"Was? Wie bitte? Das gibt's nicht... Aber... ja! In Ordnung... ich... ich komme. Ja!...So-Sofort..." mit jedem Wort wurde Aokos Stimme leiser.
Fest hatte sie den Hörer, ihres Telefons, mit der rechten Hand umschlossen und an ihr Ohr gepresst.
"Das darf nicht sein..." flüsterte sie mit Tränen erfüllten Augen während sie den Hörer auf die Gabel legte und ins Leere blickte.
"Wer war das Schätzchen?" Fragte Herr Nakamori seine Tochter als er aus der Küche, in den Flur, schritt.
Fragend sah er sie an, doch eine Antwort bekam er nicht.
Wie von einer Tarantel gestochen schnappte Aoko sich ihre Jacke und stürmte aus dem Haus hinaus.
Verwirrt blickte ihr Vater ihr hinterher.
"Was..." murmelte er nur während er zu dem kleinen Schränkchen ging, dass neben der Garderobe stand. Auf ihm drauf lag das Telefon. Ein Blick ins Menü und er wusste mit wem sie gerade gesprochen hatte.
"Krankenhaus Tokio?" Noch viel verwirrter wanderte er mit seinem Blick zur offenstehenden Tür, aus der seine Tochter, vor wenigen Minuten, hinaus gerannt war.
So schnell ihre Füße sie tragen konnten rannte Aoko die Straßen Tokios entlang bis sie letztendlich, außer Atem, am Bezirkskrankenhaus ankam.
"Herr... Herr... Herr Ku--.." Fing sie nach Luft schnappend am Infoschalter an.
Die Frau die auf der anderen Seite saß sah Aoko nur lächelnd an.
"Nur mit der Ruhe Kleines! Tief ein und aus atmen und dann sagst du mir nach wem du suchst!" Freundlich sah die Dame Aoko an. Eine grüne Hose und ein weißer Kittel, kleidete ihren Körper. An ihrem Kittel war an der rechten Seite ein kleiner Schein angesteckt, auf dem ihr Name stand.
Saeki.

"Kuroba! Ich suche Kaito Kuroba! Er wurde heute eingeliefert... heut Nacht... " berichtete sie.
Nickend wandte die Schwester sich ihrem PC zu. Schnell tippte sie etwas ein als sie sich dann wieder, immer noch lächelnd, zu Aoko wandte.
"Ja Herr Kuroba liegt hier! Momentan liegt er jedoch auf der Intensivstation!"
"Intensivsta-tion?" Fragte Aoko schluckend nach.
Sie fasste es nicht.
Wieso lag er auf der Intensivstation?
Wieso war er überhaupt im Krankenhaus?
Was hatte er angestellt?
Dieser... Baka!
Nickend sah Saeki Aoko an.
"Was... was hat er denn? Wie---Wieso liegt er auf der Intensiv? Was ist mit ihm passiert?" Sprudelte es aus dem jungen Mädchen heraus, während sich Tränen ihren Weg, zu ihren Lippen bahnten.
"Bist du ein Familienmitglied Kleines?" Fragte Saeki mitfühlend nach.
Aoko schüttelte ihren Kopf.
"Eine Freundin..." antwortete sie schluchzend.
"Es tut mir leid Kleines. Aber ich darf dir keine Auskunft geben."
"Bitte..." flüsterte Aoko während sie der Schwester wehleidig in die Augen sah.
Sie wollte wissen was mit ihm los war.
Was er getan hatte, dass er nun im Krankenhaus lag.
Was er getan hatte, dass er auf der Intensivstation lag.
Sie wollte wissen, was mit ihrem Kuroba war.
Wieder schüttelte die Krankenschwester ihren Kopf.
"Es tut mir leid. Wenn ich es richtig mitbekommen habe ist seine Mutter oben! Geh zu ihr. Sie wird es dir sicherlich sagen!"
Nickend wischte das junge Mädchen sich die Tränen weg während sie sich abwandte und Richtung Aufzug schritt.
+Was hat er getan+ fragte sie sich. Ihre Schritte wurden immer schneller.
Oben, im Gang der Intensivstation, angekommen sah Aoko auch sogleich Kurobas Mutter, die leblos, in ihren Gedanken versunken, auf einen Stuhl saß.
Vorsichtig ging sie auf sie zu.
"Hallo..." flüsterte sie als sie neben ihr stand.
Langsam drehte sich der Kopf der Frau zu dem Mädchen.
In ihren Augen befanden sich duzende von Tränen.
Als Aoko dies sah, füllten sich auch die ihre erneut mit der salzigen Flüssigkeit die Trauer und Schmerz spiegelte.
"Was ist mit ihm?" Fragte sie leise unter Schluchzen.
"Er... ich weiß nicht wieso... Er... er wurde von einem Auto erfasst... er... Ach ich weiß es nicht!" Kurobas Mutter schüttelte ihren Kopf.
"Keine Ahnung was mit dem Jungen los ist, dass er sich anfahren lässt..."
"Und... und jetzt?"
Frau Kuroba blickte zu Boden.
"Er bleibt nur noch Heute, zur Überwachung, auf der Intensiv. Morgen kommt er auf die normale Station. Er hat sein Bewusstsein verloren, er liegt in einem Komaähnlichen Zustand... er schläft... "
"Er schläft?" Fragend sah Aoko sie an.
Die Frau nickte.
+Das ist normal Aoko. + das Mädchen schüttelte ihren Kopf um den Gedanken der aufgekommen war abzuschütteln, doch so sehr sie es auch versuchte. Ein Teil dieses Gedankens blieb in ihr zurück.

