eine Schwester, aber für wie lange? Er musste mit seinem Vater reden, doch eine neue Welle der Angst durchlief ihn, Angst vor der Antwort.

Leise schlich er in Deziderias Zimmer und stellte fest, dass sie schlief. Er betrachtete sie genauer, sah, dass sie geweint hatte. Hatte sein Vater sie geschlagen, weil sie geflohen war? Dann fiel ihm ein, dass seine Mutter zwar den Raum betreten hatte ... mit leeren Händen, aber auch nicht verärgert ausgesehen hatte, wie sie es sonst war, wenn sein Vater ihn bestraft hatte. Bestand doch noch ein Fünkchen Hoffnung für ihn?

So wie sie jetzt im Bett vor ihm lag, wusste er nicht, was er fühlen sollte. Hass? Weil sie ihm den Tod bringen konnte? Zuneigung? Weil sie seine Schwester war?

Er stand lange dort und starrte sie an, erschrak, als sie sich bewegte, schreckte zurück, als sie die Augen öffnete.

Dezideria wurde wach, weil sie merkte, dass sich noch jemand im Raum befand. Sie drehte den Kopf zur Seite, brauchte aber einen Augenblick um zu realisieren, wer es war.

„Hallo Draco!"

Das Mädchen lächelte leicht, als sie merkte, dass der Angesprochene sie verwirrt anstierte. So setzte sie sich auf und sprang dann mit einem Satz aus dem Bett.

„Kann ich etwas für dich tun?"

Er hatte inzwischen gemerkt, dass sie mit ihm sprach und schüttelte mit dem Kopf. Sie hob eine Augenbraue.

„Warum bist du dann hier?"

„Ich ... hm", räusperte er sich.

„Es ist unhöflich, jemanden im Schlaf anzustarren, weißt du?"

„Ich habe nicht...!"

„... ach wirklich?"

Sie lachte leise auf. Draco wurde rot, drehte sich um und ging zur Tür.

„Du musst nicht gehen."

Er blieb stehen, drehte sich zur ihr um. Sie machte eine einladende Geste zu dem Sessel, der immer noch neben ihrem Bett stand.

„Mi casa es su casa."

"Wie bitte?"

"Das heißt, mein Haus ist auch dein Haus … na ja, eigentlich sollte ich wohl eher sagen, mein Zimmer ist auch dein Zimmer."

„Ist es aber nicht."

Sie seufzte.

„Es bedeutet, mache es dir bequem."

„Aha ... danke."

Er trat zu dem Sessel und nahm Platz.

„Also?"

„Also was?"

„Warum bist du hier?"

Draco senkte den Kopf.

„Neugierde? Probleme?"

Der Junge schwieg.

„Also beides, vermutlich, aber wem geht es nicht so."

Überrascht schaute Draco auf.

„Was ist los?"

„Ich ... ich ... ich gehe wohl besser."

Noch während er das vor sich hinstotterte, schnellte er aus dem Sessel und eilte hinaus. Nachdenklich betrachtete sie den Sessel auf dem ihr Halbbruder gerade noch gesessen hatte und trat dann ans Fenster.

Währenddessen hatten Lucius und Narzissa ihr Gespräch beendet und sie verließ das Arbeitszimmer, stieg die Treppen hinauf und betrat das Zimmer ihres Sohnes. Dieser saß nun an seinem Schreibtisch und schien ein Buch zu lesen. Wäre sie näher getreten, hätte sie gesehen, dass er es falsch herum hielt und nur so tat, aber sie verließ das Zimmer sofort wieder und ging zu Dezideria ins Zimmer. Draco nahm seine Chance wahr und rannte zum Arbeitszimmer seines Vaters. Schlitternd kam er davor zum Stehen und klopfte an.

„Herein!" hörte er dumpf durch die Tür und öffnete diese.

Lucius schaute auf.

„Oh, Draco, Hausaufgaben fertig?"

„Noch nicht ganz Vater, aber ich möchte Sie etwas fragen."

„Dann mal los!"

Der Junge nickte, schloss die Augen und holte tief Luft, begann dann seinem Vater seine Zweifel zu schildern.

Derweil war Narzissa in Deziderias Zimmer gelangt und sah diese am Fenster stehen und nachdenklich hinausschauen.

„Fluchtgedanken?"

Das Mädchen drehte sich um und schüttelte mit dem Kopf.

„Ich habe über meine letzte Flucht nachgedacht, aber nicht an eine jetzige Flucht gedacht."

„Verstehe. Dein Vater möchte dich sehen, sobald du aufgewacht bist. Er hat einige Dinge mit dir zu besprechen."

„Dann gehe ich wohl besser zu ihm."

„Komm, ich begleite dich."

