Potter saß wie immer am anderen Ende des Raumes im Schatten. Seine müden Augen starten ihn an. Snape ließ das Tagebuch aufgeschlagen auf seinem Lehrerpult liegen, um die Klasse für die letzte Stunde des Tages ruhig zu stellen.

„Schlagen Sie Ihre Bücher auf! Arbeiten Sie das 14. Kapitel durch. Bis morgen will ich fünf Ellen Pergament darüber lesen."

Die Klasse stöhnte au. Sicher, es war viel Arbeit und er bezweifelte, dass auch nur einer der Aufsätze seinen Erwartungen genügen würde, aber vielleicht waren sie nicht ganz so dumm, wie er annahm, und sie würden wenigstens jetzt schon damit anfangen. Snape setzte sich wieder und begann zu lesen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Potter ihn beobachtete.

Erstaunlich, dass sie so ruhig geblieben ist. Ich hätte damit gerechnet, dass DUmbledore oder zumindest McGonagall, oder auch einfach nur irgendjemand hier sehr bald auftauchen würde. Nichts dergleichen. Was Myrthe bloß dazu bewegt zu schweigen? Ich ahne schreckliches. Meine Zunge klebt an meinem Gaumen. Mir ist schlecht. Irgendetwas scheint heut nicht in Ordnung zu sein. Aber Pomfreys Tränke werden nicht anschlagen. Wasser läuft aus meinen Augen.

Was folgte waren nur noch einzelne kurze Einträge, die alle im Abstand von etwa zwei oder drei Tage geschrieben wurden. Potter schien eine Art Rhythmus entwickelt zu haben. Das einzige Problem dieser Einträge bestand darin, dass Potter wohl auch nicht mehr ganz genau wusste, was er eigentlich tat. Einige bestanden nur aus Punkten, Strichen oder Kringeln, anderen waren ineinander oder übereinander geschrieben. Die meisten davon konnte Snape noch nicht einmal ansatzweise entziffern.

Peeves wird von der Toilette fern gehalten. Ich weiß nicht wie, aber das muss ein Zauber sein. Habe ich das gemacht, als ich weg war?

Die gelbe Sau verschwindet immer früher. Wie viel würde ich darum geben, wieder einen blutroten Himmel zu sehen. Ich habe die Zusammensetzung verändert. Hab nur noch die ersten paar Minuten im hier und Jetzt.

Es ist kalt und muffig hier drinnen. Myrthe hat angefangen mich zu ignorieren. Egal, egal, egal, James. Sie kann mir gestohlen bleiben. Wen ich brauche, ist Ivy.

Ehrlich, hätte nie gedacht, dass es so leicht ist, Knochen zersplittern zu lassen. Es hört sich widerlich an. Sie ist zurück bei Leat. Wenn ich wollte, dann könnte ich ihm . . . das ist zu wahr, um schön zu sein. Haha.

Es hat erstaunlich viel Spaß gemacht, dieser Schlampe die Haut zu zerreißen. Sie hat bekommen, was sie verdiente. Ich bereue nicht. sie ist gegangen, ohne Abschied. Tschau.

Die kleine Kachel direkt neben mir ist locker. Der Hohlraum dahinter könnte nützlich sein. Schwarze Wolken fließen durch meine Augen. Ich glaube, ich werde verrückt.

Snape müsste helfen können. Der Kerl ist bestimmt nicht umsonst ein Todesser. Wenn ich nur sprechen könnte, aber der Imperius liegt schon zu lange auf mir. Und wenn ich es einfach probieren würde?

Snape wusste, dass Potter ihn vielleicht nicht absichtlich anstarrte, trotzdem störte es ungemein. Er blickte ihn an und schlagartig wandte Potter seinem geschlossenem Buch zu und begann eifrig den Deckel zu lesen. Bis er jedoch feststellte, dass der Titel des Buches nicht all zu viele Informationen über Bezoare beherbergte, vergingen einige Minuten.

„Mr. Potter, was machen Sie da?"

„Lesen, Sir."

„Zehn Punkte Abzug für Gryffinor. Wissen Sie überhaupt, was Ihre Aufgabe ist, Mr.Potter?"

„Ich . . . Nun . . . ähm . . . – Lesen?"

„Dreißig Punkte Abzug für Gryffindor. Lassen Sie sich den Rest von Mr. Dean erklären."