Der nächste Tag war angebrochen. Die ganze Nacht, hatte Aoko mit Kurobas Mutter, im Krankenhaus verbracht. Sie wollte nicht nach Hause. Sie wollte bei ihm sein, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte, befand sie sich doch in seiner Nähe. Und diese Tatsache erleichterte sie doch ein wenig.
Zur Mittagszeit wurde Kaito auf ein anderes Zimmer gelegt, dass sich nicht auf der Intensivstation befand.
Endlich durfte sie zu ihn hinein.
Wieder traten Tränen in ihre Augen, als sie langsam zu ihm schritt.
Seine Mutter war bereits bei ihm gewesen und ließ ihn nun mit Aoko alleine.
Leise rückte sich Aoko ein Stuhl vor seinem Bett zurecht und blickte ihn unter Tränen erfüllten Augen an.
Was war bloß passiert?
Sie verstand es nicht.
Wie konnte das passieren?
Sie wusste es nicht.
Wieso?
Ratlos zuckte sie mit ihren Schultern als sie sich das salzige Etwas von ihren Augen strich.
"Ach Kaito... " flüsterte sie in den Tag hinein...

Die nächsten Tage brachen an und vergingen, an Kurobas Zustand veränderte sich nichts besonders. Sein Gesundheitszustand verbesserte sich täglich, doch aufwachen tat er nicht.

Aoko besuchte wieder die Schule, sie konnte ja schlecht die Schule schwänzen um jede Sekunde bei ihm zu sein.
Ihre Klassenkameraden, ihre Freunde, würden dann ja nur auf falsche Gedanken kommen, wenn sie sich da mal nicht täuschen würden dies wollte sie jedoch nicht, jedoch wenn die Schule beendet war, wenn sie ihre Hausarbeit erledigt hatte, war sie bei ihm, wachte sie über ihn.

Vom Meisterdieb hörte man nichts. Kein Raubzug seinerseits stand an. Die Polizei machte sich schon Sorgen, dass etwas mit dem Meisterdieb 1412 geschehen war.

