Kapitel 5 – Prüfungen
Als sie ihr Zimmer betrat, fand sie alle gekauften Sachen auf ihrem Bett und dem Schreibtisch vor. Ein Hauself bemühte sich gerade, die Kleidung in den Schrank zu räumen und schreckte auf, als er sie bemerkte.
„Wer bist du?"
„Kimmy, Miss. Ich bin ein Hauself."
„Aha, und was tust du hier?"
„Die Sachen einräumen, Miss."
„Das mache ich allein!"
„Aber Miss, ich kann das tun!"
Sie verschränkte die Arme.
„Das mag ja sein, aber woher willst du wissen, wie ich meine Sachen eingeräumt haben möchte um sie schnell wiederzufinden?"
Der Elf schwieg.
„Siehst du..."
Sie wirkte mit den Händen eine komplizierte Formel und murmelte etwas. Die Sachen kamen aus dem Schrank wieder heraus und sortierten sich selbständig neu ein, etwas anders als Kimmy sie eingeräumt hatte.
„Schau es dir an, so möchte ich meine Sachen eingeräumt haben!"
„Ja, Miss, ich merke mir das."
„Sehr schön und nun geh. Ich brauche deine Hilfe nicht und ich kann mir vorstellen, dass du noch andere Dinge zu erledigen hast."
Sie strich dem Elf kurz über den Kopf und wandte sich dann ab, hörte gleich darauf ein PLOPP und als sie sich umdrehte, war der Elf verschwunden.
Das Mädchen sortierte in Ruhe ihre Bücher und räumte sie in die leeren Regale ein. Sie hatte keine Lust zu Lesen und machte sich auf den Weg zu Dracos Zimmer. Dort klopfte sie an und wartete.
„Komm rein!"
Sie öffnete die Tür.
„Dray, ich wollte dich fragen, ob du Lust hast meinen neuen Besen einzu..."
Nun erst bemerkte sie, dass ihr Halbbruder nicht allein war.
„Entschuldigung, ich wollte nicht stören!"
Sie drehte sich um und kehrte zur Tür zurück.
„Dezideria, warte!"
Draco war von dem Sessel, in dem er gesessen hatte, aufgesprungen und ihr zur Tür nachgerannt. Er hielt seine Schwester am Arm fest, merkte dabei aber nicht, wie sie zusammenzuckte und die Zähne zusammenbiss. Die drehte sich um und befreite sich sanft von der Qual, indem sie mit einer Hand Dracos nahm und diese dann fallen ließ.
Dieser schaute sie verwirrt an, sagte aber nichts.
„Komm rein, heißt, du störst nicht!" grinste er sie dann an.
Sie nickte verstehend und sah sich um. Dracos Besucher hatte sich ebenfalls erhoben und kam nun mit geschmeidigen Schritten auf sie zu.
„Dezideria...Mann! Der Name ist wirklich holperig, ich sag wohl besser Dria ... oh, meine Manieren ... also das ist Severus. Er ist mein Pate und hasst es Onkel genannt zu werden, er ist auch deiner, denke ich zumindest!"
Sie hob den Kopf und blickte dem Mann in die Augen und vergaß alles um sich herum, was dieser mit einer erhobenen Augenbraue quittierte. Dezideria kam zu sich und schluckte hart, reichte ihm langsam die Hand.
„Sehr erfreut!"
Vorsichtig ergriff Severus die Hand und seine Augen weiteten sich überrascht, als er merkte, dass sie nicht zusammenzuckte, hatte er doch vorhin mitbekommen, wie sie bei ihrem Bruder reagiert hatte. Außerdem hatte Narzissa ihn auch vorgewarnt.
„Dracos Manieren lassen wirklich zu wünschen übrig. Ich bin Severus Snape, Professor für Zaubertränke in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei."
Er drückte ihre Hand nur kurz und ließ sie dann los. Sie musterte den Mann noch einmal, dieses Mal seine Augen meidend. Draco stand nachdenklich vor sich hinstarrend an der Tür, was das Mädchen zu einem Kopfschütteln veranlasste.
„Setzen Sie sich doch wieder, Professor Snape!"
Er kam ihrer Bitte nach.
„Sie sind also der Lehrer, der mich prüfen soll, nehme ich an?"
„Ja, ich habe die theoretischen Prüfungsfragen mitgebracht, wenn du sie schaffst, wirst du in spätestens zwei Wochen nach Hogwarts kommen müssen."
„In zwei Wochen? Schulbeginn ist doch erst in vier Wochen."
„Du wirst auch noch praktisch geprüft werden!"
„Achso ...!"
Severus musterte das Mädchen, das mit verschränkten Armen vor ihm stand. Draco hatte nun sein Nachdenken aufgegeben und beschlossen, sie wirklich Dria zu nennen, wenn sie ihn Dray nannte. Er setzte sich wieder in seinen Sessel.
„Dria ..."
Sie verdrehte die Augen.
„... setz dich doch!"
Nun schaute sie sich genauer um, hob eine Augenbraue, als sie feststellte, dass der einzige leere Platz, der neben Severus auf dem Bett war. Deshalb setzte sie sich einfach auf den Boden und verschränkte die Beine zum Schneidersitz.
„Wo ist dein Stuhl?"
„Das Bein ist abgebrochen."
Dezideria schmunzelte.
„Hast du drauf gesessen, als es passierte?"
„Ja, leider!"
Sie grinste ihren Bruder an und begann leise zu lachen, als er sich unbewusst seinen Hintern rieb. Severus' Mundwinkel zuckten verdächtig und Draco warf ihnen beiden einen vernichtenden Blick zu, der Dezideria nur noch mehr zum Lachen reizte.
Dann wurde sie wieder ernst und wandte sich an Severus.
„Wie sind denn die Prüfungen geplant?"
Er musterte sie kurz und legte seine übliche Maske an, musterte sie kalt und abschätzend, musste aber feststellen, dass dies auf sie keine Wirkung zu haben schien.
„Das bleibt dir überlassen, entweder Fachweise oder Klassenweise."
„Geht's auch durcheinander? Mal so und mal so?"
„Wenn es sein muss und nichts durcheinandergebracht wird!"
„Natürlich! Wie lange soll es dauern?"
„Bis du alle Fragen beantwortet hast."
„Alle Fragen ... aha!"
Sie grinste ihn frech an.
„Bin ja gespannt, wann sie die Nase voll haben und mir die Fragen entreißen."
„Das wird nicht passieren!"
„Auch wenn ich in einem Jahr immer noch an der letzten Frage verzweifle?"
Nun verstand er sie.
„Wenn du etwas nicht weißt, wirst du das hinschreiben."
„Geht klar, Sir!"
Sie grinste immer noch.
„Kann ich die Fragen nicht einfach durchlesen und hinschreiben, weiß nicht, weiß nicht, wenn ich es mal wirklich nicht weiß? Das spart doch ne Menge Pergament und Tinte!"
„Woher sollen wir Lehrer denn dann wissen, dass das, was du weißt, richtig ist?"
„Hm, gutes Argument. Punkt geht an Sie. Brainwriting?"
„Wie bitte?"
„Kann ich die Feder verhexen, dass sie alleine schreibt, und meinen Erinnerungen das Wissen entzieht, dass sie für die Beantwortung braucht?"
Er starrte sie an.
„Na ja, ist halt einfacher", murmelte sie kleinlaut.
„Das kannst du?"
„Sie nicht?"
Er schüttelte mit dem Kopf. Verblüfft schaute sie ihn an.
„Das ist nicht ihr ernst, oder?"
„Ich beherrsche dies wirklich nicht, aber es ist auch nicht erlaubt!"
Sie musterte ihn und überlegte, ob er sie zum Narren hielt, aber er hielt ihrem Blick offen stand. Schließlich schüttelte sie mit dem Kopf und senkte ihren Blick, murmelte etwas vor sich hin.
„Wann fangen wir an?"
„Morgen nach dem Frühstück!"
„Wo?"
„In deinem Zimmer. Während des Frühstücks werden deine Bücher von den Hauselfen in das Arbeitszimmer von Lucius verfrachtet, es wird ein zweiter Schreibtisch aufgestellt und ein kleiner Tisch, auf dem immer das Essen serviert wird. Du wirst in der Zeit, wo du die Tests schreibst mit niemandem reden!"
„Nicht mal mit Ihnen?"
„Ich bin der Einzige, mit dem du reden darfst..."
„... aber Sie ziehen es vor, in Ruhe gelassen zu werden, schon klar!"
Er nickte.
„Was ist, wenn ich etwas brauche? Kann ich mit Hauselfen reden und sie mit etwas beauftragen?"
„Darfst du!"
„Und was machen Sie die ganze Zeit?"
„Dich nicht aus den Augen lassen!"
„Das ist ja öde! Mein Beileid, Professor! Muss dann ja wohl dafür sorgen, dass Sie was zu tun bekommen!"
Wieder grinste sie ihn an. Genervt seufzte er auf und Draco brach in schallendes Gelächter aus. Beide hatten ihn völlig vergessen und warfen ihm einen bitterbösen Blick zu, was ihn aber noch mehr zum Lachen reizte. Es dauerte ziemlich lange, bis er sich wieder beruhigte.
„Hast du denn gar keine Angst, Dria?"
„Wovor denn? Vor den Fragen? Nein. Vorm Prüfer ..."
Sie schaute Snape an.
„... so schlimm wird er schon nicht sein."
„Hast du eine Ahnung."
„Du kennst meine Ausbildung nicht, Dray!"
„Alle Schüler haben Angst vor ihm."
„Du ja scheinbar nicht, also warum sollte ich dann welche haben?"
„Na ja, ich bin ich und du bist du!"
„Ja, schon klar, aber ich denke, dass ich mich vor ihm nicht fürchten muss, Humor hat er ja, auch wenn er es nicht zu zeigen vermag!"
Sie zwinkerte dem Lehrer zu, was dieser mit einem missmutigem Knurren zur Kenntnis nahm. Dezideria grinste.
„Warts ab!"
„Du musst wirklich an deinen Manieren arbeiten, man redet so nicht über Anwesende, das tut man, wenn sie nicht da sind, weil sie sich dann nicht wehren können."
Sie grinste Snape an und stand dann auf, reckte sich.
„Fliegen Sie, Professor?"
„Nein!"
