Das Lied, das James hört ist von Aimee Mann und heißt „Wise up".

Kapitel 15: Ein neuer Zustand

Die Zeit verging. Lily und James sprachen kaum noch ein Wort miteinander. Wenn sie einen Raum betrat, dann verließ er ihn, außer im Unterricht natürlich. Sie gingen zu verschiedenen Zeiten essen und blieben in der Suite größtenteils in ihren Zimmern. Die Zusammenarbeit als Schülersprecher wurde fast unmöglich. Sie sollten zu bestimmten Zeiten gemeinsam die Gänge überwachen. Einmal war es so schlimm, dass Lily mit einem Vertrauensschüler ging und die Vertrauensschülerin ging mit James. Das blieb aber nur für eine begrenzte Zeit so, da die Schülersprecher längere Überwachungszeiten hatten. Meist gingen sie deshalb nebeneinander her und sagten nur das Nötigste.

Für James war der Trennungsschmerz fast unerträglich. Er liebte Lily schon sehr lange. Nur äußerlich versuchte er, stark zu bleiben. Innerlich wackelte sein Gerüst und wenn er alleine war, hörte er sich immer dasselbe Lied an.

Ain't no sunshine when she's gone.

It's not warm when she's away.

Ain't no sunshine when she's gone

And she's always gone too long,

Anytime she goes away."

Er musste jedes Mal weinen, doch lieber eine Zeit lang weinen, als die Gefühle so lange zu unterdrücken, bis man sie nicht mehr spürte.

Auch mit seinen Freunden, den Rumtreibern, unternahm er kaum noch was. James zog sich ziemlich zurück und versuchte, Lily zu vergessen. Eines Abends versuchte Sirius wieder, seinen besten Freund zu überreden:
"Ach komm schon, Krone, du hast so lange nichts mehr mit uns unternommen. Es ist jetzt März und du bist immer noch nicht über sie hinweg."

„Sie war meine große Liebe. Ich werde wohl nie über sie hinwegkommen, Sirius."

„Wenn du weiter in deinem Selbstmitleid versinkst, kommst du wirklich nicht über sie hinweg. Lass uns was unternehmen!"

„Ich weiß nicht, ich könnte sie ja treffen."

„Und wenn schon! Ihr müsst auch gemeinsam in einem Klassenzimmer sitzen, dann schafft ihr auch, gemeinsam auf demselben Schulgelände zu sein!"

„Weißt du was, Tatze?"

„Nee, was denn?"

„Du hast Recht!"

„Na endlich hat er es eingesehen", bemerkte Sirius zu sich selbst.

„Ich muss Lily vergessen. Von mir aus kann sie einen Berg herunterfallen! Von mir aus kann ihr ganzes Königreich eine Wirtschaftskrise erleiden! Von mir aus kann sich ihr Volk gegen sie auflehnen! Das ist mir scheißegal!", sagte James mit ganzer Kraft.

„Wir beschränken uns auf den gemeinsamen Ort", sagte Sirius, schnappte sich James' Besen und lief die Treppen nach unten. James folgte ihm und beide Jungs stürmten heraus auf das Schulgelände. James nahm Sirius den Besen wieder ab und stieg in die Luft. Es war herrlich für ihn, wieder zu fliegen, das hatte er lange Zeit nicht mehr getan, vor allem nicht nach der Trennung. Er drehte einige Runden um Hogwarts und traf dann Remus in der Luft.

„Hi Moony! Na? Alles fit im Schritt?", fragte James und lachte.

„James! Dir geht es wohl wieder gut", stellte Remus fest und flog dann nach unten zu Sirius.

„Hi Tatze", sagte er.

„Hi Moony", meinte Sirius.

„Sag mal, geht es James wirklich wieder so gut? Er hat mich eben gefragt, ob alles fit im Schritt sei und dabei hat er total gegrinst."

„Er versucht, sich eine Fassade aufzubauen. Vorhin meinte er ganz schreckliche Sachen von Lily. In Wirklichkeit ist er immer noch verletzlich. Ich habe vor kurzem mit Anastasia gesprochen und die hat gesagt, dass Lily das Gleiche abgezogen hatte, nur um diesen Schmerz zu verdrängen."