Gemeinsam machten sich beide auf den Weg und Narzissa öffnete leise die Tür zum Arbeitszimmer. Sie war erstaunt, Draco dort vorzufinden, trat leise ein, vergessend, dass Dezideria auch dabei war.

Fassungslos hörte Narzissa Dracos Anliegen und vermochte nicht zu antworten, als dieser endete. Sie hatte nie darüber nachgedacht, was Deziderias Auftauchen für Probleme mit sich bringen könnte. Lucius wurde nachdenklich, sah seine Tochter in der Tür stehen und musterte diese. Er konnte nicht erkennen, was sie gerade dachte und das irritierte ihn.

Es war eine Weile still im Raum, doch das gab sich Dezideria einen Ruck.

„Ich kann deine Ängste verstehen, Draco ..."

Erschrocken drehte der Angesprochene sich um, sah jetzt erst, dass seine Mutter und seine Halbschwester hereingekommen waren.

„... aber in deinem Fall kann ich dich beruhigen. Dir wird nichts geschehen!"

„Was weißt du denn schon?"

„Mehr als du glaubst."

Sie trat näher, nahm auf dem zweiten Stuhl Platz, nachdem sie ihn näher herangezogen hatte und setzte sich ihm gegenüber hin. Zögernd und vorsichtig nahm sie eine seiner Hände und legte sie zwischen ihre.

Lucius war überrascht, merkte dann aber an ihrer angespannten Haltung, wie viel Überwindung sie diese Geste kostete.

„Ich versuche es dir zu erklären. Ich weiß nicht, was und wie viel oder ob du überhaupt etwas von den Plänen des dunklen Lords weißt, doch ich vermute, dass dir das Eine oder Andere bekannt ist."

Draco nickte leicht.

„Du weißt, dass er eine Welt voller reinblütiger Zauberer realisieren will. Vor etwa achtzig Jahren lebte ein Zauberer, der sich sehr intensiv mit Reinblut, Talent und Erstgeborenenmagie beschäftigte. Vielleicht hast du ja sein Buch gelesen, in denen die Stammbäume und deren Talente verzeichnet sind. Er begann damals zu experimentieren, holte sich mehrere reinblütige Familien und setzte sie in Gefangenschaft. Er zwang sie, untereinander Kinder zu zeugen, dann tötete er die Eltern. Die Kinder wuchsen und rebellierten gegen ihn, töteten ihn. Doch sie kannten die Welt da draußen nicht und zogen sich ins Exil zurück. Sie heirateten untereinander und der einen oder anderen Familie gelang es dann doch, sich wieder in diese Welt einzugliedern. Der dunkle Lord bekam eines dieser Bücher in die Hände und setzte seine Leute darauf an, diese Familien zu finden.

Diese hatten inzwischen ebenfalls Kinder bekommen.

Vor etwa fünfzehn Jahren wurde einer dieser Familien gefunden und der Lord versuchte, diese Familie für sich zu gewinnen. Diese aber weigerte sich und da der Lord die Kontrolle über sie haben wollte, ging er aufs Ganze. Wer ihm nicht folgte, musste sterben. Darum befahl er seinen Todessern, diese Familie zu bedrohen, doch das Ganze eskalierte und sie verloren die Kontrolle, töteten die Familie. Nur eine Person überlebte, eine Frau, etwa vierzig Jahre alt. Sie hatte nicht geheiratet, weil sie keine „Monster" in die Welt setzen wollte. Zu den Todessern, die dort waren, gehörte auch dein Vater. Er war damals noch im äußeren Kreis und wollte sich profilieren und sich Anerkennung verschaffen. Er sprach einen Fruchtbarkeitszauber auf die Frau und vergewaltigte sie, veränderte danach aber ihre Erinnerungen. Der Lord war anfangs nicht sehr begeistert, aber die Familie Malfroy ist reinblütig und besitzt einzigartige geistige Fähigkeiten, darum hat der Lord, nachdem er davon hörte zunächst verärgert reagiert und deinen Vater dazu gezwungen, deine Mutter zu heiraten.

Schließlich, knapp acht Monate später, gebar die Frau ein Mädchen. Dein Vater wurde damit beauftragt, das Kind zu holen."

Dezideria atmete tief durch und schloss kurz die Augen, versuchte sich auf das Kommende zu konzentrieren.

„Schon damals existierte der „Orden des Phönix", ein Orden, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Lord zu vernichten. Eine Gruppe von Fanatikern spaltete sich von ihm ab und nannte sich nun „die Elite". Dieser Gruppe kamen die Pläne des Lords zu Ohren und sie waren zur Stelle, als das Kind geboren wurde.

Dein Vater konnte nichts gegen sie ausrichten und musste den Rückzug antreten. „Die Elite" nahm das Mädchen und der Frau wurden die Erinnerungen an die Schwangerschaft und an die Geburt gelöscht.

