Mal wieder ein bisschen neuer Lesestoff für euch…
Kapitel 7: Princess in love?
In den darauf folgenden Tagen erhielt Lily noch einmal einen Brief von ihrer Mutter, in dem das genaue Datum und der exakte Ort des Treffens angegeben waren. Lily hatte überlegt, nicht zu dem Treffen zu gehen, aber diesen Gedanken schob sie beiseite, da sie sich vor dem Fakt, dass sie eine Prinzessin war, nicht drücken konnte.
Als sie an besagtem Tag in dem Gasthaus ankam, wurde sie von der Wirtin gleich nach oben geschickt, die sich wohl bewusst war, welch besonderen Gast sie bei sich hatte.
Lily war sehr aufgeregt und ihr Herz pochte. Sie checkte noch mal ihr Aussehen: schwarze Pumps, roter, knielanger Rock, schwarzer Blazer, schwarzes Top, Haare offen, wenig Make-up. ‚Also dann, Augen zu und durch!', dachte sie sich und klopfte an die Tür. Eine zierliche Frau öffnete sie.
„Du musst Lilian sein."
„Ja, das bin ich. Hallo."
„Hi Lilian, ich bin Louise, die Assistentin von Königin Fabienne. Sie erwartet dich bereits."
„Könnte mir was angenehmeres vorstellen", flüsterte Lily zu Louise und diese nickte verständnisvoll.
Louise führte Lily durch das Empfangszimmer in das Wohnzimmer. Dort saß bereits Jack, ihr Vater. Lily stürmte zu ihm und rannte in seine Arme, um ihn zu begrüßen.
„Hi Dad!"
„Hallo Lily!"
Nachdem sie sich aus der Umarmung lösten, blickte Lily auf die etwa 40 Jahre alte, anmutige Frau, die steif auf dem Sofa saß. Lily verdrängte den Gedanken an verschluckte Besenstiele und betrachtete sie genau. Sie hatte dunkelbraune Haare und feine Züge. Ihr Gesicht war durch grüne Augen, wie Lily sie hatte, einer kleinen Nase und feinen Lippen definiert. Sie lächelte nicht. Sie trug einen großen Hut und ein schönes schwarzes Kostüm, welches sie mit einem blauen Schal verzierte.
„Mutter?", sagte Lily zaghaft.
„So ist es", meinte die Frau, die dann also Fabienne war. Sie schwieg wieder.
„Ich bin nun da, also kannst du sagen, was du von mir willst", sagte Lily schon etwas entspannter.
„Gutes Benehmen", sprach die Königin.
„Hey Mutter, hör mal, ich war total verunsichert. Da erfährt man von einem Tag zum anderen, dass man Prinzessin ist und soll gleich alles drauf haben, was so eine Prinzessin ausmacht! Okay, das mit der Presse war nicht in Ordnung, aber ich habe das momentan kapiert, klar?"
„Was heißt hier ‚hey Mutter'?", fragte Fabienne entsetzt.
„Ich kann auch Mama sagen!"
„Nein, ‚Mutter' ist in Ordnung, das klingt feiner."
„Und ganz schön kälter! Mensch Mom, ich habe dich noch nie so richtig gekannt und du hast gleich solche Erwartungen an mich! Du weißt gar nicht, was in mir drinnen vorgeht. Verdammt, am liebsten wäre ich nie eine Prinzessin gewesen! Ich werde unter solchen Umständen mit dir nicht zum Bankett erscheinen!", regte sich Lily auf und wollte hinausstürmen, doch ihr Vater hielt sie auf.
„Lily Sophie Evans!", mahnte er.
„Dad!", flehte Lily.
„Nein, du wirst deiner Mutter zuhören und ihr den nötigen Respekt erweisen!"
„Wenn's denn sein muss", sagte Lily, denn sie wollte jetzt nichts tun, was ihren Vater verärgern könnte.
„Lilian, du bist Prinzessin und daran kannst du nichts ändern. Das Dasein als Adeliger hat Vorteile, bringt aber auch einige Verpflichtungen mit sich, unter anderem das Benehmen. Die Fotos haben uns alle schwer getroffen, doch wir wissen, dass du vorhast, dich öffentlich zu entschuldigen, das hat Dumbledore geschrieben. Das ist schon mal ein korrekter Zug von dir und wegen des korrekten Zuges wollen wir dir eine Chance geben und dich auf dem Bankett vorstellen", redete Fabienne.
„Soll das heißen, ihr verzeiht mir?", fragte Lily.