„Schade, können Sie auf Draco verzichten? Ich möchte gern noch eine Runde drehen, bevor es Abendessen gibt."
„Ich sehe gern zu!"
Sie schaute ihn an.
„Warum kann ich einfach nicht einschätzen, wann Sie es ernst meinen, und wann Sie mich auf den Arm nehmen?"
„Das tue ich nie!"
„Das Wort mag ich nicht!"
„Welches?"
„Nie! Das existiert in meinem Wortschatz genauso wenig, wie unmöglich!"
„Dann wird es Zeit, beides zu akzeptieren!"
„Werde ich nicht!"
Snape starrte das Mädchen an, musste nun selbst überlegen, ob sie es ernst meinte oder versuchte einen Scherz auf sein Kosten zu machen, beschloss dann aber, es zu ignorieren.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach draußen, doch zum Fliegen kamen sie nicht, denn Lucius fing sie ab und bat seine Tochter in sein Arbeitszimmer.
„Wie ich sehe, hast du den Lehrer schon kennen gelernt?"
„Ja, Sir!"
„Die Hauselfen werden morgen früh deine Bücher hierher herunter bringen!"
„Das habe ich mit ihm schon geklärt, ich bin voll im Bilde."
„Um so besser, dann kann ich mir den Rest ersparen."
„Ja, Sir!"
„Bist du gut in Tränken?"
„Es geht so, ich mag das Brauen nicht besonders."
„Ob du es magst oder nicht, habe ich nicht gefragt, bist du gut?"
„Ich hatte bisher keine Vergleichsmöglichkeiten, Sir! Das wird der Test wohl zeigen!"
„In Ordnung, gib dein Bestes!"
„Das tue ich immer, Sir!"
„Narzissa erzählte mir, dass ihr Blaise Zabini getroffen habt. Ich möchte noch mit dir darüber reden."
„Blaise meinte, dass es zwischen den Malfroys und den Zabinis eine Verbindung gibt, aber er sagte auch, dass es Ihre Aufgabe ist, mir diese aufzuzeigen."
„Das will ich nun auch tun. Setz dich!"
Sie tat, was er wollte und schaute ihren Vater neugierig an.
„Seit Generationen gibt es eine Verbindung zwischen den Malfroys und den Zabinis. Die Zabinis gelten als neutral, doch in Wirklichkeit stehen sie auf der Seite der Malfroys, denn jeder männliche Nachkomme der Zabinis wird mit seiner Volljährigkeit der Vertrauensmann der männlichen Nachkommen der Malfroys."
Lucius schwieg und wartete.
„Das heißt, das Blaise zu Dracos Vertrauensmann wird, wenn er volljährig wird?"
„Ja."
„Mit welchen Ritual?"
„Wie meinst du das?"
„Es gibt verschiedene Rituale, mit Blut, mit Tränken oder einfach nur symbolisch, der stärkste Bund des Vertrauens ist mit einem Trank, in dem sich das Blut des Malfroys befindet, der die Bindung sucht."
„Diesen Bund nennt man Unicotrustus."
„Dieser ist es also."
Lucius nickte.
„Du weißt, was ein Vertrauensmann tut?"
„Ja, Sir! Er spielt in wichtigen Angelegenheiten Bote, er ist Beschützer und inoffizieller Pate weiblicher Kinder, also ist der Vater von Blaise mein Pate."
„Das ist richtig. Außerdem steht er bei einer Auseinandersetzung nach außen hin neutral da, ist aber an uns gebunden und steht so auf der Seite, auf der wir auch stehen."
„Also auf der des Lords."
„Korrekt!"
„Gut, das habe ich verstanden. Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte?"
„Nein. Du kannst gehen, in wenigen Minuten gibt es Abendessen."
Das Mädchen verließ den Raum und ging noch in den Garten, sah ihren Bruder durch die Lüfte gleiten und stellte sich seufzend neben den Lehrer. Genervt schaute er sie an, doch sie ignorierte ihn und schaute voller Sehnsucht zu Draco, doch sie wusste, dass es nun zu spät zum Fliegen war. Es musste warten.
Es dauerte nur noch wenige Augenblicke und Draco landete mit strahlenden Augen.
„Dria, was wollte Vater von dir?"
„Die Prüfungen besprechen und wissen, wie ich in Tränken bin."
„Und wie bist du in Tränken?"
Nun beugte sich Snape neugierig vor, doch er wurde enttäuscht, denn Dezideria zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung! Ich hatte bisher keine Vergleichsmöglichkeiten, Dray. Ich mag Tränke nicht besonders, meine Interessen gehen in andere Richtungen. Ich denke aber, dass ich das Fach schon packen werde. Warten wir es ab!"
„Und wenn du Tränke gebraut hast, waren die richtig?"
Dezideria schluckte und wandte sich ab, atmete tief durch.
„Letztendlich schon, Draco, letztendlich schon!" antwortete sie leise.
„Das verstehe ich nicht!"
„Nicht so wichtig! Lass es gut sein, Dray, mehr sage ich nicht dazu!"
Severus war enttäuscht, Draco war gut in Tränken und er hatte gehofft, dass Dezideria vielleicht dasselbe Interesse zeigen würde, es gab zu viele Hohlköpfe an der Schule. Doch war er neugierig, was sie gemeint hatte, was er aber nie offen zugeben würde. Wie sie wohl ausgebildet worden war? Sie beherrschte Brainwriting, etwas, was kaum ein Zauberer beherrschte, weil es zu hohen geistigen Tribut forderte und für sie schien es recht einfach zu sein. Er vermutete, dass er noch einige Überraschungen mit ihr erleben würde.
Es wurde langsam Zeit hinein zu gehen und Draco stürmt schnell in sein Zimmer, duschte, erschien dann aber rechtzeitig zum Abendessen.
Am nächsten Morgen erwachte Dezideria wieder fünf Uhr. Seufzend sprang sie aus dem Bett, überlegte kurz, wie sie die Zeit bis zum Frühstück am Sinnvollsten nutzen konnte und beschloss, ein wenig zu trainieren. Sie hatte in der letzten Zeit den Sport vernachlässigt und merkte nun, dass sie langsam steifer wurde. Außerdem würde die Bewegung ihr gut tun und sie konnte sich danach meistens einfach besser konzentrieren.
Kurz dachte sie an die Tage, die vor ihr lagen und an Severus, aber sie verdränge es wieder. Ihr brannten Fragen auf den Lippen, doch sie wusste, dass die Antworten warten mussten.
Schnell zog sie sich um und eilte zum Trainingsraum, öffnete ihn leise. Wie sie vermutet hatte, war der Raum leer. In der Mitte des Raumes nahm sie Position ein und begann mit den Aufwärmübungen. Sie fand ihren gewohnten Trainingsmodus eingefunden und vollführte die Übungen bis hin zur Perfektion.
Nach den Dehnübungen marschierte das Mädchen in eine Ecke des Raumes, schätzte die Länge der Diagonale ab und war zufrieden. Sie war hoch konzentriert und merkte so nicht, wie Lucius und Draco eintraten.
Diese blieben stehen, waren überrascht sie hier vorzufinden und beobachteten neugierig, was sie hier tat.
Das Mädchen rannte los und nach etwa einem Drittel der Bahn hatte sie genug Tempo und sprang ab, beendete die Bahn durch Saltos, Räder und Flickflacks. Sie rannte zurück, machte Rollen, Überschlage und so weiter.
Eine Zeit lang ging das so hin und her, bis sie zufrieden mit sich, nickte. Sie schloss die Augen, atmete tief durch, kehre in die Mitte des Raumes zurück, hob ihren rechten Arm und zur Verblüffung der Beiden, materialisierte sich ein Schwert in ihrer Hand und sie begann damit zu trainieren. Bald jedoch hielt sie inne und schaute auf, direkt in Lucius' Augen. Eine Bewegung ihrerseits mit der Hand und das Schwert verschwand. Draco hatte sie mit glänzenden Augen beobachtet und musste zugeben, dass sie besser war als er, vermutlich auch besser als sein Vater und er wusste, dass sie, ohne es zu wollen, dessen Ehrgeiz angestachelt hatte. Sie trat vor ihren Vater, machte eine knappe Verbeugung und ging an ihm vorbei.
„Warte!"
Lucius' Stimme durchschnitt die Stille des Raumes.
„Du und ich ... Draco, hole Severus und deine Mutter ... beeile dich!"
Der Junge rannte davon. Dezideria kehrte zur Mitte des Raumes zurück und verschränkte abwartend die Arme. Lucius schritt eilig zu einer Seitentür, verschwand kurz dahinter und kam mit zwei Stäben gleich darauf wieder.
Nun kamen auch Severus, Narzissa, die Verbandsmaterial in einem Korb mitbrachte und auch Draco herein.
„Guten Morgen meine Lieben. Severus, würdest du bitte den Kampfrichter machen? Vielen Dank!"
Dieser trat geschmeidig herbei, Dezideria kurz anschauend. Sie blickte kurz zurück. Hatte sie da gerade Mitleid in seinen Augen gesehen?
Sie trat zu ihrem Vater, nahm ihm einen Stab ab und stellte sich in Position., verbeugte sich vor Severus, ihm zuzwinkernd und dann vor Lucius, ihn anlächelnd.
„Dir wird das Lachen noch vergehen!" kam es eiskalt von seinen Lippen.
„Huh, jetzt habe ich aber Angst", lachte sie zurück.
Sie blieb stehen, beobachtete ihren Gegenüber, sah wie seine Augen zuckten und er den Angriff startete. Sie wich den Schlägen aus, ohne sich mit dem Stab zu verteidigen und lächelte weiter.
Er trieb sie durch den ganzen Raum, doch dann hatte sie irgendwann genug und hielt, als der Stab auf sie zukam, diesen einfach fest. Ein Ruck vor und einer zurück und der Stab war ihrer und Lucius machte mit dem Boden Bekanntschaft, denn sie hatte eine Menge Kraft verwendet und er hatte den Stab zu fest gehalten.
Sie nahm jetzt beide Stäbe in die linke Hand und reichten ihre Rechte ihrem Vater. Dessen Augen begannen zu glitzern und er ergriff diese und zog ruckartig daran.
