Kapitel 4: Presserummel

Lily war noch immer geschockt. Wie sollte sie denn nur eine Prinzessin abgeben? Nicht dass sie nicht schön genug für eine Prinzessin wäre, aber ihr Verhalten war nicht wirklich vornehm und sie ließ sich zu schnell provozieren, kein angemessenes Benehmen für eine Adelige. Wie sollte sie sich jetzt nur entscheiden? Am Besten wäre es, wenn sie mal ihre Mutter kennen lernen würde, die Königin von Monaco. Jack hatte seiner Tochter immer erzählt, dass seine Frau Fabienne schon früh nach Lilys Geburt gestorben war. Jack sagte, er wollte Lily beschützen. Wollte er sie vor dem strengen Leben am Hofe beschützen und der Presse? Dann müsste Lily ihrem Vater eigentlich dankbar sein, denn alle Adeligen, die in jedem Morgenblatt schon zu sehen waren, taten ihr leid, da sie kein richtiges Privatleben führen konnten.

Nach einigen weiteren Überlegungen fiel Lily schließlich in den Schlaf und wachte am nächsten Tag erst mittags wieder auf. Als sie eine Etage nach unten ging, saß schon James auf dem Sofa und schaute sich einen Film an.

„Morgen", meinte Lily verschlafen.

„Guten Morgen."

„Weißt du, wie mein Vater gestern hier sein konnte? Er ist doch kein Zauberer!"

„Dumbledore!", meinte James und das sagte doch alles.

„Hm, ich habe mich schon gewundert", dachte Lily laut.

„Ich habe dir etwas zu Essen mit hochgebracht", sagte James und deutete auf einen Teller mit noch warmen Pfannkuchen.

„Wann warst du denn essen?", fragte Lily.

„Vor zwei Stunden etwa."

„Und dann sind die Pfannkuchen noch warm?"

„Ist so ein Zauber."

„Danke. Das ist echt nett von dir."

„Null Problemo!"

Dann setzte Lily sich dazu und mampfte genüsslich ihre Pfannkuchen. Nachdem James sie nachäffte und Lily das wie immer mitbekam, schnappte sie sich ein riesiges Kissen und haute es voll in James Gesicht. Dieser sah das als Kriegsangebot und warf ein Kissen zurück. Lily sprang auf und hetzte die Treppe nach oben und nach unten, dann über die Couch hinüber, bis James sie endlich packte und sie und sich zu Boden warf, also sie lag auf ihm drauf. Dann versuchten sie sich gegenseitig zu hauen, doch die Boxversuche klappten nicht, da entweder Lily oder James die Hände des Gegners fest hielten.

In diesem Moment schwang das Portrait zur Seite und Ana, Riz, Sue und die Rumtreiber standen sprachlos da, während Lily und James noch versuchten, sich gegenseitig eine reinzuhauen.

„Äh, stören wir?", fragte Sirius anzüglich.

„Wir können auch wieder gehen", fügte Riz hinzu.

„Nein!", schreien James und Lily gleichzeitig und standen in Sekundenschnelle nebeneinander, als wäre nichts gewesen.

„Wir wollten euch mit den Aufräumarbeiten helfen", sagte Sue.

„Danke", meinte Lily.

Das Hilfeangebot war echt gut, denn kurze Zeit später räumten die Freunde die Suite auf und bemerkten, dass diese Arbeiten doch zeitintensiver waren, als sie gedacht hatten.

Lily hang gerade einige Girlanden ab, als Sirius Black schon wieder irgendwelche doofen Sprüche riss und sie sich dachte, mal kurze Zeit an die frische Luft zu gehen.

„Wo will sie hin?", fragte James Sirius.

„Keine Ahnung, folge ihr doch einfach, Bodyguard!", scherzte Sirius und James machte aus dem Spaß Ernst und verließ die Suite.

Lily war auf direktem Wege zum Schuleingang. Als sie die Klinke der großen Flügeltür hinunterdrückte und nach draußen auf die Treppe trat, da kam es ihr vor, als wenn gleich 200 Blitzschläge nebeneinander am Himmel zu sehen wären. Es knipste nur vor sich hin und Lily taten schon die Augen weh. Schlimmer waren noch die ganzen Fragen:

„Miss Evans, wie fühlt man sich als Prinzessin?"

„Prinzessin Lilian, was halten Sie von der großen Liebe?"

„Prinzessin Lilian, warum hat ihre Familie Ihnen verschwiegen, dass sie die Prinzessin sind?"

Lily war diesen Rummel und diese Belagerung von der Presse nicht gewöhnt und hätte am liebsten „Aufhören!" geschrieen, aber das hätte bei diesem Fragendurcheinander eh niemand gehört. Plötzlich packte sie eine Hand und zog sie wieder zurück in die Schule, die Türen fest verschlossen.

„Potter!", freute sich Lily. Das war das erste Mal, dass sie froh war, ihn zu sehen.

„Alles in Ordnung?", fragte James.

„Was wollen die alle?", fragte Lily.

„Die neuste Schlagzeile."

„Woher wusstest du, dass die mich suchen?"

„Weil ich gestern Abend gelauscht habe", gestand James.

„Du hast was?", fragt Lily erzürnt.

„Nun hör mal, jetzt weiß es die ganze Schule. Dein Vater hat es Dumbledore gestern gesagt und nun wissen es alle Schüler. Du stehst unter besonderem Schutz hier in der Schule. Unter anderem unter meinem persönlichen Schutz."

„Was meinst du damit?"

„Na ja, du weißt doch, dass meine Eltern so berühmt sind. Die Presse hat mich auch ewig verfolgt, aber das legte sich dann wieder. Mit persönlichem Schutz meine ich, dass ich dir als Partner zeigen werde, wie man mit der Presse fertig wird, schließlich bin ich Schülersprecher und muss dir helfen!"