„Nun ja, drücken wir es mal nicht so aus. Ich sage lieber, dass wir nicht bis in die Ewigkeit nachtragend sind und dir eine zweite Chance geben. Wenn du sie annehmen willst, dann müssen wir aber noch an deinem Benehmen feilen", sprach die Königin weiter.
„Okay", meinte Lily.
„Nun zu diesem Jungen. Er ist doch nicht dein Freund, oder?", fragte Fabienne.
„Nein, wieso?", fragte Lily skeptisch zurück.
„Ich…ich
will es nur so wissen. Darf eine Mutter sich nicht für ihre
Tochter interessieren?"
"Doch, klar", sagte Lily.
„Dann werde ich dich in den nächsten Wochen mal unter die Lupe nehmen. An deinem Aussehen müssen wir nichts ändern, du bist schön genug für eine Prinzessin. Aber am Benehmen hakt es noch."
„Ist es nicht gut?", fragte Lily.
„Doch sicher, Lilian, für ein normales Mädchen, doch nicht für eine Prinzessin. Ich werde dir zeigen, wie eine schöne Prinzessin sich zu verhalten hat, damit sie allen Prinzen den Atem raubt! Das kannst du dann auf dem Bankett beweisen."
„Alles klar", meinte Lily.
„Sehr gut. Dann entlasse ich dich für den heutigen Tag. Morgen selbe Zeit?", fragte Fabienne.
„Sicher doch", sagte Lily und verließ dann den Raum.
Als die Tür zuging, knöpfte Jack sich Fabienne vor.
„Warum hast du es ihr nicht gesagt?", fragte Jack.
„Weil ich nicht will, dass sie gleich sagt, dass sie abdankt, ohne es sich gründlich überlegt zu haben. Sie wird es noch früh genug erfahren, keine Sorge."
„Ich hoffe, dass sie sich bis dahin nicht verliebt hat. Dieser Junge von den Fotos zum Beispiel."
„Nein, sie hat doch ausdrücklich gesagt, dass er ihr nichts bedeutet."
„Das hat sie nicht gesagt, Fabienne!"
„Ja, aber er ist nicht ihr Freund, das hat sie gesagt."
„Stimmt. Aber sag ihr das bitte möglichst früh, denn ich kann meine Kleine nicht unglücklich sehen."
„Ich werde es ihr sehr bald mitteilen", sprach Fabienne zum Abschluss, umarmte Jack und ging dann aus dem Zimmer.
Draußen traf Lily wieder auf Louise.
„Und wie ist es gelaufen?", fragte Louise.
„Ganz gut eigentlich. Ich dachte, es wäre schlimmer. Na ja, die einzige Sache, die nervt ist, dass Mom so steif dagesessen hat, als wenn sie einen Besenstiel verschluckt hätte."
Louise kicherte und verabschiedete sich dann von Lily.
Auf dem Weg zurück zum Schloss dachte Lily über das Bankett nach. Wie es wohl werden würde? Wer werden die Prinzen sein, denen sie dann den Kopf verdrehen konnte? Würde sie ihr Benehmen dem einer Prinzessin angepasst haben, wenn Weihnachten wäre?
Ziemlich kompliziert das Ganze.
Am Schloss warteten einige Fotografen auf Lily. Sie mussten wohl erfahren haben, dass Königin Fabienne hier in der Nähe war und so konnte Lily nichts gegen sie tun, außer einfach schnell an ihnen vorbei zu gehen und sich den ganzen Fragen zu stellen, die am nächsten Tag in allen Zeitungen erscheinen würden, es sei denn…
Lily sah in diesem Moment den großen Baum vor ihr und es handelte sich dabei nicht um die Peitschende Weide. Die Äste des Baumes führten direkt in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Lily war bereit eine Entscheidung aus dem Bauch heraus zu begehen, da eine Prinzessin später nie so handeln durfte, sondern sich konkret an die Fakten und Regeln des höfischen Benehmens halten musste. Es gab jedoch ein Problem bei dieser Aktion: Lilys Kleidung. Wie wollte sie mit Pumps, Rock und edler Jacke einen Baum heraufklettern ohne auf sich aufmerksam zu machen?
Lily hatte keinen Plan, also musste sie es probieren. Zum Glück stand der Baum etwas entfernt vom Eingang. Lily zog ihre Schuhe aus, denn mit Hacken klettern war einfach unmöglich. Dann kam ihr die Idee, dass sie die Schuhe einfach zwischen den Sträuchern verstecken konnte und abends dann noch mal nach draußen gehen konnte, um sie zu holen. Die Presse war durch ein Verbot von Dumbledore nur noch von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang an der Schule und musste sich den Rest der Zeit anderweitig vertreiben.
