Er hatte noch fünf Minuten Stille zu ertragen. Er las sich noch einmal den letzten Eintrag durch. Jedes Mal errötete er leicht hinter seinen schwarzen Haaren, die ihm nunmehr ins Gesicht fielen.
Als endlich die Glocke auf dem Turm das Ende der Stunde einläutete, kam es einer Erlösung gleich. Snape wusste, dass er ihm das Tagebuch endlich zurückgeben konnte und er wusste auch, was er zu tun gedachte.
Träge packte Potter sein Lehrbuch in die Tasche und warf einen besorgten und traurigen Blick in einen separaten Teil, den er allem Anschein nach selbst eingenäht hatte. Was hatte er auch erwartet? Potter wusste natürlich, dass „James" fort war.
Mit langsamen Bewegungen stand er von seinem Platz auf, war jedoch dazu gezwungen zu warten bis sich die meisten Schüler an seinem Tisch vorbei zur Tür gedrängt hatten. Gerade als er seinen Fuß auf die erste Stufe der kleinen Treppe gesetzt hatte, die aus dem Klassenraum herausführte, räusperte sich Snape.
„Mr. Potter, ich muss mit Ihnen reden."
Die meisten nahmen keine Notiz von seinem aschfahlen Gesicht. Er ging mit hängenden Schultern auf seinen Lehrer zu.
Er wusste, dass es um sein Tagebuch ging, aber auf die Reaktion war er gespannt. Hatte sich Snape durch sein Gekritzel gearbeitet? Seine Hand ballte sich zu einer Faust und er spürte seine Fingernägel, die sich schmerzhaft in sein Fleisch bohrten. Das alles war Realität. Insofern es für ihn noch so etwas gab.
„Ja, Sir?"
„Sie haben da etwas verloren."
Snape musterte ihn abfällig, während er ihm seinen Seelenverwandten entgegenstreckte. Harry sah ihn aufmerksam an, schnappte ihm das Buch aus der Hand, wie ein scheues Tier, das nach seinem Futter schnappt, und steckte es sich sofort in die Seitentasche seiner Schultasche, die er eigenhändig eingenäht hatte, um James bei sich haben zu können.
„Vielen Dank, Professor", sagte er etwas schuldbewusst.
„Passen Sie gefälligst besser auf Ihre Schulbücher auf. Ich werde nicht dafür bezahlt, Ihnen Ihre Sachen hinterher zu tragen."
Unschlüssig stand er da und sah Snape an. Hatte er noch etwas mehr zu erwarten? Wo blieb die Moralpredigt oder zumindest der Punkteabzug?
Snape hatte sich einigen Pergamentrollen zugewandt und begann sie alle nacheinander in seinem Pult zu verstauen. Es vergingen einige Minuten in Schweigen, in denen Harry sich nicht vom Fleck bewegte. Er erwartete seine Strafe und gleichzeitige Erlösung. Doch nichts geschah.
„Was stehen Sie hier noch herum? Haben Sie keine Aufgaben zu erledigen, Mr. Potter?"
Harry nuschelte: „Doch, Sir."
„Dann verschwinden Sie endlich!", fuhr ihn Snape an.
Harry drehte sich ruckartig um und verließ schleunigst den Kerker. Seine Beine fühlten sich taub an, als hätte er sie schon seit Jahren nicht mehr genutzt. Er musste sich ab und zu an den Wänden abstützen, um nicht hinzufallen. Das kannte er alles schon.
Er achtete nicht auf den Weg, wie schon so oft zuvor, denn sein Verstand blieb bei Snape zurück. Als er mit seinen Gedanken endlich wieder in Hogwarts war, sah er die Tür der Mädchentoilette im zweiten Stockwerk auf sich zukommen.
Er stieß die Tür auf und suchte den Raum mit seinen Augen nach einem Hinweis ab. Versuchte seine verbleibende Konzentration zu sammeln. So stand er etwa eine halbe Stunde oder länger reglos da.
Als die Schatten beträchtlich länger geworden waren sank er kraftlos unter den Spülbecken zusammen, klaubte sein zerschlissenes Tagebuch aus der Tasche und blätterte durch die Seiten. Vieles hatte er vergessen, wahrscheinlich aus gutem Grund.
„Wie geht's dir, Harry?", seufzte Myrthe in sein Ohr.
Er reagierte nicht. Ivy's Handschrift faszinierte ihn. Er bereute nicht, was er getan hatte. Aber sein Gedächtnis hatte gelitten. Er erinnerte sich nicht mehr an ihr Gesicht. Er hatte sie vergessen.
Mit den meisten Namen konnte er nicht mehr viel anfangen. Sein Kopf schmerzte.
Müdigkeit umfing ihn wie eine warme Wolldecke.
„Was hat er gesagt, Harry? Er wird dir helfen. Er weiß alles", sagte Myrthe mit leiser verzweifelter Stimme und als sie gewahr wurde, dass er eingeschlafen war, liefen ihr nebelhafte Tränen über ihr Gesicht.
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so: schluss, aus ende, das war's. ich bin echt begeistert, dass sich so viele leute dazu durchgerungen haben, dass alles heir mitzuverfolgen und ich bin echt total begeistert über all die kommentare:ihr habt mich wirklich sehr angespornt und unterstützt.für alle, die sich jetzt fragen werden: "wie jetzt? was hat snape denn nu gemacht?" ein kleiner hinweis: es folgt noch ein kleiner epilog (um ehrlich zu sein, wenn ich den epilog nich geschrieben hätte, würde mir meine lektorin immer noch mit diversen mordandrohungen im nacken sitzen . . . ). ich freu mich auf reaktionen udn wünsche ansonsten noch viel spass beim sich gedanken machen über die story.
efeu
p.s.: ich bin mit dem letzten satz unzufrieden, ich wollt aus'm englischen "gzhostly tears" übernehmen, aber mir ist keine gute übersetzung eingefallen. wer vorschläge hat, bitte schreiben.