Sie hatte jedoch damit gerechnet und so schaffte er es nicht, sie hinunter zu ziehen. Ärgerlich stand er auf. Dezideria reichte ihm seinen Stab zurück, immer noch lächelnd. Ihr Vater wurde wütend, griff blind an ... und fand sich schon wieder auf dem Boden wieder. Er hatte seinen Angriff falsch eingeschätzt und sie war einfach nur zur Seite getreten, er stolperte, fiel hin, weil der Widerstand fehlte.
„Ärger und Wut", sagte sie nun gleichmütig, „sind überflüssige Gefühle. Wenn du gegen jemanden kämpfst, musst du deine Gefühle beherrschen. Sie machen unvorsichtig und in der Unvorsichtigkeit lauert oft der Tod."
Nun hob das Mädchen den Stab und er kam auf die Füße. Ohne nachzudenken sprang er auf sie zu und deckte sie mit wilden Schlägen ein.
Ein-, zwei-, dreimal ließ Dezideria ihren Stab von seinem abgleiten, dann war er ihr so nahe, dass sie ihn mit beiden Armen umfing und ihren Stab fest gegen seinen Rücken presste. Er versuchte vergeblich, sich zu befreien.
„Komme niemals deinem Gegner zu nahe, außer du bist dir sicher, dass du ihn töten kannst."
Sie verstärkte den Druck, um ihre Worte zu betonen.
„Triff aus Entfernung, wenn du kannst!"
Er hob sein Knie, wollte nach ihr treten ... und trat daneben.
„Zeige nie deine Absicht mit den Augen", grinste Dezideria nun. „Auf diese Weise verrätst du deinem Gegner was du vor hast."
Sie schob ihn wieder zurück und Lucius fiel zu Boden, kam fluchend wieder auf die Füße. Ihr Stab begann zu tanzen, immer um ihn herum, wie eine Wespe um ihre Beute, berührte ihn hier und da, zuckte zurück, um ihn erneut zu treffen, bis Lucius vor Enttäuschung schrie und seinen Stab nach ihr schleuderte. Geschickt fing sie diesen im Flug auf und warf ihn in eine Ecke.
„Heb ihn auf!"
Zähneknirschend ging er, um den Stab aufzuheben. Seine Hand umschloss fest den Stab, als ein Dolch mit der flachen Seite über seine Finger schabte und dann klirrend weiter schlitterte und liegen blieb.
„Wende keinem bewaffnetem Gegner den Rücken zu."
Ihre Stimme klang fröhlich.
„Und denke daran, dass man Waffen auch zielgenau werfen kann."
Als Lucius sich fluchend umdrehte, sah er Dezideria am Boden sitzen, ihm den Rücken zugewandt. Er überlegte kurz, ob er auch den Dolch holen sollte, unterließ es dann aber und schlich näher, holte mit dem Stab aus und stieß zu..
Geschickt wehrte sie den Schlag ab und zog den Stab mitsamt Lucius über ihre Schultern, der dann krachend vor ihr zu Boden ging. Ohne aufzustehen zielte sie mit ihrem Stab auf seine Kehle.
„Unterschätze nie deinen Gegner, gehe immer davon aus, dass er besser ist als du, dann kannst du vielleicht gewinnen!"
Ihre Stimme war kalt. Sie stand nun auf, nahm beide Stäbe und warf sie Draco zu.
„Genug für heute, ich habe Hunger!"
Sie verbeugte sich vor Lucius und anschließend vor Severus, verließ den Trainingsraum. Lucius setzte sich auf und schüttelte den Kopf.
„Sie ist wirklich gut!"
Schwer atmend mühte er sich auf und ging, ohne die Anderen zu beachten, ebenfalls hinaus.
Draco grinste.
„Was für eine Show!"
Narzissa nickte und eilte ihrem Mann hinterher, während Severus nachdenklich stehen blieb.
Um so kämpfen zu können, braucht man eine Menge Körperbeherrschung und viel Training. Er wollte nun unbedingt etwas über ihre Ausbildung erfahren, aber wie sollte er es anstellen? Okklumentik vielleicht? Grübelnd ging er in den Speisesaal und wartete dort auf die Anderen.
Es dauerte nicht lange, da betrat Dezideria mit ausdrucksloser Miene den Raum. Sie hatte schnell geduscht und sich umgezogen, war nun bereit, den Tag zu beginnen.
Drinnen wurde sie von Severus, Narzissa und Draco empfangen, ihr Vater fehlte.
„Er leckt seine Wunden!"
Sie zuckte mit den Schultern und begann zu essen, wanderte danach zurück auf ihr Zimmer, setzte sich an ihren Schreibtisch, legte Pergament, Tinte und Federkiele ordentlich hin und wartete auf den Lehrer, der auch nicht lange auf sich warten ließ und die Tür aufriss. Er blickte sie kurz an und stürmte dann zu seinem Schreibtisch, knallte die Prüfungsfragen darauf und verschränkte die Arme.
„Bereit?"
„Zu allen Schandtaten!"
Er hob die Augenbraue und musterte sie kalt. Sie erwiderte seinen Blick gelassen.
„Zaubertränkepraxis prüfe ich nach der Theorie. Dein Vater will wissen, was du beherrschst. Unten ist ein Labor, wie du weißt."
„Ja, Sir. Warum erst am Ende?"
„Brauzeit!"
„Da bin ich mürbe, so ein Mist aber auch!"
Seine Mundwinkel zuckten leicht.
„Noch Fragen? Wenn du die Tests in der Hand hältst, werden keine mehr beantwortet."
„Frei formulierte Antworten oder auswendig Gelerntes?"
„Wie du willst."
Sie schwieg.
„Weitere Fragen?"
„Ich überlege noch, aber ich glaube, die Fragen, die ich habe, gehören nicht hier her!"
Er nickt und reichte ihr die Tests. Sie nahm die Pergamente entgegen und schaute sie durch, entschied sich, nachdem sie einen kurzen Blick auf Snape geworfen hatte, für Tränke. Die anderen Fragen ließ sie aufs Bett schweben, um Platz zu haben.
Doch sie fing nicht an, sich die Fragen durchzulesen, sondern hob den Kopf, schaute ihn fragend an. Er erwiderte den Blick spöttisch und schüttelte den seinen.
„Kann ich mit schwarz schreiben, oder ist das Korrekturfarbe?"
Er starrte sie an, musterte sie und schwieg, begriff dann den Inhalt der Frage.
„Korrekturfarbe ist rot!"
„Danke, Sir!"
Sie lächelte ihn an und ließ das blaue Tintenfass verschwinden. Nun griff sie nach den ersten Fragen und las diese durch, begann sie zu beantworten. Im Raum wurde es still. Man hörte nur ab und zu das Rascheln von Papier und das Kratzen einer Feder.
Währenddessen nahm Severus sich die Zeit, sie genauer zu betrachten. Er schaute in ihr Gesicht, dass sich konzentriert über die Aufgaben beugte, sah die fein geschwungenen Augenbrauen, die zierliche Nase, den vollen Mund, der zum Küssen einlud ... halt! ... Was dachte er denn da gerade? Sie war doch noch ein Kind und er über zwanzig Jahre älter. Es war zwar lange her, seit er das letzte Mal mit einer Frau zusammen war, trotzdem würde er sich nicht an einem Kind vergehen, nicht in diesem Leben. Er verbannte seine Gedanken in den hintersten Winkel seines Bewusstseins, leitete sie in eine andere Richtung. Sie glitten zurück zu dem Tag, an dem er sie das erste Mal getroffen hatte. Er wusste, welche Fragen sie hatte, wusste aber nicht, wie er sie beantworten sollte.
Damals war sie unter einem Tarnumhang geflohen, er hatte inzwischen erfahren, wie sie ihn erhalten hatte und schmunzelte leicht, denn er konnte sich das verblüffte Gesicht von Lucius ganz gut vorstellen. Er war ein recht guter Okklument und spürte, wenn jemand in seiner Nähe war, auch wenn er denjenigen nicht sehen konnte. Er hatte ihr den Weg verraten, der aus dem Labyrinth von Gängen herausführte und gehofft, sie würde es schaffen. In ihm kroch Angst hoch. Was, wenn sie ihn verriet? Sie hätte es längst tun können, warum schwieg sie? Wollte sie etwas bestimmtes von ihm? Sie hatte ihn nun in der Hand., was wird sie tun?
Dann in der Halle hatten sie sie gestellt und nachdem, was er heute gesehen hatte, war er verwundert, dass ihr die Flucht nicht gelungen war, doch prompt erinnerte er sich an ihre erste Lektion, die sie Lucius erteilt hatte.
Er schmunzelte. Lucius war der Beste von ihnen und doch übertraf sie ihn.
Er hatte gesehen, wie panische sie reagiert hatte auf die Berührungen und hatte ihr geholfen, so gut er konnte. Er hatte von Narzissa einiges vernommen, die das Mädchen heimlich beobachtete und konnte sich auch vorstellen, was geschehen sein musste, dass sie so voller Panik war.
Als sie dann draußen nach Malfroy-Manor apparieren wollten, war sie zu ihm geflüchtet. Sie schien Angst vor Lucius zu haben und er konnte sich denken, warum. Severus wusste, dass sein Schulfreund bei der Befreiungsaktion dabei gewesen war, wusste, was bei Überfällen passierte und brauchte nicht mehr viel kombinieren. Er selbst verabscheute das alles und wurde nur selten dazu aufgefordert dabei zu sein, wofür er dankbar war.
Er warf einen Blick auf ihre Stirn, der Pony verdeckte die Tätowierung und er glaubte zu wissen, was wirklich vorgefallen war, ahnte nicht, wie richtig er lag.
Gestern in Dracos Zimmer hatte er gesehen, dass sie selbst bei ihm zurückschreckte und begann nun zu grübeln. Warum ich? Fragte er sich. Warum hat sie keine Angst vor mir, warum fühlt sie sich von mir nicht abgestoßen? Ist es Vertrauen? Warum?
Er fand darauf keine Antwort.
Wieder schaute er sie an und merkte, wie sie stirnrunzelnd die Pergamentstapel durchschaute. Sie schien etwas gefunden zu haben und hob den Kopf, eine Frage im Blick. Seine Mundwinkel zuckten leicht und er schüttelte den Kopf.
Frustriert lehnte sie sich zurück und starrte vor sich hin, die Arme verschränkend, ihre Lippen bewegten sich murmelnd. Plötzlich strahlte sie und warf ihm einen kurzen Blick zu. Wieder schüttelte er mit dem Kopf.