„Und was hat sie dann noch gesagt?"
"Na ja, sie meinte, dass es zwar schmerzhaft ist, aber dass Lily nun endlich eine Entscheidung getroffen hatte. Es ist schon ein Unterschied zwischen einer Person, die man verletzt oder vielen Personen, denen man den Rücken zukehrt."

„Tja, James muss in dieser Situation leiden, aber Monaco wird davon profitieren."

Lily kam ebenfalls kaum mit der Trennung klar. Am liebsten hätte sie in der ersten Nacht ihren Koffer gepackt und wäre für immer in den Gemeinschaftsraum zurückgegangen. Leider war das für sie nicht möglich und sie musste sich auf die Mission Impossible begeben, die hieß, James zu vergessen. Wie konnte sie das aber nur? Er war doch ein großer Inhalt ihres Lebens. Lily war sich nicht sicher und ging mit ihren Freundinnen in Hogsmeade shoppen. Ein Einkaufsbummel war immer gut gegen Kummer.

„Hey Lily, schau nur! Die Tasche ist doch der Wahnsinn!", kreischte Riz.

„Nein, diese Jeans sind wunderschön", sagte Sue.

„Ihr habt doch keine Ahnung!", baute sich Ana vor ihnen auf. „Hier hinten gibt es tolle Oberteile, Lil. Hör nicht auf die Beiden!"

Die drei Mädels zogen Lily in drei unterschiedliche Richtungen und Lily schwang umher wie ein Pendel. Und dann geschah etwas Merkwürdiges: Zum ersten Mal seit der Trennung lachte Lily aus vollstem Herzen. Es war aber nicht das Fassadenlächeln, das erkannten ihre Freundinnen schnell. Es war ein echtes Lächeln und Ana wusste, dass jetzt alles nur noch besser werden konnte. Lily ging mit ihr mit und probierte ein kurzes, weißes Neckholdertop an, welches ihr sofort gefiel. Sue reichte Lily mehrere Jeans in die Kabine und dann musste die Rothaarige hinaustreten. Sie sah echt toll aus in dieser Kombination. Das Weiß machte ihre sonst blasse Haut etwas brauner und Jeans waren eh nie falsch. Riz holte Lily ein weißes Paar Schuhe und nachdem unser Modell das angezogen hatte, war sie um einige Zentimeter größer.

„Wunderschön", sagte Sue.

„Absolut genial!", sagte Ana und hielt ihren Daumen nach oben.

„Scharf", sagte Riz und kreiste einmal mit ihrer Hüfte, was Lily wieder zum Lachen brachte.

Nach den Runden draußen, gingen James, Sirius, Remus und Peter, der erst vor kurzem hinzukam, in die Suite.

„Hey, ne Runde Billard?", fragte Sirius.

„Aber gerne", meinte Remus.

„Gut, dann spielen wir zusammen!", forderte James Remus auf.

„Nichts dagegen, Krone", sagte Moony und lächelte.

Sirius musste also mit Peter zusammen spielen. Remus und James hatten den ersten Zug. James ging zum Tisch, peilte die Bande an und lochte gleich zwei halbe Kugel ein.

„Yeah!", sang James und führte einen Freudentanz durch das Zimmer auf. Es blieb natürlich nicht unbemerkt und die Rumtreiber waren sich sicher, dass ihr Freund auf dem Weg der Besserung war. Allein ein simpler Erfolg beim Billard löste solch eine Reaktion bei James aus. Ob der Weg jedoch noch steiniger werden würde, wusste keiner.

In diesem Moment kamen die Mädchen von ihrer Shoppingtour wieder. Sie stiegen kichernd die erste Treppe hinauf und blickten die schweigenden Jungs an. James und Lily sahen sich traurig an, dann ging Lily weiter hoch in ihr Zimmer, ohne ein Wort zu den anderen zu sagen. James ging ebenfalls in sein Zimmer.

„Kapiert ihr das?", fragte Ana alle Anwesenden.

„Sie waren doch eben noch so glücklich", sagte Sue.

