Kapitel 8: Prinzessin werden ist nicht schwer, Prinzessin sein dagegen sehr

Lily und James standen immer noch in dem Zimmer und küssten sich. Dann schauten sie sich wie so oft ziemlich lange in die Augen. Sie blickte in braune, er in grüne. Lily wollte etwas sagen, doch es kam nicht dazu, da James sie wieder küsste. Es war wie im Märchen, Lilys Gefühle kamen zum ersten Mal richtig hervor. Es war ihr egal, dass sie Minuten vorher an einem Baumstamm gehangen hatte, es war ihr egal, wie sehr James ihr die letzten Jahre auf die Nerven gegangen war. Es war ihr egal, was am nächsten Tag sein würde. ‚Lebe und denke nicht an morgen' war der Satz, der diesen Moment prägte.

James löste sich aus dem Kuss.

„Ich liebe dich", flüsterte er ihr ins Ohr. Das waren sie: Die drei magischen Worte, die bei Lily eine Gänsehaut verursachten.

„Ich…ich…", stotterte Lily. Sie konnte keinen richtigen Satz mehr zusammen kriegen.

„Lass dir Zeit", flüsterte James weiter.

„Danke", sagte Lily und verließ das Zimmer dann langsam, die Augen immer noch auf James gerichtet.

Sie stieg die Stufen hinab, machte eine Zwischenstation beim Klo und verließ die Suite, um zum Abendessen zu gehen. Sie wollte sich am Haustisch mit Ana, Riz und Sue treffen.

Lily betrat die Halle und sah die drei Mädchen bereits am Haustisch sitzen.

„Hi Schatz!", begrüßte Ana sie.

„Hallo Leute", sagte Lily und setzte sich. Die drei Mädchen starrten Lily verwundert an.

„Was?", fragte die Beobachtete.

„Hast du es gut über den Ast geschafft?", fragte Riz leise.

„Ich lebe noch", scherzte Lily und die Mädels stimmten ins Lachen ein. Dann begann Lily zu essen.

„Du musst uns unbedingt alles erzählen!", begeisterte sich Sue. Lily verschluckte sich. Woher wusste Sue von dem Kuss mit James? Oder war Lily auf einer falschen Fährte bei der Einschätzung von James? Sie sah ihn am Haustisch sitzen mit Sirius, Remus und Peter, aber war er wirklich so drauf und hängte vielleicht noch Fahnen auf, auf denen dann stand, dass er Lily geküsst hatte. Sie schaute einmal böse zu James und der sah fragend zurück. Am Lippenstift konnte es jedenfalls nicht liegen, da Lily keinen benutzt hatte an dem Nachmittag.

Die Antwort würde ja bald von Sue kommen und so versuchte Lily ruhig zu bleiben und einfach unauffällig weiter zu essen.

Als sie fertig war, ging sie mit Riz, Ana und Sue zu deren Schlafsaal, um sich in Ruhe zu unterhalten.

„Okay Lily, dann schieß mal los!", sagte Ana.

„Ja, wir wollen alles wissen, jedes kleinste Detail", begeisterte sich Sue.

„Und lass bloß nichts aus!", warnte Riz.

Lily wusste, dass es keinen Ausweg gab und dass sie nun davor stand, den Mädels einen einzigen Kuss so lange wie möglich zu beschreiben.

„Okay, zusammengefasst: Ich hab James geküsst!"

„Ach nee, das war ja auch nur in allen Zeitungen!", empörte sich Riz.

„Nein, ich meine…was?" Lily hatte nicht aufgepasst.

„Wie? Was meinst du?", fragte Sue.

„Wir wollten von deiner Mutter erfahren", sagte Ana.

„Ja, klar, sie ist…sie ist…sie ist ganz nett, würde ich sagen", stotterte Lily.

„Deine Mutter, okay, aber das ist doch nicht alles!" Riz schaute sie strafend an.

„Ja, wieso denn nicht?", fragte Lily ausweichend.

„Lilian, da ist noch was anderes, man merkt es an deiner Verlegenheit!", regte sich Ana auf.

„Du verschweigst uns doch nichts, oder?", fragte Sue.

„Nein, alles in Ordnung", sagte Lily nervös und lächelte angestrengt.

„Du verschweigst uns also was!", kam Riz der Wahrheit auf die Schliche.

„Erzähle es uns", sagte Sue.

„Und wehe nicht!", scherzte Ana.

„Nein, da ist nichts", wich Lily wieder aus.

„Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit!", feuerten sich die Mädels gegenseitig an.

„Nein!"

„Du hast keine Chance, Prinzessin!", ließ Ana verlauten.