„Ach Mist!"
Sie beugte sich vor, schrieb etwas auf ein Pergament, stand auf und legte es ihm auf den Tisch, setzte sich dann wieder und arbeitete weiter.
Neugierig las er ihre Notiz.
‚Wenn zwei Fragen sich ähneln und in einer Frage beantwortet werden, reicht dann ein Verweis auf die Frage oder muss sie noch mal beantwortet werden?'
Er starrte sie überrascht an. Sich ähnelnde Fragen? Welches Fach meinte sie?
Mit einem Ruck stand er auf, ging zu ihr und schaute ihr über die Schulter, stellte fest, dass es seine Fragen waren und runzelte die Stirn. Wo ähnelten sich bei ihm denn Fragen? Snape tippte ihr auf die Schulter und sie schaute auf.
„Wo?"
Dezideria blätterte die Pergamente um und deutete stumm darauf. Er las sich diese durch. Sie hatten wohl dieselben Ansätze, aber wo sollte es da eine Verbindung geben?
„Schon beantwortet?"
Er tippte auf die erste Frage. Sie nickte und reichte ihm zwei Pergamente. Er begann zu lesen, hielt jedoch nach wenigen Zeilen schon inne, nahm die beiden Fragen und setzte sic an seinen Schreibtisch, vertiefte sich in die Antwort.
Sie schrieb weiter, registrierte aber etwas später, dass sie angestarrt wurde und schaute auf, die Augenbraue nach oben gezogen.
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie mochte brauen nicht, besaß aber ein unglaubliches Gespür dafür. Ihr Hintergrundwissen war grandios. Diese eine Antwort bewies ihm, dass sie logisch denken, Zutaten kombinieren und präzise erklären konnte. Sie hatte ihm etwas aufgezeigt, was ihm nie in den Sinn gekommen war und nun erkannte auch er die Zusammenhänge.
Er nahm die Pergamente und reichte sie ihr wieder.
„Verweis reicht!" murmelte er leise und setzte sich wieder.
Sie nickte und arbeitete weiter, bis der Duft von Essen in ihre Nase drang. Dankbar seufzte sie.
„Pause?"
„Ja!"
Sie setzen sich an den Tisch und Dezideria begann hungrig zu essen. Als sie fertig war, sah sie Severus kurz an und kehrte dann zum Schreibtisch zurück, Papiere sortierend.
Einige nahm sie und legte diese auf seinen Schreibtisch.
„Ich habe mit Ihrem Fach begonnen, damit sie was zu tun haben, hier schon mal der Anfang."
Sie setzte sich und arbeitete weiter, ohne Unterbrechung bis zum Abendessen. Dann streckte sie sich, legte ihm die restlichen Antworten auf den Tisch. Sie sah, dass sich Snape auf die Korrektur konzentrierte und nahm Platz, ihn beobachtend. Lange konnte sie das nicht, denn er hatte ihren Blick bemerkt und schaute auf. Fasziniert sah sie in seine schwarzen Augen und ertrank in ihnen, kam erst wieder in die Realität zurück, als er den Blick abwandte und aufstand.
„Keinen Hunger?"
Verwirrt schaute sie ihn an und es dauerte einige Augenblicke, bis sie verstand.
„Im Moment nicht, essen Sie ruhig!"
Sie erhob sich und da er sich nicht gerührt hatte, stand sie nun nahe vor ihm, nahm seinen Geruch wahr. Er roch nach Wald, nach Kräutern und irgendwie ... nach ihm. Sie war durcheinander und trat schnell ans Bett, nach dem nächsten Fach greifend.
Er hatte das Knistern zwischen ihnen gefühlt und ging nachdenklich zum Tisch, nahm sich etwas zu Essen. Sie war gefährlich für ihn, in jeder Hinsicht. Er musste aufpassen und beschloss, ihr so gut es ging aus dem Weg zu gehen.
Dezideria vertiefte sich in die Fragen und griff bald darauf nach der Feder und einem Blatt Pergament, erstarrte. Das war das letzte Blatt. Fassungslos starrte sie auf den nun leeren Platz und senkte den Kopf, überlegte fieberhaft.
„Wissen Sie, ob mein Bruder hier ist?"
„Ja, ist er!"
Sie schnippte mit dem Finger und ein Hauself erschien.
„Was kann Kimmy für die Miss tun?"
„Geh zu Master Draco und ..."
Sie kam nicht weiter, denn Severus war aufgesprungen und herbeigeeilt.
„Keine Gespräche."
„Er ist ein Hauself, Professor."
„Und Draco?"
„Mit dem will ich doch gar nicht sprechen!"
Der Mann starrte sie an.
„Kimmy, geh zu Master Draco und frage ihn ..."
Severus packte sie fest am Arm.
„... ob er noch Pergament über hat. Meines ist alle. Wenn er keins hat, frage Mrs. Malfroy oder Mr. Malfroy!"
„Das mache ich sofort, Miss!"
Es machte PLOPP! Der Hauself verschwand und erschien kurz darauf mit einem großen Stapel Pergament.
„Von wem?"
„Mrs. Narzissa, sie sagte, es wäre ihre Bestellung."
„Danke, kannst du sie bitten, mir noch etwas mehr davon zu bestellen?"
„Natürlich, Miss!"
„Danke, du kannst gehen."
Wieder strich sie dem Elf über den Kopf und er verschwand. Als sie sich setzen wollte, spürte sie, dass Severus sie immer noch festhielt, fühlte die Wärme seiner Hand durch ihren Pullover und ihr Körper begann zu kribbeln. Sie wurde unruhig.
„Lassen Sie mich bitte los!"
Ihre Stimme war leise und er hörte eine leichte Angst aus ihr heraus. Als hätte er sich verbrannt, zog er seine Hand zurück und nahm ein wenig Abstand. Ihn ignorierend machte sie sich wieder an die Arbeit und bald flog ihre Feder flink über das Papier.
Wie viel Zeit vergangen war, wusste sie nicht, doch sie konnte nichts mehr erkennen und als sie aufschaute, merkte sie, dass es draußen dunkel geworden war.
Mit einer Handbewegung zündete sie die Kerzen im Raum an und senkte den Kopf um weiter zu arbeiten, Severus ignorierend.
Die Beantwortung der Fragen gingen ihr schnell von der Hand. Sie empfand die Meisten als Beleidigung und begann sich zu langweilen.
Erst als Severus seine Hand auf die ihre legte, hielt sie inne.
„Genug für heute!"
„Nur diese Frage zu Ende bitte, sonst verliere ich den Faden."
Er nickte zustimmend und blieb wartend stehen. Dezideria schrieb weiter, legte nach ein paar Minuten die Feder zur Seite, räumte alles zusammen, reichte es ihm und auch die Fragen, die auf ihrem Bett lagen.
Sie gähnte herzhaft und ging ins Bad unter die Dusche. Als sie herauskam, war Severus verschwunden.
Am nächsten Morgen war sie wieder früh wach und wie schon am Vortag ging sie in den Trainingsraum, arbeitete sich durch ihr Pensum, ohne jegliche Störung.
Gut gelaunt kehrte sie in ihr Zimmer zurück, wo Snape schon auf sie wartete.
„Nur duschen, geht schnell!"
Er nickte kurz. Als sie zurückkam, reichte er ihr die Testfragen und sie setzte sich. Er tat es ihr gleich und schaute sich noch einmal ihre Antworten durch, hatte diese in der Nacht kontrolliert und war sich sicher, nichts übersehen zu haben.
Sie beherrschte theoretisch den kompletten Schulstoff bis zur siebten Klasse und ihre Ausführungen wiesen darauf hin, dass ihr Wissen weit darüber hinaus ging.
Durch Narzissa hatte er erfahren, dass sie sehr wohl Interesse für Tränke zeigte, warum sie dies nicht zugab, verstand er nicht.
Wieder las er erst die Fragen und dann die Antworten und stellte fest, dass sie sogar besser war als Hermine Granger. Er hoffte, dass sie in den anderen Fächern ähnlich gut war und dass sie sich für Slytherin entscheiden würde, dann hätte er Minerva endlich etwas entgegen zu setzen.
Die nächsten Tage vergingen ohne jegliche Zwischenfälle, schweigsam und friedlich, aber immer musste Severus das Mädchen zwingen, aufzuhören. Er war ein wenig verwundert, dass sie ihm bis jetzt keine weiteren Antworten vorgelegt hatte.
Brummelnd legte sie ihm die ganzen Pergamente in den Arm.
„Probleme?" fragte er scheinheilig.
„Nein, ist alles nur langweilig und Zeitverschwendung. Aber da muss ich wohl durch. Gute Nacht, Professor!"
Sanft, aber bestimmt, schob sie ihn aus dem Zimmer und sprang unter die Dusche. Sie fühlte sich vollkommen unterfordert und wunderte sich ein wenig darüber. Für welche Klasse mochte dieser Fragebogen wohl sein? Lange Weile machte sie immer so müde und gleich darauf lag sie tief schlafend im Bett.
Der nächste Tag brach an und Dezideria fiel es schwer, aus dem Bett zu kommen. Darum beschloss sie, dieses Mal das Training ausfallen zu lassen und den Tag langsam angehen zu lasse. Sie setzte sich auf die Fensterbank und beobachtete, wie es langsam Tag wurde. Sie war heute sogar noch früher als sonst aufgewacht und genoss jetzt einfach mal das Nichtstun, doch lange hielt sie es nicht aus und sie begann im Raum auf und ab zu tigern.
‚Morgen', schwor sie sich. ‚Morgen trainiere ich wieder!'
Sie wartete auf Severus und als dieser eintrat, entriss sie ihm förmlich die Unterlagen und legte diese auf ihrem Schreibtisch ab.
Er war überrascht, ließ sich aber nichts anmerken und setzte sich, wollte gerade seine Hände auf die Tischplatte legen, doch sie fielen einfach herunter. Er schluckte und schaute zu Dezideria, die ihr Gesicht abwandte, damit er ihr Grinsen nicht sehen konnte, doch das hatte er.
Verblüfft schaute er seinem Schreibtisch hinterher, der durch den Raum wanderte und sich nun neben ihrem Tisch aufstellte. Severus wollte gerade etwas sagen, doch sie hatte damit gerechnet und hob die Hände.
„Gleich habe Sie ihn wieder, versprochen!" lächelte sie ihn an.
