Kapitel 1: Lily, ein typisch untypisches Mädchen

Lilian Sophie Evans war mit ihrem Vater auf dem Weg zum Bahnhof. Lily war nämlich kein normales Mädchen, sondern eine Hexe und da es der erste September war, musste sie nach King's Cross fahren, um den Hogwartsexpress, der von Gleis neun dreiviertel startete, zurück zur Schule, dem Zauberinternat Hogwarts, zu nehmen.

Lily war 17 Jahre alt und eine besondere Schönheit. Sie war etwa 1.70 Meter groß, schlank, hatte tiefgrüne Augen und lange, dunkelrote Haare, die sie meistens zu einem Pferdeschwanz band. Zudem trug sie sehr modische Kleidung, jedoch war sie nicht mit den Ludern der Schule zu vergleichen, die ihre Röckchen so weit es ging hochschoben.

Seit sie denken konnte, lebte Lily immer mit ihrem Vater Jack zusammen. Viele Mädchen hätten es für schwierig empfunden, ohne Muter aufzuwachsen, aber Lily hatte damit keine Probleme, denn sie kannte es nicht anders. Ihr Vater erzählte ihr, dass ihre Mutter schon früh nach Lilys Geburt gestorben war und Lily sie somit nicht kannte.

Als nach Lilys elftem Geburtstag die Nachricht kam, dass sie eine Hexe war, flippte ihr Vater vor Begeisterung aus und Lily durfte ihr erstes Jahr in Hogwarts verbringen. Ihre Schwester Petunia fand das krank und behandelte Lily daraufhin wie ein künstliches Wesen aus einer anderen Welt. Das war nun sechs Jahre her. Vor zwei Jahren erhielt sie die Nachricht, dass sie zusammen mit Remus Lupin, einem anderen Gryffindor, das Vertrauensschülerpaar von Gryffindor bilden würde. Dieses Jahr erhielt Lily erneut eine Eule, die ihr mitteilte, dass sie nun Schülersprecherin war. Wer das männliche Pendant dazu war, das wurde ihr nicht verraten. Sie war aber in guter Hoffnung, dass auch diesmal Lupin ihr Partner sein würde. Auch um ihre Schwester machte sich Lily keine Sorgen mehr, da sie vor Lilys Sommerferien aus dem Haus der Familie Evans ausgezogen war und nun mit ihrem Verlobten Vernon Dursley zusammenlebte.

Das Auto hielt am Bahnhof und Lily wurde aus ihrer Gedankenwelt gerissen. Sie und ihr Vater stiegen aus. Jack holte ihre ganzen Sachen aus dem Kofferraum und gemeinsam gingen sie zwischen diese besondere Stelle zwischen Gleis neun und zehn.

„Jetzt heißt es Abschied nehmen", sagte Jack.

„Ach Dad, das haben wir doch schon sechs Jahre lang geschafft", meinte Lily.

„Ich wünsche dir ein erfolgreiches Schuljahr. Und dass du mir ja die Prüfungen bestehst!"

„Also Dad, ich werde mich hüten, dich zu enttäuschen!"

„Wir sehen uns dann zu deinem Geburtstag. Viel Spaß bis dahin, mein Schatz", sagte Mister Evans und umarmte seine Tochter.

„Bis bald, Dad. Wir sehen uns in Hogsmeade, ich schreibe dir."

Lily und ihr Vater lösten sich aus der Umarmung und Beide gingen nun in unterschiedliche Richtungen: Jack machte sich auf den Weg zurück zum Auto, während Lily durch die Absperrung zwischen Gleis neun und zehn trat und schlussendlich auf Gleis neun dreiviertel landete.

Als sie dort ankam, fielen ihr schon wieder einige bekannte Gesichter auf. Da waren die Ravenclaws aus ihrem Jahrgang. Da hinten saßen Julie und Alan aus Gryffindor. Lily aber suchte nach einer ganz anderen Person.

