London, Haus der Familie Lovegood
Gegenwart

Lucius Malfoy hatte den Blick gesenkt und verharrte vor Luna kniend. Seine Augen begannen sich an das goldene Licht zu gewöhnen, das seinen sanften Schein bis vor seine Knie warf.

Luna trat zu ihm und ging in die Hocke. Die Finger ihrer Hand berührten seine Stirn und fuhren langsam an seiner Wange herunter, dabei die leicht verfilzten langen Haare berührend. Lucius wagte kaum zu atmen, geschweige denn sie anzusehen.

"Du siehst schlimm aus", sagte Lunas Stimme schließlich ziemlich sachlich. "Komm mit."

Ihre rechte Hand ergriff seine. Indem sie einen Schritt nach hinten machte, zwang sie ihn aufzustehen und zog ihn mit sich in das Badezimmer. Lucius folgte ihr vollkommen überrascht von ihrer Ruhe und der Selbstverständlichkeit, in der sie ihn an der Hand genommen hatte.

Während er ihr folgte, entschied er, dass es ein Traum sein musste. Ein Traum wie viele, die er in Askaban geträumt hatte. Die wenigen Stunden, in welchen er sich das ausmalte, was er seit dem Tag im Ministerium immer stärker ersehnte, was er so sehr zu brauchen schien, dass es, wenn er wach war und im Halbdunkel seiner Zelle dalag, körperliche Schmerzen zu bereiten schien.

Luna zog Lucius mit sich ins Badezimmer, ohne die Tür zu schließen. Das goldene Licht, das ihn zuerst geblendet hatte, stammte von einer Vielzahl von kleinen Schälchen, die auf dem Boden standen und flackernd brannten. Der Boden war bedeckt mit Blüten und Seerosenblättern.

An der linken Wand war ein großes Waschbecken in einen Marmorblock eingelassen über dem über die gesamte Länge des Raumes ein Spiegel verlief, in den sonderbare Muster graviert waren. Lucius sah sein eigenes Spiegelbild und stimmte sofort Lunas Feststellung zu: Er sah schlimm aus. Dass ein Jahr in Askaban ihn so hatte verändern können.

Luna ließ Lucius los und griff dann nach dem Saum von seinem Hemd. Bevor er realisierte, was sie tat, hatte sie es ihm über den Kopf gestreift. Es in der Hand haltend musterte sie das Kleidungsstück kritisch. "Es hat einen Riss."

Sie ließ das Hemd zu Boden gleiten. Ihre Hand berührte Lucius Oberarm. Dort wo das Hemd einen Riss gehabt hatte, war eine blutige Schramme auf seinem Arm zu sehen.

"Wie hast Du das denn hinbekommen?", wollte Luna kopfschüttelnd wissen. Sie zog ihren Zauberstab hinter dem Ohr hervor und fuhr damit seinen Arm entlang, einen Heilzauber sprechend.

"Stacheldraht", murmelte Lucius schwach und blinzelte gegen das Licht der Kerzen.

Luna sah an ihm herunter. Er trug nur noch das ärmellose Untergewand, das einst schneeweiß gewesen war. "Und das Knie?"

"Nur eine Schramme." Lucius kam sich vor, wie ein kleines Kind, das man vorwurfsvoll nach einem Ausflug in den Garten musterte. "Ich bin gefallen."

Luna schüttelte den Kopf. "Du hättest Dich ernsthaft verletzen können."

Lucius räusperte sich verlegen. Die ganze Situation erschien ihm so absurd und irreal. Er senkte den Blick und sah auf seine Füße. Sie waren staubig und ziemlich dreckig. So wie seine Hände. Sein ganzer Körper fühlte sich schmutzig an. Nie zuvor hatte er ein Jahr lang kein Wasser zum Waschen gehabt.

"Setz Dich da hin", befahl Luna und deutete zu einem großen Basin, das im Boden eingelassen war. Es war gefüllt mir Wasser, das ein paar flimmernde Lichtschatten gegen die Decke warf.

Wie im Traum kam Lucius ihren Worten nach. Er setzte sich auf den Beckenrand und streckte die Füße ins Wasser. Es war warm und roch nach Blumen. Ein wenig milchig weiße Flüssigkeit schwamm auf der Oberfläche.

Luna ging an Lucius vorbei ein paar Treppenstufen ins Basin hinein. Der Saum ihres Nachthemds wurde dabei nass und umspielte ihre nackten Füße.

Lucius musste schlucken, als Luna vorsichtig sein Untergewand über die Knie nach oben schob und mit den Händen etwas Wasser auf sein verletztes Knie schöpfte. Sie säuberte gedankenverloren die Wunde, wobei ihre Haare in ihr Gesicht fielen, das nur eine Handbreit von Lucius' eigenem entfernt war. Er konnte ihren Atem fast spüren und sah das Licht der Kerzen sich in ihren Augen spiegeln.

Luna griff nach Lucius Hand und machte erneut einen Schritt nach hinten, eine weitere Stufe nach unten. Lucius folgte ihr wie in Trance. Die Kerzen warfen flackernde Schatten auf ihren Körper. Als sie bis zur Hüfte im Wasser stand, ließ Luna ihn los und tauchte kurz unter.

Als sie wieder auftauchte, war ihr Nachthemd vollkommen durchnässt und klebte an ihrem Körper, ihre Umrisse nachzeichnend. Lucius schloss kurz die Augen, vollkommen gebannt.