„Du wirst mir zeigen…"

„Wie man die Presse abwimmelt, ja. Ich hoffe mal, dass du dann schnell in Ruhe gelassen wirst."

„Danke, Potter."

„Zu ihren Diensten, Majestät", sagte James und Lily verdrehte die Augen kurzzeitig, doch eigentlich freute sie sich. James war richtig nett zu ihr und wollte ihr sogar zeigen, wie man seine Privatsphäre schützen konnte. Der alte James hätte nach der Aktion mit der Presse sicher einen doofen Spruch gelassen, aber der neue James war viel netter und viel zuverlässiger.

Lily fragte sich langsam, ob sie dem Jungen, mit dem sie die Suite teilte, nicht manchmal unterschätzt hatte. Er konnte nämlich echt lieb sein.

„Ich werde jetzt zum Essen gehen…James."

„Wieso auf einmal James?", fragte sich der Besitzer des Namens.

„Ich weiß nicht, vielleicht weil du der Schülersprecher bist", sagte Lily.

„Dann darf ich dich aber auch Lily nennen", sagte James.

„Klar darfst du das", sagte Lily.

Dann tat sie etwas, wovor sie sich wohl die letzten Jahre gesträubt hätte. Sie kam James immer näher und gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Das mag wohl verrückt klingen, aber sie tat es wirklich und ging dann zum Essen, während James verträumt nach oben zur Suite stieg und sich immer wieder über die Wange strich.

„Warum streichst du dir verdammt noch mal ständig über die Wange?", fragte Sirius seinen besten Freund, der gerade die Suite betrat.

„Ach nur so, weil es schön ist", sagte James verträumt.

„Hey, Erde an James! Alles klar?"

„Natürlich, mein Bester."

„Okay, irgendwas hat dich gestochen. Was war es?"

„Amors Pfeil!"

„Du spinnst! Amors Pfeil hat dich gestochen, seit du Evans interessant findest. Wer ist denn für dich bitte noch besser?"

„Keine ist besser als Lily…"

„Hey Krone, bist du auf Drogen?"

„Ja, auf der Liebesdroge."

„Okay, wie heißt sie?"

„Lily."

„Äh und weiter?"

„Evans."

„Ja, ja, verscheißern kann ich mich selber, Krone! Und seit wann übrigens Lily?"

„Sie hat mich auf die Wange geküsst, Tatze. Und sie nennt mich James."

„Okay, ich gehe jetzt runter und frage sie!"

Sirius ging nach unten in die Große Halle und sah Lily am Tisch der Gryffindors sitzen. Er setzte sich ihr gegenüber hin und das verhör konnte beginnen.

„Hi Evans."

„Black, welch Freude, dich zu sehen", meinte Lily ironisch.

„Lass den Quark. Ich hab zwei Fragen an dich."

„Schieß los!"

„Hast du James auf die Wange geküsst?"

„Ja."

„Echt? Wieso das denn?"

„Weil er mir geholfen hatte mit der Presse. Du weißt es ja sicher auch schon."

„Ja, Prinzessin von Monaco. Und seit wann nennst du ihn James?"

„Seit jetzt. Er will mir zeigen, wie ich die Presse gut abwimmeln kann, das ist alles."

„Aha, keine anderen Besonderheiten?"

„Nein, ich will nur die Zusammenarbeit des Schülersprecherpaares fördern."

„Gut. Kannst du mich dann auch Sirius nennen, Lily?"

„Das kann ich machen."

„Obwohl mir ‚Adonis' auch gefallen würde…"

„Wir belassen es auf deinen Vornamen, Sirius", lachte Lily und verschwand vom Tisch, um wieder in die Suite zu gehen.

Am nächsten Morgen erschien folgender Artikel im Tagespropheten:

Prinzessin von Monaco eine Hexe

Gestern erfuhren wir, dass sich doch noch eine Erbin des Throns von Monaco unter dem Volk befindet. Lilian Sophie Evans, gerade 18 Jahre alt gewordene Hogwarts-Schülerin, ist die glückliche Prinzessin, der einmal das Königreich gehören wird. Das Leben für Lily wird sich nun schlagartig ändern, da nicht mehr der normale Alltag einer Hexe das Leben bestimmt, sondern das Verhalten am Hofe und bei wichtigen Banketts. Lilys Leben hat sich um 180 Grad gedreht, da sie nun stets auf ihr Verhalten, ihr Aussehen und die damit verbundene perfekte Repräsentation achten muss, zudem darf die Muggelwelt nicht erfahren, dass Lily eigentlich eine Hexe ist. Wir wünschen auf jeden Fall viel Glück, Lily!

Marilyn Grace

Am Erscheinungstag der Zeitung wusste jeder, was mit Lily los war. Einige gratulierten ihr zu dem Amt, andere warfen ihr eifersüchtige Blicke zu und wiederum andere fragten sie, welche Anrede denn nun angemessen war. James jedoch sagte nicht viel zu Lily bezüglich des Themas, da er wusste, dass einen das mit der Presse schon ganz schön belasteten konnte und nicht noch mehr Wirbel darum gemacht werden sollte. Aber die Schüler hier konnten es ja nicht wissen, also war es im Endeffekt doch nicht so schlimm und Lily schien einigermaßen klar zu kommen.

In den nächsten Wochen zeigte James Lily, wie man gekonnt die Presse an der Nase rumführte und sie schnellstmöglich abwimmelte. Als dann endlich die ganzen Fotografen von der Schule verschwunden waren, konnte Lily wieder ohne zig Begleiter das Gebäude verlassen und zum See gehen oder andere tolle Orte aufsuchen.