Sie nervten Lily so lange, bis sie die Nerven verlor: „Herrgott noch mal! Dann erzähle ich es euch eben. Ich bin nach dem Hangeln in James Potters Zimmer gelandet. Da musste ich mich verstecken und dann hab ich ein Gespräch von ihm und Sirius belauscht."

„Und was haben die so gesagt?", hakte Sue nach.

„Na ja, zuerst ging es um ein Männerabend in der Suite. Ja und deswegen wollte James mich fragen. Dann wurde Sirius eifersüchtig und knallte James an den Kopf, dass ich ihn unter Kontrolle habe und er nur mit mir abhängt und das auch außerhalb der Schülersprecherpflichten. Ja und dann hat sich Sirius entschuldigt…"

„Sirius Black entschuldigt sich? Das muss ja was richtig ernstes gewesen sein, ne?", meinte Riz.

„Ja, das war es. James hat Sirius was klar gemacht. Er sagte, dass er mich sehr lieben würde und dass er sein Leben für mich opfern würde."

„Ei", hauchten die drei Mädels langsam.

„Wie hast du drauf reagiert?", fragte Ana.

„Wie sollte ich reagieren? Erstens lag ich unter dem Bett und durfte keinen Ton von mir geben und zweitens war ich vollkommen baff, da ich immer dachte, dass James mich nur ausnutzen will."

„Und dann sind sie gegangen und dann hast du dich aus dem Zimmer geschlichen, oder?", sagte Riz.

„Nicht ganz. Als sie das Zimmer verließen, da bin ich halt aus meinem Versteck gekrochen und wollte verschwinden. Ich konnte aber nicht und stellte mich vor James Spiegel, um davor einfach zu träumen. Leider betrat dann James das Zimmer. Er hatte wohl Sirius runter geschickt und wollte wohl noch was aus seinem Zimmer holen. Ja und dann stand ich da."

„Und weiter?", fragten Lilys drei Freundinnen gespannt.

„Ja und dann war er erst total sauer auf mich, aber dann haben wir uns…"

„Geküsst!", rief Riz.

„Genau", antwortete Lily.

„Was? Das war doch nur als Scherz gemeint", empörte sich Riz.

„Aber du hattest ihn damals nur wegen der Presse geküsst. War das jetzt ernst gemeint?", fragte Sue.

„Na ja, irgendwie hatte ich ein gutes Gefühl dabei und ich sah James nicht mehr als denjenigen and, den ich so hasse. Irgendwie genau umgekehrt, aber ich bin mir total unsicher dabei."

„Und das war's?", fragte Sue.

„Nein. Dann hat er mir noch die berühmten drei kleinen Worte ins Ohr geflüstert und ich konnte gar nicht mehr richtig sprechen."

„Nein!", schrieen Lilys Besten gleichzeitig auf.

„Ja und dann? Was hast du gemacht", fragte Riz.

„Ich konnte doch nicht sprechen, Riz. Ja und dann hat mir James gesagt, dass ich mir Zeit lassen kann. Dann bin ich gegangen. Und dann trafen wir uns unten und als ihr gefragt hattet, wie es war, da habe ich gedacht, dass James vielleicht was ausgeplaudert hatte, aber ich war mir nicht sicher."

„Auf gar keinen Fall hat James was ausgeplaudert. Er ist ein richtiger Gentleman geworden", stellte Sue fest.

„Perfekt für jede Frau!", kommentierte Ana.

„Und besonders für Adelige!", fügte Riz hinzu.

„Ach Mädels bitte, ich bin durcheinander genug von James, bitte lasst mir noch etwas Freiraum", bat Lily.

„Okay", sagten ihre Freundinnen.

Danach verabschiedete sich Lily von ihnen, um möglichst frühzeitig ins Bett zu gehen. Als sie in der Suite ankam, war kein Licht zu sehen, nur das Licht in James Zimmer brannte, da er seine Tür offen gelassen hatte. Lily bemerkte das nicht, ging duschen und zog sich ihren Schalfanzug und Schlafsocken an. Als sie fertig war, war die Tür immer noch offen und Lily beschloss, noch einmal nachzusehen. Sie klopfte an der Tür und öffnete sie. Dann blickte sie sich in James Zimmer um und fand den Bewohner am offenen Fenster. Das Licht erlosch auf plötzliche Weise (A/N: ja, ja, ganz plötzlich, Schicksal!) und nur der Mond schien noch ins Zimmer. Lily ging zu James rüber, der ununterbrochen aus dem Fenster starrte.

„Hey", sagte sie sanft.

„Hi", meinte er zurück.