„Sie leiden immer noch unter dem Schmerz, wenn sie sich sehen. Sie haben gelernt, nicht ständig, jede Minute, an den Anderen zu denken, aber es ist unmöglich, den Schmerz ganz zu vergessen, wenn man sich diese Räumlichkeiten teilt. Sie versuchen das Beste, es zu verdrängen, obwohl eine harte Konfrontation besser wäre. Eben hat man gesehen, dass die Fassade bröckeln kann, Lily und James sind nämlich irgendwie zusammengezuckt", erklärte Sirius.

„Was sollen wir denn jetzt nur tun?", fragte Riz.

„Ich glaube, ich gehe zu Lily nach oben", sagte Ana und wollte schon die Treppe betreten, als Sirius dagegen redete:

„Nein, sie müssen selbst lernen, damit umzugehen. Später wirst du auch nicht immer da sein, wenn Lily in Monaco was nicht passt", sagte Remus und alle sahen ihn erstaunt an.

„Was? Das habe ich in einem Buch gelesen", sprach Remus weiter und bei den Zuhörern fiel der Groschen.

James lag auf seinem Bett. Er wollte diese Trennung vergessen. Wenn Lily nicht da war, amüsierte er sich richtig, aber immer wenn sie mit ihm in einem Raum war, brachte er kein Wort heraus und sein Modell brach zusammen. Vielleicht hatte Sirius doch Recht: Lily und er mussten sich aussprechen. Doch nicht heute, nicht morgen, aber eines schönen Tages würden sie miteinander reden und der Schmerz wäre weniger intensiv. James drehte die Musikanlage auf und man konnte die Musik richtig verstehen. Sie stach ihn direkt ins Herz:

It's not going to stop,

it's not going to stop,

no, it's not going to stop,

till you wise up,

no, it's not going to stop,

so just give up."

Lily konnte die Musik in ihrem Zimmer hören und auch sie wurde von der Melodie berührt. Hatte sie sich richtig entschieden? Sie liebte Monaco, aber sie liebte auch James. Die Antwort würde sie wohl nie finden…

Weitere Zeit verging und es wurde langsam April. Lily und James wussten, dass es so nicht weitergehen konnte. Bei ihrem Schulabschluss mussten sie gemeinsam eine Rede halten und ohne vorheriges Absprechen war das nicht möglich. Blamieren wollte sich schließlich keiner von Beiden.

Eines Tages ging Lily aus ihrem Zimmer hinaus und geradewegs zu James Zimmer durch. Sie wollte es ein für alle Mal klären. Sie konnten sich nicht eine Ewigkeit lang ignorieren und so tun, als sei alles in Ordnung.

Mitten auf dem Flur rannte sie in James. Sie war so voller Gedanken, dass sie ihn umrannte und selbst auch auf dem Hinterteil landete. Als die Beiden sich sitzen sahen, lachten sie. Sie lachten wie Seeräuber so laut und sie lachten zusammen. Was war nun geschehen? Versuchten sie etwa wieder, den Schmerz zu vergessen? Sie fingen sich wieder.

„Du zuerst!", sagte James.

„Nein, du zuerst!", konterte Lily.

„Ich hab's zuerst gesagt", meinte James und Lily musste sich fügen.

„Okay, ich wollte sich fragen, wann wir beginnen wollen, an unserer Rede zu arbeiten. Die Rede für den Abschluss. Ja, das war's. Was wolltest du?", fragte Lily zaghaft.

„Genau das Gleiche", stammelte James.

„Also wann denn nun?", wollte Lily wissen.

„Ich denke, dieses Wochenende wäre gar nicht schlecht. Dann haben wir das Grundgerüst schon mal erledigt."

„Gute Idee. Wo treffen wir uns?"

„Na hier in der Suite. So gegen 15 Uhr am Samstag?"

„Alles klar", sagte Lily schüchtern und kehrte dann wieder in ihr Zimmer zurück.

„Lily?", fragte James.

„Ja?", meinte diese und drehte sich um.

„Wir müssen über alles reden. So kann das doch nicht weiter gehen…"

„Du hast Recht", sagte Lily. James nickte und die Beiden setzten sich auf die Treppe.