Sie war durchaus schön und ihr Körper ebenmäßig und schlank. Sie lächelte und zog Lucius zu sich ins Wasser. Ihre Hände griffen nach seinem ebenfalls vollkommen nassen Untergewand, das schwer an ihm klebte und sich nur zu dankbar abstreifen ließ, genauso wie Lunas Nachthemd.

Luna legte Lucius behutsam ihre Arme um die Schultern und zog ihn näher zu sich. "Hab keine Angst", flüsterte sie beruhigend und beugte sie zu ihm nach vorne. "Dieses Mal wird es nicht weh tun." Sacht berührten sich ihre Lippen, als Luna ihn küsste.

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London, Ministerium für Magie
ein Jahre zuvor

Luna öffnete ihre Augen. Schmerz jagte durch ihren Körper. Sie lag auf dem Rücken, merkwürdig verdreht, und ihr Körper war eine einzige Quelle des Schmerzes.

Sie sah gegen die Decke und begann sich zu erinnern. Sie war mit Harry und den anderen ins Ministerium gekommen, um Sirius Black zu helfen. Sie hatte versucht, mit Neville die Türen mit Magie zu verschließen. Doch jemand war schneller gewesen.

Sie war durch den Raum geschleudert worden und gefallen. Luna stöhnte und biss die Zähne zusammen. Sie hörte Stimmen und Schritte, Schreie und Kampfeslärm. Magie schien durch die Luft zu zucken so viele Zauber schwirrten durch den Raum.

Luna richtete sich auf und stieß die angehaltene Luft aus. Es tat höllisch weh, aber sie musste den anderen helfen.

Eine Tür wurde aufgestoßen. "Ihr hier herüber. Bella kümmere Dich um die Jungen. Ich nehme mir Potter vor."

Lucius Malfoy kam mit energischen Schritten auf Luna zu. Seine schwarze Robe und der darüber gezogene Mantel mit der silbernen Schlangenschnalle verstärkten den Kontrast zu seiner hellen Haut und den fahlblonden langen Haaren, die er offen trug und die in der Eile in dünnen Strähnen in sein Gesicht hingen.

In einer Hand hielt er seinen Zauberstab, in der anderen den Gehstock mit dem silbernen Schlangenknauf. Luna sah all dies verzerrt durch einen Spiegel aus Schmerz, aber sie hatte seine Worte gehört. Potter...er wollte zu Harry. Sie musste...sie musste ihn...aufhalten.

Luna biss die Zähne zusammen und griff an ihr linkes Ohr, wo sie immer ihren Zauberstab hinsteckte, um ihn stets griffbereit zu haben. Doch der Stab war nicht da. Sie hatte ihn in der Hand gehabt, um die Türen zu verzaubern und als sie gefallen war...Luna sah sich um. Doch sie hatte keine Zeit.

Unter gewaltiger Anstrengung kam sie auf die Beine. Lucius Malfoy sah sie erst in diesem Augenblick. Er hob seinen Zauberstab und Luna schlug aus einem inneren Impuls mit der leeren Hand danach. Sie stolperte und fiel gegen Lucius Malfoy, der einen Fluch ausstieß. Sein Stab fiel zu Boden, er selbst verlor durch Lunas Aufprall das Gleichgewicht und beide gingen zu Boden.

Luna schloss die Augen, als der Schmerz erneut durch ihren Körper jagte und als sie sie wieder öffnete, sah sie direkt in Lucius Malfoys Gesicht, halb auf ihm liegend. Seine Augen waren grau, grau wie ihre eigenen, aber sie wirkten seltsam kalt und in diesem Augenblick vielleicht ein wenig überrascht.

Außerdem war da noch etwas, was Luna erstarren ließ. Im Schwarz seiner Pupillen sah sie kleine violette Schatten, die unbändig zu flackern schienen. Violettes Licht gehüllt in pechschwarze Dunkelheit. Sie sah die Schwärze lodern und wabern. Dann blinzelte Lucius Malfoy.

Gebannt beugte sich Luna nach vorne. Noch bevor sie verstand, was sie tat, berührten sich ihre Lippen, als sie Lucius Malfoy küsste.

Seine Reaktion folgte prompt und war genauso wenig planvoll überdacht wie ihre. Seine linke Hand hielt noch immer den Schlangenstock und mit dem fegte er Luna förmlich von sich. Das Mädchen schrie auf und ging bewusstlos zu Boden. Ein wenig Blut blieb an dem Schlangenkopf kleben.

Lucius rappelte sich benommen auf. Seine Lippen brannten als wären sie mit Feuer in Berührung gekommen. Sein Herz raste und ein stechender Schmerz, der ihm die Luft zum Atmen zu nehmen schien, erfüllte seine Brust.

Taumelnd kam Lucius Malfoy auf die Beine und wich von Luna Lovegood zurück. "Was?", brachte er heiser hervor. War das eine Art Magie gewesen? Ein Spruch? Er rang kurz nach Luft und der Schmerz verschwand.

Lucius blinzelte, während sich sein Herzschlag wieder beruhigte. Seine Hand fuhr mechanisch über seine Lippen.

"Malfoy!"

Er fuhr herum.

"Shacklebolt", keifte er, unvermittelt zurück in der Realität. Er hechtete nach vorne, und klaubte seinen Zauberstab vom Boden auf. Dann traf ihn Kingsley Shacklebolts Spruch.

Im Nachhinein war sich Kingsley Shacklebolt nicht mehr wirklich sicher, aber er glaubte für einen Augenblick als sich seiner und Lucius Malfoys Blick getroffen hatten, so etwas wie einen Gold schimmernden Funken in seinen Augen gesehen zu haben.