Neben den Schuhen gab es noch das Problem Rock. Mit einem knielangen Rock einen Baum hochzuklettern war nämlich auch ziemlich schwierig. Lily krempelte ihn hoch und fasste dann den Stamm an. Sie hievte sich mehr schlecht als recht hoch, aber es ging.
Als sie den Ast erreichte, hangelte sie sich an ihm hoch. Als sie dort drauf stand, bemerkte sie, dass sie doch etwas zu schwer für dieses bisschen Holz war und der Ast begann, leise zu knacken. ‚Oh verdammt, wenn das die Presseleute mitbekommen', fürchtete sich Lily und der Ast knackte weiter. Zudem bekam sie das Rutschen und wackelte auf einen anderen Ast, der nicht knackte, als sie auf ihm stand. Die Presseleute standen immer noch vor dem Schultor und niemand bemerkte, dass sich die Person, die sie suchten, gerade über sie herüberhangelte. Lily hing nach der kleinen Rutschpartie nämlich am Ast und musste sich bis zum Fenster hangeln. Es ging ziemlich schwer und langsam und Lily hoffte, dass niemand jetzt nach oben sehen würde, denn welche Zeitung war nicht scharf drauf, der Prinzessin mal unter das Röckchen zu schauen. Der Ast neben Lily knackte wieder, sodass die junge Prinzessin Panik bekam und schneller hangelte. Das Problem war, dass durch ihre ruckartigen Bewegungen viele Blätter (von denen, die noch übrig waren) hinunterfielen. Oh nein, jetzt würden die Fotografen sie bemerken. Das andere Problem war das tolle Wetter heute und dass ein wunderschöner Sonnenaufgang vorhergesagt wurde. Bald würden so viele Leute wie möglich ihre Köpfe etwas nach oben neigen und sie bemerken. Lily wollte gar nicht dran denken…bis sie ihre Freundinnen unten sahen, die sie gleich bemerkten und wussten, was zu tun war.
Die Fotografen und Reporter wollten nach oben schauen, da setzten Sue, Riz und Ana auf ihre Weiblichkeit und versuchen die Reporter daran zu hindern, nach oben zu schauen.
„Ach hallo, wen haben wir denn hier?", fragte Riz einen Reporter.
„Jonathan Thomas. Und wer sind Sie bezaubernde Lady?"
„Lauren, ich will Sie zur Begrüßung umarmen", log Rissa und umarmte den Mann. Sie blickte zu Lily und gab ihr Handzeichen, dass sie sich beeilen sollte. Sue und Ana und weitere Schülerinnen, die halfen, taten das auch, sodass Lily sich so schnell wie möglich nach vorne hangelte und das Fenster schon im Visier hatte.
Die Reporter wollten nach oben schauen, doch Sue, Riz und Ana waren zu allem fähig und küssten die Reporter auf den Mund. Lily hatte in dem Moment genügend Zeit, durch das Fenster zu schlüpfen. Sie tat das auch mit ziemlichem Geschaukel, aber dann war sie in Sicherheit vor den Presseleuten und stand dort, wo sie eigentlich nie sein wollte: in James Schlafzimmer und gerade unten hörte sie das Portrait zur Seite schwingen und Schritte nach oben kommen.
„Scheiße", sagte sie und versuchte ein gutes Versteck zu finden. Sie schaute in den Kleiderschrank, doch da war zu wenig Platz. Das Gleiche galt für den Schreibtisch. James würde sie sofort erkennen. ‚Shit, Shit, Shit!', dachte Lily und hörte, dass die Schritte leiser wurden. Er stand also vor seiner Tür, die er jeden Moment öffnen würde. Lily hörte Stimmen, es mussten mindestens zwei Personen in jedem Moment das Zimmer betreten.
Lily fiel keine bessere Lösung ein und sie lief zum Bett, kroch darunter und hoffte, nicht erwischt zu werden. Das konnte ja heiter für sie werden!
Die Tür öffnete sich und James trat hinein.
„Also wirklich Tatze, ich wüsste nicht, wie du dich da einmischen willst", sagte James.
„Ach, lass mich, den Meister, mal machen!", behauptete eine Lily bekannte Stimme großkotzig. ‚Moment! Behaupten? Großkotzig? Sirius Black!', dachte Lily und ihr Verdacht bestätigte sich, da sie ihn zum Fenster gehen sah.