„Okay, fang an!", sagte Lily.

„Diese plötzliche Trennung, du hast mir sehr weh getan damit. Da habe ich aggressiv reagiert."

„Ja, ist schon gut."

„Aber warum hast du dich von mir getrennt? Wir waren doch glücklich und auf einmal. Liebst du mich denn nicht?"

„Doch, natürlich liebe ich dich, ich kann mir keinen besseren Freund als dich vorstellen! Es ist so kompliziert…"

„Erzähl es mir, Lily! Ich habe doch ein Recht, es zu erfahren. Ist es der Herzog?"

„Nein, es ist niemand. Es sind viele."

„WAS?"

„Nein, James, nicht wie du denkst. Hör zu, es geht um Monaco."

„Was hat Monaco mit unserer Liebe zu tun?"

„Ich bin die Prinzessin von Monaco."

„Ich weiß, aber ich verstehe den Zusammenhang nicht."

„Es ist in Monaco vorgeschrieben, dass ich als Prinzessin einen Adeligen heirate. Einen nichtmagischen Adeligen, verstehst du."

„Ja, ich verstehe schon. Aber deine Mutter weiß doch von uns, denke ich, da kann sie doch eine Ausnahme machen. Es muss ja keiner wissen…"

„Nein, das Gesetz darf nicht gebrochen werden. Und willst du ewig deine wahre Identität verschweigen? Du bist ein großartiger Zauberer, du kannst Auror werden und das will ich auch."

„Dann lebe mit mir zusammen, du verlässt einfach dein Königreich!"

„Ich wurde vor diese Entscheidung gestellt. James, ich liebe dich, aber ich liebe auch Monaco und irgendwie hätte ich Schuldgefühle dem Königreich gegenüber, wenn ich es verlasse. Ich müsste all diese Leute enttäuschen. Ich habe dich auch enttäuscht, aber ich bin sicher, dass du eine neue Freundin finden wirst. Du wirst mich irgendwann aus deinem Gedächtnis streichen. Monaco kann das nicht. Es tut mir so leid. Ich wäre am liebsten nie Prinzessin geworden, aber das kann man sich ja nicht aussuchen."

„Ich verstehe. Ich werde dich aber niemals aus meinem Gedächtnis streichen können."

„Wirklich?"

„Nein, eigentlich kann ich es nicht verstehen, ich bin kein Prinz. Aber wir können doch noch bis zum Ende des Jahres zusammen sein."

„James, das geht nicht. Dann würde uns die Trennung noch schwerer fallen als jetzt. Außerdem müssten wir dann immer mit der Zeit denken. Es wäre nur befristet und eine Beziehung sollte doch ohne dieses Gefühl, dass es in x Wochen vorbei sein wird, ablaufen. Es ist das Beste, dass wir uns jetzt getrennt haben. Vielleicht können wir ja Freunde bleiben."

„Ja, vielleicht. Dann müsste ich dich auch nicht aus dem Gedächtnis streichen. Wir werden das packen müssen."

„Ja."

„Weißt du schon, wen du heiraten wirst?"

„Ich denke, es wird Herzog Daniel sein. Er ist nicht so hochnäsig wie die anderen Adeligen. Trotzdem wird es nie so schön sein wie mit dir. James, ich werde dich nie vergessen und das kannst du mir jetzt glauben. Niemand wird diese Lücke in meinem Herzen stopfen. Das ist wohl der Preis einer Prinzessin."

Lily gab ihm ein Küsschen auf die Wange und ging dann zurück in ihr Zimmer. James saß noch eine Weile schweigend auf der Treppe. Sie beide mussten ein neues Leben beginnen, daran führte kein Weg dran vorbei. Nach der Weile ging James nach draußen zu einem langen Spaziergang. Es war endgültig vorbei, er brauchte sich keine Hoffnungen mehr machen, dass Lily und er jemals wieder zusammenfinden würden…

no, it's not going to stop,

so just...give up!"

Sooo, traurig ne? Wie fandet ihr es? Ein kleines Review würde das beantworten…