Aoko wusste was mit ihm war. Sie wusste, dass er schlief.
Sie bezweifelte, dass der Meisterdieb es nach Hause geschafft hatte.
Sie wusste, dass er unterwegs dem Tonikum verfallen war, dessen war sie sich sicher.
Doch was sie nicht verstand war, dass man ihn nicht fand.
Hatte er sich doch in Sicherheit gebracht und schlief nun in aller Ruhe seine Sorgen aus?
So sehr sie es auch versuchte daran zu glauben das er es geschafft hatte, dass er doch über sie gesiegt hatte, saß tief in ihr drin doch der Gedanke das ER es war.
Das ER der gesuchte Dieb war.
Das ER der Dieb war den sie hasste.
Das Kuroba der letzte Zauberer des Jahrtausends war. Das IHR Kuroba der Phantomdieb war.
Immer wieder versuchte sie diesen Gedanken abzuschütteln. Sie verfluchte sich selbst, dass sie daran dachte, hasste sich dafür.
Doch wie sehr sie es auch versuchte... es gelang ihr nicht.
Immer wieder kam in ihr der Gedanke auf, dass ER es war.
Wieso wurde ER nahe an dem Ort, an dem der Vorfall zwischen ihr und dem Meisterdieb stattgefunden hatte, angefahren?
Wieso schlief ER die ganze Zeit?
Wieso heilten seine Wunden, doch aufwachen tat er nicht?
Sie verstand es nicht.
Sie versuchte tausend Ausreden dafür zu finden, doch es gelang ihr einfach nicht.
Tief in ihr drin wusste sie es, doch wollte sie es nicht wahr haben... Wer würde das schon wollen?

Wieder wachte Aoko an seinem Bett und betrachtete den schlafenden Jungen wie er einfach so dalag und sich nicht rührte.
Die Kratzer in seinem Gesicht, die bei dem Unfall entstanden, waren schon gar nicht mehr zu sehen.
Lange saß sie einfach nur da und rührte sich ebenfalls nicht.
Die Nacht war schon lange angebrochen, doch das interessierte sie nicht.
"Bist du es?" Flüsterte sie so leise, dass selbst sie es kaum hörte.
Tränen traten in ihre Augen.
"Sag mir... bist du es?"
Ein leiser, kaum hörbarer, Schluchzer entkam ihrem Rachen.
"Bitte..." um ihre Tränen zu verbergen vergrub sie ihr Gesicht in ihre Hände...
"... das darf nicht sein... " flüsterte sie in die Nacht hinein.
Wieder sah sie ihn an.
+Diese Ähnlichkeit... +
Nie war sie ihr aufgefallen... doch jetzt wo sie darüber nachdachte, wo sie es wirklich in Betracht zog, dass ER es war... fiel sie ihr auf...
Wieder schluchzte sie leise auf.
"Kid..." flüsterte sie während sie ihren Kopf schief legte.
Seufzend erhob sie sich leise als sie dann näher zu ihn schritt.
Vorsichtig beugte sie sich zu ihm vor als sie ihre Augen schloss und ihn einen leichten Kuss auf die Lippen hauchte.

Es tut mir leid..." flüsterte sie.
Immer mehr Tränen rannen ihre Wangen hinab.
"...es tut mir leid..." flüsterte sie erneut während sie sich erhob und langsam nach hinten taumelte...
"... so leid... " fest kniff sie ihre Augen zusammen während sie sich umdrehte, die Tür aufriss und hinaus stürmte.

Sag mir wer du bist,
ich sag dir was du bist

Langsam öffnete Kaito seine Augen und blickte starr gegen die Decke.
Immer mehr glänzten seine Augen, immer mehr Tränen bildeten sich in ihnen.
"Mir auch..." flüsterte er.