Ohne weiter auf ihn zu achten, fing sie an, alles zu sortieren und es dauerte nicht lange, da lagen mehrere Stapel fein säuberlich sortiert vor ihr auf beide Tische verteilt. Sie holte Pergament, Tinte und Federkiel hervor und schrieb etwas. Diese Pergamente verteilte sie auf die Stapel. Nun konnte sie sich leichter orientieren. Sie verteilte die Stapel noch einmal um und wenige Augenblicke später wanderte Snapes Schreibtisch wieder an seinen angestammten Platz. Dezideria trat hinzu.
„Das sind die Fragen und Antworten für Zaubereigeschichte, alte Runen, Zauberei, Verwandlungen und Arithmantik. Sie sind soweit fertig. Sie können die Pergamente schon durchsehen oder nach Hogwarts schicken, nur bitt, nicht durch den Kamin", bat sie ihn, leicht schmunzelnd und ging zu ihrem Platz, sich nun mit Astronomie beschäftigend.
Severus war neugierig und nahm eines der Fächer, las und stellte fest, dass es sich um Zaubereigeschichte handelte. Er begann zu lesen und stutzte, beugte sich weiter vor und las, was oben auf der ersten Seite geschrieben stand:
„Meine Meinung von Geschichte geht mit der Meinung der Anderen meist getrennte Wege, darum mag ich dieses Fach nicht sonderlich und mache mir auch nicht die Mühe, alles ausführlich auszudiskutieren. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis und akzeptieren unten stehende Antworten. Die Vergangenheit kann man nicht ändern, und Fehler, aus denen man lernen sollte, werden doch immer wieder wiederholt, warum dann überhaupt über die Vergangenheit lernen? Ich hoffe, Sie haben Zugriff zu diesen Büchern, die ich unter die Fragen geschrieben habe, um meine Antworten zu überprüfen."
Er schaute Dezideria an, las dann aber interessiert weiter ... und hätte fast laut aufgelacht.
Hinter jeder Frage stand eine Liste von Autoren, Buchtigel und sogar die Seitenzahlen angegeben, wo man die Beantwortung der Fragen nachschlagen konnte.
‚Ja', dachte er, ‚das ist das fotografische Gedächtnis der Malfroys!'
Er nahm sich nun die anderen Fragen vor und überflog die Antworten dazu. Sie schienen in seinen Augen korrekt zu sein. Er wurde von ihr unterbrochen.
„Ähm ... Professor ..., tun Sie mir bitte einen Gefallen und halten Sie mal kurz still!"
Er sah auf und schaute Dezideria an, merkte, wie sein Stuhl sich bewegte und sprang auf.
„Vorsicht! Stehen bleiben!"
Etwas flog an ihm vorbei an die Wand und als er hinblickt, sah er einen schwarzen Fleck an der sonst weiß gestrichenen Tapete. Wieder und wieder flog etwas vorbei und neue schwarze Flecken bildeten sich. Dezideria schaute abwechselnd zwischen Pergament und Wand hin und her und wirkte bald zufrieden. Nachdenklich trat sie zu dem Bild und fuhr mit den Fingern von einem Punkt zum Anderen.
„Das kommt mir irgendwie bekannt vor! Das habe ich schon mal gesehen, aber wo?"
Sie trat zurück, bis sie Severus' Schreibtisch in ihrem Rücken spürte. Sie ließ ihren Blick wieder über die Flecken schweifen, versuchte etwas zu erkennen, aber ihr fiel die Lösung nicht ein. Sie wandte sich ab und ging zum Fenster, schaute hinaus.
„Woher kenne ich das Bild nur?"
Severus stand immer noch auf der Stelle und als er merkte, dass Dezideria nicht auf ihn achtete, trat er zu ihr.
„Was ist los?"
„Das Sternenbild, es kommt mir bekannt vor, aber ich kann mich einfach nicht erinnern, wo ich es schon einmal gesehen habe. Mein Gedächtnis funktioniert eigentlich hervorragend, aber hier lässt es mich im Stich und das ist ungewöhnlich."
„Vielleicht war es nur ein ähnliches."
„Keines ähnelt dem Anderen wirklich, Professor, sie sind alle unterschiedlich."
Er hob die Hände als Zeichen, dass er sich geschlagen gab.
„Vielleicht war es nur ein Traum und du hast es noch nie vorher gesehen!"
Sie schwieg und starrte weiter nachdenklich hinaus, drehte sich nach einer halben Ewigkeit zu dem Bild um und musterte es noch einmal.
„Ein Traum ...! Vielleicht war es wirklich ein Traum."
Severus blieb stehen und beobachtete sie genau, sah, wie ihr Gesicht leer wurde und wusste, dass sie nun in ihren Erinnerungen ihre Träume durchforstete. Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht und ihre Augen blitzten auf, bevor sie sich kurz verdunkelten. Sie atmete tief durch und warf ihm einen Blick zu, den er nicht zu deuten vermochte.
Dezideria nahm das Tintenfass von ihrem Tisch und begann mit den Fingern die Flecken an der Wand zu verbinden. Dann trat sie zurück und begutachtete ihr Werk. Sie schien zufrieden zu sein. Mit einer Handbewegung war das Kunstwerk verschwunden und der Stuhl kehrte an seine alte Stelle zurück.
Das Mädchen ging zu ihrem Platz zurück, blieb aber kurz vor Severus stehen und aus einem Impuls heraus gab sie ihm einen Kuss auf die Wange.
„Danke", flüsterte sie und dann setzte sie sich, begann zu schreiben, ohne ihn weiter zu beachten.
Bevor er reagieren konnte, war es schon vorbei und er starrte Dezideria erstaunt an. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen und hätte sie in seine Arme gezogen. Er atmete tief ein, schluckte hart und verdrängte diesen Gedanken wieder. Was war nur los mit ihm? Nachdenklich ging er zu seinem Schreibtisch zurück, immer noch den Geruch ihrer Haare, ihren Geruch in der Nase.
Sie wirkte so unschuldig und doch so erwachsen. Dabei war sie doch erst dreizehn? Oder war sie schon vierzehn? So genau wusste er es gar nicht. Sie zog ihn an und er wusste nicht, wie er dem begegnen sollte. Ein Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler war nicht erlaubt und sie würde sich sowieso nicht mit ihm einlassen, er war doch schon zu alt für sie. Warum dachte er überhaupt über so etwas nach? Es verwirrte ihn, er hatte sich noch nie wirklich zu einer Frau hingezogen gefühlt, außer einem Mal, aber das war schon sehr lange her. Er ignorierte seine Gefühle, wie er es immer tat und kehrte zu seinem Platz zurück, schob wieder einmal seine Gedanken zur Seite und wurde innerlich ruhig.
Währenddessen hatte Dezideria ihre Erkenntnisse niedergeschrieben, packte einen Stapel und gab ihn Severus, nahm sich dann eines ihrer Lieblingsfächer vor „Verteidigung gegen die dunklen Künste".
Sie überflog die Fragen und schwang ununterbrochen die Feder, hatte das Fach dann schnell abgehakt.
In der Zwischenzeit nahm sich Snape die Astronomieaufgaben vor. Er war neugierig, was ihr denn solch ein Kopfzerbrechen bereitet hatte. Es war nicht wirklich sein Gebiet, aber es interessierte ihn und auf der letzten Seite fand er die Antwort:
„Diese Zusatzfrage ist ziemlich unfair", hatte sie begonnen. „Jahrelang zermartern sich Astrologen über diesen Sternenhaufen ihr Gehirn und von mir verlangen Sie eine Lösung, aber ich habe eine gefunden."
Sie hatte die Sterne aufgezeichnet, mit deren Namen versehen und mit feinen Linien verbunden.
„Das Sternbild verkörpert den Seelenerschaffer der Engel. Einhörner sind Engel unter den Tieren, aber er ist der Engel der Engel, Pegasus, der Erschaffer der Seele des ersten Engels Andromeda Promesio. Er, der ein geflügeltes Einhorn ist."
Das Blatt war gerade halb voll, doch unten stand noch etwas.
„ Für die Lösung habe ich gerade mal eine Stunde gebraucht, und Sie?"
Das war frech, aber er fand die Frage auch unfair und gönnte ihr diesen kleine Triumph von Herzen.
Sie schaute zu den noch übrigen Fragen und überlegte. Es standen noch Wahrsagen und Pflege magischer Geschöpfe aus. Sie wollte gerade mit Wahrsagen beginnen, als es an der Tür klopfte.
Severus sprang auf und öffnete die Tür. Narzissa stand davor und bestand darauf mit Dezideria sprechen zu wollen.
„Nein, Zissa! Das geht nicht!"
„Severus, es ist wichtig und hat nichts mit den Tests zu tun, nichts mit der Schule, na ja nicht direkt, erst dann, wenn sie auch aufgenommen wird. Bitte!"
„Es geht nicht und das weißt du!"
„Es muss gehen! Ich gehe nicht eher hier weg, bis ich es ihr gesagt habe."
Severus sah zu Dezideria und dann wieder zu Narzissa, presste die Lippen zusammen und nickte schließlich. Das Mädchen sprang auf und kam zur Tür. Narzissa beugte sich zu ihr und flüsterte ihr was ins Ohr. Doch Dezideria zuckte nur mit den Schultern.
„Das will nichts heißen, sie können trotzdem nicht die Richtigen sein und Zeit, um das zu überprüfen habe ich nicht!"
Das Mädchen drehte sich um und kehrte zu ihren Aufgaben zurück. Narzissa schaute Severus an, blickte dann noch mal zu dem Teenager, ging dann nachdenklich davon. Snape baute sich neben ihrem Tisch auf. Sie ignorierte ihn.
„Und? War es wichtig?"
Nun blickte sie auf.
„Vielleicht."
Er beugte sich vor und legte beide Hände auf den Tisch. Sie musterte ihn kurz und betrachtete seine Hände, verspürte plötzlich den Drang sie zu berühren und über die weichen Härchen zu streichen. Kräftige, aber doch sensible Hände ... Sie schüttelte den Kopf und wurde ärgerlich.
Was war mit ihr los? Was ging in ihr vor? Warum ließ dieses Gefühl sie einfach nicht in Ruhe? Sie blickte auf und sah Severus an, versuchte in seinem Gesicht zu lesen, ob er etwas gemerkt hatte, konnte aber nur erkennen, dass er recht ungeduldig auf eine Antwort wartete.