Das bringt alles nichts. Ich werde das Jahr hier bestimmt überstehen, aber die Ferien? Und wenn ich Dumbledore überreden könnte, irgendwohin zu gehen? In den Tropfenden Kessel vielleicht? Da was ich doch schon mal. Eine Überlegung ist es wert.

Ich habe mit der ganzen „Berichte"– Nummer gar nicht weitergemacht. Haha. Habe ich eigentlich jemals gesagt, was ich dachte. Ich habe gelernt mit geschlossenen Augen zu schreiben. Sie sind so schwer geworden.

Da sind noch zwei Monate zu überbrücken. Aber wie, James, wie? Würde es so schlimm sein, von der Schule zu fliegen, jetzt da ich niemanden mehr außer einer Schleiereule, einem verliebten Geist und jede Menge Ärger und Verantwortung? Man könnte es doch einfach mal riskieren. Allein schon um Onkelchen alles zurückzugeben.

Sie hat wieder mit mir gesprochen. Gestern. Eher unfreiwillig, aber immerhin. Sie war gestern Abend direkt neben mir in der Kabine. Ich habe sie atmen gehört. Stöhnen gehört. Meine Hände können nicht ruhen. Ich setzt das Zeug ab. Jetzt oder nie.

Das werden sehr lange Monate ohne einen einzigen tropfen davon in meinen Venen. Gott, hilf mir, James!

Die Frage, ob Gott oder James ihm geholfen hatten, erübrigte sich. Offensichtlich schien der Entzug nicht all zu lange angehalten zu haben. Um genau zu sein, nur bis kurz nach Ende der Ferien.

Aber die Einträger würden weder länger, noch übersichtlicher. Snape sah sich die letzten sechs Seiten an. Das letzte, was Potter geschrieben hatte, erreichte allerdings die Länge von etwa zwei Seiten.

Snape blickte kurz auf. Die Klasse war in ihre Arbeit vertieft, Potter starrte auf sein Buch, ohne die Augen zu bewegen.

Mein Kopf liegt in Scherben vor mir. Ich habe angefangen mein Blut zu trinken. Kann nicht mehr auf dem Rücken liegen. Ich brauche meine Zeit auf dem Mädchenklo. Habe keine Kraft mehr für anderes. Da ist niemand, für den sich die ganze Prozedur lohnen würde.

Keine Lust auf Schule oder viel eher: keine Lust auf andere Menschen um mich herum. Myrthe ist beleidigt und sitzt den ganzen Tag im Abflussrohr, um mich nicht sehen zu müssen. Ich höre sie weinen. Sei's drum.

Schon wieder zwei Wochen um. Der Wind fegt über's Gelände. Ich darf kein Quidditch mehr spielen. McGonagall hat einen meiner Ausraster miterlebt und hält es für zu gefährlich. Mehr Zeit, um mich mit dem Verbessern der Rezeptur beschäftigen. Ich will nicht resistent werden. Das wäre mein Tod.

Komisch eigentlich, dass Mrs. Norris nichts mitbekommt. Oder hat sie so eine Art Träume vom Basilisken? Haben Katzen ein Gedächtnis?

Ivy schläft sich durch die Gruppe, ohne dass Leat auch nur irgendetwas davon mitbekommt. Was für ein Trottel. Aber ich glaube, wenn er es mitbekommen würde, es Ivy nicht besser ginge als mit mir. Er kann wirklich jähzornig sein. Haha.

Meine Hand zittert. Wenn ich einsam bin, roll ich mich auf dem Fußboden zusammen wie Lupin in Vollmondnächten. Ich wollte gestern mit Hermine über alles reden, aber es hat nichts gebracht. Wir haben und angeschwiegen und dann ist sie gegangen.

Ron will nicht mit zu Myrthe auf's Klo. Ich weiß ja nicht, was er jetzt von mir denkt, aber er ist ziemlich schnell ziemlich rot geworden. Haha. Habe ich schon mal angemerkt, dass er wie ein Hund ist?

Ich bin heute früh hier aufgewacht. Wenn ich mich umsehe, dann überlege ich, ob ich mir nicht die Ketten wieder besorge. Es hat fast eine halbe Stunde gedauert, bis ich alles wieder repariert hatte. Ich weiß nicht mehr, warum ich so wütend geworden bin. Wahrscheinlich wegen irgendeiner Nichtigkeit. Wie immer. !)(§&$$?"(§&$#$/§)' – Schreibübungen.