Am nächsten Morgen bekam Aoko die Nachricht überbracht, dass Kaito in der Nacht aufgewacht war. Zwar regte sich ein Glücksgefühl in ihr, ein Gefühl der Erleichterung, doch besuchen tat sie ihn trotz dieser Gefühle nicht.
Es vergingen weitere 4 Tage bis Kuroba endlich wieder zur Schule durfte.
Voller guter Laune machte er sich auf den Weg zu den Nakamoris um Aoko abzuholen.
Jedoch war sie nicht mehr zu Hause.
Seufzend machte er sich dann, so schnell er konnte, auf den Weg zu Schule. Nun ja... um genau zu sein, schlenderte er den Weg entlang, alles andere als schnell.
Nicht anders zu erwarten kam er zu spät am Schulgelände an.
Das erste was sein Blick erfasste war das Tor das gerade geschlossen wurde.
Ein Grinsen huschte ihm über die Lippen als er seine Tasche über die Mauer warf und er mit einem Satz hinterher sprang.
Auf der anderen Seite angelangt klopfte er sich den Staub von der Hose, setzte sich die Tasche auf und schlenderte, weiterhin pfeifend, zu seinem Klassenraum.
Zu seinem Glück war der Lehrer selbst noch nicht im Raum als er ihn betrat.
Immer noch grinsend trat er ein. Als die Schüler endlich mitbekamen, dass jemand reingekommen war, und sie realisierten dass er es war jubelten sie ihm entgegen, rannten auf ihn zu und meckerten ihn an wie dumm er doch sein musste ihnen so einen Schrecken einzujagen...
"Kuroba! Mach so etwas nie wieder! Wie konntest du dich anfahren lassen? Ich habe gehört das du auf der Straße eingeschlafen bist!" Kopfschüttelnd baute sich Akako vor ihrem Mitschüler auf.
"Sei froh, dass dir nichts ernsthaftes passiert ist... Ich hätte deinen Tod niemals überwunden!"
"Nun ja, zum Glück musst du es ja nicht, denn ich lebe ja noch!" Erwiderte ihr Klassenkamerad, der mehr als genervt von ihr war.
Seufzend versuchte er an ihr vorbei zu gehen, zu seinem Platz, doch Akako hielt ihm am Handgelenk fest.
Grinsend sah sie ihn an, als sie einen Schritt auf ihn zu ging und ihren Kopf so zu ihm vor beugte, dass ihr Mund sich an seinem Ohr befand.
"Fast hätten sie dich gehabt nicht wahr? Das war doch alles eine Falle... doch du hast es geschafft deiner Strafe zu entwichen... Ich muss schon sagen, Glück muss man haben! Nicht wahr Kid?" Flüsterte sie ihn im Ohr hinein, als sie sich dann wieder von ihm löste.
Ohne auf eine Antwort seinerseits zu warten, setzte sich Akako auf ihren Platz.
Kopfschüttelnd sah Kuroba ihr noch einige Sekunden hinterher als auch er sich dann letztendlich setzte.
Was ihm nicht entfallen war, war dass Aoko noch kein einziges Wort mit ihm gesprochen hatte.

Sie hatte ihn geküsst.
Er war wach gewesen als sie ihn einen Kuss auf die Lippen gehaucht hatte und die Worte Es tut mir leid geflüstert hatte. Er war wach gewesen als sie sich über ihn gebeugt hatte und eine ihrer Tränen auf seine Wange fiel.
Er war wach gewesen als sie nach hinten taumelte und dann sein Zimmer verließ.
Er war wach gewesen als sie sich abermals bei ihm entschuldigte.
Er war wach gewesen als sie bemerkte, dass sie ES wusste...
Ja.
Sie wusste ES. Er war sich sicher...
Und doch war nichts geschehen.
Sie hatte sein Krankenzimmer verlassen... ihn nicht mehr besucht, nicht nach seinem Wohlergehen gefragt. kein Funken von Interesse gezeigt...jedoch...hatte sie auch nichts getan was ihn hätte verraten können.
Wieso?
Befand sich doch ein Funken Zweifel in ihr?
Nein.
Er war sich sicher, dass sie sich sicher war.
Sie hasste IHN.
Nicht als Kuroba aber als Kid.
Sie verabscheute Kid.
Schon immer setzte sie alles daran ihn zu schnappen.
Und doch... nun wo sie es endlich wusste...
Nun, wo sie endlich wusste, wer sich hinter dem Anzug und dem Monokel versteckte, tat sie nichts... Rein gar nichts...