„Sag mal James, du hast dich ganz schön verändert seit diesem Jahr. Ich meine, vorher hatten wir so viel Spaß zusammen, aber jetzt hängst du nur noch mit der Prinzessin ab!"
„Nun ja, du weißt wieso…"
„Ja schon, aber Remus, Peter und ich sind deine Freunde und wir wollen auch mal was zusammen unternehmen. Wie wäre es mal mit einem ziemlich starken Männerabend hier?"
„Und Lily?"
„Und Lily, und Lily…ist mir scheißegal, was dein kleines Prinzesschen macht, hauptsache sie ist an dem Abend nicht da! Mann Krone, wir wollen uns auch mal mit dir amüsieren und nicht immer mit dir und Lily und den anderen im Schlepptau!"
„Gut, ich werde sie fragen."
„Sag ihr einfach an, was Sache ist! Die muss auch mal ihren schönen Arsch nach uns richten!"
„Hey, nichts gegen Lily!", hob James die Stimme. Lily wusste, wo sie an dem Abend hingehen würde, nämlich zu Ana und dem Rest der Mädelsclique.
„Ach so, hab ich wieder vergessen. Du scheinst sie sehr zu lieben", sagte Sirius ernst.
„Ja, schade dass sie es nicht annimmt. Ich muss mich ziemlich zusammennehmen, um ihr nicht ständig die Liebe zu gestehen und alles nur, um sie nicht zu verärgern. Aber ich drücke meine Liebe ab und zu aus. Durch Pfannkuchen zum Beispiel oder durch Rettung vor der Presse. Sie weiß, dass ich immer für sie da bin und zur Not mein Leben für sie opfern würde."
Lily erschrak. Die Liebe von ihm all die Jahre war nicht vorgespielt und auch in letzter Zeit handelte er nicht mehr nach seinem Vorteil, sondern nur, um sie zufrieden zu stellen. Das mit dem Leben opfern bewegte Lily sehr und ihr kullerte eine Träne übers Gesicht.
„Ich werde sie dann mal heute Abend fragen", sagte James.
„Okay, ich gehe dann in die Große Halle. Kommste mit?", fragte Sirius.
„Essen? Na klar!"
Die Beiden verschwanden aus dem Zimmer und Lily wartete ab, bis das Portrait zurückklappte. Dann stand sie auf und musste erst mal ihre Gedanken sammeln: James meinte es wirklich ernst mit ihr und sie hatte es nie geglaubt! Vielleicht hatte sie all die Jahre einen großen Fehler begangen? Sie wusste es nicht. Sie war sich ihrer Gefühle für James unklar. Lily starrte in den Spiegel von James und da sah sie sie Beide als Paar zusammen stehen. Dann verschwand das Bild und es bildete sich ein neues. Diesmal saßen Lily und James auf braunen Pferden. Sie lächelten in ihren weißen Anzügen, die keinen einzigen Fleck hatten. Sie ritten durch eine schöne Landschaft, durch Wasser und die ganze Welt sah träumerisch aus. Das Bild änderte sich wieder und Lily und James standen wie Romeo und Julia am Fenster. Der Mond schien und sie unterhielten sich über die schönsten Dinge der Welt. Das Bild verschwamm wieder, doch diesmal bildete sich kein neues, da Lily aus ihren Gedanken gerissen wurde und wieder sich selbst erblickte.
In der Ecke des Zimmers stand James.
„Was machst du in meinem Zimmer?", fragte er.
„Nichts", sagte Lily. Eine bessere Antwort fiel ihr in dem Moment nicht ein.
„Das glaube ich nicht. Hast geschnüffelt?"
„Nein."
„Ja was tust du dann verdammt noch mal hier?" James wurde leicht wütend.
Lily ging auf James zu. Sie kamen sich immer näher. Dann strich sie ihm durch das schwarze Haar. Dabei schaute sie ihm in die schönen, braunen Augen. Dann näherten sich ihre Lippen und trafen schließlich in einem Kuss aufeinander…
In dem Moment wusste Lily, dass sie den Jungen, den sie gerade küsste, von ganzem Herzen liebte. In ihrer Magengrube entstand ein warmes Gefühl und es kam ihr vor, als würden sie Stunden da stehen und sich küssen, obwohl es nur Minuten waren. Sie küsste gerade den Jungen, den sie sechs Jahre lang gehasst hatte.
Wunder gab es immer wieder…