Wenn Potter wirklich schrieb, was er dachte, dann war das Ganze dann doch relativ amüsant. Snape schmunzelte. Er kannte niemanden der in Satzzeichen dachte.

Ich hab's. Endlich habe ich eine Rezeptur entwickelt, mit der ich wie immer sein kann. Morgen, James, morgen bin ich wieder der alte. Aber vorher muss ich mich wieder an die Spritzen gewöhnen. Ich verstecke sie in der neunten Kachel links der Tür. Die ist nämlich locker. Das habe ich schon mal geschrieben, oder?

Snape blätterte um. Der letzte Eintrag. Bald hatte er Potters Erinnerungen gänzlich gelesen. Ein unbehagliches Gefühl stieg in seinem Magen auf. Nach der Stunde musste er es ihm zurückgeben. Daran führte kein Weg vorbei. Die Frage war nur wie und was er mit seinem Wissen anstellte.

Snape war sich nicht sicher und insgeheim wünschte er sich, dieses Buch nie gelesen zu haben. Er wusste, was er als Lehrer zu tun hatte, aber als Mensch war er sich einfach nicht sicher.

James, es funktioniert. Ich habe zwar keine Feinmotorrig im linken Arm mehr, dafür aber mein Bewusstsein ohne verstand. Haha. Ich kann wieder schreiben, wen kümmert der linke Arm? Myrthe lässt sich seit neuestem wieder blicken. Ich frage mich, was ich getan habe, während ich vollständig weg war. Oder vielleicht auch nicht. es fühlt sich so gut an, endlich wieder Licht sehen zu können. Ich weiß, dass es nicht gut ist, was ich mache, aber ich habe keinen Grund mehr, warum ich wieder normal leben sollen wollte. Ich höre meinen Atem von den Wänden perlen. Myrthe sitzt auf dem Stützbalken über mir. Sie macht sich Sorgen, aber was soll ich tun mit dem Mitleid eines toten Mädchens. Ist das ein Zeichen? Hat der Tod selbst endlich Mitleid mit mir? Das wäre wunderbar. Ich werde heute wieder nicht in meine warmes Bett zurückkehren. Ron geht mir aus dem Weg. Jedes Mal, wenn er mich ansieht, wird er hochrot. Ich denke, er hält mich für pervers, weil ich ihn, letztendlich erfolglos, versucht habe, ihn auf dieses Klo zu zerren. Hermine macht sich und alle anderen verrückt wegen der UTZe. Man könnte meinen, die beiden haben sich verschworen. Sollte jemals jemand dieses Heft in die Finger bekommen, was wird dieser jemand wohl von mir denken? Aber dich wird niemand bekommen, James, denn du bist alles, was mir geblieben ist von meinem Leben. Du bist der Part in mir, der noch halbwegs vernünftig geblieben ist. Du bist mein Verstand und meine Erinnerung und mein. Wenn ich könnte, würde ich Hilfe holen und dich in Myrthe's Abflussrohr herunterspülen. Ich bleibe lieber für mich allein. Die Nacht bricht herein. Es wird kalt und schwarz um mich herum. Das Schloss legt sich schlafen. Nur einige wenige sind noch wach. Aber hierhin kommt niemand, auch wenn ich Snapes Umhang immer wieder vorbeirauschen höre. Wenn er wüsste, wie viele Weiber sich um ihn reißen. Haha. Der Kerl hat keine Ahnung. Haha. Was soll's. meine Augenlider fallen zu. Ich denke, ich bin ihr dankbar. Sie hilft mir mehr, als sie weiß. Armes totes Mädchen.

Snape blickte auf seine Uhr.

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tja, da sieht man mal wieder, wie schnell die zeit so vergehtschon fast am ende mit der story und soooo viele reviews hätte ich bei weitem nich erwartet. wie immer an dieser stelle ein riesengroßes dankeschön an meine leser. das mit myrthe wollt ich schon immer mal so in ner potter-story verarbeitet sehen, weil sie doch eigentlich n ziemlich tragischer charackter is. naja. is mir vielleicht nich ganz so geglückt... egal. freu mich über reaktionen auf das chap und wünsch euch viel spass beim lesen (was an dieser stelle etwqs sinnlos is, weil ihr den text sowieso schon durch habt, wenn ihr hier unten seit . . . sei's drum)

efeu