Plötzlich hielt ihr jemand von hinten die Augen zu und fragte: „Wer bin ich?"

Lily wusste natürlich gleich, dass es sich um ihre Freundin Anastasia handeln musste.

„Lass mich raten…sie ist klein, aber oho, sie hat manchmal nur Blödsinn im Kopf und ihr Name ist Anastasia Johanna Mayers!"

Lily drehte sich um und sah Ana, wie sie Anastasia immer nannte in die Augen. Sie war sehr schön. Ana war etwas kleiner als Lily, hatte braune Augen, blonde, lange Haare und trug in etwa dieselbe Kleidung wie Lily.

Dann umarmten sich die Mädchen und berichteten sich, dass sie sich doch so schwer vermisst hatten.

„Hey Ana, hast du Riz schon gesehen?", fragte Lily.

„Nee Lil, aber ich denke, dass wir sie im Abteil sehen werden", sagte Ana.

Marissa Elaine Danton war die dritte im Bunde der Freundinnen. Sie hatte schulterlange, dunkle Haare, braune Augen und befand sich von der Größe her zwischen Lily und Anastasia. Marissa war bei den Jungs sehr beliebt und wurde fast jeden Tag um ein Date gebeten.

Die Vierte in dem Bunde, Katie Johnson, war für ein Jahr nach Australien ausgewandert und machte dort ihren Schulabschluss an einer angesehenen Zauberschule.

„Hey Evans, neues Jahr, neue Chance?", fragte ein Junge mit Brille Lily.

„Verzieh dich, Potter!", motzte Lily ihn an und er verschwand.

Oh, wie sie ihn hasste, diesen Potter, dachte Lily.

James Potter war der Sohn eines überaus reichen und berühmten Zaubererpaares und konnte Lilys Meinung nach deswegen ein ganz schöner Angeber sein. Vom Aussehen her war Lily nicht abgeneigt: James war muskulös, hatte schwarze, verstrubbelte Haare und braune Augen. Jedoch ging er ihr seit der fünften Klasse mit der Frage „Gehst du mit mir aus?" tierisch auf die Nerven. Das allein wäre nicht so schlimm gewesen, wäre er nicht so ein Weiberheld, genau wie sein Freund Sirius Black.

Sirius Black war ebenfalls muskulös und hatte schwarze Haare. Diese hingen ihm jedoch lässig und stylisch ins Gesicht. Seine Augen waren noch dunkler als die von James. Doch sein Ruf war der gleiche, wenn nicht sogar schlimmer. Viele Mädchen schwärmten für ihn, doch er war halt ein Junge, der sich die Zeit mit One-Night-Stands vertrieb. Er konnte Lily manchmal zur Weißglut treiben und das war, was sie so an ihm hasste.

Was Lily nicht verstehen konnte war, dass ein lieber, netter, TREUER, und vor allem zuverlässiger Junge namens Remus Lupin mit den Beiden seine Zeit verbrachte. Remus hatte blonde Haare und blau-graue Augen. Wenn er lächelte, sah er wirklich sehr hübsch aus, doch er nutzte sein Aussehen nicht dafür, um Mädels anzumachen, wie es Lilys Meinung nach andere Personen taten, sondern er lernte immer emsig und Lily konnte ihm seinem Titel ‚Vertrauensschüler' nach auch voll vertrauen.

Der Vierte der Gruppe um Potter bildete Peter Pettigrew, ein unscheinbarer Mitläufer ohne besondere Merkmale. Er hatte mausgraues Haar, war eher fett als muskulös und keine Schönheit. Keiner beachtete ihn wirklich und Lily dachte, dass er nur an den Fersen der anderen drei Jungs klebte, um vielleicht mal gesehen zu werden.

„Lil, willst du noch ewig hier stehen bleiben?", fragte Ana.

„Nein natürlich nicht", sagte Lily und beide Mädchen betraten den Hogwarts-Express.