„Narzissa hat einen Brief von Mr. Olivander bekommen. Er vermutet, dass er jetzt den richtigen Stab für mich hat."
Der Mann verarbeitete die Information.
„Du hast keinen Zauberstab?"
„Nein, kann ich jetzt weiterarbeiten?"
„Aber ... ohne Stab..."
„Es ist okay, das Meiste kann ich ohne. Bitte, wenn ich jetzt weiterarbeite schaffe ich es heute noch."
Sie ignorierte in nun und füllte Seite für Seite. Schließlich war Wahrsagen auch fertig. Die Fragen für das letzte Fach lagen noch vor ihr, aber inzwischen hatte sie keine Lust mehr, sie wollte einfach nur noch fertig werden. Deshalb beantwortete sie die Fragen schnell, aber genau und trotzdem kurz und knapp. So schaffte sie es bis zum Abend und bis zum Einbruch der Dunkelheit war sie dann auch fertig.
Erleichtert sprang sie auf, Severus war verschwunden. Sie sah sich suchend um, aber er war nirgends zu sehen. Das Mädchen ging zum Badezimmer und wollte gerade vorsichtig klopfen, als sich die Tür öffnete und Severus den Raum betrat. Misstrauisch beäugte sie ihn.
„Ich hätte schummeln können."
„Hast du das nötig?"
„Ich hätte!"
Er nickte.
„Ich bin fertig!"
„Gut, leg es dorthin!"
Sie tat es und räumte ihren Schreibtisch auf, merkte beim Sortieren, dass sie für die Schule noch unbedingt Pergament brauchte. Hoffentlich hatte Narzissa welches für sie bestellt.
„Du kannst unten im Speisesaal essen."
Fragend schaute sie ihn an.
„Ich kehre für eine Nacht nach Hogwarts zurück. Morgen früh sei bitte pünktlich acht Uhr in der Eingangshalle!"
Er griff nach den Fragen und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren davon. Sie sank zu Boden und zog ihre Knie an, fühlte sich auf einmal müde, einsam und leer.
Moment ... einsam? Das war sie doch immer. Warum machte ihr das plötzlich was aus? Was war denn das? Warum sehnte sie sich plötzlich nach Geborgenheit?
Sie merkte nicht, wie langsam Tränen über ihr Gesicht liefen. In ihrem geistigen Auge baute sich ein Bild auf. Sie sah Severus vor sich stehen, die Hände auf dem Schreibtisch – seine Hände.
Sie erschrak und die Tränen versiegten. Sie begann zu fluchen. Das darf doch nicht wahr sein. Was passierte hier?
Sie vernahm in ihrem Kopf ein Kichern und zuckte zusammen, versuchte sich darauf zu konzentrieren, doch das Lachen war schon wieder verschwunden.
Pünktlich acht Uhr betrat sie die Eingangshalle, wo Severus sie bereits ungeduldig erwartete.
„Guten Morgen!"
Sie schaute ihn kurz an, nickte und senkte dann wieder den Kopf aus Angst, diese Gedanken und Gefühle könnten wieder kommen.
„Wir werden heute in die Winkelgasse gehen!"
Wieder nickte sie, hatte aber nicht wirklich verstanden, was er gesagt hatte.
„Komm!"
Wortlos folgte sie ihm hinaus und als er ihr seine Hand reichte, ergriff sie diese, ohne nachzudenken. Als ihre dann in der Seinen lag, fühlte es sich einfach richtig an. Bevor sie verstand, was geschah, disapparierten sie schon vor Gringotts und er löste seine Hand aus der Ihren. Sie war enttäuscht.
Wieder war da dieses Gefühl und erschrocken riss sie die Augen auf, fluchte dann leise. Severus schaute sie fragend an.
„Entschuldigung", murmelte sie leise.
Dann endlich schaute sie sich um und registrierte jetzt erst, wo sie war.
„Warum sind wir hier?"
Genervt stöhnte er auf.
„Lucius, Narzissa und Draco sind bei den Zabinis eingeladen und so musste ich wohl oder übel mit dir hierher."
„Warum?"
„Zauberstab!"
Ungläubig starrte sie ihn an.
„Gehen wir!"
Sie betraten „Olivander's", der auch sofort kam und sie strahlend ansah.
„Sie haben es einrichten können, Miss, das freut mich, warten Sie hier!"
Er verschwand und kam bald darauf mit einigen Schachteln zu ihr, sie vorsichtig auf der Theke ablegend.
Doch wieder wurde Dezideria enttäuscht, es waren auch nicht die Richtigen. Deprimiert verließ sie den Laden und ließ einen fassungslosen Olivander zurück.
Severus trat hinter sie.
„Du findest schon einen."
Sie nickte nur und senkte wieder den Kopf.
„Und? Was willst du jetzt kaufen?"
Überrascht hob sie ihren Kopf.
„Ihr ernst?"
Missmutig nickte Severus. Er hatte die Frage sofort, nachdem er sie gestellt hatte auch schon wieder bereut, hatte sie aufmuntern wollen, aber warum? Er, der als kalt und unerbittlich galt, wollte ein Lächeln von ihr sehen. Was war los mit ihm? Warum benahm er sich in ihrer Gegenwart so anders als sonst?
„Ich könnte noch einiges gebrauchen", murmelte sie. „Können wir zu Scribelius gehen?"
Er nickte knapp. Vor dem Geschäft blieb er stehen.
„Gehe und beeile dich!"
Sie nickte und kam schon wenige Minuten später nachdenklich wieder raus, baute sich vor ihm auf und sah ihn an.
„Können Sie mir einen Gefallen tun?"
„Nein!"
„Aber Sie wissen nicht mal, worum ich Sie bitten will!" empörte sie sich.
Ihre Augen glitzerten und er fand sie einfach nur süß, beugte sich, einem Impuls folgend nach vorn und gab ihr einen Kuss auf die Nase.
Sie zuckte zurück, trat einige Schritte zurück und verschränkte die Arme. Da merkte er, was er getan hatte und er musterte sie.
„Was sollte das?"
Er schüttelte mit dem Kopf, wusste nicht, was er sagen sollte, räusperte sich.
„Worum wolltest du mich denn bitten?"
Sie starrte ihn an, schüttelte mit dem Kopf.
„Vergessen Sie es einfach. Gehen wir nach Hause!"
Sie wandte sich ab und ging zum Apparationspunkt vor Gringotts, wurde jedoch zurückgerissen.
„Dezideria, was ich getan habe, tut mir leid. Ich wollte dir nicht zu nahe treten."
Sie schaute ihm in die Augen, musste feststellen, dass sie dort nicht wirklich Reue sehen konnte, nickte aber und beschloss diesen Vorfall zu ignorieren.
„Ich wollte Sie einfach nur fragen, ob ich die Pergamentlieferung zu Ihren Händen nach Hogwarts schicken darf. Ich wollte eine große Menge haben, doch erst nach Malfroy-Manor liefern und dann nach Hogwarts transportieren, ist doch dumm und wenn Sie schon hier sind..."
Er hob die Hände und unterbrach sie.
„...tue es doch einfach!"
„Danke!"
Sie eilte in das Geschäft und kam bald darauf mit strahlendem Gesicht wieder raus.
„Wohin jetzt?"
Sie druckste herum.
„Nun?"
„Ich würde gern in die Muggelwelt!" brachte sie leise hervor.
Er schien sich verhört zu haben.
„Wie bitte? Muggelwelt? Sag mal, hast du sie nicht alle?" zischte er. „Wenn das jemand hört, sind wir fällig! Was denkst du dir eigentlich?"
Sie baute sich vor ihm auf, die Arme in die Hüfte gestemmt.
„Lucius und Narzissa haben Hochzeitstag und zwar in einer Woche. Hier gibt es nichts Gescheites zu kaufen. Ich weiß in der Muggelwelt jemanden, der das hat, was ich haben möchte, es ist auch nicht weit weg."
Himmel noch eins, warum konnte er einfach nicht widerstehen?
„Nicht weit, sagst du?"
Sie nickte und sah ihn bittend an.
„Gehen wir, bevor ich es mir anders überlege."
Mit schnellen Schritten durchmaß er die Winkelgasse, beeilte sich noch mehr im „Tropfenden Kessel" und stand schließlich vor selbigem in der Muggelwelt. Dort blieb er stehen und wartete auf Dezideria, die jedoch etwas auf sich warten ließ, dann aber erschien.
„Tut mir leid, dass Sie warten mussten, aber ich hatte noch Sachen hier, von meiner Flucht her und ich habe Tom gebeten, sie nach Malfroy-Manor zu schicken und den Rechnungsbetrag aus dem Verließ zu holen."
Er reichte ihr seine Hand.
„Zur Sicherheit!"
Sie nickte, ergriff aber nicht seine Hand, sondern hakte sich bei ihm unter. Stirnrunzelnd nahm er dies zur Kenntnis.
„Händchenhalten ist zu auffällig!"
Er akzeptierte es und überließ sich ihrer Führung. Geschickt führte sie ihn in eine kleine Seitengasse, nur zwei Straßen weiter und betrat ein Geschäft, Severus hinter sich her ziehend. Die Türglocke schellte und ein schmächtiger Mann, welcher an der Kasse hinter einem Verkaufstisch stand, schaute auf und als er erkannte, wer eingeteten war, strahlte er.
„Dezi, du hier?"
„Hallo Clyde!"
Sie bedeutete Severus, dass er sich im Hintergrund halten sollte und reichte nach kurzem Zögern dem Verkäufer die Hand.
„Lange nicht gesehen."
„Stimmt, aber ich habe auch nicht viel Zeit. Hast du etwas für mich?"
„Für Experimente oder für etwas anderes?"
„Ich brauche mehrere Dinge, zuerst einmal ein Set, ein Geschenk für jemandem zum Hochzeitstag."
„Verstehe, wer?"
„Reich!"
Der Mann verstand und grinste, verschwand im Nebenraum und kam mit einigen Schachteln wieder. Er öffnete sie und legte sie vor Dezideria hin.
„Schau sie dir an. Alles nur allerbeste Qualität."
Dezideria musterte die Sets und entschied sich dann für ein schlichtes, schlug Clyde aber leicht auf die Finger, als er die restlichen wieder wegtun wollte.