Irgendwie fanden die Todesser heraus, wo „die Elite" ihren Unterschlupf hatte und überfielen diese, entführten den Säugling. Der dunkle Lord nahm das Kind und zeichnete es."

Dezideria hob die Hand und fegte mit einer Geste die Haare aus ihrer Stirn und Draco erkannte eine Schlangentätowierung.

„...irgendwie gelang es der „Elite" das Kind wiederzuholen und bis vor knapp einer Woche lebte ich bei ihnen. Dann wurde ich erneut gefunden und alles andere weißt du."

Draco nickte.

„Der Lord wünscht nur ein Kind pro Familie und ich gebe zu, dass ich nicht damit einverstanden bin!"

Lucius holte zischend Luft.

„Manche Eigenschaften werden nun mal nur auf weibliche Nachkommen vererbt und manche nur an männliche Nachkommen, darum denke ich, sollte er zwei akzeptieren, aber ich mische mich da nicht ein. Nun, es gibt einen Grund, warum der Lord deinen Tod nicht befohlen hat. Du bist der Nachkomme der Malfroys und der Blacks. Du weißt, dass Sirius ein verurteilter Mörder ist und sollte er gefunden werden, bist du der Letzte männliche Nachkomme der Blacks, darum bist du zu wertvoll, ist dein Blut zu kostbar, verstehst du? Den Erstgeborenen der Blacks fällt es leicht, eine Animagusform anzunehmen, sollten sie dazu fähig sein, außerdem besitzen sie eine große Sensibilität, die, wenn sie ausgebildet wird, heilerische Fähigkeiten unterstützen."

„Animagus? Du meinst, ich könnte..."

Draco war sprachlos.

„Ja, könntest du. Die Verwandlung benötigt eine hohe magische und geistige Stabilität, aber bei den Blacks ist das irgendwie anders."

„Und ich kann das lernen?"

„Ja."

„Kannst du ... ?"

Dezideria schmunzelte leicht über seinen Eifer.

„Warum sollte ich?"

„Aber woher weißt du wie es geht?"

„Theoretischer Unterricht."

Draco hatte vergessen, wo er sich befand und erschrak, als Lucius sich räusperte.

„Oh ... Vater ... entschuldigen Sie!"

Dezideria runzelte die Stirn. Warum siezte Draco seinen Vater? Dieser nickte und wandte sich dann zu seiner Tochter, sah sie ernst an.

„Darf ich erfahren, woher du das alles weißt?"

Sie zuckte mit den Schultern.

„Aus dem Unterricht."

„Unterricht?"

„Natürlich! Ich habe ab meinem vierten Lebensjahr neben den typischen Fächern auch anderen Unterricht bekommen, unter anderem Okklumantik, Legelimantik, Stammbäume und Erstgeborenenmagie, waffenlosen Kampfsport, Schwertkampf und so weiter."

Lucius war sprachlos, fasste sich aber schnell wieder und bat seinen Sohn und seine Frau, zu gehen. Als die Tür ins Schloss fiel, drehte sich Dezideria zu ihrem Vater und schaute ihn an. Er erwiderte ihren Blick, der nun gleichgültig geworden war, irgendwie gelangweilt wirkte.

„Wir beide sollten noch einige Dinge klären und besprechen, wie es weitergeht."

Sie nickte knapp.

„Es gibt Regeln in diesem Haus. Du wirst mir den Respekt erweisen, den du mir als dein Vater entgegenbringen solltest, also wirst du in Zukunft mich weder Duzen, noch mit Vornamen ansprechen, sondern Sir oder Vater sagen! Du wirst dich benehmen, wie es von dir als ein Reinblut erwartet wird..."

„ ... kalt und arrogant also!"

„Unterbrich mich nicht!"

Dezideria schwieg.

„Du wirst dich nicht mit Muggelgeborenen abgeben und bei Halbblütern differenzieren!"

Er holte ein Buch heraus und reichte es ihr. „Etikette in reinblütigen Familien" las das Mädchen und runzelte die Stirn, schloss kurz die Augen und reichte es ihm zurück.

„Lies es und richt dich danach!"

„Der Inhalt ist mir bekannt, Wort für Wort!"

Lucius runzelte die Stirn.

„Etikette- und Tanzunterricht und das photografische Gedächtnis der Malfroys", antwortete sie knapp.

„In Ordnung. Ich habe Professor Dumbledore, dem Schulleiter von Hogwarts einen Brief zukommen lassen. Heute morgen kam die Antwort. Du kannst dort zur Schule gehen, aber es wird in den nächsten Tagen erst ein Lehrer vorbeigeschickt, der dir die theoretischen Aufnahme-Prüfungsfragen zuteilt. Solltest du bestehen, wirst du wahrscheinlich auch praktisch geprüft, dann allerdings direkt dort."