"Hey Aoko... " nach langem hin und her überlegen, entschloss er sich, sich zu ihr zu drehen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen, sah er seinem Gegenüber in die Augen.
"Alles Klar?" Fragte er.
Mit leerem Blick sah auch sie ihn in die Augen.
Rührte sich nicht.
Noch nicht einmal einen einzigen mm.
Immer mehr Kälte sprach aus ihrem Blick.
Immer mehr Hass.
Immer mehr Verachtung...
Gänsehaut breitete sich auf den Rücken Kurobas aus.
"Was willst du?" Fragte sie nach schier unendlichen Sekunden die Kaito wie Stunden vorkamen.
"Nun ja... " von ihrem Blick ließ er sich nicht beirren.
"...ich frage mich nur, wieso du als Einzige nichts zu mir sagst! Ich habe gehört das du an mein Krankenbett gewacht hast, doch jetzt wo du weißt wer..." er räusperte sich.
Aokos Augen formten sich zu winzigen Schlitzen.
"...Ich meine, doch jetzt wo du siehst, dass ich wieder gesund bin... sagst du nichts zu mir! Freust dich scheinbar noch nicht einmal. Ich mein ja nur... "
"Halt die Klappe!" Aoko sprang in die Höhe. Ihr Stuhl, auf dem sie noch eben gesessen hatte, kippte nach hinten.
"Ich will keinen Mucks mehr von dir hören!" Schrie sie mit zusammen gekniffenen Augen.
Die Blicke der Klassenkameraden waren auf beide gerichtet.
Auf Aoko. Auf Kaito.
"Nakamori... " fing Kaito behutsam an als auch er, jedoch langsam, aufstand.
"Was ist?" Fragte er leise.
"Schrei nicht das ganze Klassenzimmer zusammen. Alle gucken uns schon an. Ich habe dir doch gar nichts getan... " ein gespieltes, beschämendes Lächeln, huschte ihm über die Lippen.
"Nein!" Zischte sie ihn an.
"...Rein gar nichts!"
"Nakamori ich..." vorsichtig streckte er seinen Arm aus, wollte ihn auf ihre Schulter legen doch sie schritt zurück.
"Fass mich nicht an!" Sie schüttelte ihren Kopf.
"...Fass mich nicht an... " in jenen Moment, als die Worte ihre Lippen überschritten, öffnete sich die Tür und ein Schüler der Klasse stürmte herein.
"Der Unterricht fällt für heute aus!" Verkündete er jubelnd, nicht wissend welch Spannung in der Luft lag.
Räuspernd, Sachen vor sich hinmurmelnd, wandten sich die anderen von den beiden ab, packten ihre Sachen und verließen schweigend den Raum.
Nur Kuroba und Nakamori blieben in ihm.
Standen sich gegenüber.
Rührten sich nicht.
Sahen sich einfach nur in die Augen...
"Aoko... " brachte Kaito nach Minuten des Schweigens heraus.
Er wusste, dass sie es wusste...
Ein flaues Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit.
Er wusste nicht was er sagen sollte.
Ihm fielen keine Worte ein, die er ihr sagen konnte, um dieses Gefühl loszuwerden.
Um die Schuldgefühle die ihm plagten abzuschütteln.
Doch was ihm am meisten Kummer bereitete war ihr Blick.
Wie sie ihn ansah zerriss ihm das Herz.
Voller Hass...
Hass auf ihn, dass er sie die ganze Zeit belogen hatte. Das er sie die ganze Zeit an der Nase herumgeführt hatte.
"Sei still..." erneut schüttelte sie ihren Kopf.
Tränen bildeten sich in ihren Augen, rangen ihr die Wangen hinab, Tränen des Wissens, des Schmerzes...
Es war ihr egal, dass er sie weinen sah.
Sollte er nur jede einzelne Träne sehen die sie um ihn vergoss.
Um ihn, der es noch nicht einmal verdiente.
Was sie nicht wusste war, dass bei jeder Träne die sie vergoss, sein Herz ein Stückchen mehr zerriss...
Erneut vergingen Minuten, in denen keiner der Beiden auch nur ein einziges Wort sagte...
Beide sahen sich an, wandten den Blick nicht voneinander ab.
Sie weinend. Er voller Mitgefühl, voller Schuld.
"Es stimmt also... " schluchzte sie während sie ihre Hände vor ihrem Gesicht faltete.
"Was? Was stimmt?" Flüsterte er.
Sollte er den Nichtsahnenden spielen?
Sollte er so tun als wüsste er nicht vorüber sie sprach?
Sollte er sie ES wirklich aussprechen lassen?
Sollte er sie gar für verrückt erklären, wenn die Worte ihre Lippen überschreiten?
Dies war das was er am liebsten täte...
"Tu nicht so scheinheilig Kuroba!" Brüllte sie auf.
Wieder bahnten sich Unmengen von Tränen ihren Weg zu ihren Lippen.
"Ein Blick..." flüsterte sie unter schluchzen.
"...sagt mehr als tausend Worte... " leicht schüttelte sie ihren Kopf.
"DEIN Blick... sagt alles... "