„Ich bin eine Frau, schon vergessen, ich kaufe immer mehr, als ich eigentlich brauche, lass mich weiterschauen!"
Severus seufzte genervt.
„Ruhe auf den billigen Plätzen!" sagte sie leise lachend, nahm noch ein weiteres Set und bedeutete Clyde, den Rest wieder wegzustellen.
„Was brauchst du noch?"
„Ein Armband wäre nicht schlecht, etwas Schlichtes für einen Mann, ein kleines Plättchen daran vielleicht, so was wie ein Namensarmband bei den Muggeln."
„Gold, Silber oder was anderes?"
„Hast du Platin? Das lässt sich am besten verarbeiten."
„Ich schaue mal nach, warte einen Moment!"
Clyde verschwand und Severus trat näher.
„Verarbeiten? Wozu?"
„Sie sind wirklich neugierig, Professor. Ich weiß nicht, ob ich die Frage wirklich beantworten sollte, vielleicht tue ich das mal, aber nicht jetzt!"
Der Mann nickte und trat wieder zurück, als Clyde zurückkam.
„Du hast Glück, ich habe hier zwei verschiedene, welches möchtest du haben?"
Dezideria musterte beide und entschied sich für das mit der größeren Plakette.
„Brauchst du noch etwas?"
„Mal überlegen, vielleicht Amulette, hast du was magisches?"
Sie hörte Severus zischend einatmen und Clyde hob den Kopf.
„Dein Begleiter mag Magie wohl nicht sonderlich, wie?" zwinkerte er.
Das Mädchen lachte.
„Wie es aussieht nicht, und dabei unterrichtet er so was!"
„Lehrer? Bei der Elite?"
„Nein, in Hogwarts, die Elite ist ausgelöscht, sie existiert nicht mehr."
„Darum bist du hier und versuchst dich nicht mal zu verstecken."
„Ganz richtig! Also, wo sind die Amulette?"
„Ach ja ... „
Er holte einige Schubladen hervor und platzierte sie vor dem Teenager. Sorgfältig untersuchte Dezideria die Ketten und Anhänger und entschied sich dann für fünf davon. Dann hielt sie inne, drehte sich um und musterte Severus, schaute ihm lange in die Augen, bevor sie zu einem Entschluss kam.
„Professor, würden Sie bitte für einen Moment herantreten? Ich brauche Ihre Hilfe."
„Ich kenne mich damit nicht aus."
„Mag sein, aber ich möchte Sie um etwas bitten."
Nun kam der Mann heran.
„Was soll ich tun?"
„Ziehen Sie Ihren Zauberstab, legen Sie ihn auf Ihre Handfläche, dass er nicht herunterfällt und lassen Sie ihn mich benutzen. Ich verspreche, dass ich ihn nicht berühren werde, ich brauche nur gebündelte Magie, die mit der Hand nicht so klappt."
Severus musterte sie kurz und musste feststellen, dass sie keine Widerspruch erwartete. Er tat, was sie wollte und beobachtete gleich darauf, wie der Stab zu rotieren anfing und sich über den Amuletten bewegte. Mit Hilfe der Stabmagie suchte das Mädchen noch eine Kette aus.
„Ringe, ich brauche noch einen."
Clyde holte das Gewünschte hervor und auch hier wählte Dezideria einen aus. Dann ließ sie den Stab zurückschweben und erleichtert steckte Severus ihn ein.
„Wieder an den üblichen Ort, Clyde."
„Natürlich, wie bezahlst du?"
Dezideria holte eine Plastikkarte hervor und reichte sie dem Mann.
„Natürlich damit. Du weißt was passiert, wenn du mich betrügst?"
Clyde zuckte zusammen und nickte.
„Dieses Mal wäre es schlimmer, also halte dich zurück."
Der Mann nahm die Karte und zog sie durch einen Automaten, reichte dem Mädchen einen Stift zum unterschreiben und dann anschließend die Karte zurück.
Severus war nun neugierig geworden.
„Was ist das?"
„Das nennt man bei den Muggeln Kreditkarte. Sie nennen es nicht Verließ sondern Konto und da sie nicht zaubern können oder wollen, entwickeln sie durch Technik solche Karten, damit man nicht bares Geld mit sich herumtragen muss. In der Karte sind meine Daten gespeichert, Clyde zieht sie da durch ..."
Sie zeigte auf das Lesegerät.
„...der Computer liest die Daten und Clyde gibt den Preis ein, dann unterschreibe ich und wenn genug auf dem Konto ist, bekommt er dort ein grünes Licht, was Sie jetzt sehen können und das Geld wandert von meinem Konto auf seins. Die Bezahlung ist getätigt."
Severus verstand und nickte.
„Dann können wir gehen!"
„Natürlich."
Dezideria winkte dem schmächtigen Mann zu und verließ hinter Severus das Geschäft.
„Sprich niemals wieder in der Muggelwelt von Magie!"
„Beruhigen Sie sich, er ist ein Squib, er kennt mich und er weiß über Zauberei und so weiter Bescheid, glauben Sie, sonst hätte ich mich so benommen?"
Severus schwieg, sah sie lange an und sie hielt seinem Blick stand.
„Brauchst du noch etwas?"
„Hm, mal überlegen, eigentlich ... eine ganze Menge. Bekommt man auch alles in Hogsmeade?"
„Eigentlich schon."
„Dann reicht es für heute, denke ich. Lassen Sie uns heimkehren!"
Dezideria hob ihre linke Hand und griff nach der Seinen. Er spürte eine Welle von Wärme, die ihn durchströmte und sah einen Schimmer, der das Mädchen umgab und sich auf ihn ausbreitete. Er wollte etwas sagen, aber sie verschloss seine Lippen mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand.
Ihre Umgebung begann zu flimmern und er fühlte sich auf einmal so leicht, als ob er fliegen würde. Doch so schnell wie das Gefühl gekommen war, war es auch wieder vergangen.
Sie nahm den Finger von seinen Lippen, ließ ihn ganz los und trat einen Schritt zurück, wandte sich ab und ging davon.
Snape schaute sich um, realisierte jetzt, dass er sich wieder auf Malfroy-Manor war. Sie hatte ihn per Apparation hier hergebracht ... Apparation? ... Moment ... das Gefühl war anders …
Er eilte die Stufen hinauf und stürmte in ihr Zimmer. Sie stand am Fenster, nachdenklich und irgendwie verletzlich. Ohne Nachzudenken trat er hinter sie und umarmte sie.
Kurz, so glaubte er, hatte sie sich an ihn gelehnt, aber vielleicht hatte er es sich auch eingebildet, denn sie drehte sich um und tauchte ab, wand sich so aus seiner Umarmung, setzte sich aufs Bett und mit einem Wink ihrer Hand bewegte sie den Sessel, zog ihn zu sich, bat Severus letztendlich mit einer Handbewegung, darauf Platz zu nehmen. Doch er blieb stehen, sah sie nur an, sein Gesicht glich nun einer Maske, war ausdruckslos und kalt. Sie erwiderte den Blick unnachgiebig. Schließlich seufzte er und nahm Platz.
„Warum haben Sie mir den Weg verraten?"
Er hatte schon lange mit dieser Frage gerechnet, fühlte sich aber trotzdem überrumpelt.
„Ich ..."
„...warten Sie kurz!"
Er hielt inne. Sie machte eine komplizierte Handbewegung.
„Silencium secreto visitus."
Er hob fragend eine Augenbraue.
„Ein Antilauschzauber, man hört ein leises Klingeln, wenn jemand kommt, sehr praktisch, finde ich."
Er nickte, räusperte sich.
„Ich wollte, dass du entkommst."
„Warum?"
Neugierig suchten ihre Augen die Seinen, doch er wich ihr aus.
„Warum?" wiederholte sie ihre Frage.
Er schüttelte leicht seinen Kopf.
„Wie hast du mich erkannt?"
„Was meinen Sie?"
„Unten in der Halle!"
„Es waren Ihre Augen, Professor."
Er nickte.
„Wie hast du uns hierher transportiert?"
Nun wich sie seinem Blick aus und betrachtete intensiv ihre Hände, als gäbe es nichts interessanteres.
„Eine Form des Apparierens!"
„Das kann nicht sein."
„Ist es aber!"
Beide schwiegen. Er stand auf.
„Anscheinend haben wir beide etwas zu verbergen!"
Sie nickte zustimmend.
„Quit pro quo!"
Er überlegte.
„Nein ... nicht heute!"
Snape verließ den Raum. Dezideria seufzte, ließ sich nach hinten fallen und schlief kurz darauf ein.
Ein leises Klingel weckte das Mädchen. Sie hatte den Zauber nicht aufgehoben und nun klingelte es, weil jemand auf dem Weg zu ihr war. Es klopfte und Dezideria sprang aus dem Bett, öffnete die Tür.
Lucius trat ein.
„Ausgeschlafen?"
Sie nickte leicht.
„Severus erwartet sich in zehn Minuten im Labor. Iss vorher noch etwas, so schnell wirst du dort nicht weg kommen!"
„Ja, Sir!"
Er verließ das Zimmer und Dezideria schaute auf die Uhr. Es war drei Uhr nachmittags.
„Kimmy!"
Der Hauself erschien.
„Bringe mir bitte schnell etwas zu essen!"
„Natürlich Miss, sehr gerne!"
Keine Minute später stand Essen auf ihrem Tisch, welches sie schnell herunterschlang. Dann eilte sie in das Privatlabor, wo Severus bereits auf sie wartete, ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch trommelnd. Seine Körperhaltung war kalt und abweisend.
Dezideria erinnerte sich an Dracos Worte und verstand auf einmal. Sie begann zu schmunzeln und sie sah, dass er es sah.
Kalt musterte Snape sie, runzelte verärgert die Stirn, was sie wiederum veranlasste ihn breit anzulächeln.
Wortlos reichte er ihr Pergamente. Auf jedem stand der Name des Trankes und das Rezept. Bei den ersten Dreien stand auch die Zubereitung dabei, bei den anderen fehlte sie und er reichte ihr noch zwei Pergamente auf denen nur die Namen, aber keine Rezeptur und keine Zubereitung standen.
„Kann ich brauen, wie ich möchte?"
Sie bekam keine Antwort. Severus hatte sich an die Ecke eines Tisches gesetzt und schaute zu ihr, beobachtete sie. Sie zuckte mit den Schultern, fischte die ersten drei Rezepte mit Zubereitung heraus, die anderen legte sie ihm vor die Nase.