Nachdem sie endlich ein Abteil für sich gefunden hatte, dass zu Lilys Bedauern neben dem Abteil von James und seiner Gang, besser bekannt als die Rumtreiber, lag. Das würde eine lange Fahrt werden…

„Hey Lily, erzähl was von deinen Sommerferien!", schlug Ana vor.

„Okay, also meine Schwester ist ausgezogen."

„Echt?"

„Tja, sie hat es nie wirklich mit mir ausgehalten und wenn ich ehrlich sein soll, dann freue ich mich. Jetzt bin ich sie los!", kicherte Lily und Ana stimmte in das Kichern mit ein.

Der Zug setzte sich in Bewegung.

„Wo nur Riz hin ist", fragte sich Ana.

„Die findet uns bestimmt wieder nicht und trifft uns dann nach der Hälfte der Fahrt. Erinnerst du dich, Lil?"

„Klar", freute sich Lily und das Kichern ging weiter.

Plötzlich ging die Abteiltür auf und ihr schlimmer und ihr schlimmster Alptraum, besser bekannt als Sirius Black und James Potter, betraten das Abteil.

„Wir stören doch nicht, oder?", sagte Sirius.

„Und wie ihr stört, raus!", kreischte Lily.

„Ich muss dir noch was sagen", meinte James.

„Egal was es ist, die Antwort lautet NEIN!", verlor Lily fast die Nerven.

„Das heißt, dass du…"

Er konnte nicht ausreden, denn in dem Moment stürmte Marissa in das Abteil und setzte ihre Sachen ab.

„So ein Stress, Leute, erst dieser ganze Austauschkram von Katie und ich muss mich deswegen abhetzen!", stöhnte sie.

Erst jetzt bemerkte Lily, dass ein Mädchen an der Abteiltür stand und gerade von Sirius Black gemustert wurde. Sie war ganz nett anzuschauen. Ihre schwarzen Haare waren zu einem Zopf geflochten, ihre Augen waren gräulich und von der Größe her stimmte sie in etwa mit Lily überein.

„Komm rein", bat Lily das Mädchen freundlich und zog es von Sirius weg. Das hatte der Spinner nun davon, dachte Lily.

„Ah, das ist Susan Franks aus Australien. Sie hat mit Katie getauscht!", berichtete Riz.

„Hallo", sagte Susan schüchtern.

„Hey Susan, ich bin Lilian, aber du kannst mich Lily oder Lil nennen", sagte Lily freundlich.

„Ich bin Anastasia, aber Ana reicht völlig aus. Spart doch ne Menge Zeit, diese Kurzform", gab Ana von sich und reichte Susan ihre Hand, die diese schüttelte.

„Ja und mich kennste ja schon. Ach ja: Marissa ist zwar mein Name, aber meine Freunde nennen mich Rissa oder einfach nur Riz", sagte Riz.

„Wie sollen wir dich nennen?", fragte Ana.

„Ich weiß nicht. Sue?", fragte Susan leise.

„Okay Sue, aber an deiner Schüchternheit müssen wir noch arbeiten", meinte Riz und Sue setzte sich.

„Ähm Lily, ich wollte dir doch was sagen", ergriff James das Wort.

„Nein, Potter", sagte Lily völlig gleichgültig.

„Okay, dann gibt es wohl dieses Jahr keine Schulsprecherin", meinte James.

„Woher weißt du, dass ich…", fragte Lily ungläubig.

„Dumbledore, weißt du? Ich fand es auch erst komisch, dass er ausgerechnet mich zum Schülersprecher ernannt hatte, aber…"

„Du bis Schülersprecher, Potter?" Lily konnte es nicht glauben.

„Ja", sagte James.

„Oh.Mein.Gott", meinte Lily und verließ mit James das Abteil, um das Abteil für die Vertrauensschüler und Schülersprecher aufzusuchen und sich den Rest der Fahrt darüber klar zu werden, dass sie nun mehr Zeit mit James Potter verbringen musste und dass Dumbledore übergeschnappt war.