Ein Messerstich, ein Schlag mitten ins Gesicht. Ihr Blick voller Tränen, der Klang ihrer Stimme voller Schmerz. Sie wusste es. Sie war sich sicher. Kein Zweifel regte sich in ihr.
"Was sagt mein Blick?" All seine Kraft vermochte er, das Zittern aus seiner Stimme zu verbannen.
"Tu nicht so scheinheilig Kuroba, oder sollte ich besser... "
"Du spinnst doch!" Wütend winkte er ab, während er sie mitten im Satz unterbrach.
"Das zieh ich mir nicht länger rein! Beruhig dich erst mal! Wenn du wieder klar denken kannst, kannst du dich ja bei mir melden!" Während er dies sprach, packte er sich seine Jacke, die er überzog, seine Tasche und verließ, ohne einen letzten Blick auf sie zurichten, das Klassenzimmer.
Als er das Schulgelände letztlich verlassen hatte seufzte er laut auf. Was hatte er getan? Was hatte er da bloß angestellt?
Tage vergingen, als Kaito Kid ging er vorerst nicht mehr auf Beutegang, er wollte erst mal, das sich die Lage beruhigte.
Aoko sprach kein Wort mehr mit ihm. Er versuchte es jedoch auch nicht. Wenn er morgens das Klassenzimmer, seltsamer Weise immer pünktlich, betrat, blickte er nur kurz zu ihr, meist lag ein Lächeln auf seinen Lippen, doch wenn er dann ihren Blick sah, gefühllos, verschwand es sogleich. Sprechen wollte er nicht mit ihr. Sollte sie doch den ersten Schritt machen!
Wie er dies verlangen konnte, verstand er nicht wirklich.
Sie wusste es. Sie wusste, dass er der Dieb war, den sie verabscheute. Ob sie sich immer noch so sicher war, wie an jenem Morgen in der Schule, wusste er nicht, trotz allem nagte diese Ahnung an ihr und in jener Tatsache war er sich sicher.
Wie also konnte er verlangen, dass SIE den ersten Schritt macht?
Immerhin hatte sie ja Recht mit ihrer Vermutung, auch wenn sie selbst vielleicht nicht mehr wirklich daran glaubte...