Dezideria wartete, doch als er nichts mehr sagte, antwortete sie:

„Ja, Sir!"

Lucius nickte.

„Ich möchte dein Versprechen, dass du nicht fliehen wirst!"

„Das kann ich nicht geben!"

„Dann wirst du das Haus nicht verlassen dürfen, außer nach Hogwarts. Narzissa wird dir dann Kleidung in der Winkelgasse besorgen, damit du standesgemäß gekleidet bist ... überlege es dir gut!"

Dezideria presste die Lippen zusammen und starrte ihren Vater wütend an.

„Ich gebe das Versprechen nicht zu fliehen, während ich in der Winkelgasse einkaufen bin, werde aber hier jede Möglichkeit in Erwägung ziehen, sollten Sie etwas von mir verlangen, was ich nicht zu Geben bereit bin!"

„Einverstanden!"

Lucius grinste. Er dachte, er würde sie kennen, das sah sie ihm an, doch sie hatte andere Gründe, die sie ihm aber nicht mitzuteilen gedachte.

„Missbrauche mein Vertrauen nicht!"

„Ja Sir!"

„Dann kannst du gehen, leihe dir von Draco Pergament, Feder und Tinte und notiere, was du benötigst, damit du morgen nichts vergisst."

Dezideria stand auf.

„Ach und ... achte auf die Qualität, nicht auf den Preis, denn Geld spielt keine Rolle!"

„Natürlich, Sir. Für mich hat Geld aber noch nie eine Rolle gespielt. Die Grundstücke der Elite wurden beschlagnahmt, soviel weiß ich, aber es gibt ein Verlies in Gringotts auf meinen Namen."

„Du hast ein Verlies?"

„Ja, Nummer zweihundertsiebzehn!"

Lucius riss die Augen auf und starrte seine Tochter überrascht an.

„Zweihundertsiebzehn?"

„Ja!"

Sie sah ihren Vater irritiert an, warum verhielt er sich so merkwürdig. War etwas nicht in Ordnung?

„Wie bist du daran gekommen?"

„Nach meiner Flucht von hier, stellte mir eine Eule den Schlüssel zu, mit dem Hinweis, dass die Elite wollte, dass ich damit meine Ausbildung beende. Es gab keinen Absender."

„Dann heißt das wohl, dass die Elite immer noch existiert? Ich dachte, wir hätten sie nun endgültig ausgerottet!"

„Ich glaube nicht, dass es Überlebende gibt ..."

Sie setzte sich wieder.

„... ich hatte auch Lehrer, die nicht der Elite angehörten, vielleicht einer von denen, oder jemand der für den Orden oder den Lord arbeitete, als Spion!"

„Das kann sein."

„Was ist so schlimm an diesem Verlies?"

„Schlimm? Du hast keine Ahnung, oder?"

Dezideria schüttelte mit dem Kopf.

„Die Zweihunderter-Verliese sind die Begehrtesten. Sie sind groß und jeder, der eines besitzt, behält es sein Leben lang, denn nur die privilegiertesten Leute haben eines. Die Warteliste ist lang und es wird erst geprüft, wer eines erhält, wenn eines frei wird."

„Soweit also zum Image der Malfroys", grinste sie.

Lucius musste lachen.

„Wenn es Ihnen so wichtig ist, Sir, können wir ja tauschen", schlug sie vor.

Er schüttelte mit dem Kopf.

„Das geht nicht. Wenn du das Verlies aufgibst, dann bekommt es der nächste auf der Warteliste. Ein Tausch ist unmöglich."

Grübelnd starrte Dezideria vor sich hin. Es verging einige Zeit und man sah es ihr an, wie ihre Gehirnwindungen ratterten, doch dann strahlte sie.

„Ich habe die Lösung! Wir müssen herausfinden, wie viel dort ist und dann geben Sie mein Verlies an, wenn Sie bezahlen und zahlen dann halt in regelmäßigen Abständen das ausgegebene Geld aus dem Familienverlies in die zweihundertsiebzehn ein."

Lucius war sprachlos... wieder einmal, doch dann schaute er sie mit funkelnden Augen an.

„Das könnte klappen!"

„Versuchen wir es!"

„Gut, dann begleite ich euch morgen in die Winkelgasse und wir gehen zuerst zu Gringotts!"

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück verließen sie alle gemeinsam das Haus und apparierten in die Winkelgasse. Lucius und Dezideria gingen zu Gringotts, während Draco und Narzissa davor warteten.

Es dauerte nicht sehr lange und beide kamen wieder heraus. Lucius hatte seiner Frau am Vorabend alles erzählt und sie konnte seinem zufriedenem Gesichtsausdruck entnehmen, dass es geklappt hatte.

Er verabschiedete sich und eilte davon, während Narzissa voller Tatendrang die beiden Jugendlichen mit sich zog.