„Alles in Ordnung?", fragte Lily.

„Ach, nichts ist so richtig in Ordnung."

Lily legte ihre Hand auf James Schulter.

„Wenn du ein Problem hast, dann kannst du mit mir darüber reden", schlug sie vor.

„Ach ich weiß nicht, ob ich das eine Hoheit fragen darf."

„Du darfst mich alles fragen."

„Echt?"

„Na ja, fast alles", lachte Lily.

„Okay: Sirius und ich wollten einen coolen Männerabend hier machen. Hast du was dagegen?"

„Und das war jetzt dein Problem?"

„Im Grunde genommen ja."

„Ach James, natürlich könnt ihr hier feiern!"

„Danke."

„Dann will ich aber auch einen ausgiebigen Mädelsabend hier, klaro?"

„Geht klar."

„Also, ich habe den Mädchen vom Kuss erzählt."

„Aha, ich habe noch nichts gesagt."

„Ist das jetzt schlimm?"

„Nein, wenn du meinst, dass es richtig ist, dann ist es wohl auch richtig."

„Keine Angst, sie werden es nicht ausplaudern!"

„Ja, schon in Ordnung", sagte James und lächelte.

„Okay, dann will ich mal schlafen gehen. Gute Nacht", sagte Lily und gab James ein kleines Küsschen auf die Wange.

„Gute Nacht", sagte James. Als Lily an der Tür war, flüsterte er zu sich:„Meine Liebe."

Den nächsten Tag musste Lily wieder nach Hogsmeade zu ihrer Mutter. Die wollte ihr schließlich zeigen, wie sich eine Prinzessin zu verhalten hatte. Lily graute es allerdings vor dem Treffen, da sie eigentlich keiner Lust auf das Treffen hatte. Die Formalitäten mochte sie eh nicht so und auch das Bankett versuchte sie möglichst zu verdrängen: Mit hochnäsigen Leuten an einem Tisch zu sitzen war ihr wirklich nichts und das auch noch zu Weihnachten!

Als sie schließlich bei ihrer Mutter ankam, saß diese schon bereit, ihrer Tochter Unterricht zu geben.

„Hallo Lily", sagte Fabienne steif.

„Hi Mom", warf Lily locker in die Runde. Diesmal war sie auch nicht elegant, sondern in Jeans und Pullover zu Treffen erschienen.

„Okay: Regel Nummer eins: Mom, Mama, Mummy und solche Ausdrücke sind künftig verboten und zwar strengstens! Du darfst mich Mutter nennen oder königliche Hoheit, aber mehr nicht! Der Adel versteht, eine gehobene Sprache zu verwenden, also alle ‚Hi' und ‚Yo' können im Keller verschwinden. Verstanden?"

„Ja, Mutter", sagte Lily.

„Regel Nummer zwei: Dein Aussehen ist in Ordnung, wenn man die Kleidung verschwinden lässt. Pullover und einfache Hosen sind nach deiner Schulzeit verboten, wenn du dich dem Volke präsentieren willst beziehungsweise musst. Du wirst stets Kleider, Kostüme oder Hosenanzüge tragen, nur im Palast oder Urlaub sind auch mal T-Shirts und weitere legere Kleidung erlaubt. Deine Haare müssen jederzeit ordentlich frisiert sein und dein Gesicht muss dezent geschminkt werden. Ich werde dir dazu einen Frisör und einen Visagisten zur Verfügung stellen. Ist das logisch nachzuvollziehen?"

„Sicher Mutter", meinte Lily gelangweilt.

„Sehr gut. An deinem Aussehen arbeiten wir vor dem Bankett, die entsprechenden Leute werden dich dafür zurechtmachen. Das Bankett findet am ersten Weihnachtstag um 19 Uhr statt. Das musst du dir notieren!"

„Jawohl, Mutter."

„Gut, dann wollen wir mal dein Benehmen überarbeiten. Zu Anfang möchte ich dir die Grundhaltung der monegassischen Königsfamilie zeigen. Wenn wir irgendwo stehen, dann ist von uns Perfektionismus zu erwarten. Bei der Haltung bin ich auch sehr pedantisch, da sie das Meiste über dich aussagt, ohne dass du ein Wort sprichst. Wenn wir unter dem Volk sind, dann stehen wir gerade, ein Fuß zeigt nach vorne, der andere ist ihm im rechten Winkel angelegt, etwa so wie beim Ballett. Die Schultern werden nicht hängen gelassen, sondern gerade gehalten. Der Kopf hat einen rechten Winkel zum Hals, Lächeln ist Pflicht. Bauch bitte einziehen. Gibt es Kleidung mit Taschen, dürfen die Hände niemals in diesen verschwinden."