Sie brauchte zwei Stunden, dann waren die Tränke fertig. Sie hatte sie zusammengebraut um so Zeit zu sparen.
„Wieviel von jedem und wohin?"
Snape hatte sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen und sprang nun sofort auf, drei Phiolen holend und ihr reichend. Sie füllte ab, säuberte die Kessel und holte sich die Rezepte wieder, schaute sie durch und runzelte die Stirn. Sie waren nicht wirklich kompliziert, benötigten aber ein gewisses Zeitgefühl und deswegen war es ihr unmöglich, die weiteren Tränke parallel zu brauen, was ihr gar nicht gefiel.
Severus hatte sich wieder gesetzt und sie wieder beobachtet, sah, wie sie die Stirn runzelte, meinte, die Tränke wären zu kompliziert für sie und ein Gefühl der Enttäuschung breitete sich in ihm aus. In der Theorie war sie so gut, aber anscheinend nur dort.
Seufzend stellte sie zwei der Kessel weg und begann den nächsten Trank.
Severus überprüfte derweil die fertigen Tränke und musste feststellen, dass sie korrekt gebraut waren. Aber mit Zubereitung und Rezept konnte das auch fast jeder Erstklässler. Er war nun doch wieder neugierig, wie sie die anderen von ihm gestellten Aufgaben meistern würde.
Doch auch diese Tränke waren nicht wirklich eine Herausforderung für sie, das merkte Snape schnell nach der Überprüfung der fertigen Tränke. Er schaute auf die Uhr und musste feststellen, dass sie nun bereits seit achtzehn Stunden am Brauen war und sie zeigte immer noch keine Anzeichen von Müdigkeit, während er vor Müdigkeit kaum die Augen offen halten konnte.
„Lass es für heute gut sein, Dezideria. Gehe Frühstücken und leg dich dann hin, heute Nachmittag um drei Uhr bist du bitte wieder hier."
„Haben Sie denn die Zutaten für die beiden Tränke auch hier? Ich habe gesehen, dass die Zutaten hier reichlich vorhanden sind, aber Einige habe ich hier nicht gefunden."
Severus dachte nach.
„Machen wir es so, du gehst die Tränke noch durch und schreibst auf, was du benötigst. Ich gebe Lucius die Liste und er besorgt, was nicht da ist. Gehen wir schlafen!"
Dezideria tat, was er wollte, ihr brannte eine Frage auf den Lippen, aber sie wusste, dass sie keine Antwort bekommen würde, darum unterließ sie es, ihn zu behelligen.
Schließlich hatte sie die Zutaten aufgeschrieben und auch eine ungefähre Menge, die sie benötigen würde und ging in den Speisesaal essen.
Der Raum war leer, aber Severus hatte wohl Lucius gebeten, den Tisch immer gedeckt zu halten, darum fand sie auch Essen vor.
Zwei Minuten später gesellte sich auch Severus dazu und sie aßen schweigend.
Dann gingen sie beide zur Tür.
„Ähm ... Professor?"
Snape seufzte müde.
„Eine Frage, bitte!"
„Nicht zum Test!"
„Doch, aber nur aus Neugierde. Hören Sie erst zu und entscheiden Sie dann, ob Sie antworten oder nicht."
„Dann mal los!"
Er stellte sich an den Türrahmen, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme.
„Die Tränkenamen geben nicht wirklich viel her, da Sie allgemeine Namen verwendet haben, Konsistenz und Farbe standen auch nicht dabei. Ich kann also davon ausgehen, dass ich den Trank so zusammenbrauen kann, wie ich glaube, dass er wirkt?"
Er dachte kurz nach und musste feststellen, dass dem wirklich so war. So musste er wohl oder übel einen Fehler zugeben, oder eingestehen, dass er nicht geglaubt hatte, dass sie sich an diese Tränke wagen würde oder aber akzeptieren, was sie braute.
„Braue ihn, wie du meinst, dass er richtig ist."
„Super, dann bis später ... ach und Professor ..."
Er seufzte laut. Dezideria grinste.
„... was denn noch?"
„Schlafen Sie gut!"
Sie ging an ihm vorbei und ließ einen überraschten Snape zurück, hatte er doch gedacht, dass sie es ausnutzen würde, weil er geantwortet hatte.
Pünktlich fünfzehn Uhr betrat Dezideria das Labor und marschierte sofort zu den Zutaten, stellte erfreut fest, dass Lucius wohl alles bekommen hatte, doch statt diese zu nehmen und zu bearbeiten, nahm sie Pergament, Tinte und Feder hervor, welches sie mitgebracht hatte, setzte sich und begann zu schreiben.
Snape war irritiert. Warum begann sie nicht zu brauen? Leise stellte er sich hinter sie und schaute ihr über die Schulter. Seine Augen weiteten sich überrascht. Sie war gerade dabei, auszurechnen, in welchen Mengen sie welche Zutat brauchte. Oben stand das Rezept und als er die Zutaten durchging, stellte er fest, dass er das Rezept in dieser Zusammenstellung nicht kannte. Was sollte das werden? Wollte sie ihm nicht sagen, dass sie es nicht konnte, die Rezepte nicht kannte? Oder war sie weiter als er glaubte? Er musste wohl abwarten und wurde nun ungeduldig.
Schließlich beendete Dezideria ihre Berechnungen und holte sich die Zutaten an den Tisch.
Leise vor sich hinsummend begann sie zu arbeiten. Es dauerte aber nicht lange, da hörte sie einen Knall. Snape hatte mit der flachen Hand auf den Tisch geschlagen und starrte sie mit funkelnden Augen genervt an.
„Upsie!"
Sie verstummte. Dezideria bearbeitete nun schweigend die Zutaten und begann mit dem Brauen des ersten Tranken, aber sie langweilte sich und irgendwann platzte ihr der Kragen.
„Das ist doch lächerlich! Wo sind denn die Lehrer, wenn man sich langweilt..." brummelte sie. „Sonst halten die doch auch nervende Vorträge."
Sie seufzte und schaute ihn an.
„Sie sind kein guter Mensch!"
Seine Mundwinkel zuckten und er grinste sie spöttisch an.
„Schön, dass du das endlich merkst!"
„Schade!"
Er stand auf und kam zu ihr.
„Du solltest dich konzentrieren und den Mund halten."
„Zu langweilig!"
Er schnaubte, ging zu seinem Platz zurück und beobachtete sie weiter. Er war von ihr fasziniert. Sie schien sich wirklich zu langweilen. Hin und wieder rührte sie die Tränke um, kontrollierte die Temperatur oder fügte eine Zutat hinzu. Während der restlichen Zeit starrte sie einfach Löcher in die Luft. Der Trank brauchte acht Stunden, danach musterte sie ihn kurz.
„Kann ich zehn Minuten Pause machen?"
Severus nickte und nahm die Phiole entgegen, die sie ihm reichte. Wie ein geölter Blitz rannte sie hinaus und kam nur wenige Minuten später wieder, mit einem Buch in der Hand.
„Ich hoffe, Sie haben Zeit, Professor, der nächste Trank dauert länger!"
Er nickte leicht und schaute sich den Trank, den sie zuletzt gebraut hatte nun genauer an, analysierte ihn und machte kleine Tests, während sie ihn ignorierte und den letzten Trank zu brauen begann.
Zwischendurch hatte sie eine Menge Leerlauf und deswegen hatte sie sich von ihrem Bruder ein Buch geholt „Die Geschichte Hogwarts". Sie war neugierig und wollte unbedingt so viel wie möglich über die Schule wissen, auf die sie vielleicht bald gehen sollte.
Snape hatte die Analyse wenig später beendet und musste feststellen, dass er diesen Trank gar nicht kannte und nachdem er sich das Rezept notiert hatte, fing er an, sie wieder zu beobachten. Er stellte fest, dass sie in ein Buch vertieft war, sich ab und zu Notizen machte und stutzte.
Er sprang auf und nahm ihr das Buch weg.
„Hey!" protestierte sie. „Das Buch gehört Dray!"
Er las den Titel und musterte das Mädchen, gab es ihr widerwillig zurück.
„Oh vielen Dank" murmelte sie missmutig. Er zuckte zusammen, ging zurück zu seinem Stuhl. Auch er langweilte sich, aber er wollte es nicht zugeben, merkte nicht, dass er nun begann mit den Fingern auf die Tischplatte zu trommeln.
Irgendwann klappte sie das Buch genervt zu.
„Wie ich sehe, langweilen wir uns beide", begann sie. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag; ich höre auf zu lesen und Sie erzählen mir statt dessen etwas."
Er schwieg.
„Nichts persönliches meine ich, sondern etwas über Hogwarts, schließlich werde ich dort vielleicht bald zur Schule gehen, da ist es doch schön, wenn ich schon was über die Lehrer und so weiter wissen würde, aus Dracos Sicht kenne ich das alles, schön wäre es, es aus ihrer Sicht kennen zu lernen, vor allem die anderen Lehrer.
Er nickte und begann. Sie hörte ihm zu, weiter an dem Trank arbeitend, unterbrach ihn ab und zu, Fragen stellend und die Zeit verging nun wie im Flug.
Endlich war sie fertig und auch dieser Test war geschafft. Sie überreichte ihm die letzte Phiole, säuberte den Kessel, räumte auf und ehe er es sich versah hatte sie ihn umarmt und einen Kuss auf die Wange gedrückt.
„Auf Wiedersehen, Professor Snape."
Sie winkte ihm noch einmal zu und war dann wie ein Wirbelwind verschwunden. Er schüttelte mit dem Kopf und wertete den letzten Trank aus. Es überraschte ihn nicht, dass er auch dieses Rezept nicht kannte und der Trank wirkte, war nun froh, kein Gift gewählt zu haben, wie er es erst vor hatte.
Nachdenklich verließ er das Labor und nach einer kurzen Unterredung apparierte er in den verbotenen Wald nach Hogwarts um dem Schulleiter mitzuteilen, dass die Prüfungen abgeschlossen waren und was sein erster Eindruck von ihr war.
Er zweifelte, dass Hogwarts wirklich das Richtige für sie war und hatte auch überlegt, ob er mit Lucius darüber sprechen sollte, hatte es dann aber nicht getan.