2 Wochen waren seit ihrem Gespräch vergangen. An jenem Morgen entschied sich Kuroba am heutigen Abend einen Raubzug zustarten. Er beauftragte Chii eine Warnung an die Polizei zu schicken und machte sich auf den Weg zur Schule.
Nach, für ihn, schier unendlich langer Zeit war der Unterricht beendet. Ohne auch nur ein Wort an irgendjemanden aus der Klasse zu richten, packte er seine Sachen zusammen und machte sich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen nahm er die Unterlagen des Museums von Chii entgegen und verbarrikadierte sich in seinem Zimmer, wo er diese sogleich studierte.
Die Nacht brach an und Kaito Kid alias Kaito Kuroba machte sich, mit seinem Gleitdrachen, auf den Weg zu dem Museum.
Vom Himmel aus sah er bereits die Polizisten, wie sie sich um das Gebäude gestellt hatten. Ebenfalls sah er Unmengen von Polizisten auf dem Dach des Gebäudes. Sie rechneten mit Allem.
Ein Grinsen huschte dem Meisterdieb 1412 über die Lippen. Elegant glitt er durch die Lüfte, sein Umhang leicht mit dem Wind wehend.
Ein, leichtes, Beugen nach vorne und er flog mit voller Geschwindigkeit auf das Dach zu. Eine Sekunde verging und er landete. Eine weitere Sekunde verging, ein lautes Päng durchdrang die Stille der Nacht. Eine weitere Sekunde verging und der Nebel, der mit dem Knall aufgekommen war, verschwand. Eine Zehntelsekunde verging und die Polizisten bemerkten, dass weder der Gleitdrachen, noch Kaito Kid, sich auf dem Dach befanden.
Grinsend, von sich selbst mehr als beeindruckt, huschte der Meisterdieb in den Raum hinein, wo sich das Juwel befand.
Mit Leichtigkeit schnappte er sich das Schmuckstück seiner Begierde und verschwand ohne ein Problem wieder in die Dunkelheit der Nacht.
Alles ging so schnell vonstatten, dass die Polizisten sich erst wieder in dem Raum befanden, als der Meisterdieb schon längst verschwunden war.
Imponiert von sich selbst machte er sich, als Kaito Kuroba, das Juwel in der Hand hin und her wiegend, auf den Weg nach Hause.
Zuhause angekommen erwartete ihn Chii bereits am Eingang. Ein besorgter Ausdruck zierte sein Gesicht.
"Keine Angst Chii, ich wurde nicht erwischt, sonst wäre ich jetzt wohl kaum hier!" Grinste Kuroba bis über beide Ohren.
"Little Master, es ist..."
"Und das Juwel befindet sich auch in meinem Besitz sehen sie her..." mit jedem Wort das er sprach wurde seine Stimme leiser. Langsam hob er seine Hand, mit dem Juwel, und betrachtete das Schmuckstück voller Faszination von allen Seiten.
"Es ist wunderschön..."
"Little Master, ich muss..."
"Hier Chii!" Schnell schüttelte er seinen Kopf, um sich aus seinen Gedanken zu befreien, und warf den alten Mann das Juwel zu, dieser fing es nur um Haaresbreite auf.
"Passen sie gefälligst auf Chii, es ist kostbar!" Grinste der junge Bursche, während er zur Treppe schritt.
"Little Master, jetzt hören sie mir doch endlich zu! Sie müssen wissen, dass..."
"Nein! Nicht mehr heute Chii!" Schnitt Kaito ihn das Wort ab.
"Ich gehe schlafen! Das sollten sie auch machen! Es war ein langer Abend! Wünschen sie meiner Mutter, wenn sie kommt, ebenfalls eine gute Nacht von mir! Nacht Chii!" Mit diesen Worten auf den Lippen stürmte er die Treppen hinauf.
Seufzend blieb der Butler kopfschüttelnd zurück.
"Oh Little Master... wieso hören sie nie zu?"

Oben angelangt öffnete Kaito gähnend seine Zimmertür. Nur das sanfte Licht des Mondes drang in das Zimmer, durch das offenstehende Fenster, hinein. Sacht schloss er die Tür, den Rücken dem Zimmer zugewandt, zu.
"Na?" Hörte er eine Stimme sagen. Leicht zuckte er zusammen.
Aoko?
Schweiß trat ihn auf der Stirn, während er sich umdrehte.
Sein Blick fiel auf das offenstehende Fenster, auf dessen Fensterbrett Aoko saß.
Mit dem Rücken an der Wand gelehnt, ein Bein auf das Brett ausgestreckt, das andere angewinkelt, die Arme um ihn geschlungen, den Blick nach draußen gerichtet, saß sie da.
"Aoko..." flüsterte er.
"Wo warst du? Ich warte schon seit 2 Stunden hier! Chii hat mich reingelassen!"
Das wollte der alte Mann ihm also sagen...
Ihr Blick war immer noch nach draußen gerichtet.
"Ich..." fing Kuroba an, doch Aoko ließ ihn nicht aussprechen.
"Kid hatte heute Abend einen Raubzug..."langsam drehte sie ihren Kopf zu ihm. Ihr Blick fand den seinen. Tränen standen ihr in den Augen...