„Aber wozu gibt es sie dann?", fragte Lily.

„Es gibt sie für Bürgerliche, nicht aber für den Adel. Hast du kalte Finger, benutzt du Handschuhe!"

„In Ordnung", meinte Lily leicht verärgert.

„Dann probieren wir das gleich mal aus!"

Lily stand auf und passte sich der Haltung ihrer Mutter an. Ich Gegensatz zu ihr hatte Lily arge Probleme damit und fiel fast um. Ihrer Mutter hingegen sind die Bewegungen schon in Fleisch und Blut übergegangen, sodass es bei ihr anmutig und würdevoll aussah.

„Das nächste ist das Gehen. Wir gehen keine zu großen Schritte, behalten den Kopf stets oben und schwenken in keinstem Fall die Arme zu weit aus. Winken ist natürlich erlaubt, niemals aber mit beiden Armen. Ein Arm führt keine zu ruckartigen Bewegungen aus, sondern winkt vorsichtig. Der Arm dar nicht wie ein umgekehrtes Pendel wirken. Am Besten, du machst eine kleine Pause und winkst dann weiter. Das reicht vollkommen."

Lily befolgte die Regel ihrer Mutter.

„Sehr gut, Lilian. Das war noch einfach. Du musst aber auch sitzen. Dabei schlägst du nie die Beine übereinander oder lässt nur den kleinsten Spalt zwischen ihnen. Die Beine bleiben dicht beieinander, die Füße kommen an eine Site des Stuhls. Gerade sitzen ist hier natürlich Pflicht. Dein Blick soll aussagen, dass du eine handlungsfähige Regentin bist."

Lily probierte es aus.

„Gut Lily, der Blick muss geübt werden, aber sonst ist das schon ein enormer Fortschritt. Willst du eine Treppe hinuntersteigen, ist äußerste Vorsicht zu gewähren, denn du könntest aufgrund deines langen Kleides stolpern oder der hohen Schuhe. Die kleine Krone auf dem Kopf, bei Bällen zum Beispiel, darf niemals herunterfallen, das ist ein Zeichen von Schwäche. Möchtest du mal ein Diadem tragen?"

Lily nickte und Louise brachte Fabienne ein Diadem, welches Fabienne ihrer Tochter aufsetzte. Lily wusste gar nicht, dass es so schwer war. Sie hatte immer gedacht, dass Diademe einfach klein und leicht wären, aber sie hatte vorher auch noch keines getragen.

„Und nun bewege dich anmutig!", befahl Fabienne.

Lily gab ihr Bestes und schlenderte steif durch den Saal.

„Nicht so steif, du kannst ruhig lockerer werden."

Lily versuchte die Übergänge der Bewegungen besser hinzubekommen, sodass ihre Mutter zufrieden war.

„Ja genau, Prinzessin", sagte Fabienne.

„War ich gut?", fragte Lily.

„Ja, du warst sogar sehr gut."

„Das Bankett verlangt noch anständige Manieren beim Essen, aber ich weiß, dass dir dein Vater das gut beigebracht hat, also werden wir es vor dem Essen kurz wiederholen."

„Und nun?", fragte Lily.

„Die Stunde ist zu Ende", meinte Fabienne.

„Und dann?", fragte Lily.

„Ich reise morgen wieder nach Monaco ab. Ich kann die Bevölkerung nicht alleine lassen. Vor Weihnachten werde ich dir ein Flugticket nach Hogwarts schicken, das Apparieren in die Gegend um Monaco ist nicht möglich, um die Bevölkerung zu schützen. Das weiß ich, obwohl ich keine Hexe bin."

„Dann sehe ich dich erst an Weichnachten wieder, Mutter?"

„So ist es, Lily. Du wirst die Weihnachtsfeiertage in Monaco verbringen. Du wirst von deinen Freunden getrennt sein, aber es wird schon gehen. Sie können dich nach der Schulzeit immer in Monaco besuchen, außer du bist auf Staatsreise, dann natürlich nicht. Dein Vater wird übrigens auch nach Monaco kommen, also können wir Weihnachten als Familie verbringen, auch wenn dein Vater und ich geschieden sind. Ich muss jetzt packen, Lily. Auf Wiedersehen, bis Weihnachten, mein Kind", sagte Fabienne und umarmte ihre Tochter.

„Auf Wiedersehen Mutter", sagte Lily und verschwand dann aus dem Zimmer, um nach Hogwarts zurück zu gehen.

(Die Presse war dieses Mal nicht da, also konnte Lily weitere Kletteraktionen vermeiden.)