°°°°
Sag mir wer du bist
-Ich sag dir was du bist
°°°°

"Wo warst du?" Ihre Stimme bebte. Tränen, rannen ihr die Wangen hinab. Glitzerten im Schein des Mondes.
"Aoko, ich..."
"Wo warst du?" Wiederholte sie ihre Frage leise.
Langsam schwang sie ihre Beine runter, sodass sie aufrecht dasaß. Ihr Blick fixierte immer noch den seinen.
"Ich war spazieren!" Langsam ging er einen Schritt auf sie zu.
Bedächtig legte sie ihren Kopf schief.
"Spazieren?" Fragte sie.
Kuroba nickte.
"Das soll ich dir glauben?" Ein leiser Schluchzer, entwisch ihren Lippen.
Wieder nickte er.
"Wieso solltest du es nicht tun?"
Langsam stand sie auf. Ihre Knien bebten, ihre Hände waren zu Fäusten geballt.
"Du Lügner!" Schrie sie ihn unter Tränen erstickter Stimme an.
Flüchtig zuckte er zusammen. Für einen kurzen Moment hatte er die Augen geschlossen.
"Ich lüge nicht, Aoko es... "
"Wieso? Wieso lügst du mich an?"
"Ich... ich lüge nicht!" Auch seine Hände waren nun zu Fäusten geballt.
"Wieso?" Flüsterte sie.
"Aoko..." wieder ging er einen Schritt auf sie zu, doch sie wich zurück.
"Komm mir nicht zu Nahe! All die Jahre! Du hast mich belogen!" sagte sie voller Verachtung.

"Aoko..." vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus, doch das junge Mädchen, vom Schmerz gekennzeichnet, schlug sie beiseite.
"Freundschaft Kaito!" Brüllte sie.
"Hat für dich Freundschaft irgendeinen Sinn? Ich dachte einst, dass Freundschaft aus Wahrheit und Vertrauen besteht, doch wie ich sehe eher aus Lügen und Intrigen!" Langsam schüttelte sie ihren Kopf. Erneut fand ihr Blick den seinen.
"Sage doch wenigstens jetzt die Wahrheit! Was hast du schon zu verlieren?"
Die Freiheit.
"Ich..."
"Traust du mir nicht?" Flüsterte sie.
"Denkst du ich verrate dich? Denkst du, ich liefere dich der Polizei aus? Ja. Es stimmt, ich hasse Kaito Kid, doch dich..." wieder schluchzte sie leise auf. "...liebe ich... "
Tief sog Kuroba die Luft ein. Hatte sie dies gerade wirklich gesagt, oder hatte er es sich nur eingebildet. Das konnte nicht sein. Sie liebte ihn nicht. Sie waren Freunde. Sie hatte es ihn oft genug gesagt. Nur Freunde. Er liebte sie . Jedoch liebte sie nicht ihn .
"Aoko..." flüsterte er. Sein Herz verkrampfte sich.
"Du wusstest es. Du wusstest das ich Kaito Kid hasse. Du hast dir mein Gemecker angehört, hast mich angelacht, mir Mut zugesprochen. Ich glaubte dir..." sie schüttelte ihren Kopf.
"...doch in Wirklichkeit, hast du mich ja doch nur ausgelacht!"
"Aoko, es ist nicht so..."
"Du gibst es also zu?" Fragend hob sie ihre Augenbrauen an.
"Nein ich..."
"Nein? Du weißt, dass ich es weiß... gestehst es aber doch nicht! Ich hoffe dir ist klar..." vorsichtig strich sie sich die neugekommenen Tränen weg.
"...das ich dich in meiner Hand habe!" Wütend funkelte sie ihn an.
"Du willst es nicht zugeben? Nun gut! Du musst wissen, ich habe dich, oh Pardon, ich meine Kaito Kid im wahrsten Sinne des Wortes vergiftet. Ich habe ihn ein Tonikum verabreicht, dass ihn schlafen ließ. Du musst wissen, dass Spuren dieses Tonikum sich auch nach einem Jahr, in seinem Körper, noch nachweisen lassen. Ich werde zur Polizei gehen..." langsam schritt sie auf ihn zu, baute sich vor ihm auf, sah ihn direkt in seine Augen. Die Tränen waren längst getrocknet.
"...ich werde dafür sorgen, dass man bei dir diesen Test macht. Solltest du dich weigern, ist eins klar: Du bist Kid. Solltest du ihn machen und ich täusche mich, tut es mir vom Herzen leid. Jedoch... ich bin mir sicher, dass ich mich nicht täusche!"
"Du würdest mich also so hintergehen?"
"Ha!" Ein kurzer Lacher entwich ihren Lippen.
"Wer hat denn wen hier die ganze Zeit hintergangen?"
"Du würdest mich also verraten?"
"Wieso verraten?" Fragend legte sie ihren Kopf schief.
"Du sagtest doch, dass du es nicht seihst. Also hast du doch nichts zu befürchten..."

Fortsetzung folgt...